Originaltitel: Flowers from the Storm
Inhalt:
Christian Langland ist ein stadtbekannter Schürzenjäger, die Art von Mann, die Maddy Timm, die ehrbare und gottesfürchtige Tochter eines Quäkers, nur mit Verachtung straft. Dennoch berührt es sie, als sie von seinem plötzlichen Tod erfährt. Vollkommen erstaunt ist sie aber, als sie beim Besuch eines Sanatoriums dem Totgeglaubten gegenübersteht. Er hat seine Sprache verloren, und Maddy spürt, dass sie ihm helfen muss. Durch ihre liebevolle Zuwendung flicht sich ein erst zartes, dann leidenschaftliches Band zwischen den beiden …
Kommentar:
Ein wirklich außergewöhnlicher Liebesroman, verhältnismäßig anspruchsvoll und sehr eindringlich. Gleich in mehrfacher Hinsicht fällt das Buch aus dem Rahmen der Romance-Standardkost: Nicht nur spielt der Glaube der Protagonistin eine ziemlich zentrale Rolle, sondern der Protagonist ist darüber hinaus ein Schlaganfallpatient, der wegen seines »Irrsinns« weggesperrt wird.
Insbesondere die erste Hälfte des Buchs, die in der Nervenheilanstalt spielt und die Beurteilung von psychischen Krankheiten und die therapeutischen Maßnahmen der damaligen Zeit nahebringt, ist beeindruckend. Das gilt vor allem für die Passagen, die aus Christians Sicht geschrieben sind: die eindringliche Schilderung seines Zorns, seiner Frustration und seiner Verzweiflung, weil er nicht kann, wie er will, weil er hört, aber nicht versteht, weil er die richtigen Worte nicht findet oder sie kennt, aber nicht aussprechen kann, weil er bei voller Zurechnungsfähigkeit für schwachsinnig gehalten wird, obwohl er eigentlich klar im Kopf ist. Seine Wut über die eigene Handlungsunfähigkeit machen ihn unberechenbar und aggressiv, doch seine Gewaltausbrüche führen nur zu weiteren Demütigungen und Entmündigungen, die noch mehr Zorn und Hoffnungslosigkeit hevorrufen. Aus diesem Kreislauf kann er erst ausbrechen, als Maddy im Sanatorium auftaucht, die erkennt, dass er kein schwachsinniger Idiot und keine Bestie ist, und die ihm endlich die Geduld und das Verständnis entgegenbringt, die er braucht, um das Sprechen und die Feinmotorik neu zu lernen – Basis für die Aufnahme eines »normalen« Lebens.
Mit dem Wiederaufbau seines alten Lebens befasst sich die zweite Hälfte des Buches. Es gilt zahlreiche Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die ihm unter anderem von der Verwandtschaft in den Weg gelegt wird, die Christian entmündigen lassen will, um an seine Besitztümer zu kommen. Für meine Begriffe etwas verwirrende Passagen über Schulden, Kredite und korrupte Handlungsbevollmächtigte spielen dabei ebenso eine Rolle wie eine frühere Geliebte, wesentlich ist aber vor allem die Entwicklung der Beziehung zwischen Maddy und dem Herzog. Hier kommt Maddys Glaube ins Spiel, denn als Quäkerin darf sie keinen Weltlichen lieben, geschweige denn heiraten, sonst wird sie aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Ihre Zerrissenheit zwischen Liebe und Glaube bzw. Glaubensgemeinschaft ist prinzipiell durchaus realistisch dargestellt, für mich aber trotzdem schwer nachzuvollziehen. Als wenig religiöser Mensch kann ich einfach kein Verständnis aufbringen, wenn sich der Glaube über alles andere erhebt – oder besser: wenn Menschen den Glauben über alles andere erheben. Für mich waren also diese glaubensmotivierten Handlungspassagen schwer greifbar, wenngleich sie mehrfach auslösende Momente für den Handlungsfortgang waren und das Buch ohne sie – zugegebenermaßen – so nicht funktioniert hätte.
Fazit:
13/15 – Ein sehr gutes Buch, das zwar unzweifelhaft ein Liebesroman, aber dennoch weit mehr als der herkömmliche herzzerreißende kitschige Schund ist, den man aufgrund des Titels und der Covergestaltung erwarten würde. Die zweite Hälfte des Buches ist teilweise etwas langatmig, die erste Hälfte ist aber mit das beste, was ich in letzter Zeit in diesem Genre gelesen habe.
Schön, dass dir das Buch gefallen hat.
Wenn du dir die anderen Bücher von Laura Kinsale zulegen solltest, dann empfehle ich dir, dass du „Küsse in der Nacht“ erst ganz zum Schluss liest, da es doch sehr speziell ist.
da haben wir ja wieder einmal den gleichen geschmack! das buch hat mir auch sehr gut gefallen, sogar so gut, daß ich es mir auf englisch nachgekauft habe und es als keeper immer noch in meinem regal steht. (wie du weißt, sortier ich mein regal ja mittlerweile gnadenlos aus!)
ich stimme dir auch zu, daß das buch ab der hälfte schon so seine längen hat, insbesondere kann ich mich daran erinnern, daß mir Maddy auf die nerven ging. da war einfach zuviel gejammere.
zum glück hat das wunderschöne ende das wieder wett gemacht.
lg katrin (minx)
Nefret: Ich hab vor einigen Tagen bereits ein zweites Kinsale-Buch bei Tauschticket ergattert, und was soll ich dir sagen, welches?! *augenroll*
Katrin: Das will ja wirklich was heißen, dass du das Buch nicht nur nachgekauft hast, sondern dass es sogar immer noch in deinem Regal wohnen darf! ;)
naja, vielleicht sollte ich es mal wieder lesen. ist ja schon einige jahre her. keine ahnung, wie ich es heute sehen würde.
Hey, danke für die Empfehlung. Das Cover schreckt mich tatsächlich erst mal komplett ab ;D Aber was du so von der ersten Hälfte des Buchs schreibst, klingt schon ganz interessant.
Vielleicht greifste zur englischen Ausgabe, deren Cover ist ja deutlich neutraler! ;)
Das hatte ich mir eh schon vorgenommen. Ich glaube ich würde es nicht übers Herz bringen die deutsche Ausgabe zu kaufen geschweige denn ins Regal zu stellen ;P
Ich bin da inzwischen zwar ein wenig abgehärtet, kann das aber trotzdem gut verstehen. (Sagte ich schon mal, dass ich nicht verstehe, dass die Verlage mit dem Festhalten an diesen schrecklichen Covern konsequent potenzielle Käufer vergraulen? Hab ich sicher noch nicht öfter als dreihundertsiebenundviertigtausend Mal erwähnt, oder?!)
Ich hab’s von dir ehrlich gesagt bis eben noch nicht gelesen ;)
Wahrscheinlich wollen die mit den Covern irgendein Image erhalten.
Angeblich wollen die Leser das ja so haben. *pfft*