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[Rezension] Megan Heart: Naked. Hemmungslose Spiele

Originaltitel: Naked

 
Klappentext:
Alex Kennedy bedeutet nichts als Ärger und er steht nicht auf Frauen! Olivia ist gewarnt, als sie auf einer Party den charismatischen Alex erblickt. Auf einen Mann wie ihn kann die schöne Fotografin gut verzichten! Unvergessen ist ihr Exverlobter, der sich überraschend als schwul geoutet hat. Doch gegen jede Vernunft inspiriert der Anblick von Alex muskulösem, sexy Körper Olivia zu einem spontanen erotischen Fotoshooting. Plötzlich verspürt sie ein unwiderstehliches Prickeln, und ehe sie sich versieht, liegt sie in Alex Armen. Vergessen sind alle Warnungen, als sie sich auf ein gefährlich hemmungsloses Spiel einlässt …

 
Kommentar:
Es ist schon eine Weile her, dass ich »Hot Summer« (Rezension) gelesen habe, das Buch, in dem Alex Kennedy seinen ersten Auftritt hatte. Einen durchaus beeindruckenden Auftritt, denn die Figur war ziemlich geheimnisvoll und düster angelegt, und ich hätte sofort zum Folgeband gegriffen, hätte es ihn damals schon gegeben, um mehr über diesen undurchsichtigen Mann zu erfahren. Inzwischen gibt es die Fortsetzung, aber ich habe nach dem Lesen nicht den Eindruck, sehr viel mehr über Alex zu wissen als vorher. Das Buch wird nämlich – wie alle Romane von Megan Hart – aus der Perspektive der weiblichen Protagonistin erzählt, und die weiß bis kurz vor Schluss selbst kaum etwas über ihrem Liebsten, vom Offensichtlichen abgesehen. Aber von Anfang an!

Das Buch startet schon so dröge, dass ich es nach fünf oder sechs Kapiteln fast zur Seite gelegt hätte. Protagonistin Olivia lernt auf der Party ihres besten Freundes Patrick (der einst ihr Verlobter war, bevor er sich als schwul geoutet hat) Alex Kennedy lernen. Trotz eindringlicher Warnungen und Drohungen Patricks, die aber unzweifelhaft eher Eifersucht und Besitzansprüchen entspringen als aufrichtiger Sorge, lässt Olivia den gut aussehenden Alex in ihre leer stehende Einliegerwohnung einziehen, und es dauert nicht lange, bis die beiden was miteinander anfangen. Ganz so schwul, wie Patrick behauptet hat, ist Alex dann doch nicht, und Patricks Behauptung, Alex stehe nicht auf Frauen, wird schnell und ausgiebig widerlegt.

Was dem Leser zunächst vorkommen muss wie eine Affäre, entwickelt sich rasant zu einer Beziehung, und erstaunlich schnell ist von Liebe die Rede. Und dann passiert eine halbe Ewigkeit eigentlich nichts mehr. Alex ist durch und durch toll, unterstützt Olivia jederzeit mit einem fast schon beängstigenden Verständnis für jede Lebenslage, bekocht sie, liest ihr jeden Wunsch von den Lippen ab, bespaßt ihre Mutter und bereitet ihr natürlich auch im Bett allergrößtes Vergnügen. Wie Olivia hin und wieder mal feststellt, weiß sie ziemlich wenig von ihm, doch sie tut nicht wirklich was, um das zu ändern (wobei allerdings auch bezweifelt werden darf, dass er sich ihr geöffnet hätte). Sie ist nämlich weitgehend damit beschäftigt, ihre Konfession und als Folge davon auch sich selbst zu finden (was mich thematisch wirklich kein bisschen angesprochen hat; ganz im Gegenteil), den Konflikt mit ihrer jüdischen Mutter zu verarbeiten und endlich mal die Beziehung zu ihrem fürchtlichen Ex-Verlobten in weniger selbstzerstörerische Bahnen zu lenken.

Ehrlich gesagt hab ich die ganze Zeit darauf gewartet, dass es ein böses Erwachen gibt und dass Alex Olivia hintergeht oder verlässt und die ganze Seifenblase platzt, aber bis auf eine Krise am Ende pläschert die ganze Geschichte – von einem kurzen Zwischenhoch abgesehen – über hunderte Seiten ohne größere Beziehungs-Aufs und -Abs vor sich hin. Das war irgendwie ganz schön wenig – zumal ich zu Olivia keinen echten Draht und für ihre Probleme abseits ihrer Beziehung wenig Verständnis hatte. Ein Highlight des Buches ist zweifelsohne das Treffen mit Alex’ Jugendfreund Jamie und dessen Frau Anne (bekannt aus »Hot Summer«), das allerdings nicht nur Olivia, sondern auch die Leser mit beträchlichen Zweifeln zurücklässt. Das Happyend hat für mich einen schalen Beigeschmack.

Spoiler

Zumindest mir kommt nämlich das, was Jamie und Alex verbindet, nicht einfach nur wie eine große Männerfreundschaft vor, sondern wie eine verleugnete Liebe.

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8/15

 

 
Trivia:
Wie häufiger bei Megan Hart hatten auch diesmal wieder Figuren aus anderen Büchern Auftritte. Man begegnet nicht nur Jamie und Anne aus »Hot Summer«, sondern in Gestalt von Olivias Freundin Sarah die Frau, die in den Callboy Jack aus »Callboys« (Rezension) verliebt ist. Ebenso tauchen die beiden Protagonisten aus »Dirty« auf.

[Rezension] Lisa Kleypas: Crystal Cove

Friday Harbour, #4

Klappentext:
Justine Hoffman has made a comfortable life for herself on the island of Friday Harbor. She is the proprietor of a successful boutique hotel, and she has the safe, predictable life she has always wanted. Growing up with her flighty, nomadic mother, Marigold, has instilled in her a deep longing for stability. But in spite of everything Justine has achieved, there is still something missing. Love. And after years of waiting and dreaming, she is willing to do whatever it takes to change her destiny.

What Justine soon discovers is that someone cast a spell on her when she was born, with the result that she will never find her soul mate. Determined to change her fate, Justine finds a way to break the enchantment, never dreaming of the dangerous complications that will follow.

And when Justine meets the mysterious Jason Black, she accidentally unleashes a storm of desire and danger that threaten everything she holds dear . . . because Jason has secrets of his own, and he wants more from her than fate will ever allow.

 

Kommentar:
»Crystal Cove« ist bereits der vierte Teil der Friday-Harbor-Serie, zeitgenössischen Liebesromanen mit einem Hauch Magie. Dieser Hauch Magie kam mir in den Bänden 1-3 irritierend bis überflüssig, aber nicht allzu störend vor, beim vorliegenden Buch schießt die Autorin aber für meinen Geschmack weit übers Ziel hinaus.

Protagonistin Justine ist nämlich eine heidnische Hexe. Da mich das Thema noch nie interessiert hat, ich mich folglich nicht damit auskenne und die Autorin es meiner Meinung nach auch nicht vernünftig erklärt, hab ich nicht wirklich begriffen, was für eine genau; für das Buch ist es allerdings auch nicht notwendig zu wissen, wodurch sich die diversen verschiedenen Hexen genau unterscheiden. Justine jedenfalls verfügt über beeindruckende Kräfte, die sie allerdings nur bedingt kontrollieren kann, weil sie die Hexerei nie lernen wollte und sich weigerte, dem Zirkel beizutreten, dem ihre ungeliebte Mutter angehört. Überdies ist sie im Besitz eines mächtigen Zauberbuches, das ihr dennoch ein bisschen Zauberei ermöglicht.

So verfällt sie eines Tages auf die Idee, mittels dieses mächtigen Zauberbuches einen Zauber zu wirken, der ihr die große Liebe bringen soll. Bei der Gelegenheit stellt sie fest, dass ein Fluch auf ihr lastet, der bis dato verhindert hat, dass sie sich ernsthaft verliebt. Sie hebt ihn auf und macht sich auf, um herauszufinden, wer sie damit belegt hat. Zwei befreundete Hexen aus dem Zirkel ihrer Mutter rücken nach zähem Ringen damit heraus, was es mit der Sache auf sich hat, und spätestens jetzt wird klar, dass die Liebesgeschichte in diesem Buch ziemlich anstrengend werden könnte: Es wird nämlich enthüllt, dass alle Männer, in die sich die Hexen verlieben, zwangsläufig recht schnell abnippeln, und dass man einen Fluch wie den, mit dem Justine belegt ist, mitnichten einfach so aufheben kann, ohne dass das wenig erbauliche Konsequenzen nach sich zieht.

Ziemlich zeitgleich taucht als Objekt der Begierde der Geschäftsmann Jason auf, ein Buddhist ohne Seele mit dem dazu passenden Nachnamen Black. Die Geschichte mit der nicht vorhandenen Seele ist übrigens wörtlich zu verstehen – er hat keine Seele. Sowas kommt schon mal vor, dann ist die Zeit auf der Erde allerdings meist relativ knapp bemessen und nur auf ein Leben beschränkt; Reinkarnation ist nicht. Jason hat seine ganze eigenen Gründe, nach Friday Harbor zu kommen und etwas mit Justine anzufangen, das wird aber später völlig beiläufig abgetan, weil sich der eigentlich eiskalte Geschäftsmann mit Haut und Haar in die Hotelbesitzerin verliebt hat und bereit ist, sein seelenloses Dasein für sie zu opfern.

Ihr seht schon, es ist diesmal einiges los auf der Insel – leider hat es aber nicht viel Spaß gemacht, bei diesem albernen Hin und Her dabei zu sein. Mir waren diese ganzen Flüche und Gegenflüche und Fluchübertragungen deutlich zu viel des Guten. Ich weiß nicht, was Kleypas sich dabei gedacht hat, so viel Gewicht auf paranormale Elemente zu legen, und denke auch nicht, dass die Leser von zeitgenössischen Liebesromanen so was lesen wollen. Hinzu kommt, dass dabei die Liebesgeschichte und die Emotionen total auf der Strecke bleiben. Stattdessen springt die Autorin zu allem Übel auf den BDSM-Zug auf – als hätte sie das nötig! – und liefert eine ganz fürchterliche Bondage-Szene ab, die weder gut geschrieben noch erotisch ist.

Ich hoffe wirklich, dass Kleypas im nächsten Buch der Serie den Magie-Anteil wieder stark runterschraubt und sich stattdessen auf das besinnt, was sie wirklich gut kann: gefühlvolle Liebesromane mit einer Prise Humor. Sonst ist die Friday-Harbor-Serie für mich Geschichte.

 


5 Punkte

 

Serieninfo:
01 Christmas Eve at Friday Harbor | Das Winterwunder von Friday Harbor – 8/15
02 Rainshadow Road | Zaubersommer in Friday Harbor – 11/15
03 Dream Lake | Der gute Stern von Friday Harbor (Dezember 2013) – 13/15
04 Crystal Cove | N.N.
05 Lighning Bay (September 2013)

[Rezension] Maggie Stiefvater: Rot wie das Meer

Originaltitel: The Scorpio Races

Klappentext:
Jedes Jahr im November wird die Insel Thisby von Capaill Uisce heimgesucht, Meereswesen, die in Gestalt wunderschöner Pferde Tod und Verderben bringen. Schnell wie der Seewind und tückisch wie das Meer, ziehen sie die Menschen in ihren Bann. Wie viele junge Männer der Insel fiebert auch Sean Kendrick dem Skorpio-Rennen entgegen, bei dem sie auf Capaill Uisce gegeneinander antreten. Nicht wenige bezahlen dafür mit ihrem Leben. Das diesjährige Rennen aber wird sein wie keines zuvor: Als erste Frau wagt Puck Connolly, sich einen Platz in dieser Männerwelt zu erkämpfen. Sie gewinnt den Respekt von Sean Kendrick, der ihr anfangs widerwillig, dann selbstlos hilft. Schließlich fällt der Startschuss und auch diesmal erreichen viele Reiter nicht das Ziel. Ihr Blut und das ihrer Capaill Uisce färben die Wellen des Meeres rot.

Kommentar:
Ich war extrem skeptisch bezüglich dieses Buches, nicht zuletzt wegen einiger durchwachsener Kritiken, z.B. von Holly, die für mich in Sachen Stiefvater-Bücher eine verlässliche Quelle ist. Zum Glück habe ich »Rot wie das Meer« trotzdem gelesen – es ist für mich bis dato eines der Highlights 2013.

Das Buch basiert im Groben auf einer keltischen Sage über die Capaill Uisce (gesprochen: KAPpl ISCHke), ziemlich blutrünstige Pferde, die die meiste Zeit im Wasser leben und eher an Raubtiere als an normale Pferde erinnern. Gelingt es, sie im November aus dem Meer zu locken und einigermaßen zu zähmen, hat man ein wahnsinnig schnelles Rennpferd, das jedoch seine Gefährlichkeit und seine Liebe zum Salzwasser nie einbüßt. In »Rot wie das Meer« gehört es zu einem festen Bestandteil des Lebens, dass einige mutige Bewohner der Insel Thisby im Herbst die Capaill Uisce fangen, die an Land kommen, um mit diesen das alljährliche berühmte Skorpio-Rennen zu bestreiten.

Seit langer Zeit ist der junge Sean Kendrick beim Rennen dabei; er hat mit seinem roten Hengst Corr bereits viermal gesiegt und gilt als eine Art (Wasser-)Pferdeflüsterer. Erstmals meldet jedoch auch ein Mädchen fürs Rennen, Kate »Puck« Connolly, und als wäre das nicht schon schlimm genug, will sie auch noch mit einem normalen Pferd gegen die Capaill Uisce antreten. Sie stößt auf einigen Widerstand, doch ausgerechnet Sean setzt sich für sie ein – und hilft ihr auch bei der Vorbereitung aufs Rennen. Die beiden kommen sich im Laufe der Handlung auf eine sehr leise Art und Weise näher; nicht durch Worte, sondern durch Blicke und kleine Gesten mit großer Wirkung. Die Darstellung ihrer Beziehung erfolgt sehr zurückhaltend, aber extrem intensiv, und erinnert an »Shiver«, auch wenn zwischen Sean und Puck weit weniger – für viele Leser, die auf eine Liebesgeschichte hoffen, vielleicht auch zu wenig – passiert.

Man muss definitiv die leisen Töne und eine eher gemächliche Erzählweise mögen, damit einem das Buch uneingeschränkt gefällt – vor allem die erste Hälfte könnte für den einen oder anderen ein wenig spannungsarm sein. Mich hat das Buch aber von Beginn an fasziniert: mit diesen seltsamen Wasserpferden, die aufgrund ihrer Ambivalenz gar nicht so einfach zu fassen sind, mit der grauen und stürmischen Atmosphäre, mit den leicht verschrobenen Inselbewohnern, den interessanten und eigenwilligen Protagonisten und der Magie, die vor allem Sean über die Capaill Uisce ausübt. Ich glaube, dass vieles in diesem Buch auf »Pferdemenschen« anders und vor allem intensiver wirkt als auf Leser, die mit Pferden nichts am Hut haben; allein schon, das Verhalten eines Pferdes zu kennen und die Kraft eines Pferdes unter dem Sattel gefühlt zu haben, dürfte da für die eine oder andere Szene Einiges ausmachen. Ich bin mir insofern nicht ganz sicher, ob Leute, die keinen Draht zu Pferden haben, mit diesem Buch richtig glücklich werden können. Einen Versuch ist es aber allemal wert, denn Stiefvater erzählt einmal mehr eine wunderbare Geschichte!

 

14/15

 

Trivia:
Maggie Stiefvater hat vor Kurzem ein Cover Round-up zum Buch gepostet. Dabei ist mir aufgefallen, dass der deutsche Verlag sich als Einziger gegen ein Pferd auf dem Cover entschieden hat. Wie mir Herr Lindner vom Loewe-Verlag auf Nachfrage mitteilte, war das eine bewusste Entscheidung. Man wollte vermeiden, dass das Buch vom Endkunden als Pferdebuch wahrgenommen wird.

Und wer die November-Cakes nachbacken will, deren Beschreibung einem schon beim Lesen des Buches das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt, findet das Rezept inkl. Selbstversuch bei Holly.

[Rezension] Karina Halle: On Every Street

The Artists Trilogy, #0.5

Klappentext:
When young con artist Ellie Watt decides to call herself Eden White and go after the drug lord who ruined her as a child, she never expects to fall for one of his henchmen. But Javier Bernal is no ordinary man. Subtly dangerous and overwhelmingly seductive, Eden finds herself passionately in love with Javier, the very person she’s set-up to betray. With her body and heart in a heated battle against her deep need for revenge, no one will walk away from this con a winner.

Kommentar:
Auf das Prequel zur Artist-Trilogie bin ich bei Goodreads aufmerksam geworden, wo das Buch große Begeisterung hervorruft und eine durchschnittliche Bewertung von 4,58 (von 5) hat. »On Every Street« ist erst nach Band 1 der Serie veröffentlicht worden – und vielleicht muss man »Sins & Needles« zuvor gelesen haben, um in die Lobeshymnen einzustimmen. Würde jedenfalls erkären, warum mich die Novella weit weniger umgehauen hat als den Rest der Welt.

Der Plot ist eigentlich wirklich interessant: Ellie Watt, die Tochter eines Betrügerpärchens, wurde als Kind bei einer Gaunerei im Auftrag ihrer Eltern erwischt, woraufhin das Opfer zur Strafe ihr Bein mit Säure verätzen lässt. Mit 20 begibt sie sich auf einen Rachefeldzug gegen den Drogenboss, der ihr das Leben versaut hat, um endlich ihren inneren Frieden zu finden. Ihr Plan sieht so aus, dass sie sich unter falscher Identität, als Eden White, an einen Mitarbeiter des Verbrechers heranschleicht und ihrem eigentlichen Opfer so nahekommt. Doch Javier Bernal, die rechte Hand des Drogenbosses, weckt echte Leidenschaft in ihr und lässt sie ihre Pläne schnell vergessen – obwohl ihr Geliebter ein echter Bad Boy ist…

Die Geschichte hätte wirklich viel Potenzial gehabt – das aber nicht voll ausgeschöpft wurde. Denn Eden vergisst ihren Rachefeldzug völlig und konzentriert sich nur noch auf Javier. Sie trifft nicht ein einziges Mal auf den Mann, wegen dem sie so gelitten und jetzt alles hinter sich gelassen und eine falsche Identität angenommen hat; als sich die (einzige) Gelegenheit ergibt, kneift sie und geht dem Zusammentreffen aus dem Weg. Für mich war es ziemlich unglaubwürdig, dass jemand, der bis zu einem gewissen Zeitpunkt sein gesamtes Sein auf Rache ausrichtet, das Ziel komplett aus den Augen verliert vor lauter großartigem Sex.

Die Darstellung der schwierigen Beziehung zwischen Eden und Javier ist alles in allem ganz gut gelungen. Man muss zunächst mal darüber hinwegsehen, dass Jungfrau Eden von Latin Lover Javier schon bei der ersten Begegnung von den Socken gehauen wird – und umgekehrt –, aber sowas soll ja vorkommen. Dass Eden von Beginn an Javiers brutale, kaltblütige und mörderische Seite ignoriert bzw. sie entschuldigt, ist schon schwerer zu akzeptieren, es funktioniert aber, weil ihr innerer Konflikt wegen der Situation vor allem zu Beginn der Geschichte wirklich groß ist. Mit Fortschreiten der Beziehung lernt sie immer besser, die Augen vor dem zu verschließen, was Javier wirklich ist: der Handlanger eines Drogenbosses, der die Drecksarbeit macht. Es macht Sinn, dass Edens Ignoranz nur so lange fuktioniert, wie die Verbrechen nicht vor ihren Augen stattfinden; als es jedoch zu einer Hinrichtung in ihrem Haus kommt, gibt es die erste große Krise. Javier hat zwar genug Einfluss auf sie, um sie zunächst zu beruhigen; doch weitere Ereignisse sind dann des Guten zu viel.

Sehr positiv zu vermerken ist, dass Javier nicht durch die Liebe geläutert wird, wie das ja so oft der Fall ist in solchen Büchern. Er verwandelt sich nicht in ein Weichei, sondern bleibt ein kaltblütiger Verbrecher, auch wenn er phasenweise mit seinem eigenen Leben hadert. Wie er sagt, hasst er das Leben als Drogenbosshandlanger zwar, aber nicht genug, um es aufzugeben. Insgesamt ist er ein sehr glaubwürdiger Charakter, der gute wie schlechte Seiten hat.

Obwohl ich den Plot an sich und vor allem Javier eigentlich gut fand, konnte mich die Geschichte nicht in ihren Bann ziehen. Ich schiebe das auf den Erzählstil, der zum Teil recht sprunghaft ist: Längere Zeiträume werden einfach übersprungen und dann rückblickend kurz zusammengefasst – was die Entwicklung der Beziehung zwischen Javier und Eden nicht gerade nachvollziehbar macht. Das mag der Kürze der Novella geschuldet sein, doch das reicht nicht als Grund, wenn sich dem Leser das Verhalten der Protagonisten nicht erschließt.

Spoiler

Vor allem hat mich geärgert, dass nicht näher erklärt wird, was genau mit Javiers Freund Miguel war, der von ihm hingerichtet wird – da muss man sich lapidar mit der Info abspeisen lassen, dass Miguel ein Verräter war. Noch viel schlimmer fand ich aber, dass Javier Eden am Ende betrügt. Das war für mich einfach komplett unglaubwürdig, weil überhaupt nicht nachvollziehbar. Nichts in der Handlung hat ernsthaft darauf hingedeutet, dass die teils sehr vereinnahmende Liebe, die er Eden während der ganzen Zeit entgegengebracht hat, nicht echt war oder abgenommen hätte. Und da es nach der Entdeckung seines Betrugs kein Gespräch mehr zwischen ihm und Eden gibt, bleibt darüber hinaus die Frage offen, ob er Eden schon die ganze Zeit betrogen hat und sie vielleicht sogar nie wirklich geliebt hat.

[Einklappen]

Der »richtige« Band 1 der Serie spielt, wie ich inzwischen weiß, sechs Jahre später und handelt laut Klappentext von Ellie und dem Tätowierer Camden; eine Rezension verrät aber, dass auch Javier eine Rolle spielt. Möglicherweise werden dann noch einige offene Fragen geklärt. Ich werde das Buch also wohl lesen, um zu erfahren, was ich hinsichtlich »On Every Street« gern wüsste …

 


8/15

 

Serieinfo:
0.5 On Every Street
01 Sins & Needles
02 Shooting Stars (05/2013)
03 Bold Tricks (10/2013)

[Buchtipp] Simone Dalbert: Papiergeflüster

Bestimmt kennen die meisten von euch den Blog Papiergeflüster, der bereits seit 2008 von der Buchhändlerin Simone Dalbert betrieben wird. Seit einiger Zeit bloggt Simone dort und bei »Ich mach was mit Büchern« Szenen aus dem Buchhändleralltag, jetzt gibt es diese Kurzgeschichten auch als E-Book und in gedruckter Version.

 

Verlagstext:
Wenn Bücher erzählen könnten, was sie in einem Buchgeschäft so alles mitbekommen! Simone Dalbert plaudert mit viel Humor aus dem persönlichen Nähkästchen und erzählt von unberechenbaren Kunden, Plüsch-Bakterien, Schaufenster-Yoga und bayerischen Mathematikbüchern.

 

Simone Dalbert, geboren 1977, wuchs im Saarland auf und studierte dort Biologie. Inzwischen lebt sie in Würzburg, wo sie eine Ausbildung zur Buchhändlerin absolvierte und noch immer in diesem Beruf arbeitet. Auf ihrem Blog papiergefluester.com und dem Twitteraccount @Buchgeflüster schreibt sie zudem privat über ihren Alltag als Buchhändlerin.

 

Simone erzählt in kurzen Geschichten von seltsamen Kundenwünschen, dem Anonymitätsstreben zahlreicher Buchbesteller, von netten und weniger netten Kunden, vergriffenen Büchern, doppelten ISBNs, schiefgegangenen Bestellungen, der Suche nach der Nadel im Heuhaufen (»Ich suche ein gelbes Buch«), der Kunst, einen Stapel Bücher in bereits vollen Regalen unterzubringen, von Bürokram und den Tücken bei der Dekoration des Ladens – kurzum von allem, was im Alltag eines Buchhändlers so passiert. Wer Lust auf einen Blick hinter die Kulissen in Form von netten Anekdoten und Tweets hat, kann hier getrost zugreifen.

[Keine Rezension] Heidi McLaughlin: Forever my Girl

The Beaumont Series, #1

Klappentext:

I was never supposed to be a rock star. I had my life all planned out for me. Play football in college. Go to the NFL. Marry my high school sweetheart and live happily ever after.

I broke both our hearts that day when I told her I was leaving. I was young. I made the right decision for me, but the wrong decision for us. I’ve poured my soul into my music, but I’ve never forgotten her. Her smell, her smile.

And now I’m going back.

After ten years.

I hope I can explain that after all this time.

I still want her to be my forever girl.

 

 

 

Kommentar:

Dieses Buch hab ich bei Chrissi entdeckt, und obwohl ihr Urteil letztendlich durchwachsen war, hat mich der Plot genügend angefixt, um mir das E-Book trotzdem zu kaufen. Es wäre allerdings absolut kein Verlust gewesen, das Buch nicht gelesen zu haben – mein Urteil ist ziemlich identisch mit dem von Chrissi.

Das Buch startet traurig, aber extrem stark. Ich war sofort gefesselt, habe mitgefiebert, mitgelitten und mitgeweint. Leider kann die Autorin das Niveau nicht lange halten, die Story verflacht sichtlich und plätschert schon nach Kurzem ziemlich spannungsarm vor sich hin. Den Hauptfiguren mangelt es an Tiefe bzw. an Ecken und Kanten, und alles in dieser Geschichte geht viel zu einfach. Das betrifft nicht nur die Beziehung zwischen Josie und Liam, sondern auch die zwischen Liam und seinem Sohn – beide sind vom ersten Augenblick an uneingeschränkt begeistert von ihrer Verwandtschaft, es gibt keine Reserviertheit, keine Skepsis, kein Fremdeln. Selbst die potenziellen Störfaktoren für das wiederzufindende Glück in Gestalt von Josies langjährigem Lebensgefährten und Liams eifersüchtige Agentin eliminieren sich quasi von selbst, indem sie Dinge tun, die so unverzeihlich sind, dass es den Protagonisten sehr leicht fällt, sie aus ihrem Leben zu verbannen. Man strebt dem Glück also ohne größere Hindernisse entgegen, und entsprechend wenig begeisternd ist das Buch.

Sprachlich und orthographisch scheint mir das Buch übrigens auch nicht besonders ausgefeilt zu sein. Mein Englisch ist ehrlich gesagt nicht gut genug, um das fundiert zu beurteilen, aber der eine oder andere Kommentar bei Goodreads bestätigt meinen Eindruck.

 


6/15

 

Was mich jetzt noch bewegt:
Gehören Hidden-Baby-Plots eigentlich zwingend zu Rock-Star-Büchern?

[Rezension] Eloisa James: Ein unerhörter Ehemann

Originaltitel: Duchess in Love
Duchess Quartet, #1

Verlagstext:
Um einen Skandal zu vermeiden, wurde die junge Gina bereits mit elf Jahren an ihren Cousin Camden Serrard verheiratet. Dieser flüchtete jedoch noch am Tag der Hochzeit außer Landes. Seither sind zwölf Jahre vergangen, und Gina hat sich zu einer der schönsten und begehrtesten Frauen Londons entwickelt. Als der Marquess Bonnington um ihre Hand anhält, bittet sie ihren Cousin um eine Scheidung. Doch dann begegnen Camden und Gina einander nach Jahren der Trennung wieder und entdecken unerwartete Gefühle füreinander.

 

Kommentar:
Erinnert sich noch jemand an meine erste Eloisa-James-Rezension? Wahrscheinlich nicht, ist schon eine Ewigkeit her. Sie bezog sich auf »Heiße Nächte der Leidenschaft« und war das vorübergehende Ende meiner Beziehung zu dieser Autorin. Nachdem mir allerdings diverse glaubwürdige Leute versichert hatten, dass die Midnights-Serie den Tiefpunkt in James‘ Werk darstellt, hab ichs später noch mal mit einem neuen Buch der Autorin versucht, »When Beauty Tamed The Beast«, das mir auch ziemlich gut gefallen hat. Über »Ein unerhörter Ehemann« kann ich das leider nicht sagen. Auch wenn es lange nicht so schrecklich ist wie das erwähnte Midnight-Buch, merkt man »Ein unerhörter Ehemann« seine zeitliche Entstehungsnähe zur Midnight-Serie doch an: Die Duchess-Serie folgte direkt darauf und ist somit ein ziemlich »alter« Schinken von 2002.

Dass James von damals nicht James von heute ist, wird schon auf den ersten Seiten klar: Es werden innerhalb kürzester Zeit so viele Figuren nebst Partnern, deren Liebhabern sowie eigenen Geliebten eingeführt, dass ich zunächst vollkommen den Überblick verloren hatte und überhaupt nicht wusste, wer wer ist. Es hilft nicht gerade den Nebel zu lichten, dass ein Großteil von ihnen im Laufe des Buches mindestens einmal, häufig auch mehrfach, die Stimme erheben und ein Stück der Geschichte aus ihrer/seiner Perspektive erzählen darf. Selbst aus der Sicht unbedeutendster Nebenfiguren wird immer mal wieder ein Satz eingestreut – was mich unendlich nervt. Ich hasse Headhopping.

Die Hauptgeschichte (ich verweise hier mal auf den Klappentext, dem höchstens hinzuzufügen ist, dass Gina und Cam gar nicht wirklich verwandt sind) wäre an sich nicht mal so schlecht, leider kommt bei mir aber NULL Emotion an – was irgendwie kein Wunder ist bei der Vielzahl der Perspektiven und Handlungsstränge, bei einem Liebesroman aber logischerweise gar nicht geht. Hinsichtlich der Beziehung zwischen Gina und Cam ist lediglich nachvollziehbar, dass die beiden einander heftig begehren. Wie Gina sich verhält, obwohl sie doch den verknöcherten Marquis Bonnington heiraten will, der ungefähr so anziehend wie ein Stück trockenes Brot wirkt, ist ziemlich unglaubwürdig; aber das gilt eigentlich für die meisten Figuren. Hin und wieder blitzt ein wenig sehr netter Humor auf, insgesamt wirken die Handlung und das Verhalten der Personen aber vollkommen überzogen, phasenweise fast slapstickartig.

Mir scheint, ich sollte vom Frühwerk der Autorin lieber die Finger lassen und mich stattdessen auf ihre neueren Bücher konzentrieren.

 


7 Punkte

 

Reiheninfo: Duchess Quartet

01 Duchess in Love | Ein unerhörter Ehemann
02 Fool for Love | Ein delikater Liebesbrief (März 2013)
03 A Wild Pursuit | Keine Lady ohne Tadel (September 2013)
04 Your Wicked Ways

[Rezension] Sarah MacLean: One Good Earl Deserves a Lover

Rules of Scoundrels, #2

Klappentext:

Lady Philippa Marbury is . . . odd
The brilliant, bespectacled daughter of a double marquess cares more for books than balls, for science than the season, and for laboratories than love. She’s looking forward to marrying her simple fiancé and living out her days quietly with her dogs and her scientific experiments. But before that, Pippa has two weeks to experience all the rest—fourteen days to research the exciting parts of life. It’s not much time, and to do it right she needs a guide familiar with London’s darker corners.

She needs . . . a Scoundrel
She needs Cross, the clever, controlled partner in London’s most exclusive gaming hell, with a carefully crafted reputation for wickedness. But reputations often hide the darkest secrets, and when the unconventional Pippa boldly propositions him, seeking science without emotion, she threatens all he works to protect. He is tempted to give Pippa precisely what she wants . . . but the scoundrel is more than he seems, and it will take every ounce of his willpower to resist giving the lady more than she ever imagined.

 

 

[weiterlesen]

[Keine Rezension] Simon Beckett: Die Chemie des Todes

Originaltitel: The Chemistry of Dead
David Hunter, #1

 

Verlagstext:

Sterben kann ewig dauern …

… aber der menschliche Körper beginnt kaum fünf Minuten nach dem Tod zu verwesen – und wird dann zu einem gigantischen Festschmaus für andere Organismen. Zuerst für Bakterien, dann für Insekten. Fliegen. Die Larven verlassen die Leiche in Reih und Glied, in einer Schlangenlinie, die sich immer nach Süden bewegt. Ein Anblick, der jeden dazu veranlassen würde, das Phänomen zu seinem Ursprung zurückzuverfolgen. Und so entdecken die Yates-Brüder, was von Sally Palmer übrig geblieben war …

Die Tote war Schriftstellerin, eine Außenseiterin in Devonshire. Verdächtiger Nummer eins ist der schweigsame Fremde im Dorf, ein Dr. David Hunter. Doch es stellt sich heraus, dass er früher Englands berühmtester Rechtsmediziner war, und die Polizei bittet ihn um Unterstützung. Gerade als seine Analysen zeigen, dass die Ermordete vor ihrem Tod tagelang gefoltert wurde, verschwindet eine weitere junge Frau. Eine fieberhafte Suche beginnt. Gleichzeitig bricht im Dorf eine Hexenjagd los. Der Pfarrer, ein knochiger Fanatiker, hetzt die Leute auf, und David ist Zielscheibe seiner Hasspredigten …

 

Kommentar:

Mir war mal wieder nach einem spannenden Krimi, also hab ich Simon Becketts hochgelobten Bestseller aus dem Regal gezogen. Spannung hab ich gekiegt, so gut wie die allgemeinen Bewertungen fand ich das Buch allerdings nicht. Das lag zum einen am Schreibstil, der seltsam distanziert wirkte und immer wieder mit unheilvollen Ahnungen aufwartete (»Es würde das letzte fröhliche Zusammentreffen sein, bevor das Unheil über uns hereinbrach.«), zum anderen aber auch an den Ereignissen. Es passieren nämlich genau solche Dinge, die ich überhaupt nicht leiden kann: Der Kommissar ist persönlich involviert, es gibt einen Wettlauf gegen die Zeit, die entführten Opfer haben eine Erzählperspektive und schildern ihre Qual, und zu allem Übel wird der Leser absichtlich getäuscht, indem der Autor die Dinge in falschem Licht erscheinen lässt. Das ist eigentlich genau das, was ich NICHT will. Toll ist allerdings die Atmosphäre; man kann die Hitze, den Gestank, die Bedrückung wirklich nachempfinden. Alles in allem fühlte ich mich trotz aller persönlicher Präferenzen ganz gut unterhalten und werde wohl in gar nicht allzu ferner Zukunft ein weiteres Buch über David Hunter lesen. Vielleicht ist er dann wenigstens nicht selbst in den Fall verwickelt.

 


9 Punkte

 

Serieninfo: David Hunter
01 The Chemistry of Death | Die Chemie des Todes
02 Written in Bone | Kalte Asche
03 Whispers of the Dead | Leichenblässe
04 The Calling of the Grave | Verwesung

[Rezension] Sherry Thomas: Tempting the Bride

Fitzhughes, #3

Verlagstext:
Helena Fitzhugh understands perfectly well that she would be ruined should her secret love affair be discovered. So when a rendezvous goes wrong and she is about to be caught in the act, it is with the greatest reluctance that she accepts help from David Hillsborough, Viscount Hastings, and elopes with him to save her reputation.

Helena has despised David since they were children—the notorious rake has tormented her all her life. David, on the other hand, has always loved Helena, but his pride will never let him admit the secrets of his heart.

A carriage accident the day after their elopement, however, robs Helena of her memory—the slate is wiped clean. At last David dares to reveal his love, and she finds him both fascinating and desirable. But what will happen when her memory returns and she realizes she has fallen for a man she has sworn never to trust?

 

Kommentar:
Manche Bücher gefallen mir einfach nicht, weil mir der Plot nicht liegt oder ein Charakterzug ein Protagonisten; dass andere mehr damit anfangen können, kann ich aber nachvollziehen. Hin und wieder ist es mir aber wirklich ein Rätsel, was andere Leser an einem Buch finden. So geschehen hier – was umso enttäuschender ist, da ich mich sehr auf die Geschichte von Hastings und Helena gefreut hatte.

Helena Fitzhugh ist eine für die damalige Zeit ziemlich fortschrittliche Frau. Sie arbeitet als Verlegerin und unterhält ein heimliches Verhältnis mit einem verheirateten Mann; die Bemühungen ihrer Familie, sie von Mr. Martin fernzuhalten, helfen wenig. Dann wird den beiden Liebenden eine Falle gestellt, und um einen Skandal zu vermeiden, muss Helena Lord Hastings heiraten, den ihr seit Jugendzeiten verhassten Freund ihres Bruders. Bevor es allerdings zur Hochzeit kommt, wird Helena in einen Unfall verwickelt und verliert das Gedächtnis …

Das ist ja mal ein Kniff, oder? Frau liebt einen verheirateten Mann und hasst ihren langjährigen Verehrer, dann aber zwingen die Umstände sie, vom verheirateten Mann zu lassen und den Verehrer zu heiraten. Aber juchee, zum Glück für alle Beteiligten verliert die Frau ihr Gedächtnis, und alle können von vorn beginnen. Da Helena nichts mehr von ihrer Verachtung für Hastings weiß, der sie jahrelang beleidigt und verspottet hat, um seine Gefühle zu überspielen, kann sie sich ganz auf die Gegenwart konzentrieren. Das ist gut für Hastings, denn der kann endlich er selbst sein und entpuppt sich als verständnisvollster, liebevollster und umsichtigster Mann der Welt. Die Chancen auf ein Happy End stehen bestens, aber so läuft’s natürlich nicht – wär ja auch langweilig.

Stattdessen findet auf knapp 300 Seiten ein nervensägiges Hin und Her statt, in dessen Verlauf Helena Hastings mal liebt und mal hasst. Als Hastings ihr erzählt, dass sie vor dem Unfall in Mr. Martin verliebt war, reagiert sie noch mit Unverständnis und kann gar nicht fassen, was sie an diesem Langweiler gefunden haben soll. Nicht viel später kehrt jedoch die Erinnerung an Hastings zurück, und das ist nicht so gut für die Beziehung der beiden, doch auch diese Krise wird abgewendet. Das Paar scheint schon auf dem besten Weg ins endgültige Glück zu sein, als es endgültig abstrus wird. Helena erinnert sich plötzlich wieder an ihren »sweet, poor Mr. Martin«, und das lächerliche Drama nimmt seinen Lauf: Helena überhäuft Hastings mit ungerechten Vorwürfen, woraufhin der in alte Muster verfällt und mit verletzenden Worten zurückschlägt. Ich glaube, ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass die beiden am Ende auch diese Krise überwinden, obwohl sich für Helena zwischenzeitlich eine ungeahnte Chance auftut, um ihr die Freiheit der Wahl zu geben.

Es ist typisch für Sherry Thomas, dass ihre Protagonisten bisweilen ganz schön eigen sind, und mit Helena reiht sich eine weitere Figur in diesen Reigen ein. Leider schießt die Autorin hier mal wieder übers Ziel hinaus und macht aus der eigentlich fortschrittlichen Lady eine zum Teil wenig sympathische Frau, die das Wohl ihres Geliebten Mr. Martin über alles stellt. Hastings bleibt eigentlich ziemlich blass; sein früheres mieses Verhalten Helena gegenüber wird ziemlich fadenscheinig mit seiner Herkunft und Vergangenheit begründet, und er wird vorwiegend durch sein Verhalten seiner Tochter gegenüber definiert. Er hat nämlich ein uneheliches Kind mit massiven Verhaltensstörungen (deren Ursache nur unzureichend geklärt werden), das er höchst liebevoll und mit einer Engelsgeduld behandelt – womit er Helena immer wieder aufs Neue beeindrucken kann.

Man hat also ein Buch voller Krisen, wo doch eine völlig gereicht hätte – dann hätte die Autorin vielleicht auch Zeit gehabt, die Gefühle der beiden Protagonisten transparent zu machen. Das gelingt Thomas diesmal nämlich überhaupt nicht; sie erzählt zum Teil sehr episodenhaft hier und dort eine Begebenheit und behauptet Dinge, die man einfach nicht nachempfinden kann. Es gibt natürlich ein paar schöne Stellen, aber alles in allem hab ich mich lange nicht mehr so geärgert beim Lesen eines sehnsüchtig erwarteten Buches. Einmal mehr fühle ich mich in meiner Überzeugung bestätigt, dass Back-to-Back-Veröffentlichungen (fast) immer zu Lasten der Qualität gehen.

 


5 Punkte

 

Serieninfo:
01 Beguiling the Beauty – 9/15
02 Ravishing the Heiress – 12/15
03 Tempting the Bride – 5/15