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The Bevelstokes, Book 3
Inhalt:
London, 1822. Annabel Winslow, das älteste von acht Kindern, soll durch eine gute Partie ihre verarmte Familie retten. Sie wird vom Land nach London geschickt, wo ihre Großmutter ihr eine Saison ermöglicht. Tatsächlich zeigt der Earl of Newbury reges Interesse an ihr – er braucht auf seine alten Tage dringend einen Erben, damit sein Titel, sein Besitz und sein Vermögen nach seinem Tod nicht an seinen verhassten Neffen Sebastian Grey fallen. Trotz des beträchtlichen Altersunterschieds ist Annabel eigentlich fest entschlossen, ihre Pflicht zu erfüllen, doch dann lernt sie ausgerechnet besagten Sebastian Grey kennen und verliebt sich in ihn …
Kommentar:
Zehn Gründe, warum dieses Buch zwar alles in allem ganz nett ist, aber bei Weitem nicht an andere Bücher der Autorin heranreicht.
Eins: Die Geschichte ist ziemlich dünn; insbesondere in der ersten Hälfte passiert sehr wenig und die Handlung mutet aufgeblasen an. Zwei: Wenn sich die beiden Helden mal treffen – was anfangs nicht allzu häufig der Fall ist –, schäkern und scherzen sie, die Dialoge sind aber sehr oberflächlich und erscheinen relativ bemüht auf witzig und flapsig getrimmt. Drei: Lord Newburys extreme Abneigung gegen Sebastian sowie sein ganzes Auftreten und Verhalten am Ende des Buches sind wenig glaubwürdig; die Konfrontation zwischen ihm und Sebastian sowie sein Angriff auf Annabel sind einigermaßen überzogen. Vier: Die Sexszene zwischen Annabel und Sebastian erscheint deplatziert und nur der Vollständigkeit halber angehängt, weil in so ein Buch nun mal eine Sexszene zwischen den Protagonisten gehört. Ungewöhnlich für Julia Quinn ist auch fünf: dass vor allem im ersten Teil des Buchs ihr typischer feinsinniger Humor viel zu kurz kommt und durch maßlos ausgewälzte Witze und endlose Wortwiederholungen ersetzt wird – was ganz schön nervt.
Punkten kann das Buch aber mit sechs: einer wunderbare Heldin, die durch ihre Natürlichkeit und Liebenswürdigkeit beeindruckt, und sieben: einem ebenso wunderbaren Helden, der ein ehemaliger Scharfschütze ist und unter weiblichem Pseudonym Schauerromane schreibt. Obwohl eine Verbindung zwischen den beiden zunächst ausgeschlossen scheint, kann man acht: die wachsende Liebe zwischen den beiden spüren und tatsächlich nachvollziehen. Diesen wunderbaren, warmherzigen, witzigen Protagonisten stehen neun: bemerkenswerte und liebenswerte Freunde zur Seite, vor allem in Gestalt von Annabels adlige Cousine Luisa, die hoffentlich bald ihr eigenes Buch kriegen wird (ich bin mir ziemlich sicher!), sowie Sebastians liebenswerte Cousine Olivia, die Protagonistin aus »What Happens in London«.
Das alles führt zu zehn: Vor allem die Figuren retten das Buch, für das das gleiche gilt wie schon für die beiden Vorgänger in dieser Serie: Es gibt zwei sehr unterschiedliche Hälften. Hier kann der erste Teil der Geschichte leider überhaupt nicht überzeugen, während der zweite das Buch immerhin auf 8/15 Punkten hebt (wobei da evtl. ein kleiner Quinn-Bonus inkludiert sein mag, der andererseits wahrscheinlich durch die hohe Erwartungshaltung neutralisiert wird!).
Serieninfo:
01 The Secret Diaries of Miss Miranda Cheever (Rezension) | Für immer und ewig, Viscount (Cora)
02 What Happens in London (Rezension)
03 Ten Things I Love About You
Inhalt:
Gwen Maudsley hat alles, was eine Frau sich nur wünschen kann; das einzige, was ihr zu ihrem Glück fehlt, ist ein Mann. Als sie allerdings zum zweiten Mal vor dem Altar sitzen gelassen wird, hat sie genug davon, die Erwartungen der Gesellschaft zu erfüllen, denn was hat es ihr gebracht? Sie beschließt, das Leben ab sofort zu genießen, Abenteuer zu erleben und so richtig verwegen zu sein – und wer könnte sie besser unterweisen als Alex Ramsey, der verrufene Freund ihres verstorbenen Bruders?
Kommentar:
Hohe Erwartungen aufgrund früherer bemerkenswerter Bücher sind oft eine Krux – doch nicht so bei Meredith Duran. Auch das dritte Buch, das ich nach »Duke of Shadows« (13/15) und »Bound by Your Touch« (13/15) von ihr gelesen habe, überzeugt auf ganzer Linie mit einer guten Geschichte und wundervollen Figuren.
Die allseits beliebte Gwen Maudsley ist zwar nicht adliger Abstammung, ihr sagenhafter Reichtum in Kombination mit ihrem untadeligen Ruf ermöglicht ihr allerdings dennoch den Zugang zur Londoner High Society. Vor allem ihr Erbe lockt zahlreiche Männer an, doch mit denen hat Gwen ganz offensichtlich kein gutes Händchen: Bereits zum zweiten Mal wird sie kurz vor der Hochzeit von ihrem Verlobten verlassen. Kaum hat sie den ersten Schock überwunden, wandelt sich ihre Trauer in Trotz, und sie beschließt, ihr behütetes Dasein hinter sich zu lassen und stattdessen das Leben zu genießen. Nicht nur Alex Ramsey, dem sie kurz nach der geplatzten Hochzeit einen Kuss abringt, hält sie für überspannt, sondern auch ihre Verwandten und Freunde; dennoch setzt sie ihren Willen durch und reist in Begleitung ihrer Anstandsdame nach Paris, um dort Abenteuer zu erleben. Dass auch Alex sich dort aufhält, kommt ihr nicht ungelegen, denn er ist genau der richtige Lehrer.
Der verrufene Alex Ramsey kennt Gwen schon seit Jahren, denn er war der beste Freund ihres verstorbenen Bruders Richard. Gwen war der Grund für einen Streit zwischen den Freunden, der in letzter Konsequenz zu Richards Tod führte und Alex bis heute verfolgt. Er weigert sich strikt, etwas anderes als brüderliche Gefühle für das Mädchen zuzulassen – oder zumindest versucht er es. Außerdem hat er anderes in Paris zu tun, als sich im Gwen zu kümmern; er will herausfinden, warum sein Bruder eines seiner Landgüter an einen dubiosen Geschäftsmann veräußert hat und dieses zurückkaufen.
Natürlich treffen die beiden in Paris aufeinander, und Alex begleitet Gwen auf ihren Abenteuern und bei den teilweise äußerst amüsanten Versuchen, verwegen zu sein – indem sie zum Beispiel Gläser wirft, diese aber anschließend pflichtschuldig bezahlt (und zwar nicht zu knapp). Es gibt allerdings auch Situationen, in denen Gwen unwiderstehlich veführerisch ist, sodass Alex seine guten Vorsätze, die Finger von ihr zu lassen, nicht lange einhalten kann. Ob amüsant, sexy oder ernsthaft, ob in Paris, entlang der Côte Azur, wohin die Reise die beiden führt, oder zurück in London – jede Szene hat Atmosphäre, bietet amüsante Unterhaltung und ist gleichzeitig ein Schritt auf dem Weg zu einer neuen Beziehung zwischen Gwen und Alex. Einzig die Komplikation zwischen den beiden am Ende sowie die etwas konstruiert wirkende Auflösung um das verkaufte Landgut durch den Bruders sind ein wenig viel, das tut dem Lesevergnügen aber kaum einen Abbruch. Vor allem angesichts des an sich völlig ausgelutschten Plots – braves Mädchen beschließt, ein böses Mädchen zu werden und hängt sich deshalb an einen Schwerenöter – ist das eine beachtliche Leistung.
Fazit:
14/15 – Ein Liebesroman mit Witz und Verstand – Meredith Duran hat sich mit diesem Buch endgültig als eine meiner Lieblingsautorinnen etabliert.
Originaltitel: The Spy Wore Silk
Serie: Merlin’s Maidens, Teil 1
Inhalt:
Einst waren sie Waisenkinder aus den rauen Londoner Slums – nun sind sie auserwählt, an »Mrs. Merlin’s Academy for Select Young Ladies« die Kunst der Spionage und der Verführung zu erlernen. Die begabteste dieser Spioninnen ist Siena, die sowohl scharfe Klingen als auch ihre unwiderstehliche Sinnlichkeit einzusetzen weiß. Sie soll als Kurtisane die feine Londoner Gesellschaft aufmischen und in einer exklusiven Gruppe von Büchersammlern einen Verräter entlarven. Ihr Hauptverdächtiger ist Lord Kirtland, der sich jedoch als ebenso geheimnisvoll wie verführerisch erweist. Und schon bald sieht Siena sich vor die Wahl gestellt: Entweder folgt sie ihrem Verstand – oder ihrem Herzen …
Kommentar:
Geschlagene sieben Tage habe ich gebraucht, um dieses Buch zu lesen, weil ich so gelangweilt davon war, dass ich nach spätestens zehn Seiten die Lust verloren habe. In einem wahren Kraftakt hab ichs dann heute morgen im Schnelldurchgang hinter mich gebracht – muss ich mehr sagen?
Ich bin ohnehin kein großer Freund von Spionagegeschichten, dieses Buch zählt unglücklicherweise auch noch zu den weniger guten Werken des Genres. Die Geschichte ist nämlich nicht nur langweilig, sondern darüber hinaus – inklusive der Auflösung – ziemlich hanebüchen. Außerdem ist Superheldin Siena trotz ihrer angeblich grandiosen Talente nicht gerade eine begnadete Spionin – sie verliebt sich direkt bei ihrem ersten Auftrag in den Verdächtigen Kirtland und gibt nicht viel später ihre Tarnung komplett auf, weil sie einfach fühlt, dass er unschuldig ist. Das nenn ich doch mal eine fundierte Einschätzung! Zugegebenermaßen kann sie ganz gut mit diversen Waffen sowie ihrer Haarnadel umgehen, sodass die Möglichkeit besteht, weggeschlossene geheime Briefe in ihren Besitz zu bringen; so findet sie etwa heraus, dass einer der Verdächtigen sich zum Tatzeitpunkt in »Dr. Erector’s Health Spa« wegen Erektionsstörungen hat behandeln lassen. (Haha.) Im Grunde beschränkt sich ihre Spionagetätigkeit aber auf sexy Auftritte, ermüdende und planlos wirkende Gespräche und wenig aufschlussreiche Observationen aller Art, die aber immerhin für Siena selbst zielführend sind. So schließt sie zum Beispiel aus dem Umgang Kirtlands mit seinen Haustieren (Hund und Katze), dass ein Mensch, der Tiere liebt, kein »Bösewicht« sein kann, und auch das Studium des nackten Lords führt zu ganz neuen Erkenntnissen für die Jungfrau (die übrigens vorgibt, eine Kurtisane zu sein und einen Beschützer zu suchen). Nicht nur hat sie Gelegenheit, seine »ziselierten Muskeln und Sehnen … sanft wie Marmor, hart wie Granit« zu bewundern, nein, sie sieht auch erstmals in natura diese gewissen männlichen Körperteile, die ihr Lehrer immer so poetisch als »Familienschmuck« bezeichnet hat. Scharfsinnig, wie sie nunmal ist, erkennt sie augenblicklich, dass der Earl zu den reichsten Männern Englands zählen muss:
Das rabenschwarze lockige Dach stach ab von der marmornen Helligkeit seiner Schenkel und sah aus wie die Krone seiner Männlichkeit. Siena hatte eine Reihe klassischer Götter gesehen, die sich ihr in all ihrer aufgereckten Glorie präsentiert hatten. Aber sogar im Ruhezustand trieb der Reichtum des Earls dem gesamten Olymp die Röte ins Gesicht. (S. 113)
Kein Wunder, dass der Guten ein »frecher Hitzeschwall über die Wangen flog«, wenn so unversehens Dächer in ihr Blickfeld rücken zwischen all der Glorie und dem Reichtum! Da kann man schon mal den Kopf verlieren und seine Aufgaben vergessen, sodass man schließlich selbst verdächtigt wird, eine Verräterin zu sein und in einem hochdramatischen Finale seine Loyalität unter Beweis stellen und trotz aller Supertalente gerettet werden muss.
Sagte ich schon, dass Siena noch nicht persönlich mit »prallen Lenden« zu tun hatte?! Das ist gar nicht schlimm, denn sie ist ja – wie wir wissen – in allen Bereichen außergewöhnlich talentiert, also auch in Liebesdingen. Dank Kirtlands tatkräftiger Mithilfe (»Halt mich fest, Julian. Richte mich mit deiner Kraft wieder auf!«) jubelt und jubiliert man also gemeinsam in einem »bebenden Auf und Ab«, während der Krösus seinen Samen in ihr verströmt. Und weil wir nun mal in einem Liebesroman sind, führt diese wundervolle gemeinschaftliche Erfahrung zu ganz neuen schwülstigen Erkenntnissen: »Obwohl ihre Körper nicht mehr verbunden waren, spürte er noch das innere Band zwischem sich und Black Dove [ihr »Künstlername«], das viel stärker war als nur das Fleisch, das für eine Weile eins gewesen war.«
Neben einer total langweiligen Spionage- und ebenso langweiligen Liebesgeschichte ohne jegliche Überraschungen erhalten wir einen Einblick in die Umgangsformen von gutsituierten Büchersammlern im 19. Jahrhundert, über die zumindest ich lieber nichts gewusst hätte. Leider muss ich trotzdem Männergesprächen beiwohnen, die sich um »mickrige Anhängsel von Schwanz, die man mit der Lupe suchen muss« drehen, und die offenbaren, dass laut der Einschätzung der charmanten Kollegen nichts in den Adern von Protagonist Kirtland fließt »außer Pisse und Blut«. Na Bravo.
Und sonst? Sonst gibts noch jede Menge Szenen, die völlig undurchsichtig sind, weil sie so schlecht beschrieben sind, dass man überhaupt nicht folgen kann und nicht weiß, was da eigentlich genau passiert. Vielleicht sind sie auch einfach nur unsinnig und entspringen der überbordenden Fantasie einer Autorin, die einfach keine guten Actionsequenzen schreiben kann und es deshalb heillos übertreibt. Möglicherweise mangelt es mir aber auch schlicht an Vorstellungsvermögen? Urteilt selbst (wenn ihr wollt):
Ein paar Sekunden später tauchten Pferd und Reiter im vollen Galopp aus dem Nebel auf.
»Aufpassen«, schrie Kirtland, als die Hufe auf die vordersten Planken schlugen, »die Brücke bricht jeden Moment ein!«
Noch während er aufschrie, wusste er, dass es zu spät war. Die Planken sackten erst zusammen und splitterten dann mit einem schauderhaften Krachen.
Der Earl trieb seinen Hengst bis zum Wasser. Vielleicht hatte der Fremde den Sturz überlebt. Es war zwar äußerst unwahrscheinlich, aber falls der Mann doch Glück gehabt hatte, konnte er wenigstens am Ufer stehen und ihm helfen, sich aus dem anschwellenden Fluss zu flüchten.
Erstaunt stellte er fest, dass der Reiter in der Lage war, den abrutschenden Hengst zu zügeln, ihm den Kopf nach vorn zu richten und das schaumbedeckte Tier zu zwingen, den Rücken zu krümmen und zu einem gewaltigen Sprung anzusetzen. Die Hufe flogen durch die Luft, der Umhang wirbelte umher. Für den Bruchteil einer Sekunde hingen Pferd und Reiter mitten in der Luft … Plötzlich befanden sie sich wieder auf festem Boden und kämpfen darum, auf der steilen Anhöhe nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
(…)
In diesem Moment bohrte sich ein Splitter einer abgebrochenen Planke längs in den Stiefel des Fremden. Reiter und Pferd drohten, auf den felsigen Grund in der Tiefe zu stürzen. Der Earl reagierte blitzschnell, schoss gefährlich nahe an das Flussufer heran und befreite die gesplitterte Planke mit einem kräftigen Tritt. »Geben sie mir ihre Hand!«
Der Fremde schnappte sich Kirtlands ausgestreckten Arm, und der Earl drigierte seinen Hengst auf höher gelegenes Gelände. Die beiden Pferde waren jetzt über die verschlungenen Arme ihrer Reiter verbunden und versuchten, wieder in sicheren Tritt zu gelangen. (S. 37f.)
Kann irgendjemand folgen und vielleicht doch einen Sinn entdecken? Ich lese folgendes: Da bricht eine Brücke unter dem Gewicht von Pferd und Reiter zusammen, doch in einer Wundertat katapultiert sich ein Pferd im Fallen (wohlgemerkt ohne Boden unter den Hufen) in die Luft und befindet sich auf einmal auf einer Anhöhe, weil die Brücke offenbar steil nach oben führt. Hm? Obwohl ja eigentlich aus der Gefahrenzone, nämlich auf besagter Anhöhe, taucht eine mysteriöse und äußerst tückische Planke auf, die nach den Gesetzen der Schwerkraft eigentlich nach unten in den reißenden Fluss hätte fallen müssen. Tut sie aber nicht, stattdessen bohrt sich hinterhältigerweise in das Bein des Reiters, weswegen das Pferd erneut aus dem Tritt gerät. Damit der heldenhafte Earl seinen Teil zum Geschehen beitragen kann, packt er den Arm des Reiters, der jetzt eventuell doch von der Anhöhe gestürzt ist, denn der Earl befindet sich ja am Flussufer. *???* Dass die Pferde durch die Arme ihrer Reiter verbunden sind und so wieder in den Tritt kommen sollen, obwohl sie das eher behindern dürfte, macht dann auch schon nichts mehr. Was für ein Quatsch!
Fazit:
4/15 – Ein langweiliges Buch mit wenig beeindruckenden Helden, das stellenweise immerhin mit unfreiwilliger Komik zu unterhalten weiß.
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Serieninfo: Merlin’s Maidens
01 The Spy Wore Silk | Geliebte Spionin
02 Seduced by a Spy | Gefährliches Spiel der Versuchung (September 2010)
03 The Scarlet Spy
Vicar’s Daughters, Book 2
Inhalt:
Patience Dare ist eine außergewöhnliche Schönheit, die allerdings alle Verehrer strikt abweist – bis ihr Schwager Matthew Morgan Hawkmore mit einem Kuss ihre Leidenschaft entfacht. Die beiden beginnen eine Affäre, die Patience in die Welt des BDSM entführt …
Kommentar:
Den regelmäßigen Lesern meines Blogs wird es nicht entgangen sein: Vier Jahre lang habe ich auf die Veröffentlichung von »Patience« gewartet – und ich konnte es kaum glauben, als ich den Nachfolger des grandiosen Debütromans »Passion« schlussendlich doch noch in Händen hielt. Meine Erwartungshaltung war zwiespältig – einerseits hoffte ich auf einen wenigstens ansatzweise adäquaten Nachfolger, andererseits fand ich es kaum vorstellbar, dass ein Buch mit dieser Entstehungsgeschichte und -zeit wirklich gut werden könnte. Und um es vorweg zu nehmen: Das Buch ist nicht nur nicht gut; es ist sogar unterirdisch schlecht. Es wird mir auf immer ein Rätsel bleiben, dass Berkley dieses Buch so veröffentlich hat, statt die Autorin dazu zu zwingen, notfalls weitere vier Jahre daran zu schreiben (ob das etwas genutzt hätte, steht allerdings zugegebenermaßen in den Sternen). Ich weiß gar nicht, wo ich beginnen soll mit meiner Kritik, denn hier passt einfach gar nichts.
Es fängt schon mit der Handlung an, die nicht nur teilweise unglaubwürdig, sondern auch mehr als dürftig ist, denn es passiert einfach nichts bzw. nicht viel. Matthew und Patience beschäftigen sich mit BDSM-Lektionen, hadern unabhängig voneinander mit ihrer Identität und der Liebe und wollen angeblich niemals im Leben eine Beziehung – außer natürlich miteinander, aber das können sie sich ja nicht eingestehen, weil es sonst schließlich keinen Konflikt gäbe. Das hindert die beiden aber nicht daran, den anderen im Stillen zu glorifizieren, von einer Beziehung und der ewigen Liebe zu träumen. Dem gesamten Umfeld (Passion, Mark, Tante Matty) ist natürlich vom ersten Augenblick an klar, dass Matt und Patience füreinander bestimmt sind, weshalb diverse Kuppelversuche und nervtötende Psychogespräche stattfinden. Darüber hinaus schlägt sich vor allem Matt mit einigen oberflächlich abgehandelten Schwierigkeiten herum, die mit seiner Abstammung und seiner finanziellen Situation zu tun haben, und das Happyend muss dann noch kurz durch einen Pseudostreit zwischen den Liebenden hinausgezögert werden.
Viel schlimmer noch als die wenig überzeugende Handlung sind allerdings die beiden Protagonisten, die beide überhaupt nicht stimmig, geschweige denn sympathisch sind. Matthew nervt von Beginn an mit einer seltsamen Mischung aus Arroganz und Selbstmitleid wegen seines gesellschaftlichen Falls. Nachdem herausgekommen ist, dass er nicht der reinblütige Sohn eines Earls, sondern ein Bastard ist, wird er von einem Teil der feinen Gesellschaft gemieden. Darüber hinaus hat seine Verlobte die Verlobung mit ihm gelöst – was ihn sehr verbittert, obwohl er inzwischen rückwirkend erkannt hat, dass er sie ohnehin nie geliebt hat und dass die Liebe nichts für ihn ist. Sein selbstgerechter Zorn richtet sich ungerechtfertigterweise auch gegen die Leute, die trotzdem bedingungslos zu ihm halten – etwa sein Bruder Mark, Protagonist aus »Passion«, der sich jedesmal, wenn er Matt als seinen Bruder bezeichnet, darauf hinweisen lassen muss, dass sie nur Halbbrüder sind.
Patience gegenüber verhält Matt sich – entsprechend seiner Rolle in der BDSM-Beziehung – jederzeit herrisch, doch das erstreckt sich nicht nur auf die sexuelle Komponente ihrer Beziehung. Als er erfährt, dass Patience bald nach London abreisen wird, um bei einem berühmten Lehrer Cello-Unterricht zu nehmen, verhindert er das mit einer hinterhältigen Intrige (die interessanterweise nie herauskommt und im Buch keinerlei Folgen nach sich zieht). Spätestens nach dieser Aktion habe ich die Figur, die ich schon von Beginn an nicht besonders mochte, regelrecht gehasst – und jedes andere Buch hätte ich spätestens an dieser Stelle abgebrochen.
Ein Verlust wäre das nicht gewesen, zumal Patience auch keine überzeugendere Figur ist; sie bleibt letztendlich blass und ist nicht sympathischer oder gar stimmiger angelegt als Matt. Obwohl sie nach einem Kuss mit Matthew in voller Leidenschaft entbrannt ist und ihn wie eine Löwin verteidigt, stellt sie von vornherein klar, dass sie keine Beziehung und schon gar keine Hochzeit will, sondern nur eine Affäre; ihre Jungfräulichkeit soll dabei aber bitteschön gewahrt werden. Ist ja auch kein Thema, es gibt ja noch ne Menge andere Methoden der Befriedigung, vor allem im BDSM-Bereich: Man kann sich zum Beispiel direkt zu Beginn eines solchen Verhältnisses nackt an ein Bett fesseln lassen und seinem Schicksal harren, während der Liebhaber erst mal Kartenspielen und einen Trinken geht. Immer gut ist auch Oralsex in verschiedenen Ausprägungen – und darin ist Patience gut. Sie ist nämlich zwar eine gläubige, gottesfürchtige Vikarstochter, hat aber dennoch schon eine Menge Erfahrung mit diesem Thema. Schließlich hat sie von frühester Jugend an die Magd mit ihrem Liebhaber beobachtet und mit Gurken aus dem Garten ihre Technik so sehr perfektioniert, dass Matthew kaum glauben kann, dass er der erste Mann ist, dem sie auf diese Weise Vergnügen bereitet. Abgesehen von ihrer sexuellen Aufgeschlossenheit zeichnet sie sich vor allem durch beeindruckende Brustwarzen, eine permanent pulsierende Klitoris und ständiges Heulen aus.
Die Beziehung zwischen Matt und Patience ist für meine Begriffe wirklich schwer verdauliche Kost. Von (wachsender) Liebe ist nicht das Geringste zu bemerken, hinzu kommt der sehr eigene Fetischsex. BDSM ist zugebenermaßen nicht wirklich mein Thema, es ist mir aber bereits zuvor in diversen Erotikromanen begegnet und nie war es (zumindest für Nicht-Anhänger dieses Fetischs) so gänzlich unerotisch aufbereitet und beschrieben wie hier. Erschwerend hinzu kommt, dass die Grundsituation nicht überzeugt. Möglicherweise erkennen sich die Anhänger extremer Spielarten ja blind, jedenfalls weiß Matt – woher auch immer – sofort, was Passion braucht: nämlich Unterwerfung und Demütigung. »It’s essential to your happiness und fulfillment, Patience. There is a strong part of you that longs to submit and obey.« (S. 107) Und weil Patience sich zwar gegen jegliche gesellschaftliche Konventionen sträubt, aber offenbar trotzdem von Natur aus gehorsam ist, sieht sie das auch brav ein und findet ab sofort ebenfalls, dass sie das braucht – auch wenn ihr das vorher unbekannt war. Und genau hier liegt das Problem: Patience scheint sich ihrer eigenen unterwürfigen Seite nicht mal ansatzweise bewusst gewesen zu sein, bevor Matt ihr seine Dominanzspiele aufgedrängt hat, und an mehreren Stellen zwingt er sie zu Dingen, die sie überhaupt nicht zu wollen scheint und die ihr zu weit gehen. Es ist natürlich schwierig zu beurteilen, was zu BDSM gehört und was nicht; Valdez konnte mir aber einfach nicht glaubhaft vermitteln, dass die Unterwerfung wirklich in Patiences Natur liegt und sie uneingeschränkt Spaß an der Sache hat bzw. Lust aus der Unterwerfung bezieht. Dass Matt sie am Ende mit Schlägen von jahrelang angestautem Leid befreit, sodass sie anschließend endich darüber sprechen kann, was sie seit Ewigkeiten belastet, setzt dem Ganzen die Krone auf und kann höchstens noch von der Tatsache getoppt werden, dass Patience bei ihrer Entjungferung erkennt, dass sie Eva (ja, die biblische!) ist: »I am Eve, and I am yours.« (S. 302)
Zu allen inhaltlichen Mängeln kommt die stilistische Eigenheit, die Protagonisten in Kursivschrift aktuelle Vorkommnisse und Aussagen in einer Art innerem Monolog kommentieren zu lassen – was zum Teil ziemlich überstrapaziert wird:
»And who knows what your future holds?«
»Yes, who knows?« Patience.
[…]
»Of course, I could never let him know.«
»Of course not.« Because you’re a lying cheat.
[…]
»Father and Danforth will never know.«
»No, never.« Because it’ll be a cold day in hell before I ever become your lover.
[…]
»You should hear him. He’s still raging about it.«
At last. »Is he?« (S. 171)
Ebenfalls enervierend sind zahlreiche Dialoge, die teilweise extrem platt und plakativ sind und klingen, als kämen sie aus dem Standarddialog-Baukasten. Das liest sich so:
»I saw you leave with Patience. Where is she?«
»I took her to bed.«
»To her bed, or yours?«
»That’s none of your business.«
Mark shook his head. »That’s unwise, Matt.«
»And why is that?«
»Because Patience isn’t just any woman.«
»I know she isn’t just any woman. That’s why I want her, because she isn’t just any woman.« (S. 50)
Bleibt zu erwähnen, dass wohl ein weiterer Band über die jüngste Vikarstochter Primrose in Planung ist. Ob ich den brauche, weiß ich allerdings noch nicht; mal davon abgesehen, dass ich ohnehin ein wenig daran zweifle, dass Lisa Valdez in absehbarer Zeit ein weiteres Buch schreiben wird. Die Kritik an »Passion« soll ja seinerzeit die Schreibblockade bei ihr ausgelöst haben – und ich bin mir ziemlich sicher, dass die negativen Stimmen zu diesem Roman deutlich heftiger ausfallen dürften als damals.
Fazit:
3/15 – Eine einzige Enttäuschung. Die einzige Gemeinsamkeit mit »Passion« besteht darin, dass in beiden Büchern Sex eine wichtige Rolle spielt und sehr explizit beschrieben wird. Darüber hinaus fehlt »Patience« alles, was den Debütroman ausgemacht hat: nämlich jegliches Gefühl und glaubwürdige, vielschichtige, sympathische Figuren. Und das allerschlimmste ist: Das Buch hat mir irgendwie auch »Passion« ein wenig verleidet.
Inhalt:
Lady Annabelle Ashton, die Tochter des Earl of Havercroft, ist ruiniert, denn sie ist beim Versuch erwischt worden, mit dem Kutscher ihres Vaters durchzubrennen. Ihr wohlhabender Verlobter löst daraufhin die Verbindung und die Familie muss nicht nur mit dem Skandal leben, sondern steht außerdem vor dem finanziellen Ruin. Diese Gelegenheit lässt sich Bernie Mason, der Erzfeind des Earls, nicht entgehen: Der reiche Emporkömmling, der jahrzehntelang unter den Schmähungen seines Nachbarn Havercroft zu leiden hatte, schlägt seinen auf die schiefe Bahn geratenen Sohn Reginald als Bräutigam für das entehrte Mädchen vor und bietet so einen Ausweg aus dem Skandal sowie aus der finanziellen Misere. Reginald und Annabelle müssen sich gezwungenermaßen der Abmachung fügen – ein denkbar schlechter Start für eine Ehe …
Kommentar:
Vorweg sei gesagt, dass »A Matter of Class« kein »vollwertiger« Roman, sondern eine Novelle ist: Das ca. 12 Euro teure Hardcover hat nur knapp 200 Seiten, die auch noch in großer Schrift und mit großzügigem Zeilenabstand gesetzt sind. Wer viel Geschichte für sein Geld erwartet, ist mit diesem Buch schlecht beraten; allen anderen sei das Buch trotz des fraglos überteuerten Preises ans Herz gelegt, denn es bietet allerbeste Regency-Romance-Unterhaltung.
Reggie Mason hat in letzter Zeit einen Hang zum Glücksspiel und ein Faible für teure Mode entwickelt und jede Menge Schulden angehäuft. Sein Vater macht sich ernsthafte Sorgen deshalb, zumal er seinem Sohn eine gesellschaftliche Stellung ermöglichen möchte, die ihm selbst nie vergönnt war: Der Nordengländer aus der Arbeiterschicht hat sein sagenhaftes Vermögen als Kohlenhändler gemacht, wurde aber in adligen Kreisen trotz aller Bemühungen nie akzeptiert. Er hat viel Geld in Reggies Ausbildung gesteckt, um diesen zu einem echten Gentleman zu machen, doch das Verhalten seines einzigen Sohnes in letzter Zeit ist nicht gerade die feine englische Art. Als Bernard Mason von der Misere seines Erzfeindes hört, dessen Tochter Annabelle in einen Skandal verwickelt ist und der kurz vor dem finanziellen Ruin steht, ist ihm sofort klar, dass er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann: Er kann Lord Haverscroft heimzahlen, dass dieser ihn jahrzehntelang geschmäht hat, gleichzeitig kann sein Sohn in den Adelsstand einheiraten und in die gesellschaftlichen Schichten aufsteigen, denen Bernie schon immer gerne angehören wollte.
Vor allem aufgrund seiner finanaziellen Lage kann Lord Haverscroft gar nicht anders, als Masons Vorschlag zähneknirschend zuzustimmen. Er muss seine Tochter mit einem reichen Mann verheiraten, und da nach Annabelles Eskapaden der reiche herzögliche Verlobte abgesprungen ist und wegen des Skandals auch kein anderer sie mehr will, ist die Verheiratung mit Reggie der einzige Ausweg. Er lässt die Masons allerdings zu jedem Zeitpunkt spüren, dass sie nicht standesgemäß sind und behandelt sie mit unsäglicher Arroganz. Seine Tochter ist zwar weniger konventionell, die erzwungene Ehe mit Reggie löst allerdings ebenso wenig Begeisterung bei ihr wie bei ihm aus, und so zanken sich die beiden bei jedem Aufeinandertreffen, und es fliegen ordentlich die Funken. Insbesondere weil Reggie aber immer wieder versichert, das beste aus der arrangierten Ehe machen zu wollen, besteht Hoffnung auf ein gutes Ende.
Der eigentliche Handlungszeitraum erstreckt sich über wenige Wochen, nämlich von der Idee der Eheschließung bis zum Tag der Hochzeit, allerdings ist die gegenwärtige Handlung unterbrochen von Rückblenden in die Kindheit bzw. Jugend von Reggie und Annabelle. Wie sich herausstellt, kennen sich die beiden von früher, und die Episoden aus der Vergangenheit machen schnell deutlich, dass zu irgendeinem Zeitpunkt etwas Gravierendes vorgefallen sein muss, was ihre jetzige Aversion gegeneinander bzw. gegen die Ehe miteinander rechtfertigt. Gerade weil die Rückblenden zeigen, dass die beiden schon als Kinder gegen alle Standesunterschiede befreundet waren und sich sehr geschätzt haben, bezieht die Handlung aus der Frage, was vorgefallen sein mag, große Spannung. Obwohl ein aufmerksamer Leser des Rätsels Lösung gegen Mitte des Buches anhand eines einzigen Schlüsselsatzes erahnen kann, ist die Handlung doch ausgesprochen clever aufgebaut und bietet mal etwas vollkommen anderes.
Die Protagonisten sind überzeugend, obwohl es ihnen – wie allen anderen Figuren – etwas an Tiefe mangelt. Ein wenig einseitig, wenngleich sicher nicht ganz unrealistisch, ist auch die Darstellung der beiden Klassen: Die Emporkömmlinge aus einfachen Verhältnissen sind nette Leute, die ihr Leben genießen, offen, fröhlich und ausgesprochen liebenswert sind; Annabelles Vater als Paradebeispiel eines Aristokraten wird hingegen dargestellt als verknöcherter, herzloser, voreingenommener Snob. Aufgrund der Kürze der Erzählung ist hier aber schlicht keine differenziertere Auseinandersetzung möglich. Immerhin zeigt Balogh einmal mehr, dass sie um historische Authentizität bemüht ist, denn trotz seiner Leichtigkeit stellt das Buch zwei gesellschaftliche Begebenheiten der damaligen Zeit in den Vordergrund, die einen realistischen Rahmen bieten, nämlich den Klassenunterschied und die Tatsache, dass die adligen Töchter oftmals schlicht eine Ware waren und von ihren Vätern an den Meistbietenden verscherbelt wurden.
Fazit:
13/15 – Ein sehr unterhaltsames Buch mit einer außergewöhnlichen Handlung, das nur leider viel zu kurz und für seinen Umfang viel zu teuer ist.
Inhalt:
Die Köchin Verity Durant ist ebenso bekannt für ihre herausragenden Kochkünste wie für ihr skandalöses Liebesleben. Als Stuart Somerset das Landgut erbt, auf dem Verity arbeitet, interessiert er sich nicht besonders für die Köchin – bis er das erste mal ihr Essen probiert. Überwältigt von den wunderbar kombinierten Geschmäckern, will er die Genüsse bald nicht mehr missen – zumal er sich trotz seiner bald bevorstehenden Hochzeit auf sonderbare Weise zu Verity hingezogen fühlt. Obwohl die geheimnisvolle Köchin es strikt ablehnt, Stuart ihr Gesicht zu zeigen, beginnen die beiden eine obsessive und sehr erregende Beziehung …
Kommentar:
Liebe geht durch den Magen – das war selten so wahr wie in diesem Buch! Über ihre sagenhaften Gerichte gelingt es Verity, Stuarts Aufmerksamkeit zu erregen und damit den Grundstein für den weiteren Verlauf der Geschichte zu legen. Essen spielt insgesamt zwar eine weniger ausschlaggebende Rolle als man erwarten könnte, ist allerdings z.T. so gut beschrieben, dass einem das Wasser im Munde zusammenläuft. Die überwältigende, teils geradezu lebenserschütternde Wirkung von Veritys Gerichten auf die Menschen mutet dann aber doch ein wenig zu fantastisch an und ist ziemlich übertrieben.
Im Aufbau ähnelt das Buch sehr »Private Arrangements«, dem Erstling der Autorin: Parallel zur eigentlichen Geschichte werden in Rückblenden die Ereignisse von vor zehn Jahren erzählt, als Verity und Stuart erstmals aufeinandergetroffen sind und eine Nacht miteinander verbracht haben. Im Gegensatz zu Verity, die immer wusste, wer ihr Liebhaber in jener Nacht war, hat Stuart allerdings keine Ahnung, dass sich hinter seiner geheimnisvollen Köchin seine »Cinderella« von damals verbirgt – er weiß nur, dass er sich zu beiden Frauen gleichermaßen hingezogen fühlt. Und obwohl er versucht, sich von Verity fernzuhalten, um seinen mühsam erarbeiteten Ruf und seine bevorstehende Hochzeit nicht zu gefährden, ist er endgültig verloren, als er sie durch einen dummen Zufall in seiner Badewanne erwischt. Zwar passiert in dieser Situation nichts zwischen den beiden, die sexuelle Spannung baut sich aber ab diesem Moment immer mehr auf und steigert sich ins Unerträgliche, weil Stuart wirklich lange Zeit versucht, Verity zu widerstehen. Erfolglos, versteht sich, doch es gibt noch diverse weitere Widerstände zu überwinden, sodass die Handlung nicht abflacht, sondern spannend bleibt. Die Art und Weise, wie sich am Ende alle Konflikte und Probleme schlagartig in Wohlgefallen auflösen, ist allerdings fast schon ärgerlich und ein echter Wermutstropfen. Außerdem muss man bereit sein zu akzeptieren, dass eine Beziehung resp. Liebe auf überwältigender körperlicher Anziehung fußen kann, wenn man das Buch genießen will.
Einfache Figuren sind offenbar nicht das Ding von Sherry Thomas, und das ist eigentlich auch ganz gut so, denn es gibt ja oft genug Beschwerden über zu stereotype Liebesromanhelden. Die Schaffung von Protagonisten, die schwieriger zu fassen sind, führt aber unter Umständen eben auch dazu, dass man schwer Zugang zu ihnen findet – das war schon bei Gigi aus »Private Arrangements« so und ist bei Verity ähnlich. Veritys Handlungsmotive und Moralvorstellungen sind zum Teil nicht nachvollziehbar – mir ist z.B. bis jetzt nicht klar, ob es eigentlich ihre Absicht war, Stuarts Herz erneut zu erobern. Es sieht alles danach aus, macht aber andererseits keinen Sinn, denn die Situation, die ausschlaggebend für ihre Trennung vor zehn Jahren war, ist heute so aktuell wie damals. Ebenso wenig sinnvoll ist Veritys Weigerung, Stuart ihre wahre Identität zu offenbaren, gleichzeitig aber in seiner Nähe zu bleiben und ständig mit dem Feuer zu spielen. Natürlich liefert das eine schöne Ausgangssituation für den Roman, glaubwürdig ist es aber nicht. Darüber hinaus ist Verity aber eine gut gelungene Figur, die – von ihrer selbstlosen Liebe abgesehen – mit beiden Beinen im Leben steht und weiß, was sie will.
Auch Stuart ist ein interessanter Charakter. Der uneheliche Sohn eines Adligen hat die ersten Jahre seines Lebens in Armut bei seiner Mutter verbracht, bevor sein Vater ihn zu sich geholt hat. Trotz seiner zweifelhaften Abstammung hat er sich einen Namen als Anwalt gemacht und ist inzwischen so angesehen, dass er kurz davor steht, eine politische Laufbahn einzuschlagen. Sein Konflikt liegt darin, dass er seine Karriere, für die er so hart gekämpft hat, in den Wind schlagen muss, wenn er sich auf ein wie auch immer geartetes Verhältnis mit Verity einlässt. Hinzu kommt, dass er sich gerade mit seiner langjährigen Bekannten Lizzie verlobt hat, die er sehr achtet und nicht verletzen will. Gute Gründe, um sein verzehrendes Verlangen nach Verity zu ignorieren – aber nicht gut genug, um das dauerhaft zu schaffen, sodass er sich am Ende gegen alle Konventionen und für die Liebe entscheidet.
Neben der Beziehung zwischen Stuart und Verity ist die Familie in all ihren positiven und negativen Ausprägungen ein wesentliches Thema des Buches. Stuarts Verlobte Lizzie bekommt ihren einen eigenen Handlungsstrang, der einige Überraschungen birgt, aber erneut an den Aufbau von »Private Arrangements« erinnert, in das ebenfalls eine ähnlich verlaufende Nebengeschichte eingewebt war.
Fazit:
11/15 – Eine intensive Geschichte, die aber nicht ganz an den Debütroman der Autorin heranreicht und diesem im Aufbau einfach zu ähnlich ist.
Inhalt:
Viscount Sanburne ist einer der beliebtesten Londoner Taugenichtse, doch Lydia Boye hat keinerlei Interesse daran, von ihm betört zu werden. Als er mit einem angeblich sensationellen Fundstück aus dem alten Ägypten mitten in ihren Vortrag am Archäologischen Institut platzt, identifiziert sie dieses sofort als Fälschung und stellt Sanburne vor allen Anwesenden bloß. Nicht viel später stellt sich allerdings heraus, dass die Fälschung ausgerechnet von Lydias Vater, der sich zu Ausgrabungen in Ägypten befindet, nach England geschickt wurde. Um den guten Namen ihres Vaters vor einem Skandal zu bewahren, tut sie sich notgedrungen mit Sanburne zusammen und versucht, gemeinsam mit ihm den wahren Verantwortlichen ausfindig zu machen. Dabei muss sie aber auch feststellen, dass sich hinter der charismatischen Fassade des skandalumwitterten Viscounts ein scharfer Verstand und eine beklemmende Vergangenheit verbergen – und gegen alle Vernunft kommen sich die beiden näher …
Kommentar:
Nach einem beachtlichen Debütroman, der extrem hohe Erwartungen geweckt hat, liegt mit »Bound by your Touch« nun das zweite Buch von Meredith Duran vor. Erneut merkt man der studierten Anthropologin ihre Faszination für britische (Kolonial-)Geschichte an – die Situation in Ägypten zur Zeit der britischen Herrschaft fließt immer wieder ganz beiläufig ins Geschehen ein –, die eigentliche Handlung spielt aber diesmal in England.
Das erste Zusammentreffen der Protagonisten findet nicht gerade unter günstigen Umständen statt, denn Lydia identifiziert Sanburnes neu erworbene, angeblich wertvolle Stela auf den ersten Blick als Fälschung. Solchermaßen vor allen Anwesenden bloßgestellt, bereitet es James ein gewisses Vergnügen, Lydia tags darauf mit der Erkenntnis zu schockieren, dass die Fälschung zusammen mit den Ausgrabungsstücken ihres Vaters nach England gekommen ist. Lydia, die fest von der Unschuld ihres Vaters überzeugt ist, würde alles dafür tun, um seinen tadellosen Ruf zu wahren, und Sanburne weiß das: Er lässt sich sein Schweigen teuer bezahlen – mit einem Kuss, der sie beide einigermaßen aus der Fassung bringt. Trotzdem (oder gerade deshalb) machen sie sich gemeinsam daran, die Sache aufzuklären und müssen bald feststellen, dass sie es mit einem Komplott größeren Ausmaßes zu tun haben, das sogar ihr Leben in Gefahr bringt.
Der Krimiplot ist ganz gut ausgearbeitet und bildet einen netten Rahmen für die Geschichte, richtig spannend ist er aber nicht. Er spielt aber ohnehin keine entscheidende Rolle für die Beurteilung des Buches, denn wichtig sind nur die beiden Protagonisten, die Entwicklung ihrer Persönlichkeit und ihrer Beziehung zueinander, aber auch zu ihren Familien.
Lydia ist ein Blaustrumpf, wie er im Buche steht. Nicht zuletzt aus finanziellen Gründen lebt sie im Haushalt ihrer Schwester Sophie und ihres Schwagers George, was insofern eine ziemlich unerträgliche Situation ist, weil Sophie ihr vor Jahren den Mann ausgespannt hat, den Lydia zu heiraten hoffte. Mit den beiden zusammenzuleben, nimmt sie nur in Kauf, weil die jüngste Schwester Ana verheiratet werden muss. Das angespannte Verhältnis zu Sophie liegt außerdem in der sehr engen Beziehung zwischen Lydia und ihrem Vater begründet, der sie – sehr zu Sophies Neid – immer bevorzugt hat. Lydia ist dem Ägyptologen ihrerseits treu ergeben und wickelt die Geschäfte ihres Vaters in England ab. Sie verfügt selbst über ein großes Wissen über Ägyptologie, ist zuverlässig, kompetent, fleißig, zielstrebig – und ziemlich spröde. Ihre gescheiterte Liebe zu George hat sie desillusioniert, und sie hat sich im Laufe der Zeit mit ihrer Rolle als alte Jungfer abgefunden, zumal sie keine besondere Schönheit ist.
James ist das genaue Gegenteil von ihr, insofern hat sie auch wenig Sympathie für den gutaussehenden, eloquenten Sohn eines Earls, der in den Tag hineinlebt und in Lydias Augen ein verwöhnter Nichtsnutz ist. Dass er ägyptische Artefakte nur deshalb sammelt, um seinen Vater zu ärgern bzw. zu übertreffen, ohne echtes Interesse an der Materie zu haben, macht ihn ihr nicht sympathischer. Doch hinter Sanburnes charismatischer Fassade verbirgt sich nicht nur ein scharfer Verstand, sondern auch eine düstere Vergangenheit: Er fühlt sich mitverantwortlich für das Schicksal seiner Schwester, die als verurteilte Mörderin in einem Irrenhaus einsitzt und hadert vor allem wegen ihr mit seinem Vater. Erdrückt von seiner Mitschuld an den damaligen Ereignissen ist er seines eigenen Lebens mehr als überdrüssig und sucht Vergessen in Drogenexzessen sowie in äußerst riskanten, brutalen Boxkämpfen, um den psychischen Schmerz zu überlagern. Lydia und die Aufdeckung des Betrugs geben seinem Leben nach langer Zeit endlich wieder einen gewissen Sinn, nicht zuletzt weil er schnell feststellt, dass sich unter ihrer langweiligen Oberfläche eine wundervolle, leidenschaftliche Frau verbirgt.
Obwohl die Gegensätze zwischen den beiden zunächst unüberbrückbar scheinen, entwickeln sie sich im Laufe der Handlung beide weit genug zueinander hin, um am Ende zusammenzufinden. Bis es so weit ist, fliegen die Funken, und beide müssen vieles überdenken und ändern, was ihr Leben bis zu diesem Zeitpunkt ausgemacht hat: Sie müssen über ihren Schatten springen, ihren Stolz hinunterschlucken, Tiefschläge einstecken, Ängste überwinden und Kompromisse eingehen. Ihre Entwicklung ist aber ebenso nachvollziehbar und glaubwürdig wie die Figuren an sich, und genau das macht das Buch so gut – vorausgesetzt allerdings, man mag Bücher, in denen darüber hinaus wenig passiert und die sich mit der Beschreibung von Details und Emotionen aufhalten. Zugegebenermaßen ist die Sache mit James Schwester nur bedingt logisch und die Handlung an einigen Stellen ein wenig langgezogen bzw. unnötig verwickelt, doch das tut dem sehr guten Gesamteindruck kaum einen Abbruch.
Fazit:
13/15 – Ein intensives Buch mit tollen Charakteren, die Raum zur Entwicklung erhalten. Eine Empfehlung für alle, die tiefgründigere Bücher mögen und auf Action verzichten können.
Originaltitel: Black Silk
Rodessons Töchter, Band 2
Inhalt:
London 1819: Wollüstig und tabulos sind die geheimen Orgien der Gesellschaft, deren unfreiwillige Zeugin die junge Maryanne wird. Als der Hilferuf einer Bekannten sie eines Abends in ein zwielichtiges Etablissement führt, traut sie ihren Augen nicht. Schockiert von den fremden, erregenden Spielen, die sich ihr darbieten, flüchtet sie in ein Nebenzimmer. Nur um dort den Herrn der Sünde persönlich vorzufinden: Dashiel Blackmore, Lord Swansborough. Ohne es zu wollen, ist sie dem erfahrenen Verführer bereits vom ersten Moment an rettungslos verfallen. Fasziniert von seinem nackten, muskulösen Körper, folgt sie wie gebannt seiner Aufforderung näherzukommen und gerät schon bald immer tiefer in den Sog einer Lust, die ebenso fesselnd wie gefährlich ist.
Kommentar:
Obwohl sie selbst sexuell vollkommen unerfahren ist, gibt Maryanne Hamilton erotische Bücher heraus – gemeinsam mit der Kurtisane Georgiana. Als ihre Geschäftspartnerin ihr eines Tages einen Hilferuf schickt und sie zu einer Art Orgie lotst, trifft sie dort auf Dahiel Blackmore, Lord Swansborough, für den sie schon lange heimlich schwärmt. Nicht ahnend, dass Maryanne die Schwägerin eines alten Bekannten von ihm ist, versucht er, sie zu verführen – und Maryanne gibt sich ihm ohne viel Federlesens hin. Drei Monate später, als herauskommt, dass die junge Frau schwanger ist, werden die beiden mehr oder weniger zu einer Hochzeit gezwungen. In der Folge gilt es aber nicht nur, die Vernunftehe erträglich zu gestalten oder gar in eine Liebesehe zu wandeln, sondern es müssen darüber hinaus die Verbrechen aufgeklärt werden, die irgendwie mit Dashiel zusammenhängen – zumal alle Hinweise darauf hindeuten, dass er der gesuchte Frauenmörder ist, der in London sein Unwesen treibt …
Während das erste Drittel des Buchs ein typischer – und sehr guter! – erotischer Roman ist, in dem relativ ausführlich alle möglichen und unmöglichen Sexpraktiken beschrieben werden, wandelt sich »Samtschwarz« anschließend mehr und mehr in einen Krimi mit überdurchschnittlich hohem Sexanteil. Aufgeklärt werden müssen einerseits Mordanschläge auf Dashiel selbst, andererseits die Frauenmorde, die Lord Swansborough angeblich begangen haben soll – wobei aber eigentlich von Anfang an vollkommen klar ist, dass Dash nicht der gesuchte Frauenmörder ist, sondern dass er hereingelegt werden soll. Das ist ein wenig schade, denn aus der Frage, ob Swansborough schuldig ist oder nicht, hätte das Buch große Spannung beziehen können. So aber plätschert die Krimihandlung relativ unspektakulär vor sich hin, und es werden alle möglichen potenziellen Verdächtigen abgeklopft, um am Ende mit zwei großen Überraschungen aufzuwarten, die nicht wirklich absehbar, aber – wenigstens zum Teil – glaubwürdig sind. Das große Finale mit dem sadistischen Widersacher ist nichts für zarte Gemüter und daneben auch ziemlich übertrieben – ebenso wie die Wahrscheinlichkeit, dass einem unmittelbar nach stundenlanger sadistischer Folter und Todesangst der Sinn nach wildem Sex in den Büschen stehen könnte. Das eigentliche Ende ist dann für die gesamte Familie zuckersüß und noch dicker aufgetragen als in den meisten herkömmlichen historischen Liebesromanen.
Entscheidend bei der eher mäßigen Bewertung des Buchs sind aber die beiden Protagonisten, zu denen ich keine echte Verbindung aufbauen konnte. Die unscheinbare, komplexbehaftete Maryanne stolpert ziemlich blauäugig durch die Gegend und in ihr Unglück; ihre Naivität und Inkonsequenz führte bei mir mehrfach zu wildem Augenrollen. Immerhin steht sie aber für ihre Dummheiten gerade und verlangt folglich nicht von Dashiel, dass er sie wegen ihrer Schwangerschaft heiratet; außerdem ist sie durch und durch loyal, wie sie u.a. bei einem etwas peinlichen Auftritt vor Swansboroughs Familie beweist. Alles in allem wirkt sie aber passiv, bleibt zu jeder Zeit blass – und ist damit keine Heldin nach meinem Geschmack.
Dash dagegen ist ein extrem finsterer Typ, was sich auch äußerlich spiegelt: nicht nur seine Haare und Augen sind dunkel, sondern er trägt darüber hinaus grundsätzlich nur schwarze Kleidung. Er ist aufgrund seiner schrecklichen Kindheit ein klassischer »tortured hero«, der die Vergangenheit vergessen will und Zerstreuung in Alkohol und Sexorgien sucht, um die Erlebnisse auszublenden. Dabei lässt er – wie es sich für den Protagonisten in einem erotischen Roman gehört – in sexueller Hinsicht kaum etwas aus, sodass die zwar theoretisch gebildete, aber praktisch unerfahrene Maryanne in alle denkbaren Spielarten eingeführt werden kann. Positiv zu vermerken ist Dashs Reaktion auf Maryannes Schwangerschaft: Es gibt keine Ausreden, keine Zögern, keine Schuldabschiebung und Ausflüchte; er übernimmt ohne zu Zögern die Verantwortung für sein Handeln. Dass er das ohne jedes Hadern und ohne jeden Zorn tut, ist allerdings angesichts der Situation ein wenig unglaubwürdig. Ein bisschen Entsetzen hätte ihm mehr Glaubwürdigkeit verliehen und der sehr glatt laufenden Beziehung zwischen den Protagonisten vielleicht ein wenig mehr Würze verliehen. Doch nicht nur in dieser Angelegenheit, auch sonst ist Swansborough eigentlich viel zu nett dafür, dass er ja so schicksalsgebeutelt und »kaputt« ist – er hat viele gute Ansätze, kann aber letztendlich dennoch nicht vollends überzeugen.
Nicht wirklich relevant, aber erwähnenswert ist die Übersetzung des Titels: Dass aus dem Orignaltitel »Black Silk« im Deutschen »Samtschwarz« wurde, ist ein wenig unglücklich, weil im Buch schwarze Seide eine Rolle spielt und mehrfach erwähnt wird, während nicht mal irgendwelche Augen oder Haare »samtschwarz« sind. Es ist anzunehmen, dass eine Eins-zu-eins-Übersetzung des Originaltitels aus Gründen des Titelschutzes in Deutschland nicht möglich war; vielleicht hätte man allerdings in diesem Fall besser komplett von irgendwelchen schwarzen Materialien im Titel abgesehen.
Fazit:
8/15 – Ein erotischer Roman, der im Verlauf der Handlung mehr und mehr zu einem Krimi wird und letztendlich weder als Krimi noch als Erotikroman endgültig überzeugen kann. Obwohl trotzdem durchaus unterhaltsam, kommt der zweite Teil der Serie bei Weitem nicht an Teil 1 (Der Reiz des Verbotenen/Sin, 13/15 Punkte) heran.
Deutscher Titel: Pfand der Liebe (Knaur, April 2010)
1. Teil der Hathaway-Serie
Inhalt:
Die Suche nach ihrem Bruder Leo treibt Amelia Hathaway in die Londoner Halbwelt. In einem Herrenclub begegnet sie dem verruchten Cam. Der begreift die spröde Amelia als persönliche Herausforderung und beginnt sie nach allen Regeln der Kunst zu umwerben. Bald schon weiß sie nicht mehr, was sie empfinden soll – vor allem nicht, als auch noch ihr einstiger Verehrer auftaucht.
Kommentar:
»Mine Till Midnight« ist der Auftakt zu einer neuen Serie, die lose verknüpft ist mit der »Wallflower«-Serie der Autorin. Wer die Mauerblümchen-Serie gelesen hat, wird sich vielleicht erinnern, dass Cam im dritten Teil (»Devil in Winter«) einen Auftritt hatte; ebenso tauchen hier einige Mauerblümchen nebst ihren Gatten auf.
Amelia Hathaway hat nach dem Tod ihrer Eltern beschlossen, ihr Leben in den Dienst ihrer Familie zu stellen und nicht zu heiraten, sondern sich um ihre vier jüngeren Geschwister zu kümmern. Vor allem mit ihrem Bruder Leo, ehemals ein talentierter Architekt, hat sie alle Hände voll zu tun, denn er hat nach einem Schicksalsschlag und nach dem unverhofften Erbe eines Adeltstitels den Halt verloren und gibt sich den gesellschaftlichen Lastern hin: Er trinkt, spielt und hurt in einem Ausmaß, das Amelia große Sorgen bereitet. Als sie eines abends auf der Suche nach ihm in einem Spielclub landet, trifft sie auf den geheimnisvollen Cam Rohan, von dem sie sich unwiderstehlich angezogen fühlt, und bittet ihn um Hilfe. Cam, der von Amelia ebenso hingerissen ist wie sie von ihm, willigt ein und legt damit den Grundstein für eine Beziehung, die beide eigentlich nicht wollten.
Wie üblich spinnt Kleypas eine schöne und bodenständige Geschichte, die diesmal allerdings ein wenig an ihren Protagonisten krankt. Cam Rohan ist ein Halb-Roma, der sich nach oben gearbeitet hat und als Londoner Spielclubbesitzer ein Vermögen gemacht hat. Als er auf Amelia trifft, trägt er sich mit dem Gedanken, London mit seinen Konventionen und Lastern den Rücken zu kehren und sich seiner Roma-Sippe anzuschließen; er muss sich schließlich zwischen zwei Welten entscheiden. Cam ist ein klassischer Kleypas-Held: ein wenig düster, ein wenig geheimnisvoll, mit einer schwierigen Vergangenheit. Zum Teil legt er enervierend dominantes Auftreten an den Tag, das aber von der sturen Amelia als sein Gegenpart weitgehend abprallt. Amelia ist dennoch keine Heldin, die besonders gut zugänglich ist. Sie ist zwar alles in allem sympathisch, aber einfach zu altruistisch und wandelt auf einem sehr schmalen Grat zwischen berechtigter Sorge und beengender Überfürsorge. Sie ist eine echte Glucke mit einem übergroßen Beschützerinstinkt und dem Drang, über alle anderen Leute und Dinge zu bestimmen und kaum andere Meinungen und Vorstellungen zuzulassen; entsprechend anstrengend ist sie sowohl für ihre Umgebung im Buch als auch für den Leser.
Es spricht für Kleypas‘ Erzähltalent, dass das Buch trotz dieser Heldin noch so gut worden ist. Das liegt einmal mehr nicht zuletzt an den interessanten, sehr lebendigen Nebenfiguren, allen voran an dem depressiven, lebensmüden Leo und dem geheimnisvollen, schwierigen Merripen, ebenfalls ein Roma, der seit seiner Kindheit bei der Familie lebt. Die ewig plappernde Poppy und die tierverrückte Beatrix sorgen als Ausgleich für lustige Momente, während ausgerechnet Win, die Heldin des folgenden Teils der Serie, für ein wenig Drama sorgt.
Fazit:
10/15 – Trotz der zeitweise ziemlich anstrengenden Protagonistin legt Kleypas ein gewohnt gutes, solides Buch vor. Es reicht nicht an die Highlights der Autorin heran, ist aber unterhaltsam und interessant genug, um Lust auf die folgenden Bände der neuen Serie zu machen.
dt. Titel: Zärtlicher Nachtwind
The Hathaways, Book 3
Inhalt:
Poppy Hathaway liebt ihre unkonventionelle Familie, sehnt sich aber nach Normalität – nicht zuletzt deshalb findet sie Michael Bayning so attraktiv, einen sehr konventionellen künftigen Lord. Weil Michaels Vater eine bürgerliche Braut an der Seite seines Sohnes nicht akzeptieren würde, muss ihre Verbindung noch geheim gehalten werden, doch Poppy ist bereit zu warten. Dann jedoch begegnet sie dem charismatischen Hotelbesitzer Harry Rutledge, der sie trotz seines schlechten Rufs außerordentlich fasziniert. Als die beiden in einer kompromittierenden Situation erwischt werden, nimmt sie – sehr zum Entsetzen ihrer Familie – seinen Heiratsantrag an, der ihren Ruf retten soll. Sie muss allerdings feststellen, dass ihr Gatte ihr zwar Leidenschaft und grenzenlosen Luxus bietet, aber leider keine Liebe …
Kommentar:
Das Buch zieht einen sofort in seinen Bann – mit einer ziemlich lustigen Szene, in der Poppy Hathaway das Frettchen ihrer Schwester Beatrix durchs Hotel jagt, das sich mit einem Liebesbrief ihres heimlichen Freundes davongemacht hat. Sie landet in einem Geheimgang und trifft dort auf einen attraktiven Mann, der sich schließlich als der sagenumwobene Hotelbesitzer Harry Rutledge herausstellt. Auch wenn er selbst merklich erstaunt darüber ist, ist augenblicklich klar, dass Harry das unkonventionelle Mädchen will, das sich bei ihrer ersten Begegnung als so humorvoll, geistreich und warmherzig herausstellt. Ebenso offensichtlich ist, dass er alles dafür tun wird, sie zu kriegen – ohne Rüchsicht auf Verluste; er zögert keine Sekunde, Intrigen zu spinnen, um Michael aus dem Weg zu schaffen, und er ist berechnend genug, um Poppy in eine kompromittierende Situation zu bringen, sodass sie kaum eine Wahl hat als ihn zu heiraten. Trotz seines zweifelhaften Vorgehens ist er eine äußerst faszinierende Figur, denn auch wenn sein Verlangen nach Poppy reinem Besitzdenken zu entspringen scheint, bringt der undurchsichtige Mann ihr doch mehr Gefühle entgegen als irgendjemandem sonst.
Das ist natürlich nicht genug für jemanden wie Poppy, die in einer liebevollen Familie aufgewachsen ist und an das Gute in Harry glaubt. Sie ist überzeugt davon, dass sie trotz der schlechten Vorzeichen eine gute Ehe mit ihm führen wird – bis sie Minuten vor ihrer Eheschließung von seiner Intrige gegen Michael und sie erfährt. Aus Gründen, die nicht ganz nachvollziehbar sind, heiratet sie ihn trotzdem, verliert aber den Glauben an einen guten Ausgang ihrer Beziehung. Dass sich Harry furchtbar despotisch aufführt, Poppy in ihrer Freiheit beschränkt und ihr allerlei Verbote und Gebote auferlegt, macht die Situation nicht besser. Allerdings blitzt immer wieder die Erkenntnis auf, dass Harry mehr für sie empfindet als er sich und ihr gegenüber eingesteht und dass er schlicht Angst vor einer engen Bindung hat – hat er doch in seiner frühesten Kindheit gelernt, dass Gefühle einen Menschen verletzlich machen. Es ist glaubwürdig, dass er sich Poppy erst öffnet, als er sie zu verlieren droht.
Dennoch – in dieser zweiten Hälfte, ab dem Zeitpunkt der Hochzeit – verliert das Buch ein wenig an Esprit. Der Versuch der Protagonisten, sich mit dem Alltag und dieser lieblosen Form der Ehe zu arrangieren, wirkt zum Teil merkwürdig distanziert beschrieben. Hinzu kommen einige seltsame Ereignisse und Entscheidungen, etwa die mehr oder weniger erzwungenen sexuellen Aktitivitäten in der Hochzeitsnacht, Poppys Flucht und deren Motivation und auch die plötzliche Einsicht beider Protagonisten, die nur bedingt glaubwürdig ist. Völlig überflüssig ist das dramatische Ende des Buches, das extrem angeklatscht wirkt und den Eindruck erweckt, als müsse man unbedingt noch ein paar Seiten mehr füllen. Gleiches gilt für die ausführlichen Sexszenen.
Meisterhaft sind die Nebenfiguren gelungen – das liebenswerte, verschrobene Hauspersonal, das extrem froh über Harrys Hochzeit mit Poppy ist und das nur das beste für den Arbeitgeber will. Obwohl dazu angehalten, nicht zu tratschen, kommentieren sie untereinander eifrig die Geschehnisse zwischen Harry und Poppy und sorgen damit für einige Lacher. Sehr glaubwürdig und ungezwungen webt Kleypas auch einmal mehr die anderen Geschwister in die Geschichte ein – und der Epilog bietet interessante Aussichten auf den nächsten Band, in dem – endlich! – Poppys Bruder Leo sein Glück finden wird.
Fazit:
12/15 – Ein richtig unterhaltsames Buch, das sehr stark startet, in der zweiten Hälfte aber etwas nachlässt.
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Serieninfo:
01 Mine Till Midnight | Pfand der Leidenschaft – 10/15
02 Seduce me at Sunrise | Glut der Verheißung – 15/15
03 Tempt me at Twilight | Zärtlicher Nachtwind – 12/15
04 Married by Morning – 8/15
05 Love in the Afternoon
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