Zuletzt gelesen

Kategorien

Amazon-Partnerprogramm

Hinweis: Alle Amazon-Links sind Affiliate-Links. Das bedeutet, dass ich eine kleine Provision erhalte, wenn du auf den Link klickst und bei Amazon einkaufst. Das hilft mir, den Blogs zu finanzieren.

[Rezension] Gayle Forman: Lovesong

Originatitel: Where She Went
Adam und Mia, Teil 2

Klappentext:
Das Ende seiner großen Liebe zu Mia lässt Adam fast am Leben zerbrechen. Ruhelos, leer, ausgebrannt fühlt er sich, trotz seiner sensationellen Erfolge als Rockstar. Auch wenn er seinen Gefühlen auf der millionenfach verkauften CD »Collateral Damage« Ausdruck verliehen hat, ist der Schmerz über den Verlust von Mia noch immer zu stark, als dass er ihn ertragen könnte. Als Adam von einem Konzert erfährt, das Mia, inzwischen gefeierte Cellistin, in New York gibt, will er nur eines: sie wiedersehen. Noch in derselben Nacht finden sie den Mut, sich auszusprechen, sich auszusöhnen und sich zu trennen, um eigene Wege zu gehen. Da hört er, wie eine Stimme seinen Namen ruft …

Kommentar:
Regelmäßige Leser meines Blogs wissen, dass »Wenn ich bleibe«, Band 1 der Geschichte um Mia und Adam, für mich der Überraschungshit und eines der drei Jahreshighlights 2010 war. Es ist ein trauriges, aber wunderschönes Buch, und für mich es war einfach perfekt und stimmig, so wie es war. Insofern war ich über die Ankündigung einer Fortsetzung nur mäßig begeistert – nicht zuletzt, weil ich befürchtet habe, es könne meine Begeisterung für »Wenn ich bleibe« nachträglich trüben. Das hat mich natürlich trotzdem nicht daran gehindert, die Fortsetzung zu lesen; dazu war meine Neugierde zu groß.

»Lovesong« spielt drei Jahre nach dem Unfall, bei dem Mias gesamte Familie tödlich verunglückt ist. Mia ist nicht viel später nach New York ans Musikkonservatorium Juilliard gegangen und hat nicht nur ihre Heimat, sondern auch ihren Freund Adam verlassen – ohne Begründung. Der Trennungsschmerz war Adam Inspirationsquelle für neue Songs, mit denen ihm und seiner Band über Nacht der große Durchbruch gelungen ist, doch der gefeierte Rockstar kann seinen Erfolg nicht genießen. Adam ist ein Wrack, denn er hat nicht nur Mia, sondern auch die Liebe zur Musik verloren. Er leidet unter Angstzuständen, hält sich nur mithilfe von Psychopharmaka leidlich über Wasser und scheint am Tiefpunkt angelangt zu sein, als er bei einem Streifzug durch New York zufällig mitbekommt, dass Mia ein Konzert in der Stadt gibt. Er geht hin und trifft sie anschließend Backstage. Das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit reden die beiden wieder miteinander, und endlich erfährt Adam, warum Mia damals gehen musste …

Um es vorwegzunehmen: Die Fortsetzung der Geschichte hat mir »Wenn ich bleibe« nicht – wie insgeheim befürchtet – »kaputtgemacht«. Ich denke aber nach wie vor, dass die Fortsetzung absolut überflüssig war, auch wenn »Lovesong« ein wirklich gutes Buch ist. Forman schreibt einfach toll und hat es erneut geschafft, mich augenblicklich so in das Buch hineinzuziehen, dass ich es erst wieder weggelegt habe, als ich die letzte Seite gelesen hatte.

Der eigentliche Handlungszeitraum umfasst nur einen einzigen Tag, den Tag des Wiedersehens von Mia und Adam. Durchbrochen ist die laufende Handlung allerdings von Rückblenden, in denen einerseits Episoden aus Adams Beziehung mit Mia vor und nach dem Unfall erzählt werden und andererseits von seinem Leid nach der Trennung. Man erhält durch Adams Perspektive zum Teil eine neue Sicht auf bereits in Teil 1 erzählte Dinge, erfährt aber auch viel Neues über die Protagonisten, ihre gemeinsamen Erlebnisse und ihre Beziehung vor dem Unfall – das hat Forman wirklich sehr elegant gelöst. Allerdings fehlen dem Buch die Wärme und die Emotionalität, die ganz besonderen Momente, die mich in »Wenn ich bleibe« so sehr berührt haben. Auch habe ich mich den Personen lange nicht so nahe und verbunden gefühlt, sie wirken nämlich beide ganz schön seltsam – was angesichts ihres Schicksals – ganz besonders in Mias Fall – wahrscheinlich aber nicht verwunderlich ist.

Das bringt mich zu einer anderen Frage, nämlich der, ob das Buch wohl auch ohne Kenntnis des Vorgängerbandes richtig »funktioniert«. Ich glaube ehrlich gesagt, dass ich Mia nicht besonders gemocht hätte, wenn ich ihren Grenzgang in »Wenn ich bleibe« nicht hautnah miterlebt hätte. Und hätte ich nicht noch das Bild von Adam aus Band 1 im Kopf gehabt, hätte mich sein Klammern an die Vergangenheit sowie sein Umgang mit seinen Problemen wohl noch deutlich mehr befremdet als das so der Fall war. Ich bin mir tatsächlich nicht mal sicher, ob mich das Schicksal der beiden besonders berührt hätte, wären da nicht meine erstaunlich lebhaften Erinnerungen ans Vorgängerbuch und an all die Emotionen beim Lesen gewesen. Vielleicht ist die Kenntnis des überragenden ersten Teils aber einfach auch ein Fluch, weil das zweite Buch ganz anders ist und somit an den Erwartungen scheitern muss; vielleicht funktioniert »Lovesong« deshalb sogar besser ohne die Kenntnis von »Wenn ich bleibe«.

Fazit:
12/15 – Ein gutes Buch, das aber nicht notwendigerweise gelesen werden muss, nur weil man »Wenn ich bleibe« geliebt hat.

 

 

Serieninfo:
01 If I Stay | Wenn ich bleibe – 15/15
02 Where She Went | Lovesong – 12/15

[Rezension] Simone Elkeles: Du oder das ganze Leben

Originaltitel: Perfect Chemistry
Perfect Chemistry/Fuentes-Brüder, Buch 1

Klappentext:
Jeden anderen hätte Brittany Ellis, wohlbehütete Beauty Queen und unangefochtene Nr. 1 an der Schule, lieber als Chemiepartner gehabt als Alex Fuentes, den zugegebenermaßen attraktiven Leader einer Gang. Und auch Alex weiß: eine explosivere Mischung als ihn und die reiche »Miss Perfecta« kann es kaum geben. Dennoch wettet er mit seinen Freunden: Binnen 14 Tagen wird es ihm gelingen, die schöne Brittany zu verführen. Womit keiner gerechnet hat: Dass aus dem gefährlichen Spiel alsbald gefährlicher Ernst wird, denn Brittany und Alex verlieben sich mit Haut und Haaren ineinander. Das aber kann die Gang, der Alex angehört, nicht zulassen …

Kommentar:
Für Brittany Ellis zählt vor allem eins im Leben: Das Bild des perfekten Mädchens aufrechtzuerhalten. Und das gelingt ihr ziemlich gut: Sie sieht nicht nur toll aus und hat einen beneidenswerten Freund, sondern sie ist darüber hinaus auch eine gute Schülerin, Anführerin der Cheerleaderinnen des Football-Teams und allgemein beliebt. Dumm nur, dass es ihr immer schwerer fällt, die Fassade aufrechtzuerhalten. Ihr Freund geht ihr auf den Wecker, ihren Freundinnen vertraut sie nicht, sie liegt wegen ihrer behinderten Schwester zunehmend im Clinch mit ihren Eltern und zu guter Letzt muss sie auch noch um ihren Notendurchschnitt fürs College bangen – weil ihr in Chemie nämlich ein unliebsamer Partner zugeteilt wird: Alex Fuentes ist ein Gangmitglied mit einem äußerst schlechten Ruf, der sich allerdings im Laufe der Zeit als intelligent und sehr sensibel entpuppt. Eine Beziehung zwischen den beiden scheint ausgeschlossen, aber das ändert nichts daran, dass sie sich gegen alle Vernunft zueinander hingezogen fühlen …

Entgegen anders lautender Aussagen im Klappentext ist Alex nicht der Gangleader, und die Gang interessiert sich auch nicht wirklich für die Beziehung der beiden – oder nur insofern, als dass Alex mit einigen Gangmitgliedern wettet, Brittany innerhalb von zwei Wochen flachzulegen. Tatsache ist aber, dass Alex ein Gangmitglied ist und nicht einfach aussteigen kann, obwohl er das am liebsten tun würde. Seine Rolle innerhalb der Gang ist ziemlich unrealistisch: Er ist nur deshalb in die Fußstapfen seines Vaters getreten und Gangmitglied geworden, um seine Familie zu schützen, weigert sich aber bislang erfolgreich, Drogen zu verticken oder zu morden. Stattdessen beschränkt er sich darauf, Geld für den Gangleader einzutreiben, ist ansonsten aber relativ unbescholten; er nimmt weder Drogen noch war er bis dato im Gefängnis. Klingt alles nicht gerade wahrscheinlich, es muss aber wohl so sein, dass Alex lange nicht so schlecht ist wie sein Ruf – schließlich haben wir es hier mit einem Liebesroman zu tun.

Weil Alex‘ Zukunftsaussichten wegen seiner Gangmitgliedschaft nicht gerade rosig sind, versteckt er seine Träume und sein wahres Wesen hinter einer undurchdringlichen Maske. Darin gleicht er Brittany, die ebenfalls nur eine Rolle spielt, und so ist es kein Wunder, dass Alex sie ziemlich schnell durchschaut. Er trägt bewusst und unbewusst seinen Teil dazu bei, dass ihre Fassade nach und nach bröckelt, bis sie schließlich eben nicht mehr das perfekte Mädchen ist. Sie hört mit dem Cheerleading auf, zieht ihre Konsequenzen aus dem Stress mit ihrem Freund, lehnt sich gegen ihre Eltern auf – und trifft sich mit Alex, obwohl sie weiß, dass das gefährlich sein kann und ihrem Ruf nicht gerade zuträglich ist. Da sie von Beginn des Buches an unzufrieden wirkt, bleibt sie trotzdem glaubwürdig; manchmal braucht es einfach nur den Stein des Anstoßes, um eine unausweichliche Veränderung auszulösen.

Obwohl die ganzen Ereignisse rund um die Gang ziemlich klischeehaft anmuten und die Story deshalb phasenweise nicht wirklich glaubwürdig scheint, erzählt das Buch letztendlich eine wirklich schöne, mitreißende Liebesgeschichte zwischen zwei sympathischen Jugendlichen, die sich im Lauf des Buches weiterentwickeln und ihre wachsende Liebe gegen die äußeren Umstände und die eigenen Dämonen durchsetzen. So müssen Liebesromane sein – dann kann ich auch großzügig darüber hinwegsehen, dass die Rahmenhandlung nur bedingt stimmig ist!

Zwei Dinge trüben die Geschichte aber doch beträchtlich, wie ich schon in meinem ersten Eindruck geschrieben habe: Es gibt in diesem Buch ziemlich viele Rechtschreib-/Tipp-/Satzfehler, und dass die Schwester der Protagonistin zahllose Male falsch geschrieben wird (Shelly statt Shelley), ist ein absolutes Unding. Der eine oder andere mag das als lächerliche Kleinigkeit bzw. Schönheitsfehler abtun, ich finde sowas aber extrem störend – ich würd mir auch kein neues Auto mit ner Delle kaufen und sagen: »Macht doch nix, fährt ja trotzdem«. Davon abgesehen sind die immer wieder eingestreuten spanischen Wörter unglaublich nervig – und in der Tat war das damals angemeckerte Anrede »mamá« da noch harmlos. Viel schlimmer sind die mitten im Satz untergebrachten Begriffe, sowas wie: »Ich werde dir die huevos abknallen« (S. 73) oder »Glaub mir, er hat nada, womit er prahlen könnte« (S. 67). Das soll doch wohl nicht authentisch sein!? Es ist einfach nur extrem lächerlich und ebenso störend; und zudem seh ich auch den Sinn dahinter nicht. Die Autorin will uns doch wohl nicht ernsthaft auf diese Weise vor Augen führen, dass wir es hier mit Mexikanern zu tun haben? Wir sind doch nicht blöd!

Fazit:
13/15 – Eine wirklich schöne, dramatische Liebesgeschichte zwischen zwei sehr sympathischen Jugendlichen – vorausgesetzt, man kann mit diversen Unglaubwürdigkeiten in der Rahmenhandlung rund um das Gangleben sowie mit den immer wieder eingestreuten spanischen Begriffen leben.

 

 

 
Serieninfo:
01 Perfect Chemistry (2008) | Du oder das ganze Leben (2011)
02 Rules of Attraction (2010) | Du oder der Rest der Welt (November 2011)
03 Chain Reaction (2011)

 
Trivia:
Die lustigste Szene des Buchs war für mich übrigens das Telefonat zwischen Brittany und ihrem sexfixierten Freund Collin, der das arglose Mädchen zum Telefonsex überreden will (S. 62).

»Streichle dich, Brit. Und sag mir, was du gerade tust. Das würde mich total anmachen.«
»Und was machst du, während ich mich streichle?«, frage ich ihn.
»Die Keule polieren. Was glaubst du denn, was ich mache? Meine Hausaufgaben?«

[Rezension] Polly Shulman: 6 Küsse und ein Ballkleid

Originaltitel: Enthusiasm

Inhalt:
Julie hat es nicht leicht mit ihrer Freundin: Ständig hat Ash irgendeine neue Leidenschaft. Nur »Stolz und Vorurteil« lieben beide. Aber wo findet man einen Mr Darcy? – Beim Tanzen, wie alle Austen-Fans wissen. Also besorgt Ash alte Abendkleider und zerrt Julie auf den Ball einer Privatschule. Mit Erfolg: Der attraktive Grandison ist IHR Mr Darcy. Da sind sich beide leider allzu einig! Muss sich Julie jetzt zwischen Freundschaft und Liebe entscheiden? Oder wird Ashs Hang zur Peinlichkeit Mr Darcy gleich wieder in die Flucht schlagen?

Kommentar:
Ich habe mir »6 Küsse und ein Ballkleid« aufgrund der Besprechung von Katze mit Buch gekauft, leider folgte bei mir aber nach anfänglicher Begeisterung doch schnell Ernüchterung. Vielleicht bin ich einfach nicht Enthusiastin genug?! ;)

Julies Freundin Ashleigh ist jedenfalls eine Enthusiastin, die ihre ständig neuen Leidenschaften mit Leib und Seele auslebt. Als Ash eines Tages Jane Austens Welt für sich entdeckt, ist Julie alles andere begeistert, denn sie liebt Austens Bücher schon lange.

Wie lange würde es dauern, bis ihre Leidenschaft meine Begeisterung in den Schatten stellte? Würde sie meine Lieblingsbücher vereinnahmen und mir nichts übrig lassen? Ich war überzeugt davon, dass meine Gefühle für Jane Austens Bücher nicht weniger stark waren als einer von Ashleighs Fimmeln, doch meine Liebe war tief und still – und deshalb leicht in den Schatten zu stellen. (S. 9)

Es kommt aber noch schlimmer: Ash vereinnahmt nicht nur eines von Julies Lieblingsbüchern für sich, sondern auch noch den Jungen, in den Julie schon lange heimlich verliebt ist. Aber weil Julie nun mal Julie ist, gesteht sie ihrer Freundin ihre Gefühle für Grandison nicht, sondern versucht, das beste aus der verfahrenen Situation zu machen und sich irgendwie damit zu arrangieren. Das gelingt ihr allerdings nur bedingt – sie leidet sehr unter der Situation, und ein guter Ausgang für alle Beteiligten scheint fast nicht möglich zu sein …

So grundsätzlich finde ich die Idee hinter dem Buch ja nett, und vor allem die Diskrepanz zwischen Julie und Ashleigh hat mir gut gefallen, allerdings ist die Protagonistin für meinen Geschmack doch ein bisschen sehr passiv und altruistisch veranlagt. Außerdem sind die Figuren allesamt sehr einfach angelegt, aber das ist für die Zielgruppe wohl okay. Schlimmer ist, dass mich das Buch ganz furchtbar gelangweilt hat, weil es total belanglos ist, einfach nichts Spannendes passiert und die Lovestory ziemlich unromantisch ist.

Immerhin hab ich aber mal wieder ne neue Wendung gelernt, die aus dem Englischen übernommen wurde, mir aber bis dato ins Deutsche übertragen unbekannt war: eine Party crashen. Sagt man heutzutage wohl so, wenn man zur Zielgruppe des Buchs gehört. Und offenbar gibts dafür auch keine Entsprechung, weswegen die Wendung gefühlte fünfhundert Mal verwendet wurde. Ein bisschen mehr Sorgfalt beim Editieren des Buches wäre überdies angebracht gewesen, es gibt immer mal wieder holprig wirkende Stellen, fehlende Satzzeichen und eine falsche Schreibung des Namens Ashleigh (Ashley).

Fazit:
6/15 – Ein Buch mit netten Momenten, das mich letztendlich aber nicht überzeugen konnte, sondern eher gelangweilt hat.

[Rezension] Suzanne Collins: Gefährliche Liebe

Originaltitel: Catching Fire
Die Tribute von Panem/The Hunger Games, Band 2

Inhalt:
Seitdem Katniss und Peeta sich geweigert haben, einander in der Arena zu töten, werden sie vom Kapitol als Liebespaar durch das ganze Land geschickt. Doch da ist auch noch Gale, der Jugendfreund von Katniss. Und mit einem Mal weiß sie nicht mehr, was sie wirklich fühlt oder fühlen darf. Als immer mehr Menschen in ihr und Peeta ein Symbol des Widerstands sehen, geraten sie alle in große Gefahr. Und Katniss muss sich entscheiden zwischen Peeta und Gale, zwischen Freiheit und Sicherheit, zwischen Leben und Tod …

Kommentar:
Nachdem ich Band 1 der Trilogie nach einigem Zaudern gelesen habe und wider Erwarten ziemlich begeistert war, durfte Band 2 natürlich nicht ungelesen bleiben. Ich war zugegebenermaßen trotz der allgemeinen Begeisterung erneut skeptisch, weil ich nach Band 1 ein wenig das Gefühl hatte, dass die Geschichte als Einzelband problemlos hätte erzählt werden können, stattdessen aber künstlich aufgeblasen wird. Ich konnte mir nicht so richtig vorstellen, dass da noch was wirklich interessantes Neues kommen könnte. Die Entwicklung, die das Geschehen nimmt, hat mich aber eines Besseren belehrt – und rückblickend frage ich mich, wie ich glauben konnte, dass man das alles in einem einzigen Buch hätte erzählen können!

Ich will nicht mehr allzu viele Worte über dieses Buch verlieren, da bereits von (gefühlten) hunderttausend Leuten alles darüber geschrieben wurde, und beschränke mich deshalb aufs Wesentliche: Es ist ein düsteres, absolut fesselndes Buch, das seinem Vorgänger in nichts nachsteht. Die Handlung schließt nahtlos an Band 1 an, und das, was bereits am Ende von »Gefährliche Spiele« im Raum steht, bewahrheitet sich: Katniss‘ Auflehnung gegen das Kapitol wird nicht ohne Folgen bleiben. Nicht für sie, Peeta und ihre Familien – aber auch nicht für das Kapitol selbst, das sich einer drohenden Revolution gegenübersieht. Die Reaktion des Kapitols gegen den Widerstand erfolgt unmittelbar, mit brutaler Gewalt und bösartiger Durchtriebenheit, doch die Spirale, in die die Herrscher geraten, scheint kaum mehr aufzuhalten zu sein. Es ist hervorragend dargestellt, wie die Stimmung langsam kippt, wie die Bewohner der Distrikte sich gegen zunehmend das Kapitol auflehnen statt weiterhin in Angst vor der Bestrafung zu verharren, und was bei den nächsten Hungerspielen in der Arena passiert.

Neben dieser Rahmenhandlung um den Aufstand gegen das Kapitol, liegt der Fokus auf Katniss‘ und ihrer Beziehung zu Peeta und Gale. Katniss‘ Wankelmut und Gefühlsschwankungen in Bezug auf die beiden Jungen finde ich – trotz eines gewissen Verständnisses für Gefühlswirrwarr – nach wie vor nicht wirklich nachvollziehbar und diesen Handlungsstrang folglich auch nicht hundertprozentig überzeugend. Ich bin aber trotzdem schon sehr gespannt, ob und wie sich sich entscheidet – und warum. Im Gegensatz zu Band 1 hatte ich mit der Protagonistin diesmal keine Schwierigkeiten. Sie ist und bleibt ein bisschen spröde, aber das passt zur Figur – zumal sie trotz ihrer harten Schale immer wieder ihren weichen Kern unter Beweis stellt. Sie ist die perfekte Heldin für diese Geschichte.

Fazit:
14/15 – Man sagt ja, dass der mittlere Band einer Trilogie häufig der schwächste ist. Das gilt hier definitiv nicht: »Gefährliche Spiele« hat mit diesem Buch einen mehr als würdigen Nachfolger gefunden.

 

 

Serieninfo:
01 The Hunger Games | Tödliche Spiele (Rezension)
02 Catching Fire | Gefährliche Liebe (Rezension)
03 Mockingjay | Flammender Zorn (Rezension)

[Angehört] Lauren Kate: Engelsnacht

Originaltitel: Fallen
Fallen, Teil 1

Inhalt:
Lucinda Price ist 17 und den ersten Tag auf dem Internat, als sie ihn sieht: Daniel Grigori, den unglaublich attraktiven, aber auch unglaublich distanzierten Jungen, von dem sie sicher ist, dass sie ihn schon einmal gesehen hat. Doch Daniel behauptet, sie nicht zu kennen er scheint sie sogar zu hassen und weicht ihr aus, wo immer er kann. Doch immer wenn Luce etwas Schlimmes widerfährt, sobald die gefährlichen Schatten sie wieder umtanzen, die sie seit ihrer Kindheit umgeben, ist er zur Stelle. Mehrfach rettet er ihr Leben. Allmählich kommen die beiden sich näher, und da erst erfährt Luce, welches Geheimnis sie beide umgibt:

Spoiler

Daniel ist ein gefallener Engel, dazu verdammt, für immer auf der Erde umherzuwandern. Luce aber ist dazu verdammt, alle 17 Jahre wiedergeboren zu werden, sich jedes Mal aufs Neue unsterblich in Daniel zu verlieben und den Tod zu finden, sobald sie und Daniel sich näherkommen.

[Einklappen]

Kommentar:
Auf die englische Ausgabe von »Fallen« bin ich vor allem wegen des Covers aufmerksam geworden, das ich nach wie vor toll finde und das glücklicherweise auch fürs deutsche Buch übernommen wurde. »Engelsnacht« wurde schon vor seinem Erscheinen als Twilight-Nachfolger angekündigt und war m.E. auch so angelegt, hat aber nicht wirklich eingeschlagen – was mal wieder zeigt, dass man Erfolg eben doch nicht so einfach planen kann.

Der Inhaltsangabe oben gibt es eigentlich nichts hinzuzufügen; im Gegenteil, sie verrät eigentlich schon viel zu viel (weshalb ich den ärgsten Spoiler verborgen habe). Die Geschichte entwickelt sich langsam, ist stimmig aufgebaut und könnte richtig spannend und geheimnisvoll sein. Da aber der Klappentext den Clou schon verrät und man als Leser bereits alles weiß, was Lucinda herauszufinden versucht, macht sich phasenweise ziemliche Langeweile breit. Die Liebesgeschichte ist angesichts des Grundthemas ganz schön unspektakulär und undramatisch, und gleiches gilt für den Showdown; umso übertriebener ist die Auflösung der Geschichte im Detail. Aus der guten Grundidee wurde schlicht viel zu wenig herausgeholt.

Zumal auch die Figuren nur durchschnittlich sind. Lucinda ist prinzipiell ganz sympathisch, aber wirklich fesseln konnte sie mich nicht. Daniel wirkte auf mich durch und durch langweilig, und der »Bösewicht« Cam ist total blass geraten. Ihnen allen fehlt irgendwie der Pep, der das Buch zu etwas besonderem hätte machen können – auch bezüglich der Figuren wäre deutlich mehr drin gewesen.

Gelesen wird das Hörbuch von Julia Nachtmann und Jacob Weigert, wobei letzterer nur Prolog und Epilog spricht, während Nachtmann den Rest des Textes übernimmt. Und das macht sie wirklich wunderbar. Sie übertreibt nicht, sondern trägt die Geschichte gefühlvoll, aber doch mit einer gewissen Distanz vor. Die unterschiedlichen Figuren liest sie mit genau im richtigen Maß verstellter Stimme: so, dass es kaum auffällt, dass man aber immer genau weiß, wer gerade spricht. Zudem finde ich, dass sie eine ganz tolle Stimme hat, aber das ist natürlich Geschmackssache. Mit hat ihr Vortrag jedenfalls außerordentlich gut gefallen, und ich hatte außerdem den Eindruck, dass sie so manche Länge und Albernheit aufgefangen hat.

Fazit:
7/15 – Ein Stoff, bei dem leider jede Menge Potenzial verschenkt wurde, der aber immerhin nicht ganz so schlecht war wie erwartet.

 


Serieninfo:

01 Fallen | Engelsnacht
02 Torment
03 Passion (6/2011)

 

Trivia:
Disney hat sich bereits 2009 die Filmrechte gesichert, allerdings habe ich zu einer Verfilmung noch keine weiteren Infos gefunden. Die filmische Umsetzung dieses Stoffs kann ich mir jedenfalls wirklich gut vorstellen.

[Abgebrochen] Dia Reeves: Bleeding Violet

Originaltitel: Bleeding Violet

Inhalt:
Nach dem Tod ihres Vaters trampt die 16-jährige Hanna in die texanische Kleinstadt Portero. Sie will zu ihrer Mutter, die sie gar nicht kennt. Doch ein herzlicher Empfang ist es nicht, der sie dort erwartet, und auch das Städtchen ist keineswegs so idyllisch und harmlos wie es zunächst scheint – hier hört nicht nur Hanna Stimmen! Und dann stellen der attraktive Wyatt und unheimliche Ereignisse sogar ihre abgedrehte Welt auf den Kopf …

Kommentar:
Oha! Ich weiß nicht mehr, auf welchem Buchblog ich vor einigen Monaten auf die englische Ausgabe dieses Buchs aufmerksam geworden bin, und ich weiß auch nicht mehr, was genau mich bewogen hat, dieses Buch haben zu wollen. Auf jeden Fall war »Bleeding Violet« nicht gerade ein Glücksgriff – im Gegenteil. Mein erster Eindruck (»Ich bin echt froh, dass ich das Buch auf Deutsch lese. Hätte ich zum englischen Original gegriffen, würde ich mich ständig fragen, ob ich das alles eigentlich richtig verstehe«) hat sich bestätigt bzw. von Seite zu Seite verschlimmert.

In Zeiten, in denen immer wieder über Gleichförmigkeit und den Mangel an Individualität geklagt wird, suchen viele das Besondere. Ich nicht, muss ich mal wieder feststellen: Ich bevorzuge dann doch eher Geschichten, denen ich folgen kann und die mich nicht in einer Tour mit kuriosen und kaum nachzuvollziehenden Ereignissen konfrontieren. Meine Fantasie ist begrenzt, und ich mag es einfach nicht zu strange und irrsinnig. Dieses Buch ist aber genauso seltsam wie seine ziemlich verrückte Heldin – und nachdem ich mich mühsam bis Seite 100 gequält habe, habe ich nun beschlossen, diese kuriose Welt wieder zu verlassen. Es nervt mich, ich hab keine Lust, mich da weiter reinzudenken, und hier liegen einfach zu viele andere ungelesene Bücher, um weitere 250 Seiten Zeit mit diesem merkwürdigen Roman zu vertrödeln.

Ich will auf die Gegenmeinung von Miss Bookiverse hinweisen, die sich eingehend mit dem Buch auseinandergesetzt hat und sehr begeistert davon war. Hätte ich ihre (soweit ich das beurteilen kann übrigens sehr treffende und aufschlussreiche) Rezension gelesen, bevor ich mir das Buch zugelegt habe, hätte ich wohl die Finger davon gelassen. Schon der Vergleich mit »Alice im Wunderland« hätte mich abgeschreckt – aber auch so ziemlich alles andere. ;)

Fazit:
Abgebrochen. Ist mir einfach alles zu strange.

 

Reiheninfo:
01 Bleeding Violet | Bleeding Violet. Niemals war Wahnsinn so verführerisch
02 Slice Of Cherry

[Rezension] Lauren Oliver: Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Originaltitel: Before I Fall

Kurzbeschreibung:
Was wäre, wenn heute dein letzter Tag wäre? Was würdest du tun? Wen würdest du küssen? Und wie weit würdest du gehen, um dein Leben zu retten? Samantha Kingston ist hübsch, beliebt, hat drei enge Freundinnen und den perfekten Freund. Der 12. Februar sollte eigentlich ein Tag werden wie jeder andere in ihrem Leben: mit ihren Freundinnen zur Schule fahren, die sechste Stunde schwänzen, zu Kents Party gehen. Stattdessen ist es ihr letzter Tag. Sie stirbt nach der Party bei einem Autounfall. Und wacht am Morgen desselben Tages wieder auf. Siebenmal ist sie gezwungen diesen Tag wieder und wieder zu durchleben. Und begreift allmählich, dass es nicht darum geht, ihr Leben zu retten. Zumindest nicht so, wie sie dachte …

Erster Satz:

Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie, aber bei mir war das nicht so.

Kommentar:
Wie inzwischen schon mehrfach erwähnt, bin ich auf dieses Buch wegen seines Titels und der ansprechenden Gestaltung aufmerksam geworden, die sich ja sogar unter dem Schutzumschlag fortsetzt. Klappentext, jede Menge gute Kritiken sowie der interessante erste Satz, der ein Klischee aufgreift, um es sofort wieder zu zerstören, haben ihren Teil dazu beigetragen, dass ich schließlich zugeschlagen habe – trotz einer gewissen genrebedingten Skepsis. Letztendlich musste ich feststellen, dass meine Vorbehalte nicht ganz nicht ganz unberechtigt waren, obwohl mir das Buch alles in allem gut gefallen hat.

Sam Kingston ist ein ganz normaler amerikanischer Teenie: Sie geht in die zwölfte Klasse der Highschool, gehört zu einer angesehenen Mädchenclique und hat einen Jungen zum Freund, um den sie alle beneiden. In ihrem Leben geht es im Wesentlichen darum, gut auszusehen, cool zu sein und Spaß zu haben – notfalls auch auf Kosten Dritter. Außerdem kreisen Sams Gedanken aus aktuellem Anlass um ihr erstes Mal, denn der Valentinstag, an dem die Handlung spielt, soll die Nacht der Nächte werden. Dann aber läuft alles anders als geplant, und statt in Robs Bett landet das Mädchen nach einem Unfall in einer Zeitschleife, die sie ihren Todestag immer wieder erleben lässt …

Als Samantha am Morgen nach ihrem Tod zum ersten Mal erneut am Valentinstag aufwacht, versteht sie zunächst überhaupt nicht, was los ist. Sie glaubt an ein Déjà-vu, muss aber feststellen, dass dem nicht so ist – auch wenn sie es sich nicht eingestehen will. Ihr wird schnell klar, wie sehr ihr eigenes Handeln das Geschehen und auch das Leben anderer beeinflusst, und ändert nach und nach ihre Einstellung und Verhaltensweisen. Im Laufe der sieben Tage, die ihr insgesamt zur Verfügung stehen, hinterfragt sie vieles, was sie zuvor getan hat, lernt nicht nur ihre Freunde, sondern vor allem ihre »Feinde« auf ganz neue Weise kennen und versucht, einige Dinge geradezurücken. Das Prinzip von Ursache und Wirkung, die Wechselwirkung zwischen dem Geschehenen an einem Tag und Sams Einstellung und ihren Gefühlen am nächsten Tag, die sich unmittelbar auf ihr Handeln auswirken, ist wirklich hervorragend dargestellt – ebenso wie die langsame Veränderung des Mädchens. Am Ende hat sich Sam im Laufe dieser sieben Tage von der Teenie-Rebellin, die glaubt, nichts mehr zu verlieren zu haben, zu einem ziemlich erwachsenen, emanzipierten Mädchen gewandelt, dem klar geworden ist, welche Auswirkungen selbst unbedeutende Kleinigkeiten und aus einer Laune heraus gedankenlos dahergesagte Worte haben können und und dass es im Leben auf mehr ankommt als den schönen Schein.

»So viele Dinge sind plötzlich schön, wenn man nur genau hinsieht.« (S. 326)

Spoiler

Das Ende ist konsequent, aber dennoch irgendwie unbefriedigend. Nicht, weil Samantha stirbt, sondern wegen der Erkenntnis, die hinter dem Buch steht. Diese lautet nämlich vereinfacht ausgedrückt: »Wenn du ein guter Mensch warst, ist das Sterben gar nicht so schlimm.« Für meinen Geschmack ist das zu wenig, denn an so eine Message schließt sich doch unmittelbar die Frage an, was man davon hatte, ein guter Mensch gewesen zu sein, wenn man so jung aus dem Leben gerissen wird. Oder anders formuliert: Warum musste Sam sich überhaupt ändern, wenn sie ja doch keine zweite Chance erhält, nicht nur einen Tag, sondern den Rest ihres Lebens ein guter Mensch zu sein?

[Einklappen]

Doch nicht nur der Ausgang des Buchs gefällt mir nicht uneingeschränkt; der Roman ist mir außerdem eine Spur zu »teenie«. Das spiegelt sich in der Art der Probleme von Sam sowie vor allem auch in der sehr oberflächlich anmutenden Freundschaft zwischen den vier Mädchen und deren Auftreten gegenüber anderen. Dennoch ist Sam – trotz einiger bösartiger Aktionen – von Beginn an eine sympathische Protagonistin, die einem im Laufe der Zeit mehr und mehr ans Herz wächst, während sie zu sich selbst findet. Vor allem im letzten Drittel vermittelt sie wunderschöne, gefühlvolle, wertvolle Momente ihres Lebens, die einen zu Tränen rühren und auch ein wenig nachdenklich machen.

Stilistisch hat das Buch zwei Seiten. Einerseits wird man mit schrecklicher, aber wohl herkömmlicher Teenie-Umgangssprache maträtiert, die sich z.B. durch den permanenten Einsatz des Wortes »Schlampe« (inkl. diverser Synonyme) für Freund und Feind auszeichnet, und in der ziemlich grenzwertigen Sticheleien untereinander vorgetragen werden. Besonders an solchen Stellen war ich immer wieder befremdet, habe gedanklich die guten alten Zeiten gerühmt und mich zu alt für das Buch gefühlt. Andererseits gibt es aber auch zahlreiche wunderbare Passagen, in denen Menschen, Begegnungen und Gefühle so schön geschildert werden, dass einem das Herz aufgeht. Allerdings bewegt sich Lauren Oliver dabei manchmal schon an der Grenze zum Kitsch und überschreitet diese auch hin und wieder, etwa als Sam ihre Gefühle bei einem Kuss schildert: »Ich schließe die Augen und in der Dunkelheit hinter meinen Lidern sehe ich wunderschöne blühende Dinge, Blumen, die wie Schneeflocken herumwirbeln, und Kolibris, die im gleichen Rhythmus mit den Flügeln schlagen wie mein Herz.« (S. 391)

Fazit:
12/15 – Trotz einiger Kritikpunkte ein lesenswertes Buch – vorausgesetzt, man kann mit dem Tennie-Hintergrund leben, der doch deutlich zum Tragen kommt.

[Rezension] Jane Eagland: Mein Herz so wild

Originaltitel: Wildthorn

Inhalt:
England um 1870. Louisa Cosgrove gat das Gefühl, sich in einem Alptraum zu befinden. Statt bei Freunden ist sie in einer Irrenanstalt gelandet, wo man sie beharrlich mit dem Namen Lucy Childs anspricht. Und jeder Protest ihrerseits wird nur als weiteres Indiz für ihre geistige Zerrüttung gewertet. Doch Louisa kämpft um ihre Freiheit – und sie findet den Schlüssel dazu, wo sie ihn nie vermutet hätte.

Kommentar:
Als ich bei Miss Bookiverse von diesem Jugendroman gelesen habe, war mein Interesse augenblicklich geweckt. Ein thematisch ähnliches Buch von Laura Kinsale hat mir nämlich ausgesprochen gut gefallen: »Triumpf der Herzen« (OT: »Flowers from the Storm«), in dem ein Lord nach einem Schlaganfall in eine Irrenanstalt abgeschoben wird und dort vor sich hinvegetiert.

Die Ausgangslange hier ist allerdings eine andere: Louisa Cosgrove wähnt sich eigentlich auf dem Weg zu Bekannten, als sie völlig unversehens in einer Irrenanstalt abgeliefert wird. Da sie dort von allen beharrlich als Lucy Childs bezeichnet wird, glaubt sie zunächst an eine Verwechslung und ist der festen Überzeugung, den Irrtum bald aufklären zu können, doch nach und nach wird ihr klar, dass sie nicht versehentlich hier gelandet ist. Weil sie fürchtet, niemals aus Wildthorn entlassen zu werden, plant sie ihre Flucht, doch damit verschlimmert sie ihre Lage erst recht und ihre Situation wird immer hoffnungsloser …

Was auf den ersten Blick aus heutiger Sicht vollkommen fantastisch klingen mag, war im 19. Jahrhundert leider nicht ganz ungewöhnlich. Ich bin kein Experte in Psychiatriegeschichte, aber es kam offenbar gar nicht selten vor, dass völlig gesunde Menschen in Irrenanstalten abgeschoben wurden, um sie loszuwerden oder weil sie aufgrund ihrer Denkweise und ihres Verhaltens als wahnsinnig galten. Obwohl die Gesellschaft in der spätviktorianischen Ära im Umbruch war und Frauen zunehmend mehr Rechte für sich einforderten, reicht in Louisas Fall als Grund für die Einlieferung aus, dass sie die damalige Rolle der Frau nicht zu akzeptieren bereit ist. Sie verweigert jegliche gesellschaftlichen Verflichtungen und Konventionen, stattdessen lernt und experimentiert sie, um später Ärztin zu werden – was ihr schließlich zum Verhängnis wird.

Der erste Teil des Buches, der die erste Zeit in der Irrenanstalt beschreibt, wird immer wieder durchbrochen von Rückblenden in die Vergangenheit. Sie zeigen Louisa sehr anschaulich als wissbegieriges, intelligentes, aber aufmüpfiges Mädchen, das mit der ihr zugedachten gesellschaftlichen Rolle nicht klar kommt und keinen leichten Stand in der eigenen Familie hat: Während die Mutter versucht, sie doch noch zu einer guten viktorianischen Frau zu erziehen, wird sie vom deutlich liberaleren Vater gefördert und vom Bruder beneidet. Aber reichen der Neid des Bruders und das gesellschaftskonforme Denken der Mutter aus, um das Mädchen nach dem Tod des Vaters in eine Irrenanstalt einliefern und dort leiden zu lassen? Warum genau sie nach Wildthorn gebracht wurde und wer für ihre Einlieferung verantwortlich ist, findet Louisa erst im Laufe der Zeit heraus, und die Erklärung ist überraschend, aber durchaus plausibel.

Bis die Wahrheit ans Licht kommt, durchlebt Louisa eine schreckliche Zeit in Wildthorn, denn das mangelhafte medizinisch-psychologische Wissen und die damals üblichen Behandlungsmethoden sind zutiefst demütigend und brutal. Mit ihren Versuchen, ihre geistige Gesundheit unter Beweis zu stellen und die Situation aufzuklären, reitet sich das Mädchen nur immer tiefer hinein, und phasenweise hält sie nur noch ein Funken Hoffnung auf Rettung bei einigermaßen klarem Verstand. Dass sie allerdings trotz der Demütigungen, Schmerzen und Verzweiflung stets so relativ rational und nüchtern bleibt, ist angesichts dessen, was sie zu durchleben hat, nicht glaubwürdig. Zudem wirken Louisas Erlebnisse über weite Strecken eher distanziert geschildert und unemotional, was vielleicht der jugendlichen Zielgruppe geschuldet ist, das Buch aber nicht mitreißender macht.

Spoiler

Vollkommen überflüssig finde ich es, zusätzlich zu den vorhandenen Themen auch noch den Aspekt der homosexuellen Liebe in der damaligen Zeit ins Feld zu führen – man hat auch ohne diese Facette genug Stoff für ein gutes Buch, das die Denkweise der damaligen Zeit vor Augen führt. Auch wenn das von der Autorin ganz sicher nicht so gemeint ist, vermittelt die Tatsache, dass Louisa nicht nur die damalige Rolle der Frau nicht akzeptieren will, sondern darüber hinaus auch noch lesbisch ist, eher eine negativ anmutende Verquickung.

[Einklappen]

Fazit:
10/15 – Das Buch zeichnet ein aufschlussreiches, beklemmendes, aber doch relativ unemotionales Bild der Zeit. Wer sich für historischer Romane dieser Art interessiert, macht mit »Mein Herz so wild« sicher nichts falsch.

Trivia:
Wer sich für die Betrachtung der Frau in der damaligen Zeit interessiert, der sei auf den Artikel »Über den physiologischen Schwachsinn des Weibs« von Dr. P. J. Möbius von 1903[5] verwiesen, den man hier bei Wikisource nachlesen kann. Er ist nicht nur eine durchaus spannende Analyse des schwachen Geschlechts (»Körperlich genommen ist, abgesehen von den Geschlechtsmerkmalen, das Weib ein Mittelding zwischen Kind und Mann und geistig ist sie es, wenigstens in vielen Hinsichten, auch.«), sondern nebenbei kriegen auch noch die »Neger« und die Bayern einen mit: »Bei geistig niedrig stehenden Männern (z. B. einem Neger) fand er den weiblichen ähnliche Verhältnisse des Scheitellappens, während bei geistig hochstehenden Männern die mächtige Entwickelung des Scheitellappens ein ganz anderes Bild gewährte. Die allereinfachsten Verhältnisse fand Rüdinger bei einer bayrischen Frau, er spricht geradezu von ›thierähnlichem Typus‹.«

[Rezension] Helen Abele: Ein Herz auf Flügeln zart

Inhalt:
Eines ist für Lizzy klar: Irgendwo auf der Welt lebt der Junge, der zu ihr gehört. Und eines Tages wird die Liebe zwischen ihnen wie der Blitz einschlagen. Doch plötzlich machen dem irischen Dienstmädchen gleich mehrere Verehrer Geschenke – aber keiner gibt sich zu erkennen! Muss sie wirklich bis zum großen Ball warten, um herauszufinden, wem ihr Herz gehört?

Kommentar:

[Ich glaube] fest daran, dass die Liebe nicht leise auf Schmetterlingsflügeln daherflattert, sondern mich treffen wird wie ein Blitzschlag. Und den betreffenden Herrn auch. Da gibt es kein ein bisschen oder vielleicht – so was weiß man doch. (S. 23)

»Ein Herz auf Flügeln zart« besticht auf den ersten Blick – nicht nur mit dem wunderschönen Titel, sondern auch mit seiner Aufmachung: Das Cover ist mit kleinen weißen Mustern beflockt, über die man beim Lesen geradezu zwanghaft streichen muss. Aber auch der Inhalt hält, was die Aufmachung verspricht.

Der Roman spielt im Jahr 1896 in Dublin. Das 15-jährige irische Dienstmädchen Elizabeth O’Faolain arbeitet im Haushalt von Professor Puddlewick, der die Bibliothek des Trinity College leitet, und hat es damit ziemlich gut getroffen. Der etwas weltfremde Professor und seine drei Söhne Hektor, Aeneas und Paris sind nämlich für die damalige Zeit ausgesprochen liberal und behandeln Lizzy eher wie ein Familienmitglied als wie eine Bedienstete. Sie darf sogar dabei helfen, eine Kopie des Book of Kells anzufertigen, die Queen Victoria bei ihrem bevorstehenden Besuch als Geschenk erhalten soll. Doch das ist noch nicht das aufregendeste Ereignis in Lizzys Leben: Gleich drei Mal wird ihr heimlich der Claddagh-Ring als Zeichen der Verehrung geschenkt – und sie weiß nicht, von wem! Doch letztendlich spielt es gar keine Rolle, denn im Laufe der Zeit merkt Lizzy, wem ihr Herz gehört.

Zumindest dem erwachsenen Leser dürfte von Beginn an klar sein, wer Lizzys Herz am Ende erobern wird – daran werden auch die diversen nicht allzu schwer zu durchschauenden Finten nichts ändern. Die eigentliche Zielgruppe (lt. Verlagsangabe 12+) wird aber sicher nicht ganz so klar sehen und entsprechend mit Lizzy mitfiebern – zumal die Figur echtes Identifikationspotenzial hat. Sie ist nämlich zwar im Grunde ein wahnsinnig nettes, vernünftiges Mädchen, hat aber dennoch ihre kleinen Fehler. So hadert sie beispielsweise mit ihren leicht abstehenden Ohren, kann sich von ein bisschen Neid auf ihre wohlhabende Freundin Mary nicht ganz lossprechen und übt sich in ein klein wenig Bosheit, indem sie Hektor Essen vorsetzt, das er nicht mag, weil sie sich über ihn geärgert hat.

Bemerkenswert ist die lebhafte Schilderung der spätviktorianischen Ära, die ganz nebenbei stattfindet und das Leben in der damaligen Zeit vermittelt. Ob für die damalige Zeit typische Gerichte, technische Neuerungen wie Autos oder Staubsauger, modische Sensationen wie Hosen für Frauen oder der langsame Wandel der Gesellschaft – das Umbruchgefühl vor der Jahrhundertwende wird ausgesprochen gut geschildert. Ein dermaßen liberaler Haushalt wie der Puddlewicksche war natürlich bei aller Umbruchstimmung dennoch eine absolute Ausnahmeerscheinung, wie die Autorin im sehr informativen Nachwort auch selbst einräumt; dies wird aber durch die snobistische Einstellung des Universitätsleiters Dempsey und den Kontrast zwischen der Lebensweise bzw. Lebenseinstellung der Puddlewicks und der Dempseys auch durchaus deutlich.

Neben Lizzys ungewöhnlicher Behandlung durch die Puddlewicks ist wohl auch die Tatsache relativ unwahrscheinlich, dass sechs unerfahrene Jugendliche dazu beordert werden, unter solchen Umständen das extrem wertvolle »Book of Kells« für die Queen zu kopieren. Ein Roman für eine jüngere Zielgruppe darf sich solche Freiheiten aber herausnehmen, zumal das gemeinsame Kopieren ohnehin keine große Rolle spielt, sondern nur den Rahmen für die Handlung und das Zusammensein der Jugendlichen bietet.

Fazit:
12/15 – Ein unaufgeregtes, warmherziges Buch, das einem ein paar Stunden zauberhafte Unterhaltung schenkt und an dessen Ende die Erkenntnis steht, dass die Liebe eben doch nicht immer wie ein Blitz einschlägt, sondern manchmal auch ganz leise auf zarten Schmetterlingsflügeln daherkommt.

 


Trivia:

Das Buch ist in der Reihe »Liebe in allen Zeiten« beim Verlag Planet Girl (Thienemann) veröffentlicht worden, in deren Rahmen außerdem »Wie ein Kuss von Rosenblüten« von Martina Sahler erschienen ist. Ich hoffe, dass sie fortgesetzt wird!

[Rezension] Suzanne Collins: Tödliche Spiele

Originatitel: The Hunger Games
Die Tribute von Panem/Hunger Games, Teil 1

Inhalt:
Nordamerika existiert nicht mehr. Kriege und Naturkatastrophen haben das Land zerstört. Aus den Trümmern ist Panem entstanden, geführt von einer unerbittlichen Regierung. Alljährlich finden grausame Spiele statt, bei denen nur ein Einziger überleben darf. Als die sechzehnjährige Katniss erfährt, dass ihre kleine Schwester ausgelost wurde, meldet sie sich an ihrer Stelle und nimmt Seite an Seite mit dem gleichaltrigen Peeta den Kampf auf. Wider alle Regeln rettet er ihr das Leben. Katniss beginnt zu zweifeln – was empfindet sie für Peeta? Und kann wirklich nur einer von ihnen überleben?

Kommentar:
Ich hab mich bekanntermaßen lange gegen die Panem-Serie gewehrt, weil ich nach diversen schlechten Erfahrungen mit »gehypter« Jugend- bzw. All-Age-Fantasy vorsichtig sein wollte. Außerdem kann ich Science-Fiction-Settings überhaupt nicht leiden, deshalb reichen schon die ersten Sätze des Klappentexts (»Nordamerika existiert nicht mehr. Kriege und Naturkatastrophen haben das Land zerstört. Aus den Trümmern ist Panem entstanden, geführt von einer unerbittlichen Regierung.«) zusammen mit Kritiken, die von »einer Art Gladiatorenkämpfe« und Gesellschaftsutopie sprechen, um mich völlig abzuschrecken. Die vielen positiven Kritiken haben mich letztendlich aber doch neugierig werden lassen, und das gute Zureden meiner Blogleser hat seinen Teil dazu beigetragen, dass ich das Buch letztendlich doch erstanden und gelesen habe.

Ich wills kurz machen: Ich bin froh darüber, denn trotz aller Bedenken hat mich das Buch wirklich sofort in seinen Bann gezogen und mitgerissen: Es ist spannend, packend, entsetzlich, traurig und stellenweise auch rührend. Das Erzähltempo ist wahnsinnig hoch, sodass man geradezu atemlos das Geschehen verfolgt. Die reservierte Katniss ist zwar alles andere als eine einfache Heldin, das macht das Mädchen aber authentisch und das Buch erst richtig interessant. Dass wir uns »in einer fernen Zeit« befinden, hab ich gar nicht wirklich zur Kenntnis genommen; das unliebsame hochtechnisierte Science-Fiction-Setting könnte weitgehend auch als ganz normale Magie in einem Urban-Fantasy-Roman durchgehen.

Restlos glücklich bin ich aber dennoch nicht mit dem Buch. Das liegt zum einen daran, dass ich mir noch ein bisschen mehr Emotionen und Drama gewünscht hätte; zum größten Teil aber hängt es mit dem Ende zusammen. Die Story macht zum Schluss einen Bogen, den ich nicht ganz glaubwürdig finde und der aufgrund der vorherigen Ereignissen nicht wirklich nachvollziehbar ist. Dieser Clou liefert zwar Stoff für weitere Bände, letztendlich wäre für mich das Buch aber als Einzeltitel perfekt gewesen, wenn man darauf verzichtet hätte. Aber ein Autor hat wohl dann alles richtig gemacht, wenn die Leser dem nächsten Band entgegenfiebern – und das ist auch in meinem Fall so.

Fazit:
14/15 – Ein wirklich packendes Buch, das man gelesen haben sollte.

 

Serieninfo:
01 The Hunger Games | Tödliche Spiele (Rezension)
02 Catching Fire | Gefährliche Liebe (Rezension)
03 Mockingjay | Flammender Zorn (Rezension)