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[Rezension] Andrea Pickens: Geliebte Spionin

Originaltitel: The Spy Wore Silk
Serie: Merlin’s Maidens, Teil 1

Inhalt:
Einst waren sie Waisenkinder aus den rauen Londoner Slums – nun sind sie auserwählt, an »Mrs. Merlin’s Academy for Select Young Ladies« die Kunst der Spionage und der Verführung zu erlernen. Die begabteste dieser Spioninnen ist Siena, die sowohl scharfe Klingen als auch ihre unwiderstehliche Sinnlichkeit einzusetzen weiß. Sie soll als Kurtisane die feine Londoner Gesellschaft aufmischen und in einer exklusiven Gruppe von Büchersammlern einen Verräter entlarven. Ihr Hauptverdächtiger ist Lord Kirtland, der sich jedoch als ebenso geheimnisvoll wie verführerisch erweist. Und schon bald sieht Siena sich vor die Wahl gestellt: Entweder folgt sie ihrem Verstand – oder ihrem Herzen …

Kommentar:
Geschlagene sieben Tage habe ich gebraucht, um dieses Buch zu lesen, weil ich so gelangweilt davon war, dass ich nach spätestens zehn Seiten die Lust verloren habe. In einem wahren Kraftakt hab ichs dann heute morgen im Schnelldurchgang hinter mich gebracht – muss ich mehr sagen?

Ich bin ohnehin kein großer Freund von Spionagegeschichten, dieses Buch zählt unglücklicherweise auch noch zu den weniger guten Werken des Genres. Die Geschichte ist nämlich nicht nur langweilig, sondern darüber hinaus – inklusive der Auflösung – ziemlich hanebüchen. Außerdem ist Superheldin Siena trotz ihrer angeblich grandiosen Talente nicht gerade eine begnadete Spionin – sie verliebt sich direkt bei ihrem ersten Auftrag in den Verdächtigen Kirtland und gibt nicht viel später ihre Tarnung komplett auf, weil sie einfach fühlt, dass er unschuldig ist. Das nenn ich doch mal eine fundierte Einschätzung! Zugegebenermaßen kann sie ganz gut mit diversen Waffen sowie ihrer Haarnadel umgehen, sodass die Möglichkeit besteht, weggeschlossene geheime Briefe in ihren Besitz zu bringen; so findet sie etwa heraus, dass einer der Verdächtigen sich zum Tatzeitpunkt in »Dr. Erector’s Health Spa« wegen Erektionsstörungen hat behandeln lassen. (Haha.) Im Grunde beschränkt sich ihre Spionagetätigkeit aber auf sexy Auftritte, ermüdende und planlos wirkende Gespräche und wenig aufschlussreiche Observationen aller Art, die aber immerhin für Siena selbst zielführend sind. So schließt sie zum Beispiel aus dem Umgang Kirtlands mit seinen Haustieren (Hund und Katze), dass ein Mensch, der Tiere liebt, kein »Bösewicht« sein kann, und auch das Studium des nackten Lords führt zu ganz neuen Erkenntnissen für die Jungfrau (die übrigens vorgibt, eine Kurtisane zu sein und einen Beschützer zu suchen). Nicht nur hat sie Gelegenheit, seine »ziselierten Muskeln und Sehnen … sanft wie Marmor, hart wie Granit« zu bewundern, nein, sie sieht auch erstmals in natura diese gewissen männlichen Körperteile, die ihr Lehrer immer so poetisch als »Familienschmuck« bezeichnet hat. Scharfsinnig, wie sie nunmal ist, erkennt sie augenblicklich, dass der Earl zu den reichsten Männern Englands zählen muss:

Das rabenschwarze lockige Dach stach ab von der marmornen Helligkeit seiner Schenkel und sah aus wie die Krone seiner Männlichkeit. Siena hatte eine Reihe klassischer Götter gesehen, die sich ihr in all ihrer aufgereckten Glorie präsentiert hatten. Aber sogar im Ruhezustand trieb der Reichtum des Earls dem gesamten Olymp die Röte ins Gesicht. (S. 113)

Kein Wunder, dass der Guten ein »frecher Hitzeschwall über die Wangen flog«, wenn so unversehens Dächer in ihr Blickfeld rücken zwischen all der Glorie und dem Reichtum! Da kann man schon mal den Kopf verlieren und seine Aufgaben vergessen, sodass man schließlich selbst verdächtigt wird, eine Verräterin zu sein und in einem hochdramatischen Finale seine Loyalität unter Beweis stellen und trotz aller Supertalente gerettet werden muss.

Sagte ich schon, dass Siena noch nicht persönlich mit »prallen Lenden« zu tun hatte?! Das ist gar nicht schlimm, denn sie ist ja – wie wir wissen – in allen Bereichen außergewöhnlich talentiert, also auch in Liebesdingen. Dank Kirtlands tatkräftiger Mithilfe (»Halt mich fest, Julian. Richte mich mit deiner Kraft wieder auf!«) jubelt und jubiliert man also gemeinsam in einem »bebenden Auf und Ab«, während der Krösus seinen Samen in ihr verströmt. Und weil wir nun mal in einem Liebesroman sind, führt diese wundervolle gemeinschaftliche Erfahrung zu ganz neuen schwülstigen Erkenntnissen: »Obwohl ihre Körper nicht mehr verbunden waren, spürte er noch das innere Band zwischem sich und Black Dove [ihr »Künstlername«], das viel stärker war als nur das Fleisch, das für eine Weile eins gewesen war.«

Neben einer total langweiligen Spionage- und ebenso langweiligen Liebesgeschichte ohne jegliche Überraschungen erhalten wir einen Einblick in die Umgangsformen von gutsituierten Büchersammlern im 19. Jahrhundert, über die zumindest ich lieber nichts gewusst hätte. Leider muss ich trotzdem Männergesprächen beiwohnen, die sich um »mickrige Anhängsel von Schwanz, die man mit der Lupe suchen muss« drehen, und die offenbaren, dass laut der Einschätzung der charmanten Kollegen nichts in den Adern von Protagonist Kirtland fließt »außer Pisse und Blut«. Na Bravo.

Und sonst? Sonst gibts noch jede Menge Szenen, die völlig undurchsichtig sind, weil sie so schlecht beschrieben sind, dass man überhaupt nicht folgen kann und nicht weiß, was da eigentlich genau passiert. Vielleicht sind sie auch einfach nur unsinnig und entspringen der überbordenden Fantasie einer Autorin, die einfach keine guten Actionsequenzen schreiben kann und es deshalb heillos übertreibt. Möglicherweise mangelt es mir aber auch schlicht an Vorstellungsvermögen? Urteilt selbst (wenn ihr wollt):

Ein paar Sekunden später tauchten Pferd und Reiter im vollen Galopp aus dem Nebel auf.
»Aufpassen«, schrie Kirtland, als die Hufe auf die vordersten Planken schlugen, »die Brücke bricht jeden Moment ein!«
Noch während er aufschrie, wusste er, dass es zu spät war. Die Planken sackten erst zusammen und splitterten dann mit einem schauderhaften Krachen.
Der Earl trieb seinen Hengst bis zum Wasser. Vielleicht hatte der Fremde den Sturz überlebt. Es war zwar äußerst unwahrscheinlich, aber falls der Mann doch Glück gehabt hatte, konnte er wenigstens am Ufer stehen und ihm helfen, sich aus dem anschwellenden Fluss zu flüchten.
Erstaunt stellte er fest, dass der Reiter in der Lage war, den abrutschenden Hengst zu zügeln, ihm den Kopf nach vorn zu richten und das schaumbedeckte Tier zu zwingen, den Rücken zu krümmen und zu einem gewaltigen Sprung anzusetzen. Die Hufe flogen durch die Luft, der Umhang wirbelte umher. Für den Bruchteil einer Sekunde hingen Pferd und Reiter mitten in der Luft … Plötzlich befanden sie sich wieder auf festem Boden und kämpfen darum, auf der steilen Anhöhe nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
(…)
In diesem Moment bohrte sich ein Splitter einer abgebrochenen Planke längs in den Stiefel des Fremden. Reiter und Pferd drohten, auf den felsigen Grund in der Tiefe zu stürzen. Der Earl reagierte blitzschnell, schoss gefährlich nahe an das Flussufer heran und befreite die gesplitterte Planke mit einem kräftigen Tritt. »Geben sie mir ihre Hand!«
Der Fremde schnappte sich Kirtlands ausgestreckten Arm, und der Earl drigierte seinen Hengst auf höher gelegenes Gelände. Die beiden Pferde waren jetzt über die verschlungenen Arme ihrer Reiter verbunden und versuchten, wieder in sicheren Tritt zu gelangen. (S. 37f.)

Kann irgendjemand folgen und vielleicht doch einen Sinn entdecken? Ich lese folgendes: Da bricht eine Brücke unter dem Gewicht von Pferd und Reiter zusammen, doch in einer Wundertat katapultiert sich ein Pferd im Fallen (wohlgemerkt ohne Boden unter den Hufen) in die Luft und befindet sich auf einmal auf einer Anhöhe, weil die Brücke offenbar steil nach oben führt. Hm? Obwohl ja eigentlich aus der Gefahrenzone, nämlich auf besagter Anhöhe, taucht eine mysteriöse und äußerst tückische Planke auf, die nach den Gesetzen der Schwerkraft eigentlich nach unten in den reißenden Fluss hätte fallen müssen. Tut sie aber nicht, stattdessen bohrt sich hinterhältigerweise in das Bein des Reiters, weswegen das Pferd erneut aus dem Tritt gerät. Damit der heldenhafte Earl seinen Teil zum Geschehen beitragen kann, packt er den Arm des Reiters, der jetzt eventuell doch von der Anhöhe gestürzt ist, denn der Earl befindet sich ja am Flussufer. *???* Dass die Pferde durch die Arme ihrer Reiter verbunden sind und so wieder in den Tritt kommen sollen, obwohl sie das eher behindern dürfte, macht dann auch schon nichts mehr. Was für ein Quatsch!

Fazit:
4/15 – Ein langweiliges Buch mit wenig beeindruckenden Helden, das stellenweise immerhin mit unfreiwilliger Komik zu unterhalten weiß.

___


Serieninfo: Merlin’s Maidens

01 The Spy Wore Silk | Geliebte Spionin
02 Seduced by a Spy | Gefährliches Spiel der Versuchung (September 2010)
03 The Scarlet Spy

9 Kommentare zu [Rezension] Andrea Pickens: Geliebte Spionin

  • *schluck* Äh … könntest du dieses Machwerk wieder von „der Liste“ streichen … deine Rezi macht mir Angst!

    Aber ich versuche mich mal trotzdem an der Brückenszene: Die Vorderhufe schlagen auf die Brücke auf, die zusammenbricht. Der Reiter schafft es aber sein Pferd im vollen Galopp (!) in genau diesem Moment (!!!) abzuspringen und den Fluss mit einem Satz zu überwinden (so langsam reicht der Platz nicht mehr für die Ausrufezeichen, die das wert wäre). Also haben wir jetzt den Reiter mit dem Rücken zum Fluß, das Pferd landet sozusagen am anderen Ende der Brücke – und da die Brücke weg ist, rutscht es bestimmt nun die Böschung runter, die vorher von der Brücke überspannt wurde. Soweit ist doch alles logisch … irgendwie … *hüstel*

    Und natürlich ist auf der Seite die Brücke nicht vollständig in den Fluss gefallen, sondern es ragen noch Reststücke nach oben, von denen sich ein böser, böser Splitter in den Stiefel (wäre da das Bein nicht ein wesentlich glaubwürdiger Angriffspunkt?) des Reiters bohrt. Was ich mir aber absolut nicht vorstellen kann, ist, wie der Earl es nun schafft die Planke mit einem Tritt zu beseitigen, wenn er gleichzeitig in einer Postion sein soll, in der er eine hilfreiche Hand reichen kann … *grübel* Vielleicht sollte man davon mal eine Skizze machen …

    Und … äh … natürlich reicht so eine hilfreiche Hand und ein angetriebener Hengst, um einem abrutschenden Pferd samt Reiter genügend Halt zu bieten, damit das Tier die Böschung hochklettern und seinen Reiter in Sicherheit bringen kann. Ist doch alles ganz logisch! *kicher*

    • Ich sehe, du bist eindeutig fantasiebegabter als ich, Winterkatze! *lach*

      Mir fällt gerade noch so auf: Welche Auswirkungen hat das wohl auf ein Bein, wenn jemand gegen die Planke tritt, die im Bein steckt? Irgendwie könnte ich mir vorstellen, dass das nicht so angenehm ist …

  • Irgendwie kommt mir das Buch bekannt vor. Haben wir uns schon einmal darüber unterhalten? Vielleicht wollte ich es auch lesen und es steht auf meiner Wunschliste? Mhm.
    Auf jeden Fall schade, dass Du es nicht so gut fandest.
    Was ich auch -überhaupt- nicht mag ist, wenn eine Frau Spionin mit Ausbildung ist und sich dann noch dussliger benommt, als eine Dame aus der Gesellschaft. Und warum wird ihre Ausbildung denn nicht abgerundet, wenn sie doch Kurtisane spielen soll? Dann hätte man sie doch schon einem Mann zugeführt … oder?
    Immerhin hast Du es zuende gelesen :)

    • Ich glaub nicht, dass wir uns schon über das Buch unterhalten haben, Soleil, ich kann mich zumindest nicht daran erinnern. Falls es wirklich auf deiner Wunschliste stehen sollte, rate ich dir, den Kauf gut zu überlegen – ich halte das Werk wirklich für Zeitverschwendung.

  • @Soleil: Kann es sein, dass du dich noch an Irinas „Neuerscheinungen“ oder „Buch der Stunde“ dazu erinnerst?

    @Irina: Da ein anständiger Stiefel ja eh so eine Planke nicht durchlässt und die deshalb nur in einer Lederfalte feststeckte, kann gar nichts passieren! Schlimmer wäre es natürlich, wenn das Bein verletzt worden wäre, dann könnte so ein Tritt aber so richtig weh tun! ;)

  • Wie ich das sehe ist deine Rezension unterhaltsamer als das Buch – ich musste nämlich einige Male laut auflachen (gut, dass ich allein bin :D). Ich bedanke mich also für diese grenzgeniale Rezension, die meine Laune in ungeahnte Höhen befördert hat!

    (Das Zitat über Kirtlands Ausstattung hätte mich vor Lachen übrigens beinahe vom Sessel befördert xD)

  • Au weia, was für ein Machwerk. Bei mir wäre das allein schon wegen des eigenartigens Schreibstils in die Ecke geflogen…sehr tapfer, daß du das durchgehalten hast!

  • Ich hatte das Buch gestern in der Hand und war ja, weil es ein ME war, stark versucht es zu kaufen. Aber die 1.50 habe ich dann doch gespart …
    PS: Es stand tatsächlich auf meiner Wunschliste, ist aber jetzt gestrichen.

  • Für 1,50 Euro hättest du ja es wagen können – zumindest, wenn du nix besseres zu lesen und keinen riesigen SuB hättest! ;)

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