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[Rezension] Meredith Duran: Bound By Your Touch

Inhalt:
Viscount Sanburne ist einer der beliebtesten Londoner Taugenichtse, doch Lydia Boye hat keinerlei Interesse daran, von ihm betört zu werden. Als er mit einem angeblich sensationellen Fundstück aus dem alten Ägypten mitten in ihren Vortrag am Archäologischen Institut platzt, identifiziert sie dieses sofort als Fälschung und stellt Sanburne vor allen Anwesenden bloß. Nicht viel später stellt sich allerdings heraus, dass die Fälschung ausgerechnet von Lydias Vater, der sich zu Ausgrabungen in Ägypten befindet, nach England geschickt wurde. Um den guten Namen ihres Vaters vor einem Skandal zu bewahren, tut sie sich notgedrungen mit Sanburne zusammen und versucht, gemeinsam mit ihm den wahren Verantwortlichen ausfindig zu machen. Dabei muss sie aber auch feststellen, dass sich hinter der charismatischen Fassade des skandalumwitterten Viscounts ein scharfer Verstand und eine beklemmende Vergangenheit verbergen – und gegen alle Vernunft kommen sich die beiden näher …

Kommentar:
Nach einem beachtlichen Debütroman, der extrem hohe Erwartungen geweckt hat, liegt mit »Bound by your Touch« nun das zweite Buch von Meredith Duran vor. Erneut merkt man der studierten Anthropologin ihre Faszination für britische (Kolonial-)Geschichte an – die Situation in Ägypten zur Zeit der britischen Herrschaft fließt immer wieder ganz beiläufig ins Geschehen ein –, die eigentliche Handlung spielt aber diesmal in England.

Das erste Zusammentreffen der Protagonisten findet nicht gerade unter günstigen Umständen statt, denn Lydia identifiziert Sanburnes neu erworbene, angeblich wertvolle Stela auf den ersten Blick als Fälschung. Solchermaßen vor allen Anwesenden bloßgestellt, bereitet es James ein gewisses Vergnügen, Lydia tags darauf mit der Erkenntnis zu schockieren, dass die Fälschung zusammen mit den Ausgrabungsstücken ihres Vaters nach England gekommen ist. Lydia, die fest von der Unschuld ihres Vaters überzeugt ist, würde alles dafür tun, um seinen tadellosen Ruf zu wahren, und Sanburne weiß das: Er lässt sich sein Schweigen teuer bezahlen – mit einem Kuss, der sie beide einigermaßen aus der Fassung bringt. Trotzdem (oder gerade deshalb) machen sie sich gemeinsam daran, die Sache aufzuklären und müssen bald feststellen, dass sie es mit einem Komplott größeren Ausmaßes zu tun haben, das sogar ihr Leben in Gefahr bringt.

Der Krimiplot ist ganz gut ausgearbeitet und bildet einen netten Rahmen für die Geschichte, richtig spannend ist er aber nicht. Er spielt aber ohnehin keine entscheidende Rolle für die Beurteilung des Buches, denn wichtig sind nur die beiden Protagonisten, die Entwicklung ihrer Persönlichkeit und ihrer Beziehung zueinander, aber auch zu ihren Familien.

Lydia ist ein Blaustrumpf, wie er im Buche steht. Nicht zuletzt aus finanziellen Gründen lebt sie im Haushalt ihrer Schwester Sophie und ihres Schwagers George, was insofern eine ziemlich unerträgliche Situation ist, weil Sophie ihr vor Jahren den Mann ausgespannt hat, den Lydia zu heiraten hoffte. Mit den beiden zusammenzuleben, nimmt sie nur in Kauf, weil die jüngste Schwester Ana verheiratet werden muss. Das angespannte Verhältnis zu Sophie liegt außerdem in der sehr engen Beziehung zwischen Lydia und ihrem Vater begründet, der sie – sehr zu Sophies Neid – immer bevorzugt hat. Lydia ist dem Ägyptologen ihrerseits treu ergeben und wickelt die Geschäfte ihres Vaters in England ab. Sie verfügt selbst über ein großes Wissen über Ägyptologie, ist zuverlässig, kompetent, fleißig, zielstrebig – und ziemlich spröde. Ihre gescheiterte Liebe zu George hat sie desillusioniert, und sie hat sich im Laufe der Zeit mit ihrer Rolle als alte Jungfer abgefunden, zumal sie keine besondere Schönheit ist.

James ist das genaue Gegenteil von ihr, insofern hat sie auch wenig Sympathie für den gutaussehenden, eloquenten Sohn eines Earls, der in den Tag hineinlebt und in Lydias Augen ein verwöhnter Nichtsnutz ist. Dass er ägyptische Artefakte nur deshalb sammelt, um seinen Vater zu ärgern bzw. zu übertreffen, ohne echtes Interesse an der Materie zu haben, macht ihn ihr nicht sympathischer. Doch hinter Sanburnes charismatischer Fassade verbirgt sich nicht nur ein scharfer Verstand, sondern auch eine düstere Vergangenheit: Er fühlt sich mitverantwortlich für das Schicksal seiner Schwester, die als verurteilte Mörderin in einem Irrenhaus einsitzt und hadert vor allem wegen ihr mit seinem Vater. Erdrückt von seiner Mitschuld an den damaligen Ereignissen ist er seines eigenen Lebens mehr als überdrüssig und sucht Vergessen in Drogenexzessen sowie in äußerst riskanten, brutalen Boxkämpfen, um den psychischen Schmerz zu überlagern. Lydia und die Aufdeckung des Betrugs geben seinem Leben nach langer Zeit endlich wieder einen gewissen Sinn, nicht zuletzt weil er schnell feststellt, dass sich unter ihrer langweiligen Oberfläche eine wundervolle, leidenschaftliche Frau verbirgt.

Obwohl die Gegensätze zwischen den beiden zunächst unüberbrückbar scheinen, entwickeln sie sich im Laufe der Handlung beide weit genug zueinander hin, um am Ende zusammenzufinden. Bis es so weit ist, fliegen die Funken, und beide müssen vieles überdenken und ändern, was ihr Leben bis zu diesem Zeitpunkt ausgemacht hat: Sie müssen über ihren Schatten springen, ihren Stolz hinunterschlucken, Tiefschläge einstecken, Ängste überwinden und Kompromisse eingehen. Ihre Entwicklung ist aber ebenso nachvollziehbar und glaubwürdig wie die Figuren an sich, und genau das macht das Buch so gut – vorausgesetzt allerdings, man mag Bücher, in denen darüber hinaus wenig passiert und die sich mit der Beschreibung von Details und Emotionen aufhalten. Zugegebenermaßen ist die Sache mit James Schwester nur bedingt logisch und die Handlung an einigen Stellen ein wenig langgezogen bzw. unnötig verwickelt, doch das tut dem sehr guten Gesamteindruck kaum einen Abbruch.

Fazit:
13/15 – Ein intensives Buch mit tollen Charakteren, die Raum zur Entwicklung erhalten. Eine Empfehlung für alle, die tiefgründigere Bücher mögen und auf Action verzichten können.

4 Kommentare zu [Rezension] Meredith Duran: Bound By Your Touch

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