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[Rezension] Lisa Valdez: Patience

Vicar’s Daughters, Book 2

Inhalt:
Patience Dare ist eine außergewöhnliche Schönheit, die allerdings alle Verehrer strikt abweist – bis ihr Schwager Matthew Morgan Hawkmore mit einem Kuss ihre Leidenschaft entfacht. Die beiden beginnen eine Affäre, die Patience in die Welt des BDSM entführt …

Kommentar:
Den regelmäßigen Lesern meines Blogs wird es nicht entgangen sein: Vier Jahre lang habe ich auf die Veröffentlichung von »Patience« gewartet – und ich konnte es kaum glauben, als ich den Nachfolger des grandiosen Debütromans »Passion« schlussendlich doch noch in Händen hielt. Meine Erwartungshaltung war zwiespältig – einerseits hoffte ich auf einen wenigstens ansatzweise adäquaten Nachfolger, andererseits fand ich es kaum vorstellbar, dass ein Buch mit dieser Entstehungsgeschichte und -zeit wirklich gut werden könnte. Und um es vorweg zu nehmen: Das Buch ist nicht nur nicht gut; es ist sogar unterirdisch schlecht. Es wird mir auf immer ein Rätsel bleiben, dass Berkley dieses Buch so veröffentlich hat, statt die Autorin dazu zu zwingen, notfalls weitere vier Jahre daran zu schreiben (ob das etwas genutzt hätte, steht allerdings zugegebenermaßen in den Sternen). Ich weiß gar nicht, wo ich beginnen soll mit meiner Kritik, denn hier passt einfach gar nichts.

Es fängt schon mit der Handlung an, die nicht nur teilweise unglaubwürdig, sondern auch mehr als dürftig ist, denn es passiert einfach nichts bzw. nicht viel. Matthew und Patience beschäftigen sich mit BDSM-Lektionen, hadern unabhängig voneinander mit ihrer Identität und der Liebe und wollen angeblich niemals im Leben eine Beziehung – außer natürlich miteinander, aber das können sie sich ja nicht eingestehen, weil es sonst schließlich keinen Konflikt gäbe. Das hindert die beiden aber nicht daran, den anderen im Stillen zu glorifizieren, von einer Beziehung und der ewigen Liebe zu träumen. Dem gesamten Umfeld (Passion, Mark, Tante Matty) ist natürlich vom ersten Augenblick an klar, dass Matt und Patience füreinander bestimmt sind, weshalb diverse Kuppelversuche und nervtötende Psychogespräche stattfinden. Darüber hinaus schlägt sich vor allem Matt mit einigen oberflächlich abgehandelten Schwierigkeiten herum, die mit seiner Abstammung und seiner finanziellen Situation zu tun haben, und das Happyend muss dann noch kurz durch einen Pseudostreit zwischen den Liebenden hinausgezögert werden.

Viel schlimmer noch als die wenig überzeugende Handlung sind allerdings die beiden Protagonisten, die beide überhaupt nicht stimmig, geschweige denn sympathisch sind. Matthew nervt von Beginn an mit einer seltsamen Mischung aus Arroganz und Selbstmitleid wegen seines gesellschaftlichen Falls. Nachdem herausgekommen ist, dass er nicht der reinblütige Sohn eines Earls, sondern ein Bastard ist, wird er von einem Teil der feinen Gesellschaft gemieden. Darüber hinaus hat seine Verlobte die Verlobung mit ihm gelöst – was ihn sehr verbittert, obwohl er inzwischen rückwirkend erkannt hat, dass er sie ohnehin nie geliebt hat und dass die Liebe nichts für ihn ist. Sein selbstgerechter Zorn richtet sich ungerechtfertigterweise auch gegen die Leute, die trotzdem bedingungslos zu ihm halten – etwa sein Bruder Mark, Protagonist aus »Passion«, der sich jedesmal, wenn er Matt als seinen Bruder bezeichnet, darauf hinweisen lassen muss, dass sie nur Halbbrüder sind.
Patience gegenüber verhält Matt sich – entsprechend seiner Rolle in der BDSM-Beziehung – jederzeit herrisch, doch das erstreckt sich nicht nur auf die sexuelle Komponente ihrer Beziehung. Als er erfährt, dass Patience bald nach London abreisen wird, um bei einem berühmten Lehrer Cello-Unterricht zu nehmen, verhindert er das mit einer hinterhältigen Intrige (die interessanterweise nie herauskommt und im Buch keinerlei Folgen nach sich zieht). Spätestens nach dieser Aktion habe ich die Figur, die ich schon von Beginn an nicht besonders mochte, regelrecht gehasst – und jedes andere Buch hätte ich spätestens an dieser Stelle abgebrochen.

Ein Verlust wäre das nicht gewesen, zumal Patience auch keine überzeugendere Figur ist; sie bleibt letztendlich blass und ist nicht sympathischer oder gar stimmiger angelegt als Matt. Obwohl sie nach einem Kuss mit Matthew in voller Leidenschaft entbrannt ist und ihn wie eine Löwin verteidigt, stellt sie von vornherein klar, dass sie keine Beziehung und schon gar keine Hochzeit will, sondern nur eine Affäre; ihre Jungfräulichkeit soll dabei aber bitteschön gewahrt werden. Ist ja auch kein Thema, es gibt ja noch ne Menge andere Methoden der Befriedigung, vor allem im BDSM-Bereich: Man kann sich zum Beispiel direkt zu Beginn eines solchen Verhältnisses nackt an ein Bett fesseln lassen und seinem Schicksal harren, während der Liebhaber erst mal Kartenspielen und einen Trinken geht. Immer gut ist auch Oralsex in verschiedenen Ausprägungen – und darin ist Patience gut. Sie ist nämlich zwar eine gläubige, gottesfürchtige Vikarstochter, hat aber dennoch schon eine Menge Erfahrung mit diesem Thema. Schließlich hat sie von frühester Jugend an die Magd mit ihrem Liebhaber beobachtet und mit Gurken aus dem Garten ihre Technik so sehr perfektioniert, dass Matthew kaum glauben kann, dass er der erste Mann ist, dem sie auf diese Weise Vergnügen bereitet. Abgesehen von ihrer sexuellen Aufgeschlossenheit zeichnet sie sich vor allem durch beeindruckende Brustwarzen, eine permanent pulsierende Klitoris und ständiges Heulen aus.

Die Beziehung zwischen Matt und Patience ist für meine Begriffe wirklich schwer verdauliche Kost. Von (wachsender) Liebe ist nicht das Geringste zu bemerken, hinzu kommt der sehr eigene Fetischsex. BDSM ist zugebenermaßen nicht wirklich mein Thema, es ist mir aber bereits zuvor in diversen Erotikromanen begegnet und nie war es (zumindest für Nicht-Anhänger dieses Fetischs) so gänzlich unerotisch aufbereitet und beschrieben wie hier. Erschwerend hinzu kommt, dass die Grundsituation nicht überzeugt. Möglicherweise erkennen sich die Anhänger extremer Spielarten ja blind, jedenfalls weiß Matt – woher auch immer – sofort, was Passion braucht: nämlich Unterwerfung und Demütigung. »It’s essential to your happiness und fulfillment, Patience. There is a strong part of you that longs to submit and obey.« (S. 107) Und weil Patience sich zwar gegen jegliche gesellschaftliche Konventionen sträubt, aber offenbar trotzdem von Natur aus gehorsam ist, sieht sie das auch brav ein und findet ab sofort ebenfalls, dass sie das braucht – auch wenn ihr das vorher unbekannt war. Und genau hier liegt das Problem: Patience scheint sich ihrer eigenen unterwürfigen Seite nicht mal ansatzweise bewusst gewesen zu sein, bevor Matt ihr seine Dominanzspiele aufgedrängt hat, und an mehreren Stellen zwingt er sie zu Dingen, die sie überhaupt nicht zu wollen scheint und die ihr zu weit gehen. Es ist natürlich schwierig zu beurteilen, was zu BDSM gehört und was nicht; Valdez konnte mir aber einfach nicht glaubhaft vermitteln, dass die Unterwerfung wirklich in Patiences Natur liegt und sie uneingeschränkt Spaß an der Sache hat bzw. Lust aus der Unterwerfung bezieht. Dass Matt sie am Ende mit Schlägen von jahrelang angestautem Leid befreit, sodass sie anschließend endich darüber sprechen kann, was sie seit Ewigkeiten belastet, setzt dem Ganzen die Krone auf und kann höchstens noch von der Tatsache getoppt werden, dass Patience bei ihrer Entjungferung erkennt, dass sie Eva (ja, die biblische!) ist: »I am Eve, and I am yours.« (S. 302)

Zu allen inhaltlichen Mängeln kommt die stilistische Eigenheit, die Protagonisten in Kursivschrift aktuelle Vorkommnisse und Aussagen in einer Art innerem Monolog kommentieren zu lassen – was zum Teil ziemlich überstrapaziert wird:

»And who knows what your future holds?«
»Yes, who knows?« Patience.
[…]
»Of course, I could never let him know.«
»Of course not.« Because you’re a lying cheat.
[…]
»Father and Danforth will never know.«
»No, never.« Because it’ll be a cold day in hell before I ever become your lover.
[…]
»You should hear him. He’s still raging about it.«
At last. »Is he?« (S. 171)

Ebenfalls enervierend sind zahlreiche Dialoge, die teilweise extrem platt und plakativ sind und klingen, als kämen sie aus dem Standarddialog-Baukasten. Das liest sich so:

»I saw you leave with Patience. Where is she?«
»I took her to bed.«
»To her bed, or yours?«
»That’s none of your business.«
Mark shook his head. »That’s unwise, Matt.«
»And why is that?«
»Because Patience isn’t just any woman.«
»I know she isn’t just any woman. That’s why I want her, because she isn’t just any woman.« (S. 50)

Bleibt zu erwähnen, dass wohl ein weiterer Band über die jüngste Vikarstochter Primrose in Planung ist. Ob ich den brauche, weiß ich allerdings noch nicht; mal davon abgesehen, dass ich ohnehin ein wenig daran zweifle, dass Lisa Valdez in absehbarer Zeit ein weiteres Buch schreiben wird. Die Kritik an »Passion« soll ja seinerzeit die Schreibblockade bei ihr ausgelöst haben – und ich bin mir ziemlich sicher, dass die negativen Stimmen zu diesem Roman deutlich heftiger ausfallen dürften als damals.

Fazit:
3/15 – Eine einzige Enttäuschung. Die einzige Gemeinsamkeit mit »Passion« besteht darin, dass in beiden Büchern Sex eine wichtige Rolle spielt und sehr explizit beschrieben wird. Darüber hinaus fehlt »Patience« alles, was den Debütroman ausgemacht hat: nämlich jegliches Gefühl und glaubwürdige, vielschichtige, sympathische Figuren. Und das allerschlimmste ist: Das Buch hat mir irgendwie auch »Passion« ein wenig verleidet.

7 Kommentare zu [Rezension] Lisa Valdez: Patience

  • Evi

    Du sagst es, Irina! Ich sehe es nicht anders, auch wenn ich zugegebenerweise, wie du bemerkt hast, noch etwas gnädiger war, aber auch nur deshalb, weil ich mich nach der letzten Seite ganz einfach nicht mehr länger mit dem Buch beschäftigen wollte, und meine Rezi einfach „runtergeklopft“ habe, ohne auf alle tragischen Details eingehen zu wollen.
    Und so wie du habe auch ich keine Lust auf den offensichtlich geplanten dritten Teil, wann immer er auch kommen mag.

  • Danke für die ausführliche Rezension; das Buch fliegt direkt von meinem Wunschzettel. „Passion“ gefällt mir super, hab es noch nicht durch, bin aber begeistert und hatte mir die Fortsetzung schon nach den ersten Seiten vorgemerkt. Aber BDSM brauch ich echt nicht, *grusel*.

  • Das ist sicher ne gute Entscheidung, Maren; ich glaube nicht, dass dir das Buch gefallen würde. (Kenn deinen Geschmack ja ein bisschen aus diversen Foren.)

    Und mal abgesehen davon, dass das Buch auch unabhängig von der BDSM m.E. nicht toll ist, finde ich ja ehrlich gesagt, dass man verlagsseitig schon deutlich machen sollte, dass es bei diesem Buch um BDSM geht. So könnte man sich zumindest mal die Verärgerung und Kritik der Leute ersparen, die ins offene Messer laufen.

  • Von der Inhaltsangabe und besonders von dem – wirklich schönen – Cover, deutet für mich nichts auf BDSM hin. Zumal das Buch ja die Fortsetzung von „Passion“ ist und darin ist zwar viel heiße und ausführliche Erotik, aber kein BDSM oder andere exotische Spielarten. Finde das schon ein bisschen seltsam, wenn sich eine Fortsetzung so extrem vom Vorgängerwerk unterscheidet. Als stand alone hätte ich das ja noch verstanden, aber so? Würde mich nicht wundern, wenn da einige Leser mit falschen Vorstellungen an das Buch gehen und später wenig Nettes drüber schreiben.

  • Maren: Viel schlimmer ist noch, dass gar nicht so wenige Leser wissen, was sie erwartet (BDSM), aber trotzdem nichts Nettes drüber schreiben! ;)

    Und das Buch hat wirklich viele schlechte Kritiken gekriegt, hat bei Amazon.com nur drei Sterne bei 31 Bewertungen – das ist ein wirklich schlechter Wert für Amazon-Verhältnisse.

  • Für alle Interessierten: Bei Dear Author findet man eine sehr unterhaltsame Rezension zu dem Buch. Jane mokiert sich – neben allem anderen – ganz besonders über die religiöse Ebene, die ich lustigerweise gar nicht als so extrem zur Kenntnis genommen habe. Wenn ich allerdings so recht drüber nachdenke, kann man das schon so lesen.

  • Zuerst muß ich mich hier mal als Ahnungslose outen: ich habe Passion nicht gelesen, was ich vielleicht irgendwann mal nachholen werde, da es ja ganz gut sein soll. Und Patience werde ich definitiv nicht lesen, schon allein deshalb, weil ich persönlich diesen BDSM-Kram widerwärtig finde. Aber: die Heldin des geplanten 3. Buchs muß unbedingt einen anderen Namen bekommen. Leidenschaft, Geduld und Primel – das geht doch nicht. Die muß Philantropy heißen! Oder vielleicht Perversity, wenn’s wieder um etwas, hm, ausgefallenes geht, oder Prudence, wenn’s etwas traditioneller sein darf.

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