2. Teil der Huxtable-Serie
Inhalt:
Jasper Finley, Baron Montfort, lässt sich an seinem 25. Geburtstag zu einer empörenden Wette überreden: Innerhalb von 14 Tagen soll er die Cousine seines Freundes Constantine und Schwester eines Earls verführen: Lady Katherine Huxtable. Und die naive jungfräuliche Schönheit vom Lande erliegt dem notorischen Wüstling trotz seines schlechten Rufs augenblicklich, doch dann laufen die Dinge allerdings anders als geplant …
Drei Jahre später treffen sich Katherine und Jasper wieder und werden mit dem Vorfall in Vauxhall konfrontiert, denn die damalige Wette wird publik und ein Skandal bahnt sich an. Es bleibt nur ein Ausweg: Die beiden müssen heiraten, um Katherines Ruf wiederherzustellen und den anderen Familienangehörigen nicht zu schaden. Die Vernunftehe wird allerdings durch eine neuerliche Wette zwischen den Eheleuten interessant …
Kommentar:
Das Buch startet ohne jedes Vorgeplänkel mit dem Abschluss der Wette und dem von Montfort herbeigeführten Aufeinandertreffen zwischen ihm und Kate in Vauxhall, das allerdings ziemlich aus dem Ruder läuft. Montfort verliert seine Wette und zieht sich – ebenso wie Kate – zunächst aus der Stadt zurück.
Als sie drei Jahre später erneut aufeinandertreffen, geht es temporeich weiter: Trotz der zurückligenden Ereignisse fühlen sie sich voneinander angezogen, was sich in schlagfertigen, amüsanten Dialogen und Flirts widerspiegelt. Man gewinnt gerade den Eindruck, dass sich langsam eine Beziehung zwischen den beiden entwickeln könnte, als die alte Wette publik gemacht wird und die beiden sich gezwungen sehen, zu heiraten. Entsprechend unromantisch fällt auch Jaspers Heiratsantrag aus, der mehr ein Appell an Kates Vernunft ist, aber natürlich zur Situation und den Charakteren passt. Ähnlich enttäuschend verläuft die Hochzeitsnacht, obwohl sich die Protagonisten immerhin körperlich unwiderstehtlich zueinander hingezogen fühlen. Das Verlangen macht den Mangel an Liebe aber auch nicht wett, zumindest nicht für Katherine, die Sex ohne Liebe offenbar nicht viel abgewinnen kann und ihre Einstellung in etwas anstrengenden »Sex ist nicht Liebe«-Dialogen deutlich macht. Zugegebenermaßen ist das im Kontext mit ihren Werten verständlich, ihre tiefe Enttäuschung in der Hochzeitsnacht wirkt aber ein wenig überzogen, auch wenn sie natürlich für den Fortgang der Handlung notwendig ist. Womit wir auch schon beim größten Kritikpunkt sind, der Wette zwischen Katherine und Jasper, die ziemlich unsinnig ist, zumal ja auch den Figuren klar sein dürfte, dass durch diese Abmachung jede evtl. aufkeimende Liebe unmittelbar erstickt wird – was ja auch (fast) passiert.
Mit der Ankunft auf Celtenham wird das Tempo aus der Geschichte genommen, dafür gewinnt sie aber an Intensität, denn Jasper und Kate haben endlich Zeit, sich auf ihre Ehe zu konzentrieren und sich kennen und lieben zu lernen. Grandioser Höhepunkt dieser Phase ist der Tag des Sommerfests, das wundervoll beschrieben ist und bei dem endgültig deutlich wird (auch den Protagonisten!), wie sehr Jasper sich verändert hat und wie wichtig sie einander inzwischen sind, ohne es selbst richtig bemerkt zu haben.
Balogh hat einmal mehr glaubwürdige und mitreißende Figuren geschaffen. Jasper wird zunächst als oberflächlicher, egozentrischer und rücksichtsloser Lebemann dargestellt, dessen Leben ihn so langweilt, dass er sich mit wahnwitzigen Wetten die Zeit vertreibt. Doch schon im Zusammenhang mit den Ereignissen in Vauxhall wird klar, dass er kein ganz so übler Kerl ist und durchaus über ein Mindestmaß an Anstand verfügt – auch, wenn er das selbst gar nicht für möglich gehalten hätte. Im weiteren Verlauf der Geschichte wird immer deutlicher, dass Jasper bei aller Verbitterung und Durchtriebenheit sehr wohl über Moral und Verantwortungsbewusstsein verfügt, was sich v.a. in seinem Verhalten gegenüber seiner Schwester und Katherine und ihrer Familie manifestiert. Dass er sich mehrfach wie ein Idiot verhält und aus seinen Fehlern zunächst nichts zu lernen scheint, ist einigermaßen zu verkraften, weil sehr deutlich wird, dass er seinen erwachenden Gefühlen ziemlich hilflos gegenüber steht und die Tatsache herunterspielen will, dass er verletzlich ist. Es ist wundervoll und glaubwürdig beschrieben, wie Jasper im Laufe der Handlung Schritt für Schritt mit seiner Vergangenheit aufräumt, seine Verbitterung und seinen Zynismus ablegt, sich Katherine öffnet und zu sich selbst findet.
Katherine ist schon aufgrund ihrer Herkunft das genaue Gegenteil von Jasper. Sie ist geborgen in einer liebevollen Familie aufgewachsen und wünscht sich das gleiche für ihre eigene Familie. Dass ausgerechnet familiäre Gründe sie dazu zwingen, zum Wohl ihrer Geschwister eine Vernunftehe einzugehen, ist wohl Ironie des Schicksals. Entsprechend unglücklich ist sie zunächst auch, denn sie hat alle ihre Ideale und Ansprüche an ihr (Liebes-)Leben über den Haufen geworfen. Trotzdem bleibt sie sich selbst treu und versucht, das beste aus der schwierigen Situation zu machen. Ihre Darstellung als selbstbewusste, zupackende, lebenslustige, charmante und herzliche Frau mit Verstand und Witz ist absolut gelungen und überzeugend.
Die Nebenfiguren sind in diesem Buch ebenfalls sehr gelungen, allen voran Charlotte, Jaspers kleine Schwester, die bei aller Naivität hinreißend charmant ist, und ihr Großonkel und Vormund Seth Wrayburn, ein Zyniker par excellence, der eigentlich nur seine Ruhe will, die Belästigungen durch seine lieben Verwandten gründlich satt hat und entsprechend gereizt reagiert. Amüsant sind auch die Auftritte Gegenspieler Prunella und Clarence, die zwar fies, aber irgendwie auch ziemlich dumm sind. Natürlich sind auch Cousin Constantine und die anderen Huxtable-Geschwister nebst Anhang mit von der Partie.
Wertung:
14/15 – Hach, was für ein schöner Liebesroman! Obwohl der Plot an sich nicht wirklich außergewöhnlich ist, sondern ein klassisches Thema hat, macht Balogh das Buch durch ihre wundervolle Erzählweise und ihre Figuren zu etwas ganz besonderem.
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