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[Rezension] Patricia Cabot: Lehrstunden einer Lady

Originaltitel: Educating Caroline

Inhalt:
London, 1870. Lady Caroline Linford ist entsetzt, als sie ihren Verlobten in flagranti erwischt. Doch anstatt die Verlobung zu lösen – was eine Schande für die Familie wäre – möchte Caroline das Herz des untreuen Marquis für sich erobern. Sie will ihm ganz und gar den Kopf verdrehen, ist aber auf dem Gebiet der Liebe noch völlig unerfahren. Was läge da näher, als Unterricht in der Liebeskunst zu nehmen? Caroline sucht sich Londons berüchtigtsten Lebemann aus, dem man nachsagt, einer der besten Liebhaber zu sein – und schon bald beginnen die Grenzen des Lehrer-Schüler-Verhältnisses zu verschwimmen …

Kommentar:
»Lehrstunden einer Lady« war einer meiner allerersten historischen Liebesromane – und derjenige, der mich restlos für dieses Genre eingenommen hat. Der Plot ist nur einer unter vielen Love-Lesson-Plots und nicht wirklich sensationell – die Umsetzung allerdings schon. Ich kann mich nicht erinnern, jemals so viel Spaß mit einem Liebesroman gehabt zu haben und beim Lesen so viel gelacht zu haben. Patricia Cabot (übrigens ein Pseudonym von Meg Cabot, unter dem sie acht historischen Liebesromane veröffentlicht hat) übertreibt und überspitzt die Dinge maßlos, schafft dabei aber so liebenswerte, lebendige Figuren und legt einen so wunderbaren Humor und so viel Situationskomik an den Tag, dass das überhaupt nichts ausmacht.

Vor allem Caroline ist einfach total hinreißend. Trotz ihrer fortgeschrittenen 21 Jahre ist sie ein Musterbeispiel an Naivität, zumindest, was Liebesdinge angeht. Sie hat nicht die geringste Ahnung von sexuellen Angelegenheiten und offenbart ihre grenzenlose Unbedarftheit schon in der ersten Szene, als sie die schockierenden Frivolitäten zwischen ihrem Verlobten Hurst und ihrer ehemaligen Schulkameradin Lady Jacquelyn mit fassungslosem Staunen beobachtet:

Sie wünschte beinahe, sie wäre ohnmächtig geworden, denn dann wäre ihr der Anblick erspart geblieben, wie Lady Jac ihren Finger in Hursts Mund schob.
Also wirklich, wunderte sich Caroline, warum tut sie das? Fanden Männer Gefallen daran, wenn eine Frau ihnen einen Finger in den Mund steckte?
Offensichtlich war es so, da der Marquis sofort anfing, geräuschvoll daran zu saugen.
Warum hatte das ihr gegenüber nie jemand erwähnt? Wenn der Marquis sich gewünscht hätte, dass Caroline ihren Finger in seinen Mund schob, hätte sie es bestimmt getan, wenn es ihn glücklich machte. Wirklich, es war völlig unnötig, sich wegen einer solchen Bagatelle an Lady Jac zu wenden, mit der er kaum bekannt war, geschweige denn verlobt. (S. 13)

Obwohl ihre sexuelle Naivität bis ins Unglaubwürdige gesteigert ist, ist die Figur einfach wundervoll. Caroline ist warmherzig, mitfühlend, vorurteilsfrei, loyal und zuverlässig. Darüber hinaus hat sie durchaus einen Sinn fürs Praktische und versucht, dem Leben stets mit Optimismus zu begegnen. Ihre Schulbildung findet sie beispielsweise insofern nützlich, als dass sie jetzt in fünf verschiedenen Sprachen sagen kann »Hören Sie bitte auf, ihr Pferd zu schlagen«, und nach der Entdeckung ihres Verlobten mit Lady Jacquelyn gilt ihre Sorge zunächst dem am wenigsten aufwendigen Weg, die Hochzeitsgäste wieder auszuladen. Sie befindet außerdem, dass es hätte schlimmer kommen könnte: »Sie wusste zwar nicht inwiefern, aber sie nahm es einfach an.« (S. 19)

Braden Granville, früher »Dead Eye« genannt, ist das genaue Gegenteil von Caroline. Der Emporkömmling, der – aus ärmlichsten Verhältnissen stammend – ein Vermögen mit Schusswaffen gemacht hat und als Meisterschütze gilt, hat schon alles gesehen und erlebt. Nach wie vor umgibt er sich mit einer ziemlich illustren Gesellschaft, darunter sein mehr oder weniger hilfreicher Sekretär Ronnie »Wiesel« Ambrose, ein alter Freund aus Seven Dials, und sein Vater Sylvester, der seit dem Tod seiner Frau geistig verwirrt ist. Man sagt Braden geschäftlich wie privat eine erschreckende Skrupellosigkeit nach, außerdem gilt er als Casanova, der mit mehr Frauen geschlafen haben soll als jeder andere Mann in London. Ihn kann kaum etwas überraschen – abgesehen von Caroline, die ihn nicht nur mit ihrem Wunsch nach Lehrstunden und einer kleinen Erpressung überrascht, sondern ihn vor allem mit ihrer unsagbaren Naivität immer wieder in große Fassungslosigkeit stürzt. Er versucht, seine Nachhilfe dementsprechend zu gestalten und über harmlose Dinge wie romantische Atmosphäre zu sprechen, doch die wissbegierige Caroline – bewaffnet mit Brille, Notizbuch und Stift – will sich damit nicht zufrieden geben.

»Könnten wir die Diskussion über die richtige Atmosphäre, so faszinierend ich sie auch finde, vielleicht auf einen späteren Zeitpunkt verschieben und direkt zum Küssen kommen? (…) Es ist eine bestimmte Art von Kuss, über die ich reden möchte, eine, die ich zufällig beobachten konnte. Ich meine die Art Kuss, bei der sich die beteiligten Personen die Zungen in den Mund stecken.«
Er starrte bei ihren Worten unwillkürlich auf ihren Mund. Es war ein sehr hübscher Mund, rosig und sehr verführerisch. Nur mühsam riss er seinen Blick davon los. »Das haben Sie beobachtet.«
Sie nickte heftig. »Oh ja. So etwas gibt es. Ich habe es selbst gesehen!«
Er fragte sich, ob er jemals, selbst in seiner Kindhetit, so lachhaft unschuldig gewesen war, und kam zu dem Schluss, dass es wenig wahrscheinlich schien.
Braden räusperte sich. »Ja. Nun, die Art Kuss, die Sie beschrieben haben, ist ziemlich …«
»Unappetitlich«, beendete sie mit einem wissenden Blick den Satz für ihn.

Da Worte nicht helfen, Carolines Vorurteilen zu begegnen, kann Braden überhaupt nicht anders, als praktische Überzeugungsarbeit zu leisten – und das fällt ihm natürlich nicht schwer, denn so verrückt Caroline ist, so liebenswert findet er sie von dem Moment an, als sie mit ihrem sonderbaren Vorschlag in seinem Büro aufkreuzt. Ihm ist schnell klar, dass sie zusammengehören, und er tut alles dafür, sie für sich zu gewinnen, ohne dabei seine Ehre zu vergessen.

In krassem Gegensatz zu den beiden Protagonisten stehen deren jeweiligte Verlobte, Jacquelyn und Hurst. Die beiden sind wenig subtil und zeichnen sich vor allem durch ihren Mangel an Loyalität, ihre Durchtriebenheit und Berechnung aus: Beide heiraten nur aus finanziellen Gründen und tun alles dafür, um ihr Ziel zu erreichen. Der Marquis punktet mit seinem engelsgleichen, allerdings völlig unmännlichen Aussehen, ist aber ein ziemlicher Hohlkopf. Ein Satz, vom allwissenden Erzähler ganz beiläufig hingeworfen, belegt das eindrucksvoll und mit dem typischen Humor des Buches: »Hurst, der nicht daran gewöhnt war, Inspirationen welcher Art auch immer zu haben, war (…) beeindruckt von sich selbst und seinem neu entdeckten Scharfsinn« (S. 287). Was ihm an Bösartigkeit fehlt, macht Lady Jacquelyn locker wieder wett: Hinter ihrer schönen Fassade steckt ein Mensch, der mit allen Mitteln für die Erreichung seines Ziels kämpft.

Doch nicht nur die beiden, sondern selbst die kleinsten Nebenfiguren sind hervorragend gelungen: Neben Granvilles fragwürdiger Umgebung sind hier vor allem Carolines entsetzlich prüde Mutter zu nennen, der Bruder, der ungewollt in kriminelle Machenschaften hineingeraten ist und einen (relativ überflüssigen) Nebenplot erhält, sowie Carolines eigentlich fortschrittliche Freundin Emily, die sich so engagiert für die Frauenbewegung einsetzt, dass Caroline sie immer wieder aus dem Gefängnis auslösen muss, die aber in Liebesdingen ebenso unbedarft ist wie die Protagonistin selbst.

Fazit:
15/15 – Dieser Liebesromane ist ein echtes Juwel – vorausgesetzt, man nimmt ihn nicht allzu ernst und liegt auf Cabots Humor-Wellenlänge. Das Buch besticht nämlich weniger mit seiner (mäßig originellen) Handlung, sondern viel mehr mit den wunderbaren, charmanten und amüsanten Protagonisten, und sprüht nur so vor Witz und Situationskomik.

[Rezension] Julie James: Just the Sexiest Man Alive

Inhalt:
Die erfolgreiche Junganwältin Taylor Donovan ist wenig begeistert, als ihr Chef sie dazu verdonnert, Superstar Jason Andrews auf seinen neuen Film vorzubereiten – einen Gerichtsthriller, in dem er einen Anwalt geben wird. Nicht nur hat sie keine Lust, ihre Zeit mit einem aufgeblasenen Schauspieler zu verplempern, sondern sie hat darüber hinaus mit ihrem eigentlichen Fall, einer 30-Millionen-Dollar Klage wegen angeblicher sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, genug zu tun. Doch sie hat keine Wahl, auch wenn ihre schlimmsten Befürchtungen eintreffen: Der notorische Frauenschwarm ist tatsächlich fürchterlich arrogant und von sich eingenommen – und wird zu seiner Überraschung erst mal von Taylor auf den Pott gesetzt. Das fordert ihn erst recht heraus, und im Laufe der erzwungenen Zusammenarbeit raufen sich die beiden zusammen und lernen ganz andere Seiten des anderen kennen. Dann allerdings macht Jason einen verhängnisvollen taktischen Fehler, und treibt Taylor ungewollt in die Arme seines neiderfüllten Konkurrenten Scott …

Kommentar:
Oh je, schon wieder ein von Evi empfohlendes Buch, das ich nur mittelprächtig finde – so mein Zwischenfazit nach dem ersten Drittel: Ganz nettes amüsantes Geplänkels zwischen den Protagonisten, aber absolut nicht durchschlagend und vor allem sehr, sehr vorhersehbar. An der Vorhersehbarkeit ändert sich auch im weiteren Verlauf der Geschichte nichts und auf Überraschungen in irgendeiner Form wartet man vergebens, das Buch steigert sich aber trotzdem von »ganz nett« zu einem richtig unterhaltsamen Liebesroman – was vor allem an dem sympathischen Heldenpaar liegt.

Taylor ist eine toughe junge Anwältin, deren Karriere oberste Priorität hat. Sie ist hochprofessionell, effizient, sehr selbstbewusst und ebenso intelligent wie schlagfertig, witzig und sarkastisch. Von Jasons anfänglichen Starallüren ist sie gänzlich unbeeindruckt, was nicht zuletzt daran liegt, dass sie von Männern die Nase gestrichen voll hat, nachdem sie ihren Ex-Verlobten in Flagranti mit seiner Assistentin erwischt hat. Dass ihr Vertrauen so enttäuscht wurde, macht es schwierig für sie, sich auf jemand Neuen einzulassen, erst recht, wenn er wie Jason den Ruf eines notorischen Herzensbrechers hat. So hadert sie auch später, als ihr so langsam klar wird, dass sich hinter Jasons Schale ein ziemlich guter Typ verbirgt, mit ihren Gefühlen. Taylor ist eine ziemlich schlüssig angelegte Figur, mit einer Ausnahme: als es nämlich um den intriganten Scott geht. Sie lässt alle zuvor an den Tag gelegete Vorsicht sausen und geht ihm nahezu blind in die Falle. Das passt einfach nicht, zumal man noch nicht mal als Entschuldigung anführen kann, dass sie blind vor Liebe ist.

Jason tritt zunächst genau so auf, wie man es von einem Hollywoodstar erwartet: Er ist zwar ganz humorvoll, aber dabei oberflächlich, überheblich, arrogant und vollkommen egozentrisch. Dass Taylor immun gegen seinen Charme ist und ihm nicht zu Füßen liegt, erfülllt ihn mit ungläubiger Fassungslosigkeit und fordert ihn so richtig heraus – nicht zuletzt deshalb, weil es einfach nicht sein darf, dass ihm eine Frau nicht zu Füßen liegt. Er setzt also alles daran, sie für sich zu einzunehmen und sie zu beeindrucken, und während seiner Versuche, sie für sich zu gewinnen, ändern sich so langsam seine Motive. Außerdem legt er nach und nach alle Starallüren ab und wandelt er sich in einen fürsorglichen, in Liebesdingen teilweise sogar ein wenig hilflosen und absolut anbetungswürdigen Mann. Und diese Wandlung ist sogar glaubwürdig.

Die Nebengeschichte um Jasons Schauspielerkollegen und Konkurrenten Scott, der Taylor nur deshalb erobern will, um dem verhassten Superstar eins auszuwischen, ist ein wenig verschenkt. Es wäre spannender gewesen, wenn seine Intentionen nicht von vornherein klar gewesen wären und wenn Taylor wenigstens ein bisschen Interesse an ihm gehabt hätte. So aber nimmt sich Julie James jede Möglichkeit, die Geschichte mit einem Hauch von Dreiecksdrama aufzupeppen. Überdies endet der Erzählstrang um Scott äußerst unspektakulär, was so gar nicht zu Scotts Racheplänen passt.

Fazit:
11/15 – Eine märchenhafte Geschichte, die zwar ein wenig schwer in die Gänge kommt und sehr vorhersehbar ist, aber mit wunderbaren Figuren punktet.

[Rezension] James McGee: Das Höllenschiff

OT: Rapscallion
Matthew-Hawkwood-Serie, Teil 3

Inhalt:
London, auf dem Höhepunkt der napoleonischen Kriege. Die französischen Gefangenen erwartet ein Schicksal, das noch schlimmer ist als der Galgen: abgewrackte Kriegsschiffe, die in der Themse vor Anker liegen. Dort müssen sie unter höllischen Bedingungen Strafarbeit verrichten, die nur die wenigsten überleben. Als sich herausstellt, dass dort eine Verbrecherbande ihr Unwesen treibt, schickt die Navy den mit allen Wassern gewaschenen Sonderermittler Hawkwood, um ihr das Handwerk zu legen.

Kommentar:
»Das Höllenschiff« ist mal wieder eins jener Bücher, von denen ich aufgrund der verlagsinternen Einordnung (historischer Kriminalroman), des Klappentextes und des Titels etwas vollkommen anderes erwartet habe: Obgleich das Buch zugegebenermaßen irgendwie schon ein Krimi ist, erinnert es doch viel mehr an einen Abenteuerroman – der übrigens nur zu einem Drittel auf dem im Deutschen titelgebenden Höllenschiff spielt. Mit anderen Worten: Hätte ich geahnt, mit was für einer Art von Buch ich es zu tun habe, hätte ich es nie im Leben gekauft, denn mir wäre völlig klar gewesen, dass es nichts für mich ist.

Der Bowstreet Runner Matthew Hawkwood soll das Verschwinden zweier Navybeamter aufklären, das im Zusammenhang mit einer Schmugglerbande stehen soll. Um Hawkwood in diese Verbrecherbande einzuschleusen, wird er undercover – als gefangener amerikanischer Söldner in französischen Diensten – auf das Gefangenenschiff Rapacious geschickt. Der Plan geht auf: Über einen Kontaktmann auf dem Schiff, der mit den Schmugglern zusammenarbeitet, wird Hawkwood zusammen mit dem französischen Offizier Lasseur an Land geschleust. Nach einer abenteuerlichen Flucht vor der Nacy erreichen die beiden schließlich ihr Ziel: das Hauptquartier von Ezekiel Morgan, der den Handel an der gesamten englischen Küste kontrolliert und die Überfahrt nach Frankreich ermöglichen soll. Doch ehe es soweit ist, fliegt Hawkwoods Tarnung auf, sodass eine erneute Flucht notwendig wird.

Der treffendere Titel des Buches wäre »Auf der Flucht« gewesen, denn genau darum geht es knapp 600 Seiten lang. Zunächst versuchen Hawkwood und Lasseur von der Rapacious zu entkommen, dann flüchten sie vor den Häschern der Navy und schließlich vor den Schmugglern. Auf ihrer Flucht erleben sie jede Menge Abenteuer unterschiedlichster Art, die mehr oder minder spannend sind, wenn man solche Geschichten denn mag. Ich muss wohl nicht extra erwähnen, dass ich derlei Abenteuer-/Fluchtstoffe überhaupt nicht mag und mich geärgert, tödlich gelangweilt und schließlich zunehmend quergelesen habe.

Das Problem ist aber nicht nur, dass ich solche Stoffe nicht mag, sondern dass das prinzipiell interessante Thema für meinen Geschmack nicht spannend und intensiv genug aufbereitet wurde. Das hängt auch damit zusammen, dass die Hauptpersonen grundsätzlich in Ordnung sind, aber dennoch irgendwie blass und emotionslos anmuten. Beispielsweise wird die Situation auf dem Gefangenenschiff zwar ausführlich als schrecklich beschrieben, die Figuren haben aber eine merkwürdige Distanz dazu. So erfährt man zum Beispiel, dass es atemberaubend stinkt und dreckig ist, man hat aber zu keiner Zeit den Eindruck, als würde Hawkwood allzu sehr darunter leiden: Er kämpft nicht mit seiner Fassung und gegen die Übelkeit, er hadert nicht mit seinem Schicksal und verflucht seinen Auftrag nicht – das ist selbst unter der Grundvoraussetzung, dass er kein echter Gefangener ist, nicht wirklich glaubwürdig und sorgt schon gar nicht für eine mitreißende Atmosphäre.

Das knapp fünfseitige Nachwort, das die historischen Fakten zum Schmuggel in dieser Zeit knapp darlegt und im Roman genannte Orte und Figuren ins rechte Licht rückt, war für mich mindestens ebenso informativ und spannend wie der Roman selbst.

Fazit:
5/15 – Ein Trip durch das England des frühen 19. Jahrhunderts, der Fans von Abenteuerromanen gefallen mag, als historischer Kriminalroman jedoch enttäuscht, weil Hawkwood nicht im klassischen Sinne ermittelt. Ich werde dennoch einem weiteren Band der Serie eine Chance geben, denn das Setting finde ich grundsätzlich interessant.

Serieninfo:
01 Ratcatcher | Der Rattenfänger
02 Resurrectionist | Die Totensammler
03 Rapscallion | Das Höllenschiff

[Rezension] Laura Lee Guhrke: His Every Kiss

Inhalt:
Der begnadete Komponist Dylan Moore leidet seit einem Reitunfall unter einem starken Tinnitus und kann seitdem nicht mehr komponieren. Verzweifelt über den Verlust seiner musikalischen Fähigkeiten will er seinem Leben ein Ende setzen, doch eine schöne Unbekannte, die erstmals seit seinem Unfall wieder Musik in seinem Kopf entsehen lässt, hält ihn davon ab – nur um dann auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden.
Fünf Jahre später begegnet er seiner verlorenen Muse zufällig wieder und engagiert sie als Gouvernante für seine Tochter. Obwohl auch Grace weiß, dass der wahre Grund für ihre Anstellung ein anderer ist, zwingt ihre finanzielle Situation sie dazu, das Angebot anzunehmen. Sie ist fest entschlossen, sich nicht auf Dylan Moore einzulassen, der allerdings seinerseits alles dafür tut, dass die Muse ihn küsst …

Kommentar:
Das Buch hängt lose zusammen mit »Guilty Pleasures«, wo Dylan Moore bereits einen Auftritt hatte; hier begegnet man dem Duke of Tremore wieder, dem Protagonisten aus dem Vorgängerband.

Die Geschichte, die hier erzählt wird, ist alles andere als innovativ: Held stellt Heldin als Gouvernante ein, die beiden verlieben sich, trennen sich (unnötigerweise) und kommen am Ende doch wieder zusammen. Aufgrund der Vorhersehbarkeit der Handlung droht das Buch an zwei, drei Stellen, ein wenig ins Langweilige abzugleiten, doch Guhrke schafft es trotzdem, eine überzeugende Geschichte zu erzählen, die teils humorvoll, teils dramatisch, teils rührend ist und überzeugende Protagonisten hat.

Grace hat in ihrer Jugend einen Skandal verursacht, weil sie mit einem zehn Jahre älteren Maler durchgebrannt ist und zwei Jahre mit ihm in wilder Ehe gelebt hat. Ihre Familie hat sie mehr oder weniger verstoßen, weshalb es für sie nach dem Tod ihres Mannes und einem wenig erfüllten Leben kein Zurück gibt. Sie arbeitet Orangenverkäuferin und lebt trotz des Zubrots, das sie als Geigerin auf Bällen verdient, am Existenzminium. Insofern ist plausibel, dass sie Dylans Angebot, als Gouvernante für seine Tochter zu arbeiten, annimmt, obwohl sie nach den Erfahrungen in ihrer Ehe mehr als genug von exzentrischen Künstlern hat – und obwohl sie sich gegen ihren Willen von Beginn an zu dem Komponisten hingezogen fühlt. Ihr Umgang mit Dylan und seiner Tochter Isabel zeigt Grace als aufrichtige, warmherzige, aber willensstarke Frau mit Prinzipien – die allerdings angesichts Dylans Charme immer wieder ins Wanken geraten, bis sie schließlich ihrem Verlangen nachgibt und seine Geliebte wird.

Wesentlich komplexer als Grace ist Dylan selbst angelegt. Der lebensmüde Komponist, der aufgrund seines enervierenden Tinnitus‘ seine Fähigkeiten verloren hat, tut alles, um sich abzulenken, seinen Geist zu betäuben und die Stille zu vertreiben, die seine Ohrgeräusche erst richtig laut werden lässt. Er trinkt, hurt, spielt, raucht Haschisch und nimmt Laudanum, prügelt sich und setzt in regelmäßigen Abständen sein Leben aufs Spiel. Angesichts seiner Laster ist er fast ein wenig zu ausgeglichen und nicht düster genug angelegt, dennoch ist seine sukzessive Veränderung – ausgelöst durch das unverhoffte Auftauchen seiner Tochter und das Wiedersehen mit Grace – glaubhaft; zumal er sich von Beginn an als sensibler Mann erweist, der ein Gespür für die Stimmungen anderer Menschen hat.

Ebenfalls überzeugend dargestellt sind die langsame Entwicklung des Verhältnisses zwischen Dylan und seiner Tochter sowie Dylans Wandung vom exzentrischen, egozentrischen Musiker ohne Verpflichtungen hin zu einem Menschen, der lernt, Verantwortung zu tragen und Rücksicht auf andere zu nehmen. Dass seine Tochter mit den Worten »I have come to fetch my father home« mitten in einen seiner Bordellbesuche platzt, ist vielleicht ein wenig dick aufgetragen, als Auslöser für eine finale Verhaltensänderung taugt ihr Auftritt aber allemal.

Fazit:
12/15 – Trotz der wenig innovativen Geschichte ein sehr unterhaltsames Buch, das vor allem aufgrund seiner überzeugenden Helden punktet.

[Rezension] Elizabeth Hoyt: Wicked Intentions

1. Teil der Maiden-Lane-Serie

Inhalt:
London, 1737. Lazarus Huntington, Lord Caire, ist in einem der verrufensten Viertel Londons auf der Suche nach dem Mörder einer Hure, mit der er jahrelang regelmäßig zusammen war. Da er als Adliger in St. Giles allein nicht weit kommt, wendet er sich an die verwitwete Temperance Dews, die dort zusammen mit ihrem Bruder ein Heim für Findelkinder betreibt und das Viertel wie ihre Westentasche kennt. Obwohl Temperance von Caires schlechtem Ruf weiß, erklärt sie sich dazu bereit, ihn zu den einschlägigen Etablissements zu bringen, denn im Gegenzug verspricht er ihr, ihre Suche nach einem reichen Sponsor für das Heim zu unterstützen. Doch kaum beginnen die beiden ihre Nachforschungen, gibt es weitere Leichen sowie Attentate auf ihr eigenes Leben – und zu allem Übel fühlen sich Caire und Temperance trotz aller Standesunterschiede auch noch unwiderstehlich zueinander hingezogen …

Kommentar:
»Wicked Intentions« ist der Auftakt zur neuen Maiden-Lane-Serie von Elizabeth Hoyt, die die Leserschaft mit ihrem Debüt »The Raven Prince« und den beiden folgenden Teilen der Prinzen-Trilogie restlos begeistert hat. Leider konnte sie die hohen Erwartungen mit ihrer Serie »The Legend of the Four Soldiers« nicht erfüllen – bis auf einen Band (»To Beguile a Beast«) waren die Bücher eher enttäuschend. Insofern habe ich der neuen Serie nicht so wirklich entgegengefiebert; ich weiß gar nicht, ob ich mir das Buch überhaupt gekauft hätte, hatte aber das Glück, es bei Tauschticket zu ergattern – und ich bin wirklich froh darüber! Zwar kann Hoyt mit dem Buch nicht ganz an die Prinzen-Trilogie anknüpfen, sie ist aber auf einem guten Weg.

Die Liebesgeschichte ist nicht überragend, aber solide; die Wandlung der Zweckgemeinschaft von Temperance und Lazarus hin zu einer echten Beziehung wird überzeugend und teils sehr gefühlvoll dargestellt. Weniger überzeugend ist der Kriminalfall, der zwar die Basis fürs Kennenlernen der so unterschiedlichen Protagonisten und einen zwingenden Grund für deren wiederholtes Zusammensein bildet, in dieser Form der Ausarbeitung für sich genommen jedoch ziemlich verzichtbar ist und für ein paar Längen sorgt. Hinzu kommt, dass die beiden Hobbydetektive bei ihrer Mördersuche teilweise äußerst dilettantisch und ziemlich lebensmüde vorgehen – kein Wunder, dass die Ereignisse in einem hochdramatischen Showdown gipfeln!

Als ziemlich überflüssig und störend empfand ich die Nebenhandlung um Temperances Schwester Silence, deren Sinn sich mir nicht erschlossen hat und die die Haupthandlung immer wieder unversehens unterbrochen hat. Ich gehe aber davon aus, dass die Ereignisse in einem der kommenden Bücher eine Rolle spielen werden. Daneben gibt es noch einige kleinere Handlungselemente, die offensichtlich ebenfalls dazu dienen, Figuren für weitere Teile der Serie einzuführen, namentlich Lazarus‘ Freund Godric St. John, Lady Hero Batten (die die Hauptrolle im nächsten Band haben wird) und natürlich das geheimnisvolles Phantom, das in St. Giles umgeht.

Die Hauptfiguren sind beide sympathisch und ihre jeweiligen Handlungsmotivationen weitgehend schlüssig. Lazarus‘ Aversion gegen Berührungen hätte allerdings besser begründet sein können, und ziemlich an den Haaren herbeigezogen wirkte das fast schon obligatorische Missverständnis. Alles in allem kann man sich aber gut in die beiden hineinfühlen, und Lazarus‘ mit seinen außergewöhnlichen sexuellen Vorlieben ist mal eine etwas anderer Held. Apropos: Die Sexszenen sind für einen historischen Liebesroman ziemlich heiß bzw. explizit und umfassen auch (leichten) SM-Sex. Außerdem gibts endlich mal wieder Sex in einer Kutsche – hab ich schon ewig nicht mehr gelesen!

Fazit:
11/15 – Trotz einiger Abstriche ein unterhaltsames Buch mit sympathischen Helden, das Lust auf mehr macht.

Serieninfo:
01 Wicked Intentions – 11/15
02 Notorious Pleasures (Januar 2011)

[Rezension] Kai Meyer: Arkadien brennt

2. Teil der Arkadien-Serie

 /></a><strong>Inhalt: </strong><br />
Menschen, die sich in Tiere verwandeln. Blutfehden zwischen Mafiaclans. Die verbotene Liebe zu Alessandro … Rosa braucht dringend Abstand zu den Ereignissen auf Sizilien. Auf den Spuren ihres alten Lebens reist sie zurück nach New York. Aber auch dort kommt sie nicht zur Ruhe. Die mächtigen Stellvertreter der amerikanischen Clans erwarten sie bereits. Dann stößt Rosa auf beunruhigende Details über ihre Vergangenheit. Und über ihren toten Vater. Aber warum spielt dabei immer wieder Alessandro eine Rolle? In Rosa keimt ein schrecklicher Verdacht …</p>
<p><strong>Kommentar:</strong><br />
Nach dem fulminanten <a href=Serienauftakt habe ich Band 2 der Arkadien-Serie mit großer Spannung entgegengefiebert – und hatte insgeheim doch ein wenig die Befürchtung, dass Kai Meyer das Niveau niemals würde halten können. Wie man sich täuschen kann – und wie schön es doch manchmal ist, wenn man sich täuscht!

*Achtung, Rezension enthält Spoiler bzgl. Band 1*

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[Rezension] Sharon Page: Feuer der Lust

Originaltitel: Hot Silk
Rodessons Töchter, Band 3

Inhalt:
Ihre Unschuld hat die junge Grace Hamilton bereits verloren, als sie dem verwegenen Piraten Devlin Sharpe begegnet. Doch bald ist auch ihr Herz in höchster Gefahr. Devlin ist ein exzellenter Liebhaber, der sie entführt in eine ungeahnte Welt tabuloser Liebesspiele und erotischer Ekstasen. Ohne es zu wollen, verliebt Grace sich immer mehr, verzehrt sich bald Tag und Nacht nach ihm. Doch ein Leben an seiner Seite? Endgültig wäre ihr dann der Zugang zur Gesellschaft verwehrt. Aber wie lange noch kann das Feuer ihrer Lust nur im Verborgenen brennen?

Kommentar:
»Feuer der Lust« ist der dritte Teil der Erotik-Serie um die Töchter des skandalumwitterten Aktmalers Rodesson, die in der Regencyzeit (1811–1820) angesiedelt ist. Nachdem mir der erste Teil ausnehmend gut, der zweite jedoch nur bedingt gefallen hat, war ich sehr gespannt darauf, ob Sharon Page wieder an ihre alte Form würde anknüpfen können.

Der Prolog des Buches spielt 1818, zwei Jahre vor der eigentlichen Handlung. Zu diesem Zeitpunkt ist Grace Hamilton noch entschlossen, ihre verarmte Familie durch die Heirat mit einem reichen Adligen zu retten. Als ihr auf einem Fest der gutaussehende Lord Wesley, ein notorischer Schwerenöter, nachsteigt und ihr die Ehe verspricht, glaubt sie, ihr Glück sei perfekt und gibt sich ihm hin. Fast schon überflüssig zu erwähnen, dass er natürlich nie vorhatte, sie zu heiraten, und sie nach dem wenig erbaulichen Sex verspottet und wegschickt. Zutiefst gedemütigt irrt Grace daraufhin halbnackt und aufgelöst durchs Haus und läuft in die Arme von Devlin Sharpe, dem verstoßener Halbbruder des lasterhaften Lords, der sich wahlweise als Pirat oder Straßenräuber verdingt. Da nun eh schon alles zu spät ist und ihre schönen Familienrettungspläne mit ihrer Entjungferung ins Wasser gefallen sind, lässt sie sich auch noch von Devlin verführen und darf immerhin feststellen, dass Sex ja doch ziemlich klasse sein kann.

Und auch Devlin ist sehr beeindruckt von den Liebeskünsten, die Naturtalent Grace an den Tag legt – sogar so beeindruckt, dass er sie zwei Jahre später immer noch nicht vergessen hat. Deshalb entführt er sie kurzerhand, als sie mit der Kutsche in der Nähe seines Hauptquartiers vorbeikommt und bringt sie in das Haus, in der die Straßenräuberbande zusammenlebt und Sexorgien frönt, wenn sie nicht gerade Leute ausrauben. Graces Anwesenheit wird aber von einigen Leuten mit wenig Begeisterung aufgenommen, sodass schon nach Kurzem zwei potenzielle Feinde Böses aushecken. Das ist erst mal nicht weiter schlimm, weil sich Devlin nach einigen aufregenden Stunden Sex von seiner Liebsten dazu überreden lässt, sie dorthin zu bringen, wo sie eigentlich hinwollte: zu ihrer adligen Großmutter. Doch nicht nur verläuft die Aussprache mit der Großmutter anders als geplant, sondern es treten neue und alte Verehrer auf den Plan, die nicht gerade begeistert über Graces Zurückweisung sind und deshalb nach Rache trachten. Ein abenteuerliches Attentat jagt das nächste, doch zum Glück ist der Devlin stets zur Stelle, um seine Liebste zu retten.

Diese hanebüchene Handlung ist angereichert mit einem Helden, der vom Schicksal gebeutelt, heroisch und total unglaubwürdig ist. Das herausragende Kennzeichen des verwegenen Straßenräubers neben seinem Heldenmut ist sein Dauerständer, aus dem unglaubliche Mengen von Lusttopfen sprudeln wie aus einer niemals versiegenden Quelle. Brrr. Darüber hinaus haben wir eine Heldin, die permanent sehenden Auges in ihr Unglück rennt. Wie oft die dumme Göre im Lauf des Buches irgendwelche Dinge tut, von denen sie selbst vorher sagt, dass sie sie nicht tun sollte oder tun will, ist nicht zu fassen. Sie will zum Beispiel ständig keinen Sex mit Devlin, lässt sich aber natürlich trotzdem dazu verführen. Sie möchte sich außerdem mehrfach nicht mit Lord Wesley treffen, trifft sich aber trotzdem mit ihm. Gern auch allein. In einem abgeschiedenen Sommerhaus oder einer Bibliothek. Und wundert sich dann trotzdem, dass sich der Schwerenöter ermuntert fühlt und mehr oder weniger sie herfällt. Was sie natürlich auch nicht will – doch da sie ebenso wenig kapitulieren will, muss Devlin sie regelmäßig vor den verschmähten Verehrern retten.

Daneben gibt es noch ausschweifende, sinnlose Dialoge, unlogische Handlungsweisen, jede Menge Nebenkriegsschauplätze und viel gepflegte Langeweile. Wer mich kennt, der weiß, dass ich einem erotischen Roman Handlungsmängel durchaus verzeihe, wenn denn wenigstens die Sexzenen ansprechend sind. Sind sie nur hier leider nicht. Die Sexszenen sind nicht nur relativ brav und ebenso langweilig wie die Handlung, sondern sie sind sich auch noch sehr ähnlich. Ausreißer gibt es in Form einer Alibi-Fesselsexszene zwischen den Protagonisten, die aber eigentlich viel zu harmlos ist, um als solche bezeichnet zu werden, sowie zwei Szenen, in denen Grace lesbischen Spielen und einer Orgie zusieht.

Sprachlich ist das Buch auch nicht gerade dazu angetan, die Begeisterung zu steigern. Aussagen wie »Ihre Brüste fielen nach vorn und schlugen gegen sein Gesicht« sind eher abtörnend als alles andere, und um die Lächerlichkeit perfekt zu machen, darf Devlin im Laufe des Buches mehrfach den Schwengel schwingen: »Setz dich auf meinen Schwengel, Liebste, dann beuge dich vor und begrabe mich für eine Weile unter diesen Titten« (S. 28). Ich weiß, ich wiederhole mich, aber »Schwengel« ist eines dieser Wörter, die einfach nur albern sind und jede potenzielle Erotik im Keim ersticken.

Ich glaube nicht, dass ich ein weiteres Buch dieser Autorin lesen werde. Nach einem sehr guten, einem durchschnittlichen und zwei schlechten Büchern (ich erinnere mich mit Grausen an Blutrot) ist mein Glaube in Sharon Page einfach erschöpft.

Fazit:
4/15 – Langweilige Handlung, doofe Figuren, unerotische Sexszenen – von ihrer Bestform ist die Autorin weit entfernt.

Serieninfo:
01 Sin | Der Reiz des Verbotenen – 13/15
02 Black Silk | Samtschwarz – 8/15 (Rezension)
03 Hot Silk | Feuer der Lust – 4/15 (Rezension)

[Rezension] Jackson Pearce: Drei Wünsche hast du frei

Originaltitel: As You Wish

Inhalt:
Als Viola von ihrem Freund verlassen wird, bricht für sie eine Welt zusammen. Gerade noch war sie verliebt und beliebt, nun ist sie nur noch die Ex vom coolsten Typ der Schule. Viola wünscht sich nichts mehr, als wieder glücklich zu werden und beschwört so versehentlich einen Dschinn herbei. Er ist jung, er sieht gut aus und er ist furchtbar schlecht gelaunt, denn er hält Menschen für ungemein nervtötend. Aber bevor er in seine Heimat zurückkehren kann, muss er Viola drei Wünsche erfüllen. Und das ist nicht so einfach, wie es sich anhört …

Kommentar:
Als mir vor einigen Monaten der Pan-Katalog ins Haus flatterte, hat mich »Drei Wünsche hast du frei« regelrecht angesprungen. Ich hatte zugegebenermaßen angesichts meiner vorherigen Erfahrungen mit derlei Büchern ein paar Bedenken, dass mir das Buch zu »teenie« sein könnte, aber das war zum Glück nicht der Fall. Das Debüt von Jackson Pierce ist ein absolutes Wohlfühlbuch, entspannend und nett zu lesen.

Die märchenhafte Idee hinter der wenig komplexen Geschichte ist eigentlich altbekannt: Einem Mädchen werden drei Wünsche gewährt, die auf direktem Weg zum großen Glück führen sollen. Die Ausführung dieses Plots ist jedoch mal was anderes, denn sehr zum Leidwesen des Dschinns gestaltet sich dieses eigentlich unproblematische Unterfangen mit Viola nicht ganz so einfach: Viola will sich partout nichts wünschen – und das, obwohl sie aufgrund ihrer enttäuschenten Liebe zu Lawrence eigentlich genug Möglichkeiten hätte, die Wünsche sinnvoll zu ihrem Glück einzusetzen. Dschinn, der nicht in seine Heimat zurückkehren kann, solange er seine Aufgabe nicht ausgeführt hat, ist zunächst genervt von Violas Weigerung, sich etwas zu wünschen. Doch je länger er das Mädchen kennt, desto faszinierter ist er von ihm – bis er schließlich an einen Punkt kommt, an dem er gar nicht mehr so recht zurück will. Die Gesetze verlangen aber, dass er nach Caliban zurückkehrt; notfalls muss Viola dazu gezwungen werden, drei Wünsche auszusprechen.

Der wenig komplexen Story fehlt leider das gewisse Etwas, das ein Buch aus der Masse herausragen lässt. Nichtsdestotrotz ist »Drei Wünsche hast du frei« sehr unterhaltsam und überzeugt mit guten Figuren und deren Umgang miteinander, wenngleich Viola bei aller Sympathie zum Teil ein wenig anstrengend ist. Seit ihr Freund Lawrence sie verlassen und sich als schwul geoutet hat, fühlt sie sich nämlich zerbrochen und nirgends zugehörig – und sie tut auch nichts dafür, das zu ändern, sondern ist in Selbstmitleid erstarrt. Es ist nicht so, dass sie ständig jammern würde, aber sie hadert an einigen Stellen schon sehr mit sich und ihrem Leben. Dass Lawrence trotz der Trennung ihr bester – und offenbar einziger – Freund ist und der latent vorhandene Konflikt zwischen ihnen lange Zeit unausgesprochen schwelt, macht ihre Lage nicht besser. Doch dann taucht Dschinn auf, der ihr auf unterschiedliche Weise dabei hilft, über die gescheiterter Beziehung hinwegzukommen und sich zu emanzipieren. Wen wundert’s – der exotische Dschinn ist einfach umwerfend! Anfangs knurrig, ungeduldig und entnervt von seinem erzwungenen Aufenthalt auf der Erde und dem zickigen Menschenmädchen, wandelt er sich mehr und mehr zu einem fürsorglichen, verständnisvollen Beschützer und echten Freund, der immer zur Stelle ist, wenn er gebraucht wird, und einiges für Viola in Kauf nimmt.

Das Buch wird abwechselnd aus der Perspektive von Viola und Dschinn erzählt, jeweils in Ich-Form und im Präsens. Was bei Stiefvaters »Nach dem Sommer« prima geklappt hat, fand ich hier zumindest phasenweise nicht ganz so glücklich, weil sich beide Sichtweisen doch recht ähnlich sind. Dass alle Beteiligten ständig mit dem Wort »Yeah« um sich werfen, ist auch nicht ganz glücklich und hätte vielleicht anders gelöst werden können, ist aber zu verkraften.

Fazit:
11/15 – Obwohl dem Buch das gewisse Etwas fehlt, ist es ein märchenhafter Jugendroman, der Fans von zarten Liebesgeschichten gute Unterhaltung bietet.

[Rezension] Leonie Swann: Garou

2. Schafskrimi

Inhalt:
Es ist soweit: Für die Schafe von Glennkill beginnt ein neues, wollsträubendes Abenteuer. Gemeinsam mit ihrer Schäferin Rebecca haben sie die irische Heimat verlassen und ihre ersehnte Europareise angetreten! In Frankreich beziehen sie Winterquartier im Schatten eines entlegenen Schlosses, und eigentlich könnte es dort recht gemütlich sein – wären da nicht die Ziegen auf der Nachbarweide, die mysteriöse Warnung eines fremden Schafes und das allgemeine Unbehagen vor dem Schnee. Ein Mensch im Wolfspelz! – wispern Ziegen und Menschen. Ein Werwolf! Ein Loup Garou! Oder doch nur ein Hirngespinst? Als dann ein Toter am Waldrand liegt, ist schnell nicht mehr klar, wer gefährlicher ist: der Garou oder seine Jäger. Fest steht, dass die Schafe schnell Licht ins Dunkel bringen müssen, um sich selbst und ihre Schäferin zu schützen. Und schon bald folgen sie mit bewährter Schafslogik einer ersten Spur, die sie durch die Gänge des Schlosses und das Schneegestöber der Wälder führt …

Kommentar:
»Garou« spielt nicht wie Band 1 in Irland, sondern in Frankreich, wo Neu-Schäferin Rebecca mit ihren Schafen ein Winterquartier in der Nähe eines Schlosses bezieht. Dort ist es allerdings nicht so nett wie angenommen, denn ein Mörder geht um. Er tötet Rehe, hat aber auch Schafe und sogar Menschen auf dem Gewissen; die verrückten Ziegen von der Nachbarweide halten ihn für einen Garou. Was auch immer er ist – Unheimliches geht vor sich, und die Schafe müssen etwas unternehmen, um sich und ihre Schäferin vor Unheil zu bewahren.

Es ist wohl kaum erwähnenswert, dass die Aufklärung der Morde vollkommen fantastisch ist; an sowas darf man sich nicht stören, wenn man zu einem Krimi greift, in dem Schafe ermitteln. Davon abgesehen wirkt aber auch der Kriminalfall an sich ziemlich konstruiert und die Erzählung ist phasenweise recht sprunghaft und etwas verwirrend. Die Vielzahl auftretender Personen macht es nicht leichter, der Handung zu folgen, zumal die Menschen alle nicht besonders bemerkenswert beschrieben sind.

Umso besser ist die Charakterisierung der Schafe gelungen, auf die es ja schließlich ankommt. Jedes von ihnen hat je nach Stellenwert in der Geschichte ein paar wenige besondere Eigenschaften, die es unverwechselbar machen. Besondes witzig sind Sir Richfield und Mopple the Whale. Mopple the Whale, das dicke Gedächtnisschaf, das sich immer an alles Wichtige erinnert, macht sich beispielsweise die meiste Zeit darüber Gedanken, wo er etwas Fressbares auftreiben kann; er frisst einfach alles, und zwar jede Menge davon. Mopple ist entsprechend bestechlich, sodass ihn beispielsweise in Aussicht gestelltes Süßkraut auf der anderen Seite eines reißenden Baches zu ungeahnten Taten schreiten lässt. Grandiose Auftritte hat auch der schwerhörige Sir Richfield, ehemals Leitwidder der Herde, der ein bisschen unter Altersdemenz leidet. Er teilt seine Welt lakonisch in Schafe und Nicht-Schafe ein (»Ich bin mir sicher, das ist ein Schaf«) und quatscht unbeirrt auf alles ein, was nicht wegläuft und als Zuhörer fungieren kann – ob Schafe, Ziegen oder Bäume spielt dabei keine Rolle. Aber egal, welches Schaf gerade im Fokus steht – die Welt aus Schafssicht macht einfach jede Menge Spaß!

»Wohin gehen wir denn?«, fragte Cordelia zögerlich.
»Weg«, antwortete Othello.
»Was ist, wenn es schneit?«, fragte Ramses.
»Es wird nicht schneien«, sagte Othello.
»Was ist, wenn wir Cloud nicht finden?«, fragte Lane.
»Wir finden Cloud«, sagte Othello entschlossen.
Die Schafe guckten beeindruckt. Othello hatte an alles gedacht.
(S. 58)

»Garou« ist nicht besonders spannend, aber ein richtiges Gute-Laune-Buch; es ist albern, extrem niedlich und stellenweise zum Schießen komisch. Die Schafslogik und -philosophie sind einfach klasse, was nicht zuletzt mit Leonie Swanns teils trockenem, teils aber auch sehr lebendigem Stil zusammenhängt. Puristen mögen die phasenweise Verwendung zahlreicher Adjektive und sprechender Verben ablehnen, aber zu diesem Buch passt das perfekt.

Sehr unterhaltsam ist außerdem die Lesung von Andrea Sawatzki, die nach Herzenslust meeeet, blökt und meckert und jedem Schaf eine wundervolle Individualität verleiht. Leider sind die Kürzungen nicht ohne, sodass ich die Audioausgabe eher nur ergänzend zum Buch empfehlen würde.

Fazit:
11/15 – Das komische Schafsabenteuer aus Sicht der wolligen Ermittler sorgt für einige heitere Stunden und ist ein würdiger Nachfolger von »Glennkill«.

[Rezension] Lisa Kleypas: Married by Morning

Hathaway Family, Book 4

Inhalt:
Catherine Marks arbeitet seit zwei Jahren als Gesellschafterin für die zwei jüngsten Hathaway-Mädchen. Sie fühlt sich ausgesprochen wohl in der Familie, nur mit dem älteren Bruder ihrer Schützlinge, Leo Hathaway, liefert sie sich in schönster Regelmäßigkeit heftige Wortgefechte. Als eines Tages eine dieser Kabbeleien in einem wilden Kuss endet, ist das der Auslöser für verwirrende Gefühle, denn die beiden können ab diesem Moment kaum noch die Finger voneinander lassen. Um ihr Geheimnis und die Familie zu schützen, sieht Catherine aufgrund ihrer dunklen Vergangenheit keinen anderen Ausweg, als die Hathaways zu verlassen, und nicht mal Leos Heiratsantrag kann sie aufhalten …

Kommentar:
Schon beim Lesen von »Mine Till Midnight«, Band 1 der Hathaway-Serie, habe ich mich auf Leos Buch gefreut, denn Leo ist ein Held nach meinem Geschmack. Gebrochen durch den Tod seiner Verlobten und gejagt von ihrem Geist, betäubt er seinen Verstand mit Drogen aller Art und versucht zu vergessen. Er befindet sich am Rande des Wahnsinns, ist verzweifelt und hoffnungslos – kurzum: Er ist ein »tortured hero« par excellence, auf dessen Geschichte ich wirklich gespannt war. Lisa Kleypas hat sich jedoch Zeit damit gelassen, seine Story zu schreiben, und während seine Schwestern unter die Haube gebracht wurden, ist Leo ziemlich vernünftig und verantwortungsbewusst geworden. Vom lebensmüden Mann aus Band 1 ist nicht viel übrig geblieben, weshalb man mit Leo zwar einen charmanten, aber keinen besonders bemerkenswerten Protagonisten vorgesetzt bekommt. Ihm fehlen Ecken und Kanten, und trotz aller Sympathie gehört er zu den Helden, die man wohl ziemlich schnell wieder vergessen hat.

Gleiches gilt im Grunde für Catherine Marks, deren Vorgehen nicht immer ganz nachvollziehbar ist. Sie hat einen schwierigen Hintergrund, der erst im Laufe der Handlung aufgedeckt wird, und quält sich mit Schuldgefühlen und Selbstzweifeln, die zwar irgendwie verständlich, aber deshalb nicht weniger anstrengend sind. Dafür zeichnet sie sich aber durch ihren scharfen Verstand, ihren Witz und ihre Schlagfertigkeit sie aus – was in den Wortgefechten mit Leo auch vonnöten ist.

Die Handlung an sich ist eher ein wenig enttäuschend. Nach einem starken Start baut die Geschichte mehr und mehr ab, und ab einem gewissen Punkt ist man es wirklich leid darüber zu lesen, wie die zwei erfolglos versuchen, sich voneinander fernzuhalten und später, wie Leo Catherine von einer Heirat zu überzeugen versucht. Außerdem konnten mich die zahlreichen implizierten Krimielemente überhaupt nicht überzeugen, weil sie mir zu übertrieben waren. Fairerweise muss ich aber auch sagen, dass ich keine Plots mag, in denen die Protagonisten sich offensichtlich lieben, das aber nicht erkennen bzw. sich eine halbe Ewigkeit nicht eingestehen wollen oder aber ihre Liebe verleugnen, weil die Beziehung dem anderen gesellschaftlich schaden könnte. Hier haben wir schrecklicherweise eine Kombination aus beidem, wobei Kleypas das allerschlimmste Szenario nicht auslässt: In dem Moment, wo die Liebenden sich nach langem Hin und Her endlich über ihre Gefühle klar werden, passiert etwas Hochdramatisches, sodass sie fürchten müssen, es sich niemals sagen zu können. Ich hasse das.

Wie bei Kleypas üblich, werden auch hier wieder Ereignisse aus früheren Büchern aufgegriffen und weitergesponnen, und die anderen Familienmitglieder sind ebenfalls häufig präsent. Aufgrund seiner Beziehung zu Catherine spielt Leos illustrer Schwager Harry aus »Tempt me at Twilight« eine etwas größere Rolle und stellt unter Beweis, warum ich ihn so toll fand.

Fazit:
8/15 – Leider nur ein durchschnittliches Buch von Lisa Kleypas, das phasenweise ganz schön vor sich hinpläschert, um dann in einem überdramatischen Showdown zu enden.

Serieninfo:
01 Mine Till Midnight | Pfand der Leidenschaft – 10/15
02 Seduce me at Sunrise | Glut der Verheißung – 15/15
03 Tempt me at Twilight – 12/15
04 Married by Morning – 8/15
05 Love in the Afternoon