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Julia Quinn: The Secret Diaries of Miss Miranda Cheever

Deutscher Titel: Für immer und ewig, Viscount (Cora)
The Bevelstokes, Book 1

Inhalt:
Im zarten Alter von 10 Jahren verliebt sich Miss Miranda Cheever in den 9 Jahre älteren Viscount Turner, Bruder ihrer besten Freundin Olivia. Sie liebt ihn immer noch, als sie zehn Jahre später, nach dem Tod seiner Frau, erneut auf ihn trifft. Obwohl er wegen des Ehebruchs seiner Frau verbittert ist und sich nie wieder binden will, entwickelt sich die Freundschaft zwischen Miranda und Turner in eine Richtung, mit der keiner der beiden gerechnet hätte …

Kommentar:
»The Secret Diaries …« wurde zwar 2007 veröffentlicht, zählt aber eigentlich zu den Frühwerken von Julia Quinn (geschrieben 1994, Details), und das merkt man dem Roman – trotz einer ausführlichen Überarbeitung der Ursprungsversion durch die Autorin – auch an. Auch wenn sich das Buch gut lesen lässt, ist der Quinn-typische locker-leichte Stil hier nur im Ansatz vorhanden und wirkt bisweilen etwas erzwungen und aufgesetzt.

Wäre die Handlung fesselnd, wäre das Fehlen witzig-spritziger Dialoge und humorvoller Szenen kein gesteigertes Problem, doch leider trifft das nur bedingt zu. Um genau zu sein: Nur die erste Hälfte des Buches ist richtig unterhaltsam, nach dem »Intermezzo« im Jagdhaus wird es dann ganz schön ermüdend und stellenweise wirklich langweilig. Das liegt zum einen daran, dass Quinn sich nicht die Zeit nimmt, die Handlung bzw. Beziehung zwischen Turner und Miranda vernünftig zu entwickeln, sondern die Tagebucheinträge dazu nutzt, rückblickend Kurzzusammenfassungen der Ereignisse zu geben und riesige Zeitsprünge zu machen. Zum anderen kann ich es auf den Tod nicht ausstehen, wenn die Handlung darauf fußt, dass sich ein Paar zwar liebt, sich das aber partout nicht eingestehen will, obwohl es doch so verdammt offensichtlich ist – und genau das ist in der gesamten zweiten Buchhälfte das Thema. Das hochdramatische Ende macht die Sache auch nicht besser.

Die Hauptpersonen an sich sind trotzdem liebenswert. Miranda ist eine typische Quinn-Heldin, ehrlich, intelligent, schlagfertig, loyal und hingebungsvoll. Man kann darüber diskutieren, ob sie Turner in die »Ehefalle« lockt – zumindest in manchen Szenen kann man bei näherer Betrachtung fast den Eindruck haben! So oder so: Da sie ihn aufrichtig liebt und das beste ist, was ihm passieren kann, kann man ihr das nachsehen! Turner selbst ist – vom oben bereits angesprochenen Eiertanz um die Verbalisierung seiner Gefühle (»Ich darf nie wieder lieben!«) – ebenfalls ein toller Held, ein wenig traumatisiert, aber wahnsinnig nett; vielleicht ein klein bisschen zu soft, wenn er nicht gerade wieder Unsinn redet, um seine wahren Gefühle zu verbergen.
Die Nebenfiguren spielen hier wirklich nur eine Nebenrolle, einzig Mirandas Freundin Olivia (um die sich das nächste Quinn-Buch dreht: What Happens in London) hat ein paar größere Auftritte.

Wertung:
8/15 – Nach einem starken Auftakt fällt das Buch in der zweiten Hälfte deutlich ab. Für Nicht-Quinn-Fans würde ich das Buch in seiner Gesamtheit eher nicht empfehlen; für Quinn-Fans nur, wenn sie sich damit abfinden können, dass die Autorin hier weit von ihrer Bestform entfernt ist.

Anna Campbell: Verbotene Umarmung

OT: Tempt the Devil

Inhalt:
Julian Southwood, Earl of Erith, sucht eine Geliebte. Nur eine kann seinen exquisiten Geschmack befriedigen: die begehrteste Kurtisane Londons, die schöne Olivia Raines. Von den Männern umschwärmt, verbirgt sie ihr wahres Ich. Doch Julian weckt unbekannte Gefühle in ihr. So entbrennt nicht nur ekstatische Leidenschaft zwischen ihnen, sondern etwas weit Bedrohlicheres: Liebe. Doch kann es eine Zukunft für die Liebe der beiden geben?

Kommentar:
Obwohl ich ja schon gewisse Probleme mit dem Vorgänger hatte, war ich zugegebenermaßen ziemlich gespannt auf »Verbotene Umarmung«. Jetzt muss ich leider feststellen, dass die Autorin offenbar ein Faible für merkwürdige, unsymathische Figuren und hanebüchene Geschichten hat, und dass dieses Buch mitnichten besser ist – im Gegenteil. Das Gezänk zwischen den Protagonisten ist ebenso enervierend wie die ständigen Machtspielchen und das permanente Hin und Her und Her und Hin. Am schlimmsten sind aber die unzähligen Missverständnisse, die zu endlosen unsinnigen Dialogen und Gefühlsaufwallungen führen. Die vielgepriesene angeblich wundervolle Sprache Campbells ist darüber hinaus zumindest für meine Begriffe so seltsam metaphorisch und personifizierend, dass es teilweise schon ans Lächerliche grenzt, wenn etwa die Liebe so lange und vehement an die Tür des Herzens klopft, bis diese geöffnet wird! Und ob ich über Sätze wie »Ich habe dich praktisch durch Sonne und Mond gef.i.ckt« (S. 221) Lachen oder Weinen soll, weiß ich auch nicht – im Moment herrscht noch sprachloses Entsetzen vor. Zur gewöhnungsbedürftigen Sprache der Autorin kommt dann auch noch eine schlechte Übersetzung, in der nicht nur die Existenz des Plusquamperfekts und des Genitivs konsequent geleugnet wird, sondern bei der die Übersetzerin (Uta Hege) auch noch ihre Kreativität mit lustigen Neologismen wie »spinnewütend« freien Lauf lässt.

Fazit:
3/15 – Gnadenpunkte für die Grundidee und diverse Ansätze, die mir gefallen hätten, wenn sie nicht ganz so unsinnig ausgearbeitet worden wären! Definitiv das letzte Buch von Campbell, das ich gekauft habe. (Den Erstling hab ich hier ja noch ungelesen stehen, aber ob ich mich an den ranwagen soll?!)

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Wer mag und hart im Nehmen ist, kann jetzt noch einen detaillierteren Blick mit mir auf die Geschichte werfen, um mit mir gemeinsam über die Abstrusität der Geschichte zu staunen.


***ACHTUNG, SPOILERGEFAHR!***

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Jacquie D’Alessandro: Tempted at Midnight

4. Teil der Mayhem in Mayfair Series

Inhalt:
Lady Emily Stapleford hätte sich nie im Leben träumen lassen, ihre Familie vor dem finanziellen Ruin bewahren zu müssen: Damit ihr Vater seine immensen Schulden bezahlen kann, muss sie einen reichen Mann heiraten. Doch Emily hat sich geschworen, nur aus Liebe und nicht aus finanziellen Gründen zu heiraten, also schickt sie ihre Vampirgeschichte an diverse Verleger, um selbst Geld zu verdienen. Natürlich wird ihr Manuskript abgelehnt, denn welcher Leser würde schon eine Geschichte um eine Vampirin lesen wollen? Emily sieht nur einen Ausweg, sie muss das öffentliche Interesse an Vampiren – vor allem an weiblichen! – wecken. Was läge da näher, als sich selbst als Vampirin auszugeben? Unglücklicherweise kreuzt einmal mehr der ungehobelte Amerikaner Logan Jennsen ihren Weg und ist drauf und dran, ihr Geheimnis zu entdecken – im Zuge eines äußerst kompromittierenden Zusammentreffens, das ein ungeahntes Feuer in den beiden entfacht. Sie kommen sich immer näher, doch auch Jennsen hat ein Geheimnis, das sie beide das Leben kosten könnte …

Kommentar:
Nach dem relativ schwachen und ziemlich enttäuschenden dritten Teil der Serie bin ich mit äußerst gemischten Gefühlen an dieses Buch herangegangen. Zunächst fand ich meine Skepsis auch bestätigt, denn ich hatte wie schon bei »Sleepless at Midnight« den Eindruck, dass die Gedanken beider Protagonisten um immer das Gleiche kreisen: in diesem Fall um den ungehörigen Kuss in der Bibliothek bei Juliannes und Gideons Hochzeit, der bereits drei Monate zurückliegt. Doch erfreulicherweise gibt es bei diesem Buch nach anfänglichen erschöpfenden Berichten und Gefühlswallungen zu diesem Kuss eine echte Entwicklung – die Entwicklung der Beziehung zwischen Emily und Logan, die wirklich wunderschön und sehr gefühlvoll erzählt ist. Es ist richtig mitreißend, wie die Protagonisten nicht nur ihrer sexuellen Anziehungskraft erliegen, sondern gleichzeitig nach und nach neue Seiten an ihrem Gegenüber entdecken, mit denen sie nie gerechnet hätten, die sie aber umso mehr faszinieren. Dass sie sich so lange weigern, sich ihre Liebe einzugestehen, obwohl doch für alle so offensichtlich ist, was die beiden füreinander empfinden, ist ab einem gewissen Punkt allerdings nicht mehr so wirklich glaubwürdig. Die Krimihandlung um Jennsens Vergangenheit ist wie so oft bei D’Alessandro ziemlich verzichtbar und nicht wirklich ausgereift: Es mangelt an Logik, und die eine oder andere Frage bleibt m.E. am Ende offen. Aber das ist zu verzeihen und fällt nicht besonders ins Gewicht in Anbetracht der Tatsache, dass dieses Buch nun mal kein Krimi, sondern ein Liebesroman ist.

Die Hauptfiguren sind beide ausgesprochen gut gelungen und extrem lebendig dargestellt: Selten habe ich Szenen und Figuren so deutlich vor mir gesehen wie in diesem Buch – etwa Emily im Kreis ihrer Familie im Park, ein letzter Blickwechsel vor dem Weggehen, ein Winken zum Abschied. Sowohl Logan als auch Emily sind intelligent, willensstark, witzig und schlagfertig, wirken dabei aber unvergleichlich warmherzig und verantwortungsbewusst (wenn sie nicht gerade in einer Bibliothek aufeinandertreffen!). Klingt langweilig? Ist es nicht! Denn umso besser wirken Szenen, in denen die Protagonisten von ihren Gefühlen überwältigt werden, etwa als Jennsen seinem Eifersuchtsanfall erliegt oder in der Staplefordschen Bibliothek vollkommen die Kontrolle verliert. Erfreulich auch, dass die beiden selbstbewusst genug sind, über alle gesellschaftlichen Normen hinweg zu handeln: Emily schert sich nicht ernsthaft darum, dass Logan kein britischer Peer, sondern ein amerikanischer Emporkömmling ist, und Logan ergeht sich glücklicherweise (im Gegensatz zu Gideon) auch nicht permanent in Gejammer darüber, dass ihre Verbindung nicht wirklich standesgemäß ist und nur aufgrund seines immensen Reichtums akzeptiert wird.

Natürlich begegnen wir auch den anderen anderen Mitgliedern der Ladies Literary Society wieder, die diesmal – allerdings nur sehr am Rande – ein erotisches Vampirbuch lesen. Sarah und Julianne sind schwanger, Carolyn hingegen fürchtet um ihre Gesundheit und bedarf Emilys Zuspruch. Die Ehegatten der drei, die ja auch Freunde von Logan Jennsen sind, dürfen natürlich ebenfalls nicht fehlen. Ausgerechnet Gideon spielt eine etwas größere Rolle, denn er wird in seiner Funktion als geschätzter (!) Bow Street Runner von Jennsen engagiert, den geheimnisvollen Verfolger zu stellen bzw. Emily zu bewachen. Er erweist sich – Überraschung! – einmal mehr als miserabler Ermittler!

Wertung:
14/15 – Jacquie D’Alessandro in alter Form! Nach dem sehr durchwachsenen Vorgängerband liefert sie nun wieder ein gefühlvolles Buch ab, das mitreißend ist und richtig Spaß macht. Kleine Abzüge gibts für die extrem langgezogene Verleugnung ihrer Gefühle füreinander und die sehr schwache Krimihandlung. Ingesamt für mich der zweitbeste Band der Serie nach Sarahs und Matthews Geschichte.

Mary Balogh: Then Comes Seduction

2. Teil der Huxtable-Serie

Inhalt:
Jasper Finley, Baron Montfort, lässt sich an seinem 25. Geburtstag zu einer empörenden Wette überreden: Innerhalb von 14 Tagen soll er die Cousine seines Freundes Constantine und Schwester eines Earls verführen: Lady Katherine Huxtable. Und die naive jungfräuliche Schönheit vom Lande erliegt dem notorischen Wüstling trotz seines schlechten Rufs augenblicklich, doch dann laufen die Dinge allerdings anders als geplant …
Drei Jahre später treffen sich Katherine und Jasper wieder und werden mit dem Vorfall in Vauxhall konfrontiert, denn die damalige Wette wird publik und ein Skandal bahnt sich an. Es bleibt nur ein Ausweg: Die beiden müssen heiraten, um Katherines Ruf wiederherzustellen und den anderen Familienangehörigen nicht zu schaden. Die Vernunftehe wird allerdings durch eine neuerliche Wette zwischen den Eheleuten interessant …

Kommentar:
Das Buch startet ohne jedes Vorgeplänkel mit dem Abschluss der Wette und dem von Montfort herbeigeführten Aufeinandertreffen zwischen ihm und Kate in Vauxhall, das allerdings ziemlich aus dem Ruder läuft. Montfort verliert seine Wette und zieht sich – ebenso wie Kate – zunächst aus der Stadt zurück.
Als sie drei Jahre später erneut aufeinandertreffen, geht es temporeich weiter: Trotz der zurückligenden Ereignisse fühlen sie sich voneinander angezogen, was sich in schlagfertigen, amüsanten Dialogen und Flirts widerspiegelt. Man gewinnt gerade den Eindruck, dass sich langsam eine Beziehung zwischen den beiden entwickeln könnte, als die alte Wette publik gemacht wird und die beiden sich gezwungen sehen, zu heiraten. Entsprechend unromantisch fällt auch Jaspers Heiratsantrag aus, der mehr ein Appell an Kates Vernunft ist, aber natürlich zur Situation und den Charakteren passt. Ähnlich enttäuschend verläuft die Hochzeitsnacht, obwohl sich die Protagonisten immerhin körperlich unwiderstehtlich zueinander hingezogen fühlen. Das Verlangen macht den Mangel an Liebe aber auch nicht wett, zumindest nicht für Katherine, die Sex ohne Liebe offenbar nicht viel abgewinnen kann und ihre Einstellung in etwas anstrengenden »Sex ist nicht Liebe«-Dialogen deutlich macht. Zugegebenermaßen ist das im Kontext mit ihren Werten verständlich, ihre tiefe Enttäuschung in der Hochzeitsnacht wirkt aber ein wenig überzogen, auch wenn sie natürlich für den Fortgang der Handlung notwendig ist. Womit wir auch schon beim größten Kritikpunkt sind, der Wette zwischen Katherine und Jasper, die ziemlich unsinnig ist, zumal ja auch den Figuren klar sein dürfte, dass durch diese Abmachung jede evtl. aufkeimende Liebe unmittelbar erstickt wird – was ja auch (fast) passiert.
Mit der Ankunft auf Celtenham wird das Tempo aus der Geschichte genommen, dafür gewinnt sie aber an Intensität, denn Jasper und Kate haben endlich Zeit, sich auf ihre Ehe zu konzentrieren und sich kennen und lieben zu lernen. Grandioser Höhepunkt dieser Phase ist der Tag des Sommerfests, das wundervoll beschrieben ist und bei dem endgültig deutlich wird (auch den Protagonisten!), wie sehr Jasper sich verändert hat und wie wichtig sie einander inzwischen sind, ohne es selbst richtig bemerkt zu haben.

Balogh hat einmal mehr glaubwürdige und mitreißende Figuren geschaffen. Jasper wird zunächst als oberflächlicher, egozentrischer und rücksichtsloser Lebemann dargestellt, dessen Leben ihn so langweilt, dass er sich mit wahnwitzigen Wetten die Zeit vertreibt. Doch schon im Zusammenhang mit den Ereignissen in Vauxhall wird klar, dass er kein ganz so übler Kerl ist und durchaus über ein Mindestmaß an Anstand verfügt – auch, wenn er das selbst gar nicht für möglich gehalten hätte. Im weiteren Verlauf der Geschichte wird immer deutlicher, dass Jasper bei aller Verbitterung und Durchtriebenheit sehr wohl über Moral und Verantwortungsbewusstsein verfügt, was sich v.a. in seinem Verhalten gegenüber seiner Schwester und Katherine und ihrer Familie manifestiert. Dass er sich mehrfach wie ein Idiot verhält und aus seinen Fehlern zunächst nichts zu lernen scheint, ist einigermaßen zu verkraften, weil sehr deutlich wird, dass er seinen erwachenden Gefühlen ziemlich hilflos gegenüber steht und die Tatsache herunterspielen will, dass er verletzlich ist. Es ist wundervoll und glaubwürdig beschrieben, wie Jasper im Laufe der Handlung Schritt für Schritt mit seiner Vergangenheit aufräumt, seine Verbitterung und seinen Zynismus ablegt, sich Katherine öffnet und zu sich selbst findet.

Katherine ist schon aufgrund ihrer Herkunft das genaue Gegenteil von Jasper. Sie ist geborgen in einer liebevollen Familie aufgewachsen und wünscht sich das gleiche für ihre eigene Familie. Dass ausgerechnet familiäre Gründe sie dazu zwingen, zum Wohl ihrer Geschwister eine Vernunftehe einzugehen, ist wohl Ironie des Schicksals. Entsprechend unglücklich ist sie zunächst auch, denn sie hat alle ihre Ideale und Ansprüche an ihr (Liebes-)Leben über den Haufen geworfen. Trotzdem bleibt sie sich selbst treu und versucht, das beste aus der schwierigen Situation zu machen. Ihre Darstellung als selbstbewusste, zupackende, lebenslustige, charmante und herzliche Frau mit Verstand und Witz ist absolut gelungen und überzeugend.

Die Nebenfiguren sind in diesem Buch ebenfalls sehr gelungen, allen voran Charlotte, Jaspers kleine Schwester, die bei aller Naivität hinreißend charmant ist, und ihr Großonkel und Vormund Seth Wrayburn, ein Zyniker par excellence, der eigentlich nur seine Ruhe will, die Belästigungen durch seine lieben Verwandten gründlich satt hat und entsprechend gereizt reagiert. Amüsant sind auch die Auftritte Gegenspieler Prunella und Clarence, die zwar fies, aber irgendwie auch ziemlich dumm sind. Natürlich sind auch Cousin Constantine und die anderen Huxtable-Geschwister nebst Anhang mit von der Partie.

Wertung:
14/15 – Hach, was für ein schöner Liebesroman! Obwohl der Plot an sich nicht wirklich außergewöhnlich ist, sondern ein klassisches Thema hat, macht Balogh das Buch durch ihre wundervolle Erzählweise und ihre Figuren zu etwas ganz besonderem.

Mary Balogh: First Comes Marriage

1. Teil der Huxtable-Serie

Inhalt:
Als Elliott Wallace, Viscount Lyngate, in Throckbridge eintrifft und dem 17-jährigen Stephen Huxtable verkündet, dass er einen Lord-Titel mit allen Pflichten und Vorzügen geerbt hat, steht das Leben des Jungen und seiner drei Schwestern plötzlich auf dem Kopf. Gemeinsam verlassen sie ihren Heimatort und ziehen in Stephens geerbtes Anwesen. Dort sollen sie alle ihren gesellschaftlichen Schliff erhalten, um in den ton eingeführt werden zu können.
Vor allem aus praktischen Gründen entschließt sich Viscount Lyngate, der für die Familie verantwortlich ist, die älteste Schwester Margaret zu heiraten. Die verwitwete Vanessa allerdings macht ihm einen Strich durch die Rechnung: Als sie Wind von seinem Plan bekommt, bietet sie sich selbst als Braut an, um Margaret vor einer Zweckehe zu bewahren – und Lyngate willigt nach langem Ringen ein. Doch die vernunftbasierte Verbindung zwischen den beiden entwickelt sich anders als geplant …

Kommentar:
Der erste Teil der neuen Serie um die Huxtable-Geschwister fängt richtig stark an: mit dem unerwarteten Auftauchen eines Viscounts auf dem Dorfball in Throckbridge, wo er Vanessa Huxtable kennenlernt. Lyngates Auftreten auf dem Dorfball erinnert unbestreitbar an Mr. Darcy, und mit Vanessas Reaktion auf seine Arroganz beim Tanzen ist der Grundstein gelegt für eine prickelnde Beziehung zwischen den beiden Protagonisten, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Auch im weiteren Verlauf der Geschichte steht das wechselhafte Verhältnis zwischen Vanessa und Elliott, die sich aufgrund ihrer Gegensätzlichkeit nicht ganz grün, aber doch merklich voneinander fasziniert sind, im Vordergrund. Ihre Treffen und Diskussionen bieten eine Menge Spannung und Unterhaltung – bis zum vorläufigen Höhepunkt, Vanessas Heiratsantrag und der Hochzeit.
Anschließend flacht die Handlung leider ab: Nach dreitägigem Aufenthalt in einem abgeschotteten Haus, der eigentlich einen hervorragenden Grundstein für das weitere Leben der Jungvermählten hätte bilden sollen (was eigentlich auch so zu sein schien), folgt ein Auf und Ab unglücklicher Ereignisse, Missverständnisse und Intrigen, die die ohnehin auf wackligen Beinen stehende Beziehung der Jungvermählten immer wieder ins Wanken bringt. Begleitet wurden diese Störfaktoren auch noch von sich wiederholenden, doch ziemlich ermüdenden Dialogen über die feinen Unterschiede der verschiedenen Arten von Liebe. Weiter Teile des Handlungsverlaufs nach der Hochzeit wirkten recht konstruiert und in die Länge gezogen; es will einfach keine rechte Spannung mehr aufkommen. Schade, dass sich Mary Balogh nicht einfach darauf konzentriert hat, die wachsende Beziehung der Protagonisten zu beschreiben, statt ziemlich überflüssige Krisen zu ersinnen, deren Ausgang ohnehin klar ist.

Vor allem Viscount Lyngate ist ein Held nach meinem Geschmack: ein bisschen düster, arrogant, herrisch, misstrauisch, mürrisch, humorlos und oberflächlich, aber von alledem nicht zu viel, sondern in genau dem richtigen Maß, um trotzdem noch sympathisch zu sein (manchmal gerade noch!). Bezüglich Vanessa bin ich ein wenig gespalten. Natürlich ist sie der perfekte Gegenpart zu Elliott, und sie ist grundsätzlich durchaus eine liebenswerte Figur, ich kann aber wenig mit ihrer Eigenschaft anfangen, sämtlichen Problemen, Anmaßungen und Beleidigungen guten Mutes und mit einem Lachen zu begegnen. Ihre unermüdliche Fröhlichkeit und ihr ungebrochener Optimismus überschreiten schon fast die Grenzen des Erträglichen und sind zeitweise fast so anstrengend wie ihre ständige Zurückweisung jeglicher Komplimente; bisweilen schien sie ihrer Umgebung geradezu einreden zu wollen, dass sie fürchterlich hässlich sei. Trotzdem: In Kombination mit Lyngate ist Vanessa natürlich klasse; die Dialoge zwischen den beiden sind an vielen Stellen so spritzig und humorvoll, wie man das von Balogh gewohnt ist, und ohne Vanessas positive Einstellung zum Leben würde das Buch ohnehin gar nicht funktionieren.

Auch die weiteren Huxtable-Geschwister werden in diesem Buch eingeführt; Kate und Stephen sind noch nicht so recht greifbar, die älteste Schwester Meg ist allerdings bislang nicht wirklich mein Fall. Ihre nicht enden wollende Trauer um die verlorene große Liebe und ihrer Aufopferungsbereitschaft für die Familie sind mir irgendwie unheimlich; insofern fürchte ich den dritten Teil der Serie, der von ihr handelt, ein wenig … Richtig gespannt bin ich auf die weitere Geschichte um Cousin Constantine. Der Handlungsstrang um seine Vergangenheit bleibt offen, doch dass bezüglich Lyngates Erzfeind nicht alles so ist, wie es zu sein scheint, ist klar. Man darf gespannt auf sein eigenes Buch sein (angeblich für 2010 geplant).

Ein großes Plus des Buchs ist einmal mehr Baloghs Erzählweise. Manch einem Leser ist sie zu langweilig und zu wenig spektakulär, ich finde ihre leisen Töne genau richtig: Der feinsinnige Humor, die unterhaltsamen, oft amüsanten Dialoge und die Emotionalität sind einfach genau mein Fall und machen so manchen Mangel in der Handlung wieder wett.

Fazit:
11/15 – Nach einer hervorragenden ersten Hälfte fällt das Buch merklich ab, weil es der Autorin nicht gelingt, die Spannung nach der Hochzeit noch aufrecht zu erhalten; da helfen auch mühsam konstruierte Krisen nicht. Trotz allem ein guter, unterhaltsamer Liebesroman – auch wenn man von Balogh noch bessere kennt.

Judith Ivory: The Proposition

Inhalt:
London, 1898. Die verarmte Lady Edwina Bollash verdient sich mit der Erziehung adliger Mädchen ihren Lebensunterhalt und erwirbt sich den Ruf, selbst schwierigste Fälle bewältigen zu können. Doch eines Tages treten die Zwillinge Emile und Jeremy Lamont mit einer Wette an sie heran: Edwina soll Mick Tremore, einen ungehobelten Rattenfänger aus Cornwall, innerhalb von sechs Wochen gesellschaftsfähig machen, sodass er auf dem Ball des Duke of Arles als Viscount auftreten kann. Edwina lässt sich nach kurzem Zögern auf den lukrativen Handel ein, weil sie mit dem Duke noch eine Rechnung offen hat – und weil sie als Linguistin Micks Dialekt so faszinierend findet, dass sie ihn während der Ausbildung studieren will. Sie stellt schnell fest, dass nicht nur Micks Dialekt faszinierend ist, sondern dass er darüber hinaus ein äußerst intelligenter und anziehender Mann ist …

Kommentar:
Verarmte Adlige modelt »unerzogenen« Arbeiter aus Cornwall bzw. dem East End zum Gentleman um – das ist ein Plot nach meinem Geschmack. Ich mag ruhige, intensive Geschichten, die sich darauf konzentrieren, die Entwicklung der Beziehung zwischen den Protagonisten zu erzählen, und brauche kein großes Tamtam, keine Krimi- oder Spionagehandlung oder gar siebentausend schwachsinnige Missverständnisse, die das Happy-End künstlich hinauszögern und meist einfach nur ärgerlich sind. Die ausschließliche Konzentration auf die Protagonisten birgt allerdings die Gefahr, dass zu wenig passiert – so auch hier: Irgendwie fehlt dem Buch der Pepp. Die Ausbildung Tremores plätschert ohne echte Höhepunkte vor sich hin, weil er offenbar ein ziemlicher Musterschüler ist. Ähnliches gilt für die Beziehung der Protagonisten: die zu erwartende Steigerung der Spannung und Gefühle füreinander ist nur bedingt nachvollziehbar oder zumindest nicht spürbar; man bekommt sie in Form der Gedanken der Protagonisten zwar mitgeteilt, kann sie aber in der Interaktion, den Dialogen, der Umgangsweise nicht »fühlen«. Überhapt nicht nach meinem Geschmack ist das Ende (Stichwort: Erbe), das einfach viel zu dick aufgetragen und viel zu »happy« ist.

Da sich die Geschichte wie erwähnt auf Mick und Edwina bzw. die Entwickung deren Beziehung fokussiert, sind alle anderen Figuren nur Staffage und Stichwortgeber. Die Protagonisten sind prinzipiell sympathisch, wenngleich Wins Reaktion auf jegliche Komplimente mit der Zeit ein wenig anstrengend ist und nicht so recht zur sonst eigentlich eigenständigen und erfolgreichen Frau passen mag. Bezüglich Mick hätte ich mir ein paar Ecken und Kanten mehr gewünscht; ebenso wie Edwine ist er ein wenig zu glatt und damit blass – beide sind keine Figuren, die mir im Gedächtnis bleiben werden.

Fazit:
10/15 – Weil ich ein großer Fan dieser Art von Plot bin, gibt es noch ein »gut«. Letztendlich bin ich aber ein wenig enttäuscht von diesem Buch, weil ihm die Intensität fehlt, für die Autorin so schätze.

Laura Lee Guhrke: Guilty Pleasures

Inhalt:
Daphne Wade arbeitet als Dokumentarin für den Duke of Tremore, der auf seinem Grundbesitz ein römisches Haus ausgräbt, und verliebt sich Hals über Kopf in ihren Arbeitgeber. Doch als sie ein Gespräch zwischen dem Duke und seiner Schwester belauscht, in dem er äußerst abfällig über die junge Archäologin spricht, ist es mit der Liebe und Aufopferungsbereitschaft vorbei! Zutiefst gekränkt kündigt Daphne die Stelle und nimmt das Angebot der Schwester des Dukes an, sie in die Gesellschaft einzuführen. Erst jetzt wird dem arroganten oberflächliche Tremore bewusst, was er an Daphne hat, doch ihm bleibt nicht viel Zeit, um sie davon zu überzeugen, bei ihm zu bleiben …

Kommentar:
Die Handlung unterscheidet sich nur unwesentlich von der vieler anderen Historicals: Bürgerliche, unscheinbare Angestellte eines Adligen verliebt sich in ihren gefühlskalten, eingebildeten Arbeitgeber, der sich überhaupt nicht zur Kenntnis nimmt – bis sie kündigt. Das Setting ist für einen historischen Liebesroman (1830) schon weniger üblich: Daphne verdient als Archäologin ihren eigenen Lebensunterhalt, ist damit finanziell nicht von einem Ehemann/Verwandten abhängig und bewegt sich außerhalb der gesellschaftlichen Vorstellungen und Normen. Damit bildet sie einen perfekten Gegenpol zu Tremore, der seinerseits extrem pflicht- und traditionsbewusst dargestellt ist, und aus dieser Gegensätzlichkeit der Protagonisten bezieht das Buch auch einen großen Teil seines Reizes. Die Spannung, die sich ab dem Zeitpunkt von Daphnes Kündigung zwischen den Protagonisten aufbaut, ist greifbar, die veränderte Wahrnehmung Daphnes durch den Duke und sein Hadern mit diesem Umstand ist richtig gut und prickelnd beschrieben.
Im letzten Drittel lässt das Buch allerdings etwas nach: Tremors Vorgehensweise in London und Daphnes (prinzipiell verständliche) Reaktion auf seinen Heiratsantrag erinnern mich leider frappierend an Stephanie Laurens‘ ewig wiederkehrenden Cynster-Plot (»Ich heirate ihn nur, wenn er mich wirklich liebt, nicht aber, wenn er mich nur aus reinem Pflichtbewusstsein will.«) und ist nicht nur einigermaßen anstrengend, sondern historisch betrachtet auch ziemlich unglaubwürdig.

Wertung:
12/15 – Trotz kleinerer Abstriche ein schönes, unterhaltsames Buch, das das Niveau und die Spannung aber nicht über die gesamte Länge halten kann.

Elizabeth Boyle: The Matchmaker’s Bargain

Veröffentlicht in der Anthologie: Hero, Come Back
5. Teil der Danvers-Serie

Inhalt:
Als Amanda Preston auf ihrem Weg nach Brigthon bei einer Frau in Bramley Hollow übernachtet, ahnt sie nicht, dass sie bei einer Kupplerin gelandet ist. Unwissentlich geht Amanda einen sagenumwobenen Handel mit Esme ein und trifft nicht viel später auf James Reyburn, einen Lebemann, den sie bereits vor Jahren in London kennen und lieben gelernt hat. Doch Jemmy ist nach seinem Kriegseinsatz in Spanien nicht mehr derselbe …

Kommentar:
Die Handlung ist ein Klassiker: Leicht verbitterter Held und hingebungsvolle Heldin treffen zufällig aufeinander und verlieben sich. Man hat das zahllose Male gelesen … und nicht selten besser. Das liegt sicher vor allem am Umfang der Geschichte, die mit ca. 150 Seiten einfach nicht den Raum bietet, eine tiefschürfende Handlung zu erzählen. Allerdings ist die Story schon sehr süßlich, die Erklärung für Amandas Flucht ziemlich an den Haaren herbeigezogen und insbesondere das Ende im Gefängnis ziemlich albern.

Amanda ist ganz sympathisch, aber ein wenig naiv und alles in allem recht blass und leblos. Jemmy hingegen ist eigentlich ein klassischer »tortured hero«: Seit seiner Rückkehr aus dem Krieg, aus dem er ein steifes Bein und eine entstellende Narbe im Gesicht davon getragen hat, lebt er zurückgezogen in Bramley Hollow und meidet den ton. Er ist verbittert, hadert mit seinem Schicksal und vor allem mit seinen äußeren Makeln. Leider erfährt man zwar davon, er macht aber nicht wirklich einen verbitterten Eindruck. Sicher gilt hier ähnliches wie zuvor für die Geschichte: Es ist im Rahmen der Kurzgeschichte einfach keine Zeit, die Profile der Personen zu vertiefen.

Wertung:
7/15 – Eine ganz nette, aber ziemlich austauschbare oberflächliche Kurzgeschichte, die man nach dem Lesen schätzungsweise schnell wieder vergessen wird.

Anna Campbell: Zart wie die Nacht

Originaltitel: Untouched

Inhalt:
Die Umstände ihrer ersten Begegnung sind alles andere als günstig: Die junge Witwe Grace Paget wurde gegen ihren Willen auf ein Landgut verschleppt. Der attraktive, geheimnisvolle Gutsherr, Marquis Matthew Lansdowne, glaubt hingegen, sie wolle ihn nur verführen. Trotz dieses Missverständnisses beginnt in ihnen eine flammende Leidenschaft füreinander aufzulodern …

Kommentar:
Ich weiß eigentlich nicht so wirklich, was ich von diesem Buch halten soll. Es ist schon absolut hanebüchen, was einem hier vorgesetzt wird: Zwei brutale Schergen des verbrecherischen Lord John entführen aus Gründen, die kein Mensch nachvollziehen kann, eine ehrbare Witwe und bringen sie auf ein Landgut, wo seit Jahren ein wahnsinniger Marquis eingesperrt ist. Den soll sie verführen, und obwohl beide Protagonisten gegen ihre Libido ankämpfen, bricht natürlich – nachdem alle lächerlichen Missverständnisse auf der Welt geräumt sind – wieder mal eine alles verzehrende Leidenschaft und tiefe Liebe aus, die in einem zuckersüßen Finale gipfeln.

Aber nicht nur die Grundvoraussetzung und der ganze Handlungsverlauf sind widersinnig und unglaubwürdig, sondern auch die Figuren. Bei der etwas blass geratenen Grace, die mit ihrer Vergangenheit hadert, hält sich das gerade noch in Grenzen; Matthew allerdings ist für die Situation, in der er sich seit Jahren befindet, viel zu »normal« und zu wenig verbittert geraten. Trotzdem muss man hinsichtlich der beiden Protagonisten feststellen, dass sie zwar nicht gerade mitreißend sympathisch und glaubwürdig, aber irgendwie faszinierend sind.

Und das Gleiche gilt eigentlich auch für meinen Gesamteindruck vom Buch: Trotz aller Schwächen hat es mich aus Gründen, die ich gar nicht näher benennen kann, doch so sehr gepackt, dass ich einfach dranblieben musste und es ziemlich schnell durchgelesen habe.

Wertung:
7/15 – Ein seltsames Buch, aber irgendwie trotzdem fesselnd. Vielleicht deshalb, weil es mal was ganz anderes ist mit den über weite Strecken fast vollkommen von der Außenwelt abgeschirmten Protagonisten, die ausschließlich auf sich selbst und die Entwicklung ihrer Beziehung konzentriert sind.

Judith Ivory: Untie my Heart

Inhalt:
Stuart Aysgarth, the new Viscount Mount Villiars, doesn’t know he’s playing with fire when he inadvertently runs afoul of Emma Hotchkiss. True, the exquisite Yorkshire lady is a mere sheep farmer, but she also guards a most colorful past that makes her only more appealing to the handsome, haunted lord. Ema has come to him seeking justice–and Stuart is determined that she will not leave until she has shared their secrets … and their bed. Her clever revenge scheme must fail in the face of his soft words and tender caress–and then he turns the tables on his bewitching adversary, seducing her into a daring deception of his own …

Kommentar:
Oh, was für ein wundervolles Buch! Die Rahmenhandlung erinnert ein wenig an „Der Clou“ und nimmt relativ viel Raum ein, die Liebesgeschichte entwickelt sich vor dem Hintergrund des ausgetüftelten Schwindels langsam und glaubwürdig und wirkt sehr intensiv. Im Vergleich zum eher gemächlichen Erzähltempo über weite Teile des Buchs wirkt das Ende ein wenig gehetzt, und ein kleiner Wertmutstropfen ist Emmas nicht wirklich nachvollziehbare – und auch noch ziemlich halbherzige – Handlungsweise nach Abschluss des Clous. Aber wer wollte darüber ernsthaft meckern angesichts aller sonstiger Vorzüge des Buchs?! 

Nicht nur die Handlung ist mal was besonderes, sondern auch die Figuren. Stuart ist (trotz seines ausgesprochen unerotischen Namens) eine der faszinierendsten Gestalten, die mir je in einer Romance »begegnet« sind: Nicht zu perfekt, sondern ein bisschen düster, ein bisschen mysteriös, ein bisschen schicksalsgebeutelt, ein bisschen arrogant, ein bisschen merkwürdig – aber von allem nur gerade so viel, dass es nicht übertrieben ist oder gar in richtung Antiheld umschlägt. Er ist einfach absolut umwerfend. 
Selbst die patente, willensstarke Emma mit ihrer schwierigen und nicht gerade erfreulichen Vergangenheit wirkt gegen diesen Mann ein bisschen blass, obwohl sie ebenfalls eine toll ausgearbeitete, erfreulich ambivalent angelegte Protagonistin ist. 
Herausragend ist auch Ivorys Fähigkeit, sowohl (eigentlich unbedeutende) Kleinigkeiten als auch Ereignisse so detailliert und intensiv zu beschreiben, dass man sie bildlich vor sich sehen kann und dass sie einen vollkommen gefangen nehmen. Großartigstes Beispiel ist die Szene, als Stuart in die Bank kommt und erstmals auf Emma trifft. Wer hier nicht anfängt zu seufzen und Stuart augenblicklich verfällt, für den ist die Autorin wahrscheinlich nichts. 

Dass Ivory nicht jedermanns Sache ist, kann ich mir gut vorstellen, denn genau diese ausführlichen Beschreibungen, die ambivalenten Figuren, die Tatsache, dass die Rahmenhandlung so viel Raum einnimmt und vor allem auch die recht speziellen Sexszenen sind bestimmt Geschmackssache. Wer allerdings solche etwas anspruchsvolleren Liebesromane mag, wird begeistert sein!

Wertung:
14/15 – Ein richtig mitreißender Liebesroman aus der spätviktorianischen Ära.