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Elle Kennedy: Off-Campus-Serie

Anfang des Jahres bin ich über das hervorragend bewertete Buch »The Deal« gestolpert und hab eher skeptisch angefangen, es zu lesen. Es ist nämlich ein New-Adult-Buch, und dass Höchstbewertungen überhaupt nichts bedeuten, schon gar nicht, was NA-Bücher angeht, ist ja hinlänglich bekannt. Aber was soll ich sagen – ich mochte den Roman, sehr sogar. So sehr, dass ich innerhalb kürzester Zeit auch die drei weiteren Bände der College-Serie gelesen habe.

Um es vorwegzunehmen: Der Abschlussband ist in meinen Augen nicht besonders gut gelungen und wäre als Einzelband bei mir wohl eher durchgefallen. Trotzdem ist die Serie ingesamt empfehlenswert und Elle Elle Kennedy eine Autorin, von der ich unbedingt mehr lesen will, gern eines ihrer »Erwachsenenbücher« (also nicht New Adult), weil mir ihr amüsanter Schreibstil und ihre Figuren wirklich gut gefallen.

 

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[Rezension] Catherine Gayle: Training in Sachen Liebe

Originaltitel: Breakaway
Portland Storm #1

 

Inhalt:

Der Mannschaftskapitän von Portland Storm, Eric »Zee« Zellinger, weiß für gewöhnlich, was zu tun ist. Aber sein einstiges Elite-Team zum Sieg zu führen, wird schnell ein aussichtslos erscheinender Kampf. Er darf seine Konzentration jetzt nicht verlieren – nicht wenn seine Karriere auf dem Spiel steht. Doch als die kleine Schwester seines besten Freundes eine Bitte an ihn heranträgt, die er ihr nicht abschlagen kann, besteht die Gefahr, dass Eric den Antrieb verliert, den sein Team von ihm als Captain braucht.

Seit einem einschneidenden Erlebnis in ihrer College-Zeit befindet sich Dana Campbells Leben in einer Abwärtsspirale. Sie versucht verzweifelt, dem Horror dieser schicksalsträchtigen Nacht zu entkommen, und ist bereit, alles dafür zu tun. Selbst wenn das bedeutet, den einzigen Mann, dem sie vertraut, um Hilfe zu bitten.

Egal, wie unwiderstehlich sie ist oder wie sehr ihn ihre Bitte in Versuchung führt, kann Eric diese Grenze möglicherweise nicht überschreiten – vor allem nicht, solange sein Team darum kämpft, die Play-offs zu erreichen. Nun muss Eric eine letzte Entscheidung treffen. Doch wird er Dana die Chance geben, aus ihrer Abwärtsspirale auszubrechen und ein glückliches Leben zu führen, oder wird er sich bemühen, seine Karriere weiter voranzutreiben?

 

Kommentar *mit (leichten) Spoilern*:

Seit der Off-Campus-Serie bin ich auf dem Eishockey-Trip, und auf der Suche nach mehr Büchern in diesem Umfeld bin ich rein zufällig über die Portland-Storm-Serie gestolpert. Was soll ich sagen, dieses Buch war ein echter Überraschungshit für mich, und ich frage mich, wieso es nicht viel bekannter ist. Die deutsche Ausgabe hat bei Amazon nicht eine einzige Bewertung, und auch die englischen Bücher haben erschreckend wenig Publicity erhalten.

Der Ausgangspunkt der Geschichte ist unerfreulich: Dana Campbell wurde als Jugendliche von mehreren Typen vergewaltigt und kämpft nach sieben Jahren und unzählichen Therapien immer noch gegen ihre Panikattacken. Sie kann körperliche Nähe seitdem nicht mehr zulassen, auch nicht von Verwandten und Freunden, und eine Liebesbeziehung steht vollkommen außer Frage. Ihre Therapeutin rät ihr, sich einen Surrogat-Partner zu suchen, mit dem sie den Körperkontakt üben soll. Sie wählt dazu den Eishockeyspieler Eric aus, der seit vielen Jahren der beste Freund ihres Bruders und auch ihr (brüderlicher) Freund ist und sich auf die Aufgabe einlässt, weil er schon lange in Dana verliebt ist und alles tun würde, um ihr zu helfen.

Ich bin weder ein Profisportexperte noch ein Psychotherapeut, aber nach meiner Laienmeinung gibt es eine Reihe von Unwahrscheinlichkeiten in diesem Roman. Es kommt mir zum Beispiel nicht besonders glaubwürdig vor, dass sämtliche Teamkollegen von Eric so rücksichtsvoll sind oder dass Dana mit dem Team reisen darf, und letztendlich überwindet sie ihre Ängste meines Erachtens doch relativ schnell. Ein bisschen nervig war auch die Blindheit, die verhindert, die Liebe des anderen nicht zu sehen bzw. falsch einzuordnen.

Das stört aber den Gesamteindruck letztendlich nicht, weil das Buch trotzden herzerwärmend schön ist. Bis Dana und Eric sich körperlich und mental näherkommen, ist es ein steiniger Weg, aber er ist so gefühlvoll beschrieben, dass einem das Herz aufgeht. Dana ist eine tolle Heldin, die alles versucht, um ihrem unverschuldeten Leid endlich zu entfliehen, aber gegen Eric verblasst sie trotzdem. Eric ist ein Held zum Verlieben. Er versucht einen schwierigen Spagat zwischen seinen sportlichen Verflichtungen und dem Wunsch, Dana zu helfen. Dass Dana eigentlich zu viel von ihm verlangt, wissen (und äußern) beide; Eric leidet sehr unter der Situation: unter ihren Panikattacken ebenso wie unter der Nähe zu ihr, weil er mehr will und nicht glaubt, dass er je mehr kriegen kann und wird. Auch sportlich strauchelt Eric: Sosehr er sich bemüht, gut zu spielen und ein starker Teamkapitän zu sein, der seine Jungs in die Playoffs führt, so durchwachsen sind seine Leistungen, weil er wegen Dana den Kopf nicht frei hat. Sein ständiger Konflikt ist sehr gut dargestellt, und ich wüsste nicht, wer es mehr verdient hätte als Eric, dass am Ende alles (einigermaßen) gut wird.

Die Übersetzung ist meiner Meinung nach gut gelungen und liest sich flüssig, mir sind keine größeren Holprigkeiten oder Unsinnigkeiten aufgefallen. Wer also lieber auf Deutsch liest, kann meiner Meinung nach bedenkenlos zugreifen. Die deutsche Kindle-Ausgabe ist sogar (minimal) günstiger als die englische. Umsonst kriegt man Band 1 auf Englisch (ebenso wie ein paar andere Bücher) aber auch, indem man Catherine Gayles Newsletter abonniert. Für die Historical-Freunde: Die Autorin schreibt außer Eishockey-Contemporarys auch Regency-Liebesromane, ich kenn aber keinen.

 

Fazit:

Tolles, gefühlvolles Buch mit einem grandiosen Helden. Ich werde die Serie definitiv weiterverfolgen und, wenn sie so gut weitergeht, am Ende wahrscheinlich zum NHL-Fan werden und Eishockeyspiele anschauen! ;)


13/15

 

[Rezension] Lauren Runow: Gravity

Klappentext:

Gravity is not your normal, sweet romance of childhood friends to lovers. Spanning over twenty years—it’s raw, it’s real, asking the question if soul mates really exist.

Lily
At eight years old, the boy next door changed my life. He was the force pulling me toward him despite our differences. It was like magic. We understood each other, supported each other and in the process became everything to each other. But in chasing Trevin’s dream, I lost myself along the way.

Trevin
Through tremendous heartache, she was there. Through fame and fortune, she was there. Loving Lily was the one thing I got right. Eclipsing her in my shadow, I took from her until she was empty. Now I must do anything to prove I can be the man she wants, no, the man she deserves.

 

Kommentar:
Bei Goodreads bin ich (via Chrissi) über „Gravity“ von der mir bis dato unbekannten Selfpublishing-Autorin Lauren Runow gestolpert und der Klappentext hat mich sofort angefixt. Das Stichwort „Rockstar“ lässt mich bekanntermaßen grundsätzlich aufhorchen; dass die Geschichte einen Zeitraum von über zwanzig Jahren umfasst, hat mich endgültig neugierig gemacht.

„Gravity“ erzählt von Trevin und Lily, die sich kennenlernen, als Lily mit acht Jahren in Trevs Nachbarschaft zieht. Die beiden werden enge Freunde und bleiben das auch, bis Trevin mit achtzehn die Stadt verlässt, um Rockstar zu werden. Danach wird die Beziehung zwischen ihnen schwieriger und der Kontakt seltener, doch die beiden sind sich immer tief verbunden und bewegen sich hart an der Grenze von Freundschaft zur Liebe. Das mit der Liebe ist aber eine schwierige Angelegenheit, denn die beiden führen sehr unterschiedliche Leben, die nur dann miteinander kompatibel zu sein scheinen, wenn einer einen Teil von sich selbst bzw. seine Träume für den anderen aufgibt. Es scheint nie den richtigen Zeitpunkt für sie zu geben.

Aufgrund der langen Zeitspanne der Handlung werden nur bedeutsame Episoden aus Lilys und Trevs Leben erzählt: Solche, die die Protagonisten für sich, ihr Miteinander und ihr Leben prägen. Es wird so gut wie nie nach rechts und links geschaut, Erlebnisse mit Freunden, Bandkollegen oder auf der Bühne werden weitgehend ausgespart, sofern sie nichts mit der Beziehung von Lily und Trev zu tun haben. Das ist sicher nicht jedermanns Sache, weil eine Art umfassendes Gesamtbild fehlt; mir reichte es aber, ausschließlich von den beiden zu erfahren. Die Geschichte hat trotzdem so viel Tiefe, dass man eintauchen und mit den Hauptfiguren hoffen, bangen, leiden und lieben kann.

Das liegt natürlich auch daran, dass Trevin und Lily tolle Protagonisten sind. Trev ist – wenn man von seinen Sex-and-Drugs-and-Rock’n’Roll-Eskapaden absieht – trotz seiner schwierigen Kindheit und seines Erfolges die meiste Zeit relativ geerdet. Dazu trägt nicht zuletzt Lily bei, die in jeder Lebenslage sein Fels in der Brandung – oder, um den Buchtitel aufzugreifen: seine »Schwerkraft« – ist. Sie ist für ihn da, oft ohne viele Worte, aber mit liebevollen Gesten und Berührungen.
Dabei macht sie phasenweise ganz schön was mit und sie verzeiht ihm wirklich vieles, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass da eben doch immer ein bisschen mehr als Freundschaft zwischen ihnen ist. Bis auf eine kurze Phase bleibt sie dabei immer sie selbst, ein ganz normales Mädchen, und rettet damit letztendlich das, das Besondere, das zwischen ihnen ist.

Hinzu kommen Sexszenen, die ich als ziemlich außergewöhnlich empfand. Nicht etwa, weil sie so heiß waren, sondern weil währenddessen so viele Gefühle und so viel Liebe zwischen den beiden prickeln, dass es fast atemberaubend ist. Gleiches gilt auch für ein paar kleine Gesten des Trostes und der Freundschaft, die die Verbundenheit und Nähe der beiden zeigen und für hingerissene Haaaaaaach-Momente sorgen.

Um ganz ehrlich zu sein, gibt es am Ende ein paar Komplikationen zu viel, die nicht hätten sein müssen und mir vorkamen, als wollte die Autorin die Geschichte einfach noch ein wenig strecken. Für mich wäre es mindestens ebenso okay gewesen, wenn das Buch fünfzig Seiten kürzer gewesen wäre. Hinzu kommt das eine oder andere weniger glaubwürdige Detail, etwa die Tatsache, dass Trev niemals eine andere Frau als Lily küsst. Das ist zwar irgendwie nett, wenn er schon durch die Betten von unzähligen Groupies tourt, aber schwer vorstellbar, zumal er das trotz diverser Rauschzustände viele Jahre lang konsequent durchzieht. Und wenn man schon bei Realismus ist: Natürlich kann man sich die Frage stellen, wie wahrscheinlich es ist, dass so eine Freundschaft im echten Leben hält und gar zu einer funktionierenden Liebe wird, noch dazu unter solchen Umständen …

… aber wisst ihr was? Manchmal ist einem das einfach egal. Es ist nur ein Buch, eine fiktive Geschichte, und zwar eine, die stellenweise sehr intensiv war und mich wirklich berührt hat, sodass mangelnder Realismus und andere kleinere Merkwürdigkeiten meinen Gesamteindruck nicht trüben konnten. „Gravity“ lässt mich einfach mit einem guten Gefühl zurück – und dem Wunsch, mehr Bücher dieser Autorin zu lesen. (Weshalb ich direkt die Unwritten-Series über einen männlichen Escort gekauft habe.)

 


14/15

[Rezension] Mary Balogh: Simply Love

Verlagstext:
New York Times bestselling author Mary Balogh returns to the elegance and sensuality of Regency England as she continues the enthralling story of four remarkable women–friends and teachers at Miss Martin’s School for Girls. At the center of this spellbinding novel is Anne Jewell, a teacher haunted by a scandalous past…until she meets a man who teaches her the most important lesson of all: nothing is simple when it comes to love.…

She spies him in the deepening dusk of a Wales evening–a lone figure of breathtaking strength and masculinity, his handsome face branded by a secret pain. For single mother and teacher Anne Jewell, newly arrived with her son at a sprawling estate in Wales on the invitation of an influential friend, Sydnam Butler is a man whose sorrows–and passions–run deeper than she could have ever imagined.

As steward of a remote seaside manor, Sydnam lives a reclusive existence far from the pity and disdain of others. Yet almost from the moment Anne first appears on the cliffs, he senses in this lovely stranger a kindred soul, and between these two wary hearts, desire stirs. Unable to resist the passion that has rescued them both from loneliness, Anne and Sydnam share an afternoon of exquisite lovemaking. Now the unwed single mother and war-scarred veteran must make a decision that could forever alter their lives. For Sydnam, it is a chance to heal the pain of the past. For Anne, it is the glorious promise of a future with the man who will dare her to reveal her deepest secrets…before she can give him all her heart.

 

Kommentar:

Nachdem ich Baloghs Roman »A Summer to Remember« beendet hatte, konnte ich gar nicht anders, als nach »Simply Love« zu greifen, denn hier findet Sydnam, der Bruder des Helden aus »A Summer to Remember«, sein Glück.

Die Lehrerin Anne Jewell wird von ihrem adeligen Bekannten eingeladen, zusammen mit ihrem neunjährigen unehelichen Sohn David einen Monat der Sommerferien mit ihm und der Familie seiner Frau, den Bedwyns, in Wales zu verbringen. Damit David, der sonst fast nur Frauen und Mädchen um sich hat, auch mal unter Männer kommt und adäquate Spielgefährten hat, willigt sie zähneknirschend ein, obwohl ihr gar nicht wohl dabei ist, unter all den Adligen zu sein. Vor Ort entzieht sie sich den Bedwyns und ihrem Anhang, so gut sie kann, und freundet sich stattdessen mit dem Verwalter Sydnam an. Aus ihrer Freundschaft wird langsam mehr, doch als der Sommer vorbei ist, scheint auch ihre Beziehung beendet. Dann allerdings führt eine eine schicksalhafte Fügung sie erneut zusammen, und sie sind gezwungen, die Geister der Vergangenheit gemeinsam zu vertreiben …

Wie unschwer festzustellen ist, erzählt Balogh einmal mehr ihren Lieblingsplot: Ein Paar tut sich aus Vernunftgründen zusammen und verwandelt das Zweckbündnis in eine echte Liebesehe. Im Gegensatz zu vielen anderen Büchern der Autorin sind die Protagonisten zum Zeitpunkt der Hochzeit hier aber sehr wohl ineinander verliebt, nur haben sie ihren Gefühlen nicht getraut und sich deshalb zuvor gegen eine Beziehung entschieden. Dass sie am Ende des Sommers überhaupt auseinandergegangen sind, fand ich als Leser allerdings nicht wirklich nachvollziehbar und auch ein wenig ärgerlich. Schließlich hat Balogh vorher ein halbes Buch lang sehr eindringlich und gefühlvoll geschildert, wie die beiden sich näherkommen, ihre Beziehung Schritt für Schritt intensivieren und sich schließlich ineinander verlieben. Dass es hier um echte Gefühle geht und nicht um einen harmlosen Sommerflirt, der abgehakt ist, sobald man sich nicht mehr sieht, ist schon aufgrund der Charaktere der beiden klar; insofern passte für mich die Trennung bei allen Selbstzweifeln der Helden einfach nicht ganz. Zudem gibt es eine Reihe von Missverständnissen und falsch gedeuteten Gesten, die in ihrer Häufung ein wenig nervten, sowie ein paar Längen in der zweiten Hälfte, weil man sich doch sehr im Kreis dreht. Bei aller Kritik erzählt Balogh aber trotzdem eine wunderbar romantische Geschichte voller Lebensweisheit, in der sich zwei einsame Seelen finden und lieben lernen.

Vor allem Sydnam ist ein unwiderstehlicher Protagonist: Er ist ein »tortured hero«, wie er perfekter nicht sein könnte. Um zu beweisen, dass er ein echter Mann ist, der seinen älteren Brüdern das Wasser reichen kann, ist der begnadete Maler auf den Kontinent gegangen, um gegen Napoleon zu kämpfen. Dort allerdings ist er in Gefangenschaft geraten, wurde gefoltert und ist – mehr tot als lebendig nach Hause zurückgekehrt – mit Verbrennungen der gesamten rechten Körperhälte, ohne Arm und Auge und als seelisches Wrack. Im Laufe der Zeit hat er gelernt, mit seinen Kriegsverletzungen zu leben und das Beste daraus zu machen, allerdings trauert er immer noch der Malerei nach und meidet wegen seiner offensichtlichen Entstellungen den Kontakt zu Fremden. Bemerkenswert an ihm ist, dass er sich – bis auf wenige Momente – nicht in Selbstmitleid und Verbitterung suhlt, sondern versucht, seinem Leben einen neuen Sinn zu geben, sich Herausforderungen zu stellen und optimistisch an die Dinge heranzugehen, auch wenn sie ohne Auge und Arm unmöglich erscheinen. Er ist eine Figur mit außergewöhnlicher Tiefe.

Gleiches gilt im Prinzip auch für Anne, allerdings ist sie zum Teil etwas anstrengend. Sie hat ein uneheliches Kind von einem Adligen geboren und wurde daraufhin von ihren Eltern mehr oder weniger verstoßen. Ihr Selbstwertgefühl hat schwer gelitten, was durchaus verständlich, in der extremen Ausprügung aber phasenweise höchst nervig ist, etwa wenn sie sich einredet, die Bedwyns würden sie trotz der Einladung und aller gegenteiligen Versicherungen verachten, weil sie im Rang unter ihnen steht und ein uneheliches Kind hat. Um Umgang mit Syndam ist sie hingegen wundervoll, auch wenn die beiden einen denkbar schlechten Start haben, weil sie sich nämlich vor dem »Monster« zu Tode erschreckt und panikartig wegläuft. Sie versteht aufgrund ihrer eigenen Geschichte vieles, was andere nicht verstehen, und man kann ihr sogar verzeihen, dass sie – absolut unbelehrbar! – immer wieder mit höchst indiskreten Fragen herausplatzt, für die sie sich dann peinlich betreten entschuldigen muss; aber man verzeiht sie ihr, weil Sydnam hart im Nehmen ist und seine Antworten zu tiefschürfenden, aufschlussreichen Gesprächen führen, durch die die beiden sich erst näherkommen.

Wieder einmal bindet Balogh auch Figuren ein, die man aus älteren Büchern bereits kennt – und zwar ganz besonders viele. Man trifft nicht nur die Protagonisten aus der dazugehörigen Simply-Reihe, sondern auch Kit und Lauren aus »A Summer to Remember« sowie sämtliche Bedwyns nebst ihren Partnern aus der Slightly-Reihe. Sowas gibt einem Roman immer einen besonderen Kick, denn es ist immer wie ein Wiedersehen mit alten Freunden und macht einfach Spaß.

 

Fazit:

14/15 – Toller historischer Liebesroman! Für Fans des Genres ein Muss.

 

Reiheninfo:
01 Simply Unforgettable – 9/15
02 Simply Love
03 Simply Magic
04 Simply Perfect

 

(Gelesen und rezensiert im Dezember 2012.)

[Keine Rezension] John Green: Das Schicksal ist ein mieser Verräter


Originaltitel: The Fault in Our Stars

 

 

Verlagsbeschreibung:

»Krebsbücher sind doof«, sagt die 16-jährige Hazel, die selbst Krebs hat. Sie will auf gar keinen Fall bemitleidet werden und kann mit Selbsthilfegruppen nichts anfangen. Bis sie in einer Gruppe auf den intelligenten, gut aussehenden und umwerfend schlagfertigen Gus trifft. Der geht offensiv mit seiner Krankheit um. Hazel und Gus diskutieren Bücher, hören Musik, sehen Filme und verlieben sich ineinander – trotz ihrer Handicaps und Unerfahrenheit. Gus macht Hazels großen Traum wahr: Gemeinsam fliegen sie nach Amsterdam, um dort Peter Van Houten zu treffen, den Autor von Hazels absolutem Lieblingsbuch.

 

Kommentar:

Ich wollte dieses Buch eigentlich gar nicht lesen. Denn ich bin ganz bei Hazel, der Protagonistin des Romans: »Krebsbücher sind doof.« Und sie machen mir Angst. Aber als ich »Das Schicksal ist ein mieser Verräter« vor zwei Wochen auf dem Flohmarkt gesehen habe, konnte ich nicht widerstehen, denn natürlich hatte ich schon viel Gutes davon gehört. Nicht, dass ich solchen Lobeshymnen noch trauen würden, aber in diesem Fall bin ich wirklich froh, dass ich meine Vorbehalte gegen gehypte Bücher über Bord geworfen habe.

»Das Schicksal ist ein mieser Verräter« ist ein uneingeschränkt lesenswertes, wunderschönes und hochemotionales Buch. Irgendwie ist das ja auch kein Wunder bei diesem Thema und der krebskranken Protagonistin Hazel Grace, die weiß, dass es für sie keine Heilung gibt und dass es ein Wunder ist, dass sie überhaupt noch lebt. Aber Hazel hat gelernt, mit der Krankheit und ihren Auswirkungen zu leben und begegnet dem Leben – meist – mit Tapferkeit, Kampfgeist und einer großen Portion Zynismus. Ihr eintöniges Leben erlebt eine Wendung, als Hazel in der Selbsthilfegruppe für krebskranke Kinder Augustus kennenlernt, mit dem sie sich blind versteht und in den sie sich sofort verliebt. Natürlich wissen sie beide, dass ihre gemeinsame Zeit beschränkt ist – und sie tun alles, um das Beste daraus zu machen. Die beiden dabei zu begleiten, macht einen als Leser gleichermaßen traurig und glücklich, bringt einen zum Lachen und zum Weinen (manchmal auch gleichzeitig). Es ist bewegend und herzzerreißend tragisch.

Das Buch ist ein Stern unter den oft so austauschbaren unbedeutenden Jugendbüchern. Es ist noch besser als »Eine wie Alaska« (s. Keine Rezension), das mich auch schon so sehr berührt hat, dass mir die Worte für eine Rezension gefehlt haben, weil ich nicht den Eindruck hatte, dem Roman gerecht werden zu können. Deshalb mach ich jetzt hier auch mit der Anmerkung Schluss, dass ich den deutschen Titel noch besser als den englischen finde – er passt einfach perfekt zu diesem Buch.

 


15/15

[Rezension] Maggie Stiefvater: Rot wie das Meer

Originaltitel: The Scorpio Races

Klappentext:
Jedes Jahr im November wird die Insel Thisby von Capaill Uisce heimgesucht, Meereswesen, die in Gestalt wunderschöner Pferde Tod und Verderben bringen. Schnell wie der Seewind und tückisch wie das Meer, ziehen sie die Menschen in ihren Bann. Wie viele junge Männer der Insel fiebert auch Sean Kendrick dem Skorpio-Rennen entgegen, bei dem sie auf Capaill Uisce gegeneinander antreten. Nicht wenige bezahlen dafür mit ihrem Leben. Das diesjährige Rennen aber wird sein wie keines zuvor: Als erste Frau wagt Puck Connolly, sich einen Platz in dieser Männerwelt zu erkämpfen. Sie gewinnt den Respekt von Sean Kendrick, der ihr anfangs widerwillig, dann selbstlos hilft. Schließlich fällt der Startschuss und auch diesmal erreichen viele Reiter nicht das Ziel. Ihr Blut und das ihrer Capaill Uisce färben die Wellen des Meeres rot.

Kommentar:
Ich war extrem skeptisch bezüglich dieses Buches, nicht zuletzt wegen einiger durchwachsener Kritiken, z.B. von Holly, die für mich in Sachen Stiefvater-Bücher eine verlässliche Quelle ist. Zum Glück habe ich »Rot wie das Meer« trotzdem gelesen – es ist für mich bis dato eines der Highlights 2013.

Das Buch basiert im Groben auf einer keltischen Sage über die Capaill Uisce (gesprochen: KAPpl ISCHke), ziemlich blutrünstige Pferde, die die meiste Zeit im Wasser leben und eher an Raubtiere als an normale Pferde erinnern. Gelingt es, sie im November aus dem Meer zu locken und einigermaßen zu zähmen, hat man ein wahnsinnig schnelles Rennpferd, das jedoch seine Gefährlichkeit und seine Liebe zum Salzwasser nie einbüßt. In »Rot wie das Meer« gehört es zu einem festen Bestandteil des Lebens, dass einige mutige Bewohner der Insel Thisby im Herbst die Capaill Uisce fangen, die an Land kommen, um mit diesen das alljährliche berühmte Skorpio-Rennen zu bestreiten.

Seit langer Zeit ist der junge Sean Kendrick beim Rennen dabei; er hat mit seinem roten Hengst Corr bereits viermal gesiegt und gilt als eine Art (Wasser-)Pferdeflüsterer. Erstmals meldet jedoch auch ein Mädchen fürs Rennen, Kate »Puck« Connolly, und als wäre das nicht schon schlimm genug, will sie auch noch mit einem normalen Pferd gegen die Capaill Uisce antreten. Sie stößt auf einigen Widerstand, doch ausgerechnet Sean setzt sich für sie ein – und hilft ihr auch bei der Vorbereitung aufs Rennen. Die beiden kommen sich im Laufe der Handlung auf eine sehr leise Art und Weise näher; nicht durch Worte, sondern durch Blicke und kleine Gesten mit großer Wirkung. Die Darstellung ihrer Beziehung erfolgt sehr zurückhaltend, aber extrem intensiv, und erinnert an »Shiver«, auch wenn zwischen Sean und Puck weit weniger – für viele Leser, die auf eine Liebesgeschichte hoffen, vielleicht auch zu wenig – passiert.

Man muss definitiv die leisen Töne und eine eher gemächliche Erzählweise mögen, damit einem das Buch uneingeschränkt gefällt – vor allem die erste Hälfte könnte für den einen oder anderen ein wenig spannungsarm sein. Mich hat das Buch aber von Beginn an fasziniert: mit diesen seltsamen Wasserpferden, die aufgrund ihrer Ambivalenz gar nicht so einfach zu fassen sind, mit der grauen und stürmischen Atmosphäre, mit den leicht verschrobenen Inselbewohnern, den interessanten und eigenwilligen Protagonisten und der Magie, die vor allem Sean über die Capaill Uisce ausübt. Ich glaube, dass vieles in diesem Buch auf »Pferdemenschen« anders und vor allem intensiver wirkt als auf Leser, die mit Pferden nichts am Hut haben; allein schon, das Verhalten eines Pferdes zu kennen und die Kraft eines Pferdes unter dem Sattel gefühlt zu haben, dürfte da für die eine oder andere Szene Einiges ausmachen. Ich bin mir insofern nicht ganz sicher, ob Leute, die keinen Draht zu Pferden haben, mit diesem Buch richtig glücklich werden können. Einen Versuch ist es aber allemal wert, denn Stiefvater erzählt einmal mehr eine wunderbare Geschichte!

 

14/15

 

Trivia:
Maggie Stiefvater hat vor Kurzem ein Cover Round-up zum Buch gepostet. Dabei ist mir aufgefallen, dass der deutsche Verlag sich als Einziger gegen ein Pferd auf dem Cover entschieden hat. Wie mir Herr Lindner vom Loewe-Verlag auf Nachfrage mitteilte, war das eine bewusste Entscheidung. Man wollte vermeiden, dass das Buch vom Endkunden als Pferdebuch wahrgenommen wird.

Und wer die November-Cakes nachbacken will, deren Beschreibung einem schon beim Lesen des Buches das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt, findet das Rezept inkl. Selbstversuch bei Holly.

[Rezension] Samantha Young: Dublin Street – Gefährliche Sehnsucht

Originaltitel: On Dublin Street
Dublin Street, #1

 

Verlagstext:
Jocelyn Butler ist jung, sexy und allein. Seit sie ihre gesamte Familie bei einem Unfall verloren hat, vertraut sie niemandem mehr. Braden Carmichael weiß, was er will und wie er es bekommt. Doch diesmal hat der attraktive Schotte ein Problem: Die kratzbürstige Jocelyn treibt ihn mit ihren Geheimnissen in den Wahnsinn. Zusammen sind sie wie Streichholz und Benzinkanister. Hochexplosiv. Bis zu dem Tag, als Braden mehr will als eine Affäre und Jocelyn sich entscheiden muss, ob sie jemals wieder ihr Herz verschenken kann.

 

Kommentar:
Dieses Buch war irgendwie komplett an mir vorübergegangen, obwohl es in aller Munde und als E-Book inzwischen sogar schon auf Deutsch erschienen ist (die Printausgabe wird am 15.2.2013 veröffentlicht). Ich bin erst darauf aufmerksam geworden, als es auf einem englischen Blog – den ich dummerweise nicht wiederfinde – zum besten Buch des Jahres 2012 gekürt wurde.

 

Als die angehende Schriftstellerin Joss Butler sich bei Ellie Carmichael in einem Luxusappartement einmietet, ahnt sie nicht, dass sich dadurch ihr ganzes Leben ändern wird: Ihre Mitbewohnerin wird zu ihrer Freundin und deren Bruder zu Joss’ »Fickkumpan« – ganz ohne Verpflichtungen und zeitlich begrenzt auf einige Monate. Es ist schnell klar, dass zwischen Joss und Braden mehr ist als eine unverbindliche Affäre, doch ein tragisches Ereignis setzt in Joss tief sitzende Ängste frei, die alles zu zerstören drohen …

Zentrales Thema der Geschichte sind im Grunde Joss’ psychische Probleme, insbesondere ihre massiven Bindungsängste. Seit sie als Jugendliche ihre Familie und nicht viel später ihre beste Freundin verloren hat, vermeidet sie ernsthafte Bindungen und öffnet sich niemandem. Selbst ihre beste Freundin weiß nicht, was mit ihren Eltern geschehen ist, denn Joss verdrängt den Verlust mit großer Konsequenz und schweigt die Vergangenheit tot. Ihre neue Mitbewohnerin Ellie allerdings schafft es mit ihrer positiven, offenen und netten Art innerhalb kürzester Zeit, Joss einige persönliche Dinge zu entlocken. Obwohl die beiden unterschiedlicher kaum sein könnten, entsteht zwischen ihnen eine echte Freundschaft, und Joss muss verwundert feststellen, dass sie die Romantikerin richtig ins Herz geschlossen hat.

Weniger einfach ist das Verhältnis zu Ellies Bruder Braden. Von der ersten Begegnung an herrscht zwischen den beiden eine fast unheimliche Anziehungskraft, der sie sich irgendwann nicht mehr verschließen können. Sie beginnen eine Affäre, die zeitlich begrenzt und rein sexuell sein soll, doch vor allem Letzteres ist von Anfang ganz offensichtlich nicht der Fall. Im Gegensatz zu Joss, die ihre wahren Gefühle bis zuletzt vor sich selbst und Braden konsequent verleugnet, verhält Braden sich zu jeder Zeit wie ein echter Partner – und zwar wie einer, den man sich nur wünschen kann. Er findet im Umgang mit der verkorksten Joss genau das richtige Maß: Mal zwingt er sie zu ihrem Glück, mal gibt er ihr den Freiraum, den sie braucht. Er ist geduldig, verständnisvoll, unterstützt, bestärkt und beschützt sie, rückt ihr auch mal den Kopf zurecht, wenn sie es braucht, begegnet ihren Eskapaden mit viel Humor – er ist einfach perfekt. Kein Wunder, dass Joss ihr Glück nicht so richtig fassen kann!

Samantha Young schafft es wirklich richtig gut zu zeigen, wie Joss mit Hilfe der Geschwister und einer Therapeutin nach acht Jahren endlich beginnt, sich den tragischen Ereignissen aus der Vergangenheit zu stellen und wie sie sich dadurch mehr und mehr öffnet, teilweise ohne es selbst zu merken. Dass ein neuerlicher Schicksalsschlag sie gegen Ende des Buches kurzfristig völlig aus der Bahn wirft, ist nachvollziehbar. Was in der Folge aber hinsichtlich ihrer Beziehung zu Braden passiert, ist ganz schön anstrengend und auch ziemlich überflüssig; dieses Hin und Her hätte absolut nicht sein müssen, ebenso wenig wie diese schreckliche »Du bist zu gut für mich«-Nummer. Mit der Erzählweise war ich ebenfalls nicht immer hundertprozentig glücklich, weil der Stil zum Teil sehr berichtend ist und längere Zeiträume in wenigen lapidaren Sätzen zusammengefasst werden.

Insgesamt ist »Dublin Street« aber ein tolles Buch mit absolut überzeugenden Figuren, denen auch die Ecken und Kanten nicht fehlen, sodass sie sicher im Gedächtnis bleiben. Ich freu mich schon sehr auf die Fortsetzung, die im Mai erscheinen wird.

 


13 Punkte

 

Serieinfo:
01 On Dublin Street | Dublin Street – Gefährliche Sehnsucht
02 Down London Road (Mai 2013)

[Rezension] Kristan Higgins: Zurückgeküsst

Originaltitel: My One and Only

Klappentext:

Wenn die Antwort auf einen Heiratsantrag Schweigen ist, sollte man die Tiefe der Beziehung vielleicht noch einmal überdenken. Doch dazu kommt Harper gar nicht mehr, denn sie muss dringend zur Hochzeit ihrer Schwester. Und dort überschlagen sich die Ereignisse! Zuerst wird sie von einem Bären überfallen, knutscht als Folge hemmungslos mit ihrem Exmann Nick und muss am nächsten Morgen feststellen, dass alle Flughäfen gesperrt sind und sie nicht nach Hause kommt. Außer … ja, außer sie nimmt Nicks Angebot an, mit ihm in seinem roten Mustang quer durch die USA zu fahren. Eine Fahrt, auf der sie plötzlich sehr viel Zeit hat, nachzudenken. Über nicht beantwortete Heiratsanträge, viel zu anziehende Exmänner und die Frage, ob es wirklich ein Fehler wäre, Nick eine zweite Chance zu geben.

 
Kommentar:

Eigentlich wollte ich erst mal eine Higgins-Pause einlegen, weil ich nach den letzten Büchern den Eindruck hatte, immer die gleiche Geschichte in nur leicht veränderter Form zu lesen. Steffie hat mich allerdings dazu gebracht, es trotzdem mit »Zurückgeküsst« zu probieren, und dafür bin ich ihr sehr, sehr dankbar!

Harper ist eine erfolgreiche Scheidungsanwältin, selbst geschieden und aus guten Gründen überaus versichtig und vernunftbetont, was Beziehungen zu anderen Menschen abgeht; dennoch macht sie ihrem langjährigen Freund, Feuerwehrmann Dennis, einen Heiratsantrag. Dennis zögert, doch Harper hat keine Zeit, sich ausgiebig den Kopf darüber zu zerbrechen, sie muss nämlich zur Hochzeit ihrer Stief-Schwester Willa, die ausgerechnet den Bruder von Harpers Ex-Mann Nick heiraten wird. Ein Treffen mit Nick ist unausweichlich, und noch viel schrecklicher ist: Obwohl seit ihrer Scheidung über zehn Jahre vergangen sind, fühlt sie sich immer noch unwiderstehlich zu ihm hingezogen. Da es ihm nicht anders geht, kommen sie sich schnell wieder näher, zumal sie sich nach den Hochzeitsfeierlichkeiten aufgrund technischer Probleme am Flughafen auf einen Roadtrip durch die USA begeben. Allerdings stehen noch ziemlich viele Dinge zwischen ihnen, die es aufzuarbeiten gäbe, wenn die beiden nur nicht so verbohrt wären …

Dieses Buch hat einfach alles, was einen zeitgenössischen Liebesroman für mich lesenswert macht: eine straighte Heldin, einen wundervollen Helden mit ein paar Macken, lebendige Nebenfiguren, eine schöne, teils sehr emotionale Geschichte sowie viel Witz und Humor. Higgins wäre nicht Higgins, wenn es nicht auch in diesem Buch für sie ganz typische Elemente gäbe, etwa einen Hund als treuen Begleiter der Heldin, der für zahlreiche lustige Begebenheiten sorgt, oder den Fokus auf unterschiedlichste familiäre Probleme. Trotzdem ist hatte ich bei »Zurückgeküsst« erstmals nicht den Eindruck, nur eine weitere Variante von Higgins‘ (wunderbarem) Debütroman »Fang des Tages« zu lesen.

Signifikantester Unterschied dürfte sein, dass die Heldin im Gegensatz zu allen vorherigen nicht lieb, aber ein bisschen doof ist; es gibt keine albernen Peinlichkeiten und man muss sich als Leser nicht Fremdschämen. Harper ist intelligent, aber wenig emotional und hat ganz offensichtliche Bindungsängste, weil ihre Mutter die Familie an ihrem dreizehnten Geburtstag verlassen hat. Sie glaubt nicht an Liebe, Gefühle und Beziehungen, und es war eine Art selbsterfüllende Prophezeiung, dass ihre erste Ehe mit Nick gescheitert ist, weil sie nämlich nie daran geglaubt hat, dass sie dauerhaft funktionieren könnte. Feuerwehrmann Dennis will sie nur heiraten, weil er all ihre vernunftsbasierten Ansprüche an einen Ehepartner erfüllt und sie denkt, sie könne mit ihm eine unaufgeregte, solide freundschaftliche Beziehung bis ans Ende ihrer Tage führen.

Dass es das aber vielleicht doch nicht ist und dass es vielleicht ganz gut war, dass Dennis ihren Antrag abgelehnt hat, macht ihr das Wiedersehen mit Nick klar. Denn obwohl sie seit Jahren nicht gesehen haben und obwohl es zunächst keiner der beiden ausspricht, ist bei allem Gekabbel vollkommen klar, dass sie sich immer noch lieben und nie ganz übereinander hinweggekommen sind. Was damals eigentlich geschehen ist, wird in Rückblenden ins aktuelle Geschehen eingebunden, und Stück für Stück offenbart sich, warum die beiden so sind, wie sie sind und wieso sie damals scheitern mussten. Die Botschaft, die hinter der Story steckt, ist so ernst wie wahr: Manchmal reicht Liebe allein einfach nicht; manchmal ist einfach der falsche Zeitpunkt.

Aber nicht nur die Geschichte zwischen Harper und Nick ist wundervoll, sondern auch die Beziehung zwischen Harper und ihrer Familie, vor allem in Gestalt ihrer exzentrischen Stiefmutter BeverLee. Harper schafft es am Ende des Buches, den Ballast abzuwerfen, den sie seit ihrer Kindheit mit sich herumgetragen hat, und ebnet sich so selbst den Weg in ein anderes, wahrscheinlich reicheres Leben. Einen Kritikpunkt gibt es aber: Das Fiasko um Dennis am Ende und die Wiedervereinigungsszene am Hafen sind arg dick aufgetragen und hätten nicht sein müssen. Alles in allem hat Higgins bei diesem Buch jedoch wieder genau das richtige Maß zwischen Drama, Emotionalität und Witz gefunden, sodass »Zurückgeküsst« insgesamt eine echte Leseempfehlung ist.

 


14 Punkte

[Keine Rezension] Deborah Crombie: Die stillen Wasser des Todes

OT: No Mark Upon Her
Duncan Kincaid & Gemma James, #14

Klappentext:
Oktober in dem beschaulichen Städtchen Henley-on-Thames in der Nähe von London. Das Boot der Polizistin und Ruderin Rebecca Meredith wird ans Ufer der Themse gespült. Kurz darauf findet der Hundeführer Kieran Connolly Rebeccas Leiche unterhalb eines Wehrs. Der Rechtsmediziner Rashid Kaleem kommt zu dem Schluss, dass Rebecca in Folge eines Unfalls ertrunken ist. Doch dann wird Connolly Opfer eines Brandanschlags, den er nur knapp überlebt. Hatte er Beweise dafür, dass Rebeccas Tod kein Unfall war, und sollte nun zum Schweigen gebracht werden?

Kommentar:
Ich kann nur wiederholen, was ich eigentlich bei jedem Crombie-Krimi sage: Die Autorin liefert beste Krimiunterhaltung, von der ich mir mehr wünschen würde. Zu Anfang des Buches war ich noch ein wenig skeptisch, weil der Fokus sehr auf den Problemen der Patchwork-Familie lag; das hat sich aber im Laufe der Handlung relativiert und meine Befürchtung, dass der Fall ins Hintertreffen geraten könnte, erwies sich als nichtig. Ebenfalls ein wenig skeptisch war ich, weil ich in diversen Rezensionen gelesen hatte, dass der Roman einem Ruderlehrgang gleichen würde und die ganzen Hintergrundinfos zum Rudern viel zu ausführlich und höchst ermüdend seien – diese Kritik kann ich allerdings absolut nicht teilen. Es wird genau so viel erklärt, wie man wissen muss, um die Geschehnisse und Motive der Personen nachzuvollziehen und eine glaubwürdige Atmosphäre zu schaffen.

Der eigentliche Fall ist diesmal nicht ganz so komplex wie sonst, aber es laufen erneut mehrere Handlungsstränge zu einem zusammen und es ist nicht alles, wie es zu sein scheint. Die potenziellen Verdächtigen sind zugegebenermaßen relativ rar gesät, sodass man ahnen kann, wer in den Fall verwickelt ist – wenn auch das Motiv erst am Ende offenbar wird. Dennoch macht der Krimi einfach Spaß und hat mich schnell gefesselt. Wenn es häufiger Krimis auf diesem Niveau geben würde, würde ich sicher wieder öfter zu diesem Genre greifen; aber derlei Stoffe sind ja ganz offensichtlich leider nicht mehr gefragt.

 


13 Punkte

 

Serieninfo:
01 A Share In Death | Das Hotel im Moor
02 All Shall Be Well | Alles wird gut
03 Leave The Grave Green | Und ruhe in Frieden
04 Mourn Not Your Dead | Kein Grund zur Trauer
05 Dreaming Of The Bones | Das verlorene Gedicht
06 Kissed A Sad Goodbye | Böses Erwachen
07 A Finer End | Von fremder Hand
08 And Justice There Is None | Der Rache kaltes Schwert
09 Now May You Weep | Nur wenn du mir vertraust
10 In A Dark House | Denn nie bist du allein
11 Water Like A Stone | So will ich schweigen
12 Where Memories Lie | Wen die Erinnerung trügt
13 Necessary As Blood | Wenn die Wahrheit stirbt
14 No Mark Upon Her | Die stillen Wasser des Todes
15 The Sound of Broken Glass (2/13) | Wer Blut vergießt (7/13)

[Rezension] Kat Kacvinsky: Dylan und Gray

Originaltitel: First Comes Love
Dylan und Gray, #1

Klappentext:
Gray ist ein cooler Typ. Er läuft nur mit seinem iPod auf den Ohren rum und interessiert sich nicht sonderlich für das, was um ihn herum passiert. Dylan ist das pure Gegenteil: Sie sprüht vor Energie, steckt voller Ideen und vor allem will sie aus jedem Tag etwas Besonderes machen. Die beiden könnten nicht unterschiedlicher sein – und doch bemerken sie einander, lernen sich kennen, freunden sich an und verlieben sich schließlich ineinander. In Dylans klapprigem Auto erkunden sie die Wüste in der Sommerhitze, sie schreiben eine Ode auf einen Kaktus und adoptieren einen zotteligen Hund. Doch irgendwann ist der Sommer zu Ende. Gray winkt ein Sportstipendium an einem weit entfernten College. Und auch Dylan hat Pläne: Sie will die Welt sehen und weiter jeden Tag wie ein Wunder erleben. Die beiden erleben, wie leicht es ist, sich zu verlieben – und wie viel schwerer es sein kann, sich zu verzeihen und wiederzufinden, wenn man sich einmal verloren hat.

Kommentar:
Ich kann gar nicht sagen, was mich genau dazu bewogen hat, die Leseprobe von »Dylan und Gray« zu lesen; es muss wohl tatsächlich das deutsche Cover gewesen sein. Nach dem Reinlesen stand dann zweifelsfrei fest: Das Buch muss ich haben. Sofort. Und oh Wunder, als es hier war, hab ich’s tatsächlich auch sofort angelesen – und nicht mehr weggelegt. In Worte fassen kann ich meine Gedanken in diesem Fall aber nicht ohne Spoiler. Wer nicht weiterlesen will, dem sei nur gesagt: Es ist ein wundervolles Buch, wenn man ruhige Geschichten mag.

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