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[Rezension] Portia da Costa: Die Lektion

Originaltitel: The Tutor

Inhalt:
Die Bibliothekarin Rosalind Howard soll die Privatsammlung des faszinierenden Julian Hadey ordnen. Doch Julian und seine Frau haben noch einen anderen Plan mit ihr. Sie soll ihren unerfahrenen Neffen in die Kunst der Liebe einführen. So wird Rosa Teil eines erotischen Spiels, in dem Leidenschaft und Verlangen die Regeln bestimmen.

Kommentar:
Viel zu sagen gibt es zu diesem Buch eigentlich nicht. Dem Klappentext ist nichts hinzuzufügen; er sagt alles aus, was es zum Inhalt zu wissen gibt, denn die »Handlung« ist äußerst dürftig und dient lediglich dazu, die Sexszenen zusammenzuhalten. Mich persönlich stört das bei einem Erotikroman nicht, es soll aber erwähnt werden für jene, die auch bei Erotica eine sinnvolle Geschichte erwarten.

Im Haus von Julian befriedigt jeder jeden, wobei das Hauptaugenmerk natürlich auf der Bibliothekarin Rosalind liegt, die aber ebenso gut Fleischereifachverkäuferin sein könnte, denn sie tut alles, nur nicht Bücher katalogisieren. Stattdessen treibt sie es wie angewiesen mit dem neunzehnjährigen Neffen des Hausherren (einem echten Naturtalent, dem es eigentlich gar nichts beizubringen gibt, weil er intuitiv alles richtig macht), darüber hinaus aber auch mit dem Hausherren, seiner Frau, dem Hausherren und seiner Frau sowie der Fitnesstrainerin. Um zu alledem noch eine homosexuelle BDSM-Komponente ins Spiel zu bringen, frönt Rosalind außerdem ihrer voyeuristischen Ader, von der sie zuvor gar nicht wusste, dass sie existiert, und beobachtet gemeinsam mit ihrem Zögling den Hausherren beim Bondage-Sex mit dem (quoten-)schwarzen Chauffeur. Und weil auch das noch nicht genug ist, dürfen wir noch diversen Masturbationsszenen beiwohnen, bei denen zum Teil ein beeindruckender, nimmermüder Vibrator zum Einsatz kommt. Es werden also (fast) sämtliche denkbaren Präferenzen bedient, besonders erotisch sind die Sexszenen aber leider alle nicht – und das, obwohl wir Dank der Adleraugen des gelehrigen Schülers während des Akts anatomische Details beschrieben bekommen, die eigentlich gar nicht sichtbar sein dürften oder die alternativ so extrem ausgebildet sind, dass ich mir den Anblick gar nicht so genau vorstellen will. Ob da jemandem beim Schreiben die Fantasie durchgegangen ist?!

Fazit:
06/15 – Standardkost mit maximal mittelmäßigem Erotikfaktor. Kann man, muss man aber wirklich nicht.

[Rezension] Lorelei James: Long Hard Ride

Rough Riders, Book 1

Inhalt:
Channing Kinkaid hat keine Lust mehr auf ihr durchgeplantes, langweiliges Leben, weshalb sie die Entscheidung trifft, wenigstens für eine Weile eine Auszeit zu nehmen. Sie schließt sich dem Rodeo-Zirkus an und lernt dort Colby McKay kennen, zu dem sie sich unwiderstehlich hingezogen fühlt. Als er ihr vorschlägt, gemeinsam mit ihm und seinen beiden Begleitern zu reisen und ihnen als Gegenleistung für Sexspiele zur Verfügung zu stehen, ist das genau die erhoffte Gelegenheit, ihrem Leben einen Kick zu geben. Sie willigt ein – ohne zu ahnen, worauf sie sich wirklich einlässt.

Kommentar:
Evis restlose Begeisterung über die Bücher der Autorin hat mich dazu gebracht, den ersten Teil der Rough-Riders-Serie auszuprobieren, und entsprechend hoch war meine Erwartungshaltung – obwohl das Thema Rodeo so gar nicht meins ist.

Der obigen Inhaltsangabe ist nicht mehr viel hinzuzufügen: Channing schließt sich Colby und seinen Kumpanen an, um ein Sexabenteuer zu erleben und Dinge auszuprobieren, von denen sie bislang noch nicht mal zu träumen gewagt hat. Aus der geplanten Affäre auf Zeit wird aber schnell mehr, denn Colby und Channing verlieben sich Hals über Kopf ineinander. Und obwohl das allen Beteiligten schnell klar ist, führen diverse mehr oder weniger konstruierte Missverständnisse in Form von falsch verstandenen Aussagen dazu, dass es zu einem ziemlichen Herumgeeier kommt, das – natürlich – in einem hochdramatischen Finale gipfeln muss.

Neben mehr Rodeo-Episoden als erwartet, gibt es erwartungsgemäß reichlich Sex in allen Varianten und Spielarten: oral, vaginal und anal sowie BDSM in kleinen Dosen; das alles zu zweit (mit wechselnden Partnern, w/m und m/m) und zu dritt (m/m/w), mit und ohne Zuschauer. Aus Gründen, die ich ehrlich gesagt an nichts Konkretem festmachen kann, haben mich die durchaus expliziten Szenen, obwohl sie gut geschrieben sind, allesamt relativ kalt gelassen; der Funke wollte einfach nicht überspringen, das Prickeln zwischen den Protagonisten hat mich nicht erreicht.

Es mag an den Hauptpersonen Channing und Colby gelegen haben, dass ich das Buch nicht so toll fand, obwohl ich es doch so gerne toll gefunden hätte. Die beiden sind zwar nicht unsympathisch, aber auch keine Figuren, die mich begeistert und mitgerissen hätten. Ihre besagte Begriffstutzigkeit bzw. ihre Weigerung, sich das Offensichtliche einzugestehen – nämlich dass sie sich ineinander verliebt haben –, hat mich stellenweise ganz schön die Augen rollen lassen, und Colbys Anfälle von Besitzdenken, Eifersucht und Dominanzgehabe fand ich ziemlich nervig. Interessanter als die Protagonisten fand ich tatsächlich die Nebenfiguren Edgard und Trevor sowie Gemma und Clay, die ihre eigenen Bücher haben.

Obwohl mich das Buch letztendlich nicht richtig in seinen Bann ziehen konnte, soll keinesfalls verschwiegen werden, dass es einige herzergreifende Szenen gibt, die mit echter Freundschaft, Liebe und Loyalität zu tun haben. Zudem hat Lorelei James fraglos ein Händchen für wundervollen Liebeserklärungen.

Fazit:
8/15 – Ein solider Erotikroman, bei dem aber der Funke nicht übergesprungen ist und der deshalb zwischenzeitlich zu einiger Langeweile geführt hat. Ich werde dennoch definitiv (mindestens) einen weiteren Band lesen, um mir ein abschließendes Urteil zu bilden, denn sehr gute Ansätze sind vorhanden.


Serieninfo:

01 Long Hard Ride
02 Rode Hart, Put Up Wet
03 Cowgirl Up And Ride
04 Tied Up, Tied Down
05 Rough, Raw, and Ready
06 Branded As Trouble
06.5 Strong, Silent Type
07 Shoulda Been A Cowboy
08 All Jacked Up

[Rezension] Elizabeth Hoyt: To Desire a Devil

The Legend of the Four Soldiers, Book 4

Inhalt:
Als ein verwahrloster, augenscheinlich wahnsinniger Mann die Teeparty im Haus ihres Onkels sprengt, weiß Beatrice Corning nach einem Blick in seine Augen: Es handelt sich um den totgeglaubten Reynaud St. Aubyn, der vor sieben Jahren von Indianern massakriert worden sein soll – um den Mann, in dessen Portrait sie sich vor Jahren verliebt hat. Doch hat dieser Wilde nach seinen schrecklichen Erlebnissen in Gefangenschaft irgendetwas mit dem attraktiven, charismatischen Viscount zu tun, den das Gemälde zeigt?

Kommentar:
Als ich in der Leseprobe am Ende von »To Beguile a Beast« gelesen habe, dass der totgeglaubte St. Aubyn in Band 4 auftauchen würde, war meine Neugierde geweckt. Schließlich hat Viscout Vale, der Protagonist aus Band 2, mit eigenen Augen gesehen, dass sein alter Freund von den Indianern gekreuzigt und verbrannt worden ist.

Die Auflösung dieses Irrtums ist zwar einigermaßen akzeptabel, aber nicht hundertprozentig glaubwürdig – was übrigens auf die meisten Aspekte der Geschichte zutrifft. Tatsache ist: St. Aubyn lebt und kehrt nach sieben Jahren als Sklave bei den Indianern zurück nach England. Weil er sich auf dem Schiff ein Fieber eingefangen hat, ist sein Geisteszustand zunächst ziemlich desolat, doch auch wieder genesen leidet er unter den traumatischen Erfahrungen der letzten Jahre. Er ist dementsprechend unberechenbar und aus Gründen des Selbstschutzes extrem aggressiv: Er hat sich geschworen, sich nie wieder freiwillig in die Hände eines anderen zu begeben und trägt deshalb stets ein langes Messer bei sich, das einzusetzen er nicht scheut – gegen andere, notfalls aber auch gegen sich selbst. Dennoch: Die wenigen Situationen, in denen er – angestachelt von Dritten – austickt, zeigen zwar, dass er auf teilweise auf schmalem Grat wandelt, für einen Mann mit seiner Vergangenheit ist St. Aubyn jedoch zwar interessant, aber viel zu normal und wenig traumatisiert – immerhin hat er jahrelang in Gefangenschaft gelebt, ist unterjocht, gequält und mehrfach fast getötet worden.

Beatrice Corning liebt St. Aubyn so oder so – und zwar schon von dem Moment an, als sie erstmals das Portrait von ihm gesehen hat. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt schon als tot galt und sie ihm nie persönlich begegnet ist, hat sie sich niemals ernsthaft für einen anderen Mann interessiert, denn kein anderer hat eine solch lebensfrohe Ausstrahlung wie der Junge auf dem Gemälde – starker Tobak! Weil sie das Portait über Jahre immer und immer wieder studiert, erkennt sie den verwahrlosten St. Aubyn bei seiner Rückkehr sofort an seinen Augen, die zwar nicht mehr so fröhlich leuchten wie früher, aber immer noch genauso ausdrucksstark sind. Puh. Zu alledem passt, dass ihre Liebe zu ihm so groß und ihr Vertrauen in ihn so stark ist, dass sie als einzige keine Angst vor diesem wilden, unberechenbaren Mann hat, sondern ihm vollkommen unerschrocken und aufopferungsvoll begegnet und ihm stets Liebe und Trost spendet. Komischerweise ist Beatrice trotzdem eine sympathische Heldin, auch wenn sie vollkommen überzogen dargestellt ist.

Im Zentrum der Handlung steht natürlich das Zusammenfinden von der wundervollen Beatrice und dem wilden St. Aubyn – und die beiden eiern trotz ausgiebiger sexueller Freuden ganz schön herum, bis sie sich selbst und einander in einem überdramatischen Finale endlich ihre Gefühle gestehen. Davon abgesehen muss nun endlich der Verräter von Spinner Falls zu Fall gebracht werden, wegen dem das Regiment niedergemetzelt und viele Soldaten in Gefangenschaft geraten sind. Deshalb tun sich die »Four Soldiers« aus den vier Teilen der Serie in diesem Buch zusammen und machen sich gemeinsam auf die Jagd nach dem Verräter – die aber deshalb nicht planvoller oder spannender verläuft als vorher. Darüber hinaus ziehen diverse Nebenkriegsschauplätze, die vollkommen überflüssig sind, die Geschichte unnötig in die Länge.

Fazit:
8/15 – Der Abschlussband passt zur alles in allem durchschnittlichen Serie und erzählt eine leidlich spannende, wenig glaubwürdige Geschichte mit immerhin relativ sympathischen Figuren.

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Serieninfo:

01 To Taste Temptation
02 To Seduce a Sinner
03 To Beguile a Beast
04 To Desire a Devil

[Rezension] Lisa Valdez: Patience

Vicar’s Daughters, Book 2

Inhalt:
Patience Dare ist eine außergewöhnliche Schönheit, die allerdings alle Verehrer strikt abweist – bis ihr Schwager Matthew Morgan Hawkmore mit einem Kuss ihre Leidenschaft entfacht. Die beiden beginnen eine Affäre, die Patience in die Welt des BDSM entführt …

Kommentar:
Den regelmäßigen Lesern meines Blogs wird es nicht entgangen sein: Vier Jahre lang habe ich auf die Veröffentlichung von »Patience« gewartet – und ich konnte es kaum glauben, als ich den Nachfolger des grandiosen Debütromans »Passion« schlussendlich doch noch in Händen hielt. Meine Erwartungshaltung war zwiespältig – einerseits hoffte ich auf einen wenigstens ansatzweise adäquaten Nachfolger, andererseits fand ich es kaum vorstellbar, dass ein Buch mit dieser Entstehungsgeschichte und -zeit wirklich gut werden könnte. Und um es vorweg zu nehmen: Das Buch ist nicht nur nicht gut; es ist sogar unterirdisch schlecht. Es wird mir auf immer ein Rätsel bleiben, dass Berkley dieses Buch so veröffentlich hat, statt die Autorin dazu zu zwingen, notfalls weitere vier Jahre daran zu schreiben (ob das etwas genutzt hätte, steht allerdings zugegebenermaßen in den Sternen). Ich weiß gar nicht, wo ich beginnen soll mit meiner Kritik, denn hier passt einfach gar nichts.

Es fängt schon mit der Handlung an, die nicht nur teilweise unglaubwürdig, sondern auch mehr als dürftig ist, denn es passiert einfach nichts bzw. nicht viel. Matthew und Patience beschäftigen sich mit BDSM-Lektionen, hadern unabhängig voneinander mit ihrer Identität und der Liebe und wollen angeblich niemals im Leben eine Beziehung – außer natürlich miteinander, aber das können sie sich ja nicht eingestehen, weil es sonst schließlich keinen Konflikt gäbe. Das hindert die beiden aber nicht daran, den anderen im Stillen zu glorifizieren, von einer Beziehung und der ewigen Liebe zu träumen. Dem gesamten Umfeld (Passion, Mark, Tante Matty) ist natürlich vom ersten Augenblick an klar, dass Matt und Patience füreinander bestimmt sind, weshalb diverse Kuppelversuche und nervtötende Psychogespräche stattfinden. Darüber hinaus schlägt sich vor allem Matt mit einigen oberflächlich abgehandelten Schwierigkeiten herum, die mit seiner Abstammung und seiner finanziellen Situation zu tun haben, und das Happyend muss dann noch kurz durch einen Pseudostreit zwischen den Liebenden hinausgezögert werden.

Viel schlimmer noch als die wenig überzeugende Handlung sind allerdings die beiden Protagonisten, die beide überhaupt nicht stimmig, geschweige denn sympathisch sind. Matthew nervt von Beginn an mit einer seltsamen Mischung aus Arroganz und Selbstmitleid wegen seines gesellschaftlichen Falls. Nachdem herausgekommen ist, dass er nicht der reinblütige Sohn eines Earls, sondern ein Bastard ist, wird er von einem Teil der feinen Gesellschaft gemieden. Darüber hinaus hat seine Verlobte die Verlobung mit ihm gelöst – was ihn sehr verbittert, obwohl er inzwischen rückwirkend erkannt hat, dass er sie ohnehin nie geliebt hat und dass die Liebe nichts für ihn ist. Sein selbstgerechter Zorn richtet sich ungerechtfertigterweise auch gegen die Leute, die trotzdem bedingungslos zu ihm halten – etwa sein Bruder Mark, Protagonist aus »Passion«, der sich jedesmal, wenn er Matt als seinen Bruder bezeichnet, darauf hinweisen lassen muss, dass sie nur Halbbrüder sind.
Patience gegenüber verhält Matt sich – entsprechend seiner Rolle in der BDSM-Beziehung – jederzeit herrisch, doch das erstreckt sich nicht nur auf die sexuelle Komponente ihrer Beziehung. Als er erfährt, dass Patience bald nach London abreisen wird, um bei einem berühmten Lehrer Cello-Unterricht zu nehmen, verhindert er das mit einer hinterhältigen Intrige (die interessanterweise nie herauskommt und im Buch keinerlei Folgen nach sich zieht). Spätestens nach dieser Aktion habe ich die Figur, die ich schon von Beginn an nicht besonders mochte, regelrecht gehasst – und jedes andere Buch hätte ich spätestens an dieser Stelle abgebrochen.

Ein Verlust wäre das nicht gewesen, zumal Patience auch keine überzeugendere Figur ist; sie bleibt letztendlich blass und ist nicht sympathischer oder gar stimmiger angelegt als Matt. Obwohl sie nach einem Kuss mit Matthew in voller Leidenschaft entbrannt ist und ihn wie eine Löwin verteidigt, stellt sie von vornherein klar, dass sie keine Beziehung und schon gar keine Hochzeit will, sondern nur eine Affäre; ihre Jungfräulichkeit soll dabei aber bitteschön gewahrt werden. Ist ja auch kein Thema, es gibt ja noch ne Menge andere Methoden der Befriedigung, vor allem im BDSM-Bereich: Man kann sich zum Beispiel direkt zu Beginn eines solchen Verhältnisses nackt an ein Bett fesseln lassen und seinem Schicksal harren, während der Liebhaber erst mal Kartenspielen und einen Trinken geht. Immer gut ist auch Oralsex in verschiedenen Ausprägungen – und darin ist Patience gut. Sie ist nämlich zwar eine gläubige, gottesfürchtige Vikarstochter, hat aber dennoch schon eine Menge Erfahrung mit diesem Thema. Schließlich hat sie von frühester Jugend an die Magd mit ihrem Liebhaber beobachtet und mit Gurken aus dem Garten ihre Technik so sehr perfektioniert, dass Matthew kaum glauben kann, dass er der erste Mann ist, dem sie auf diese Weise Vergnügen bereitet. Abgesehen von ihrer sexuellen Aufgeschlossenheit zeichnet sie sich vor allem durch beeindruckende Brustwarzen, eine permanent pulsierende Klitoris und ständiges Heulen aus.

Die Beziehung zwischen Matt und Patience ist für meine Begriffe wirklich schwer verdauliche Kost. Von (wachsender) Liebe ist nicht das Geringste zu bemerken, hinzu kommt der sehr eigene Fetischsex. BDSM ist zugebenermaßen nicht wirklich mein Thema, es ist mir aber bereits zuvor in diversen Erotikromanen begegnet und nie war es (zumindest für Nicht-Anhänger dieses Fetischs) so gänzlich unerotisch aufbereitet und beschrieben wie hier. Erschwerend hinzu kommt, dass die Grundsituation nicht überzeugt. Möglicherweise erkennen sich die Anhänger extremer Spielarten ja blind, jedenfalls weiß Matt – woher auch immer – sofort, was Passion braucht: nämlich Unterwerfung und Demütigung. »It’s essential to your happiness und fulfillment, Patience. There is a strong part of you that longs to submit and obey.« (S. 107) Und weil Patience sich zwar gegen jegliche gesellschaftliche Konventionen sträubt, aber offenbar trotzdem von Natur aus gehorsam ist, sieht sie das auch brav ein und findet ab sofort ebenfalls, dass sie das braucht – auch wenn ihr das vorher unbekannt war. Und genau hier liegt das Problem: Patience scheint sich ihrer eigenen unterwürfigen Seite nicht mal ansatzweise bewusst gewesen zu sein, bevor Matt ihr seine Dominanzspiele aufgedrängt hat, und an mehreren Stellen zwingt er sie zu Dingen, die sie überhaupt nicht zu wollen scheint und die ihr zu weit gehen. Es ist natürlich schwierig zu beurteilen, was zu BDSM gehört und was nicht; Valdez konnte mir aber einfach nicht glaubhaft vermitteln, dass die Unterwerfung wirklich in Patiences Natur liegt und sie uneingeschränkt Spaß an der Sache hat bzw. Lust aus der Unterwerfung bezieht. Dass Matt sie am Ende mit Schlägen von jahrelang angestautem Leid befreit, sodass sie anschließend endich darüber sprechen kann, was sie seit Ewigkeiten belastet, setzt dem Ganzen die Krone auf und kann höchstens noch von der Tatsache getoppt werden, dass Patience bei ihrer Entjungferung erkennt, dass sie Eva (ja, die biblische!) ist: »I am Eve, and I am yours.« (S. 302)

Zu allen inhaltlichen Mängeln kommt die stilistische Eigenheit, die Protagonisten in Kursivschrift aktuelle Vorkommnisse und Aussagen in einer Art innerem Monolog kommentieren zu lassen – was zum Teil ziemlich überstrapaziert wird:

»And who knows what your future holds?«
»Yes, who knows?« Patience.
[…]
»Of course, I could never let him know.«
»Of course not.« Because you’re a lying cheat.
[…]
»Father and Danforth will never know.«
»No, never.« Because it’ll be a cold day in hell before I ever become your lover.
[…]
»You should hear him. He’s still raging about it.«
At last. »Is he?« (S. 171)

Ebenfalls enervierend sind zahlreiche Dialoge, die teilweise extrem platt und plakativ sind und klingen, als kämen sie aus dem Standarddialog-Baukasten. Das liest sich so:

»I saw you leave with Patience. Where is she?«
»I took her to bed.«
»To her bed, or yours?«
»That’s none of your business.«
Mark shook his head. »That’s unwise, Matt.«
»And why is that?«
»Because Patience isn’t just any woman.«
»I know she isn’t just any woman. That’s why I want her, because she isn’t just any woman.« (S. 50)

Bleibt zu erwähnen, dass wohl ein weiterer Band über die jüngste Vikarstochter Primrose in Planung ist. Ob ich den brauche, weiß ich allerdings noch nicht; mal davon abgesehen, dass ich ohnehin ein wenig daran zweifle, dass Lisa Valdez in absehbarer Zeit ein weiteres Buch schreiben wird. Die Kritik an »Passion« soll ja seinerzeit die Schreibblockade bei ihr ausgelöst haben – und ich bin mir ziemlich sicher, dass die negativen Stimmen zu diesem Roman deutlich heftiger ausfallen dürften als damals.

Fazit:
3/15 – Eine einzige Enttäuschung. Die einzige Gemeinsamkeit mit »Passion« besteht darin, dass in beiden Büchern Sex eine wichtige Rolle spielt und sehr explizit beschrieben wird. Darüber hinaus fehlt »Patience« alles, was den Debütroman ausgemacht hat: nämlich jegliches Gefühl und glaubwürdige, vielschichtige, sympathische Figuren. Und das allerschlimmste ist: Das Buch hat mir irgendwie auch »Passion« ein wenig verleidet.

[Rezension] Bettina Belitz: Splitterherz

 /></a><strong>Inhalt:</strong><br />
Es gibt genau einen Grund, warum Elisabeth Sturm nicht mit fliegenden Fahnen vom platten Land zurück nach Köln geht, und dieser Grund heißt Colin. Der arrogante, unnahbare, aber leider auch äußerst faszinierende Colin gibt Ellie ein Rätsel nach dem anderen auf, und obwohl sie sich mit aller Macht dagegen wehrt, kann sie sich seiner Ausstrahlung nicht entziehen. Bald muss Ellie einsehen, dass Colin viel mehr mit ihrer Familie verbindet, als sie sich je vorstellen könnte. Ihr Vater Leo verbirgt ein Geheimnis, das ihn und Colin zu erbitterten Gegnern macht – und das Ellie in tödliche Gefahr bringt. Dass sie mit ihren seltsamen nächtlichen Träumen den Schlüssel zu dem Rätsel in der Hand hält, begreift Ellie erst, als ihre Gefühle für Colin alles zu zerstören drohen, was sie liebt.</p>
<p><strong>Kommentar:</strong><br />
Was soll ich sagen … Ich hab mich mal wieder von der allgemeinen überbordenden Begeisterung anstecken lassen und konnte sie am Ende nicht teilen. Allerdings hatte ich nach <a href=Winterkatzes Rezension schon das allerschlimmste befürchtet – und so schlimm kams dann doch wieder nicht.

Die oftmals kritisierte Ellie ist zwar keine übermäßig sympathische Protagonistin, ich empfand sie aber als lange nicht so schlimm wie andere Leser. Obwohl ich selbst in einer Kleinstadt aufgewachsen bin, kann ich mir lebhaft vorstellen, dass man als Teenager die Krise kriegt, wenn man kurz vor dem Abitur von den Eltern von der Großstadt in ein 400-Seelen-Dorf verpflanzt wird. Dass Ellie nach Jahren in der Stadt mit dem Landleben, den ländlichen Gepflogenheiten und der Schönheit der Natur nichts anzufangen weiß, halte ich für absolut glaubhaft, und dass sie wegen des Umzugs zornig, bockig, selbstmitleidig und destruktiv ist, ist für mich absolut nachvollziehbar – und irgendwie auch berechtigt. Dass ihre Eltern gute Gründe für den Umzug haben, weiß sie nicht, schließlich reden sie nicht mit ihr; für Ellie stellt sich der Umzug folgerichtig als egoistische Aktion ihrer Eltern dar, die rücksichtsvollerweise ruhig bis zu ihrem Schulabschluss hätten warten können, bevor sie Köln verlassen. Doch bei allem Verständnis: Ellie ist alles andere als eine Heldin, die man ins Herz schließt und sie ist teilweise ziemlich anstrengend. Andererseits ist ihr ganzes Verhalten, auch gegenüber ihrer neuen Schulkameraden, ihren Eltern und Colin, für mein Empfinden aber stimmig und zeigt ein Mädchen, das sich aus seiner Unsicherheit heraus teilweise ziemlich seltsam und ungeschickt verhält. Das ist vielleicht nicht sympathisch, aber wenigstens authentisch – was für mich vieles entschuldigt und weshalb ich vieles verzeihe.

Problematischer als die Figur Ellie ist für mich die Tatsache, dass in diesem Buch eigentlich sehr, sehr wenig passiert. Es kommt wahnsinnig schwer in die Gänge und beschäftigt sich knapp 200 Seiten lang fast ausschließlich mit Ellies Leid. Es folgen zahlreiche hypermysteriöse Andeutungen, Träume und Ereignisse, die zum Teil in Zusammenhang mit dem nicht weniger geheimnisvollen Colin stehen, der immer wieder unvermittelt Ellies Weg kreuzt, um sie dann von sich zu stoßen. Eine Weile bezieht der Roman Spannung aus der Frage, was es mit Colin auf sich hat, doch als das aufgeklärt und mit Informationen unterfüttert ist, flacht die Handlung wieder deutlich ab. Es fehlt im Mittelteil über weite Strecken der rote Faden; man weiß nicht, was das Ziel ist, wo alles hinführen soll und kann daher die Ereignisse nicht einordnen. Die Geschichte ist nett, doch die Erzählung plätschert relativ ereignisarm vor sich hin, die Erlebnisse wirken teils aneinanderngereiht und es fehlt der Spannungsbogen. Erst gegen Ende nimmt die Erzählung wieder an Fahrt auf, bietet einen etwas undurchsichtigen Showdown und einen halbwegs offener Schluss, der einen nach Band 2 der Trilogie rufen lässt.

Die Grundidee hinter der Geschichte ist nicht sensationell neu, aber noch nicht sehr ausgiebig beackert und wirkt insofern frisch. Bettina Belitz hat die zugrundeliegende Mythologie überzeugend adaptiert und mit ihren eigenen Ideen versehen – die Handlung der folgenden Bände könnte wirklich sehr interessant werden. Vom Mythos hinter Colin abgesehen, unterscheidet das Buch in der Anlage gar nicht so sehr von anderen paranormalen (Teenie-)Romanzen, in denen sich eine Außenseiterin in einen geheimnisvollen Jungs verliebt und trotz aller vermeintlicher Ausweglosigkeit um eine unmöglich scheinende Beziehung kämpft. Die weit verbreitete Begeisterung darüber, dass dieses Buch mal was ganz anderes sei, kann ich insofern nicht nachvollziehen.

Wirklich bemerkenswert ist der Stil des Buches. Ich habe selten so viele sorgsam gewählte Verben sowie zahlreiche, aber nie übertrieben eingesetzte Adjektive und Adverben erlebt wie hier – Belitz muss entweder extensiv an ihrem Ausdruck gefeilt haben oder ein unglaubliches Sprachgefühl besitzen. So oder so, das Ergebnis ist mehr als überzeugend: Selten habe ich so gut beschriebene Szenen gelesen und so deutlich vor meinem inneren Auge gesehen wie hier. Sprachlich-stilistisch macht das Buch riesigen Spaß und kompensiert so zum Teil die etwas schleppende Handlung.

Fazit:
10/15 – Ein gutes Buch, dem ein interessanter Mythos zugrunde liegt, das aber viele Längen hat.

[Rezension] Elizabeth Hoyt: To Beguile a Beast

The Legend of the Four Soldiers, Book 3

Inhalt:
Da Helen Fitzwilliam beschlossen hat, sich nicht länger vom Duke of Lister aushalten zu lassen, begibt sie sich mit ihren zwei Kindern Abigail und Jamie Richtung Schottland, um auf die Empfehlung einer gemeinsamen Bekannten Alistair Munroes Haushälterin zu werden. Der Biologe ist von dieser Idee allerdings wenig begeistert: Er hat sich aufgrund seiner schweren Gesichtsverletzungen vollkommen von der Außenwelt abgeschottet und will einfach nur seine Ruhe, um an seiner nächsten naturwissenschaftlichen Veröffentlichung zu arbeiten. Helen ist jedoch verzweifelt genug, um alle seine Einwände einfach zu ignorieren und sich nicht abwimmeln zu lassen, und es dauert nicht lange, bis sich die beiden unwiderstehlich zueinander hingezogen fühlen. Eine Beziehung zwischen den beiden scheint dennoch ausgeschlossen …

Kommentar:
Trotz der eher enttäuschenden ersten beiden Teile der Serie, hab ich mir direkt im Anschluss an »To Seduce a Sinner« den dritten Band gegriffen – ich hatte einfach richtig Lust auf einen »Die Schöne und das Biest«-Plot.

Dankenswerterweise tritt die ziemlich planlose Jagd nach dem Verräter von Spinner Falls, der für die Kriegsgefangenschaft der »Four Soldiers« verantwortlich ist, in diesem Buch fast völlig in den Hintergrund und wird nur am Rande erwähnt. So bleibt Zeit, sich uneingeschränkt mit der Beziehung zwischen Alistair und Helen zu beschäftigen. Schon die Grundsituation gibt einiges her: Eine verzweifelte Ex-Mätresse stellt sich selbst bei einem eigenbrödlerischen Naturwissenschaftler, der gar keine Haushälterin will, als eben solche ein und lässt sich einfach nicht davon abbringen, ihm zu beweisen, dass er sie braucht. Das ist insofern ziemlich absurd, weil Helen als Mätresse zuvor ihre eigene Dienerschaft hatte und weder haushalten noch kochen kann. Deshalb heuert sie ziemlich schnell weitere Bedienstete an, die die Arbeit erledigen, während sie eher in die Rolle von Alistairs Gesellschafterin hineinwächst und schließlich seine Geliebte wird. Wie sehr sich die beiden brauchen und wie gut sie sich gegenseitig tun, ist überdeutlich und spiegelt sich in ihrem teils sehr humorvollen Umgang miteinander. Dennoch ist ihre Beziehung eine Beziehung auf Zeit, was beiden bewusst ist und womit sie sich einigermaßen arrangieren – bis einige unvorhergesehene Dinge passieren, Helens Vergangenheit ans Licht kommt und sie eine Entscheidung treffen muss.

Helens Entscheidung ist so konsequent und entschlossen wie ihr ganzes Auftreten. Sie kämpft um Freiheit und ein besseres Leben für sich und vor allem ihre Kinder und tut alles, was nötig ist, um das beste aus der verfahrenen Situation zu machen. Sie ist sich auch nicht zu schade, für ihr Wohl den Putzlappen zu schwingen und sich die Hände schmutzig zu machen – und sie jammert nicht mal darüber. Im Umgang mit Alistair erweist sie sich als ebenso unerschrocken wie verständnisvoll, aber auch ein bisschen bläuigig in Anbetracht der Tatsache, dass sie eine Mätresse auf der Flucht ist.

Alistair ist ein klassischer »tortured hero«, der in Kriegsgefangenschaft gefoltert wurde und aus dieser Zeit schreckenserregende Narben im Gesicht zurückbehalten hat; außerdem fehlt ihm ein Auge, weshalb er meist eine Augenklappe trägt. Er lebt zurückgezogen in seinem verwahrlosten Schloss, allerdings weniger aus Scham wegen der Entstellung an sich, sondern im Wesentlichen wegen der schockierten Reaktion anderer Menschen auf ihn. Wie einsam er ist, fällt ihm erst auf, als Helen mit ihren Kindern Leben in sein Haus bringt; das ändert jedoch nichts daran, dass er sich zunächst verständlicherweise gegen das Eindringen einer fremden Familie in sein Rückzugsgebiet wehrt. Obwohl Alistair äußert knurrig, mürrisch und zynisch ist, erweist er sich in den entscheidenden Momenten als unkonventionell, warmherzig, verständnisvoll und sensibel – das zeigt sich nicht nur im Umgang mit seinem steinalten Hund, sondern auch mit Helens Kindern, die er (fast) immer zu trösten und ermutigen weiß. Einzig Alistairs Entsetzen über Helens Vergangenheit erschien nicht ganz schlüssig, ebenso der Grund für seine Annahme, eine über eine Affäre hinausgehende Beziehung zwischen ihm und Helen sei nicht möglich. Aber sei’s drum, es tut dem Buch keinen echten Abbruch; das Happy-End musste wohl um der Dramatik willen ein wenig hinausgezögert werden, denn allzu glatt darfs ja nicht mal in einem Liebesroman ausgehen!

Ebenso gut gelungen wie die Protagonisten sind die Nebenfiguren – selbst die Kinder. In Liebesromanen auftretende Kinder haben normalerweise die Tendenz, fürchterlich zu nerven, weil sie sich vollkommen unnatürlich benehmen: entweder agieren sie viel zu erwachsen und altklug oder sie sind alternativ viel zu kindlich, wobei ihnen in letzterem Fall gerne auch eine durchgehend schwachsinnige Sprache in den Mund gelegt wird. Nicht so hier: Helens Kinder Jamie und Abigail sind wirklich eine rühmliche Ausnahme. Sie verhalten sich alles in allem wie Kinder, und sie sind manchmal etwas schwierig und daher anstrengend, aber wirklich nett! Zugegeben, Abigails als partielle Erzählerin der Handlung wirkt nicht immer wie eine Neunjährige, aber ihre Denk- und Betrachtungsweise sind jederzeit akzeptabel. Eine echte Bereicherung und Garant für einige kurzweilige Szenen ist das Auftauchen von Alistairs Schwester Sophia und ihrer Gesellschafterin, die sich leider viel zu schnell wieder verabschieden. Die Wortgefechte zwischen Alistair und Sophia sind erfrischend, zumal sie es auf eine einmalig liebevoll-deutliche Weise versteht, ihren Bruder auf den Boden der Tatsachen zu holen.

Dem Buch werden von einigen Kritikern massive sachliche und historische Mängel sowie mangelndes Gefühl für die damalige Zeit (1765) vorgeworfen. Zugegeben: Man kann einige Fehler und Ungenauigkeiten nicht wegreden. Andererseits kann man aber auch nach solchen Dingen suchen und sich an ihnen aufhängen, wenn man das unbedingt will. Um ehrlich zu sein kann ich persönlich über solche Dinge – sofern sie keine signifikante Bedeutung für die Handlung haben – hinwegsehen, wenn die Geschichte – wie in diesem Fall – so viel mehr bietet. Wer aber auf exakte historische und sachliche Korrektheit Wert legt, sollte vielleicht lieber zu einem anderen Buch greifen.

Vom implizierten parabloischen Märchen – diesmal über den »Truth Teller« – war ich erneut nicht so begeistert, weil mir die Handlung zu vorhersehbar und die Geschichte viel zu ausgebreitet war für deren Gehalt. Wenn schon eine solche Geschichte so sehr ins Zentrum gestellt wird, sollte sie m. E. etwas ganz Besonderes sein – und das ist sie nicht. Aber das nur am Rande; es hat keinen Einfluss auf die Bewertung.

Fazit:
13/15 – Trotz einiger kleiner Abstriche ein wundervolles, herzerwärmendes Buch – Elizabeth Hoyt in alter Form!

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Serieninfo:

01 To Taste Temptation
02 To Seduce a Sinner
03 To Beguile a Beast
04 To Desire a Devil

[Rezension] Elizabeth Hoyt: To Seduce a Sinner

The Legend of the Four Soldiers, Book 2

Inhalt:
Seit vielen Jahren ist Melisande Fleming heimlich in Jasper Renshaw, Lord Vale verliebt. Als er am Tag seiner Hochzeit von seiner Braut sitzengelassen wird, beschließt sie, dass ihre Zeit gekommen ist: Sie macht ihm einen Heiratsantrag und überzeugt ihn davon, dass eine Ehe nur vernünftig wäre; dass sie ihn liebt, bleibt ihr Geheimnis. Doch auch Lord Vale hat seine Geheimnisse: Er ist seit seiner Zeit als Kriegsgefangener schwer traumatisiert und besessen davon aufzuklären, wer das Regiment damals verraten hat. Eine Vernunftehe ist genau das, was er will – doch dann kommt alles anders als gedacht. Melisande ist nämlich mitnichten die verklemmte Ehefrau, die er erwartet hat, sondern erweist sich als verführerisch, scharfsinnig und verständnisvoll …

Kommentar:
Elizabeth Hoyts erste Serie, die Princes-Trilogy, hat damals eingeschlagen wie eine Bombe und Liebesromanleser und Rezensenten gleichermaßen begeistert. Entsprechend hoch waren auch die Erwartungen an ihre neue Four-Soldiers-Serie – die Hoyt mit dem ersten Band »To Taste Temptation« jedoch nicht erfüllen konnte. Ich hab dem Buch zwar immerhin acht von 15 Punkten gegeben, war aber angesichts des hohen Niveaus der vorherigen Bücher enttäuscht (wobei ich mich interessanterweise überhaupt nicht mehr an das Buch erinnern kann erinnern kann). In der Hoffnung auf einen einmaligen Ausrutscher hab ich nach längerer Pause jetzt zu Band 2 gegriffen, musste aber leider feststellen, dass er nicht besser ist, eher im Gegenteil.

Das Buch startet vielversprechend – mit der Szene, in der Jasper am Tag seiner Hochzeit von seiner Verlobten verlassen wird, die statt des Viscounts lieber einen Kurator heiraten will. Jasper nimmt die Trennung relativ gefasst auf, da er ohnehin nichts für das Mädchen empfunden hat; außerdem hat er eine gewisse Erfahrung mit solchen Situationen, denn sie ist bereits die zweite Verlobte, die ihn verlässt (Ex-Verlobte Nr. 1 ist die Protagonistin in Band 1 der Serie). Zeit, sich zu grämen, bliebe ihm ohnehin nicht, denn nicht viel später tritt auch schon Melisande auf den Plan und macht ihm ihrerseits einen Antrag. Da ihr Vorschlag recht vernünftig klingt und Jasper außerdem einen Erben braucht, nimmt er an. Nicht viel später sind die beiden verheiratet, haben unerwartet guten Sex und versuchen, ihr Zusammenleben zu arrangieren, ihre Geheimnisse voreinander zu wahren und den anderen gleichzeitig zu durchschauen sowie Melisandes eifersüchtigen Hund zu erziehen. Darüber hinaus lebt Jasper sein Kriegsgefangenschaftstrauma aus und jagt den Verräter, der dafür verantwortlich ist.

Eigentlich mag ich ja die sog. »character driven novels« und brauche keine große Action, aber was hier geboten wird, ist einfach langweilig. Es passiert eigentlich überhaupt nichts von Bedeutung, stattdessen hält sich die Autorin mit der Erzählung von kleinen Episoden – etwa Hundeerziehungsmaßnahmen oder einem Kutschenüberfall auf –, die die Handlung in keinster Weise voranbringen. Es findet auch keine nachvollziehbare Entwicklung der Personen und ihrer Beziehung zueinander statt, und Gefühl kommt auch kaum rüber. Melisande mit ihrer überhöhten Liebe, ihrem ewigen Verständnis und ihrer stetigen Sanftheit war mir viel nett und zu eindimensional, wobei der Grund, warum Jasper partout nicht wissen darf, dass sie ihn liebt, nicht nachvollziehbar ist. Jasper ist aufgrund seiner grausamen Kriegserlebnisse ein klassischer »tortured hero«; seine Besessenheit ist einigermaßen plausibel. Dennoch ist er in vielen Situationen unverständlich kopflos und sein Verhalten überzeichnet. Was er in der Hochzeitsnacht abliefert und dass er jedesmal nach dem (fantastischen!) Sex fluchtartig den Raum verlässt, ist unsympathisch, unbegründet und extrem rücksichtslos gegenüber seiner Frau – die aber natürlich zwar ein bisschen enttäuscht ist, ihm sein Verhalten jedoch nicht übel nimmt.

Eine kleine Enttäuschung ist auch das parabolische Märchen vom »Laughing Jack«, von dem immer zu Anfang eines Kapitels ein Stück erzählt wird und das eine eigene kleine Geschichte bildet. Ich will eigentlich nicht ständig auf der Prinzen-Trilogie herumreiten, aber ich muss einfach: Die dort implizierten Märchen vom Raven Prince, Lepoard Prince bzw. Serpent Prince, die den Büchern ihre Namen gegeben haben, waren etwas ganz besonderes und so klasse, dass ich sie vorweg am Stück gelesen habe. »Lauging Jack« ist langweilig und wirkt wie ein Mix aus verschiedenen klassischen Volksmärchen; die Geschichte bietet keinerlei Überraschungen.

Es sei noch erwähnt, dass die Four-Soldier-Serie nicht durchgehend schlechter als die Princes-Trilogy bewertet wird, sondern durchaus auch eine Vielzahl guter Kritiken erhalten hat, etwa bei den von mir sehr geschätzten Kritikern von AAR (A-, A-, A, B+). Ich für meinen Teil setze in die beiden noch ausstehenden Teile, die natürlich beide bereits hier im Regal ihr Dasein fristen, keine großen Hoffnungen mehr – wobei Elizabeth Hoyt es aber trotzdem geschafft hat, auf den letzten Seiten des Buches ein so großes Interesse am folgenden Band zu wecken, dass ich ernsthaft überlege, diesen direkt im Anschluss zu lesen.

Fazit:
7/15 – Eine sehr durchschnittliche, handlungsarme Geschichte über das Zusammenfinden zweier wenig mitreißender Helden.

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Serieninfo:

01 To Taste Temptation
02 To Seduce a Sinner
03 To Beguile a Beast
04 To Desire a Devil

[Rezension] Megan Hart: Hot Summer

Originaltitel: Tempted

Inhalt:
Sex zu dritt? Anne und James führen eine glückliche Ehe. Doch dann kommt plötzlich ein Jugendfreund zu Besuch. Und plötzlich ist nichts mehr, wie es einmal war. Denn Alex sieht nicht nur gut aus, er ist auch klug, sexy und einfach unwiderstehlich. Mehr und mehr fühlt Anne sich zu ihm hingezogen, es knistert ganz gewaltig. Bis sie nach einer heißen Nacht in einem angesagten Club endgültig seiner Faszination erliegt. Trotzdem darf ihr Ehemann natürlich nicht fehlen. Und so kommt Anne unverhofft in den Genuss, von zwei Männern gleichzeitig verwöhnt zu werden. Die leidenschaftliche Ménage à trois nimmt ihren erregenden Verlauf. Bis Anne beginnt, sich zu verlieben, und Alex ihr ein Geheimnis ihres Mannes verrät …

Kommentar:
Obwohl ich im Gegensatz zum Rest der Welt nicht allzu überzeugt von Megan Harts »Dirty« war – das Buch hat von mir 7 Punkte erhalten –, hab ich mich aufgrund von Evis Begeisterung an »Hot Summer« gewagt, als ich es überraschend in meinem Regal gefunden habe. (Sagte ich schon mal, dass ich den Überblick über meine Bestände völlig verloren habe?!) Um es vorweg zu nehmen: Das war definitiv eine gute Entscheidung.

Das Buch hat mich von der ersten Seite an gefesselt – nicht zuletzt, weil es wirklich gut aufgebaut ist: Es zeigt zunächst Szenen der augenscheinlich guten und sexuell befriedigenden Ehe zwischen Anne und ihren Mann James, bevor ein Anruf von James‘ altem Freund Alex Kennedy, der seinen Besuch bei den beiden ankündigt, zum Störfaktor wird. Anne muss mit einigem Befremden feststellen, dass ihr Mann sich ein bisschen zu sehr über Alex‘ Kommen freut und dass die beiden nach einem Streit, dessen Grund Anne nicht kennt, offenbar doch wieder regelmäßigen Kontakt hatten – was James ihr nie erzählt hat. Insofern blickt sie dem Besuch mit gemischten Gefühlen entgegen; zurecht, wie sich herausstellt. Denn nicht nur erkennt sie ihren Mann nicht wieder, wenn er mit seinem alten Freund zusammen ist, sondern sie selbst fühlt sich vom ersten Moment an unwiderstehlich zu Alex hingezogen. Da die Anziehung auf Gegenseitigkeit beruht und James die Sache eher forciert als unterbindet, ist es schon bald keine Frage mehr, ob, sondern wann es passiert – und Megan Hart versteht es wirklich vortrefflich, die steigende sexuelle Spannung zwischen den dreien zu vermitteln.

Die Konflikte, die die Menage für jeden der Beteiligten mit sich bringt, sind absolut nachvollziehbar, und es ist eine logische Folge davon, dass aus der Affäre mehr entsteht als vorgesehen. Anne verliebt sich in Alex und muss gleichzeitig erkennen, dass die Beziehung zwischen James und Alex durchaus eine sexuelle Komponente hat, auch wenn die beiden es im Bett tunlichst vermeiden, sich zu berühren – das verbindende Glied zwischen den Männern ist Anne selbst, und diese Rolle behagt ihr nicht recht. Sie kommt mit der ganzen Situation zunehmend weniger klar, und am Ende des Sommers muss sie eine Entscheidung treffen, mit der sie zwar nur bedingt leben kann, die aber konsequent ist und zur Figur passt.

Anne, die Ich-Erzählerin der Geschichte, ist nicht gerade eine aufsehenserregende Heldin, aber sie ist sympathisch und stimmig angelegt. Trotz ihres schwierigen familiären Hintergrunds ist sie ausgeglichen, loyal, zuverlässig und führt ein beschauliches Leben mit James. Das große, himmelhochjauchzende Glück ist ihr in ihrer Ehe nicht vergönnt, aber sie ist alles in allem zufrieden mit dem, was sie hat – bis der aufregende Alex kommt, der ihr vor Augen führt, was ihr fehlt, und in dessen Gegenwart sie sich fühlt wie ein anderer Mensch. Ein klares Bild von den beiden Männern konnte mir Megan Hart allerdings nicht vermitteln; sie bleiben relativ blass. Alex wirkt flatterhaft, geheimnisvoll, ein wenig düster und aus Gründen, die ich nicht nennen kann, extrem attraktiv, während der vielbeschäftigte, hart arbeitende James den eher langweiligen Ehemann gibt, der Konflikten aus dem Weg geht. Den beiden gemeinsam ist ihr vulgärer Sprachschatz, sie verzichten beinahe komplett auf eine Vornamensnennung und reden sich grundsätzlich mit »Arschloch«, »Alter« o.ä. an – das irritiert nicht nur Anne, sondern hat auch mich zum Teil ganz schön genervt.

Durchzogen von Vulgärsprache sind auch die Sexzenen, das dürfte aber größtenteils der Übersetzung geschuldet sein (die auch an anderen Stellen nicht gerade glücklich ist). Davon abgesehen sind die Bettszenen zwar durchaus explizit, aber nicht übermäßig detailliert oder obszön beschrieben; sie sind zudem gut in die Handlung integriert. Meinetwegen hätte es in Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei »Hot Summer« um einen erotischen Roman handelt, durchaus ausschweifender zugehen dürfen. Um genau zu sein: Von einem erotischen Roman erwarte ich eigentlich mehr.

Schade ist auch, dass Megan Hart immer wieder Spannung aus dem Buch nimmt, indem sie den Fokus auf Annes Familienangelegenheiten legt, als da wären: die Planungen einer Familienfeier bei ihr zuhause, Differenzen mit der Schwiegermutter und mangelnder Rückhalt durch James, das schwierige Verhältnis zu ihrem alkoholkranken Vater, zwei Familiengeheimnisse aus der Vergangenheit, die aufgedeckt werden, sowie die Probleme ihrer drei Schwestern, die alle ihr Päckchen zu tragen haben. In der Summe waren mir die ganzen Nebenkriegsschauplätze zu viel – und zu unbedeutend für das eigentliche Thema des Buches, die Menage.

Fazit:
12/15 – Ein wirklich gutes und unterhaltsames Buch, das für mich aber eher ein Roman mit hohem Sexanteil als ein »richtiger« Erotikroman ist.

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Serieninfo:

01 Tempted | Hot Summer
02 Naked (August 2010)

[Rezension] Sophie Kinsella: Charleston Girl

Inhalt:
Lara Lington, eine junge Londonerin, hat gerade die Trennung von ihrem Freund hinter sich, und auch im Job könnte es besser laufen. Gegen ein paar Veränderungen hätte sie also nichts einzuwenden. Aber dass ihre Großtante Sadie ihr Leben auf den Kopf stellt, hätte Lara nun wirklich nicht erwartet. Sadie Lancaster ist im stolzen Alter von 105 Jahren in einem Altersheim verstorben, doch das würde man dem quirligen 23jährigen Mädchen nicht ansehen, das Lara erscheint und von ihr verlangt, eine Halskette zu finden, an der ihr ganzes Herz hängt. Außerdem will die kapriziöse, lebenslustige Sadie noch einmal richtig Spaß haben, tanzen, flirten und Champagner trinken. Und auch dazu braucht sie Laras Hilfe. Ehe sie sich’s versieht hat Lara ein Date mit einem ihr völlig unbekannten Mann, den Sadie ausgesucht hat, da er sie an Rudolph Valentino erinnert. Mit ihm soll Lara ausgehen, die unsichtbare Sadie im Schlepptau. Dass Lara eigentlich ihren Exfreund Josh zurückerobern möchte, ist Sadie herzlich egal. Im Charlestonkleid und mit ondulierten Haaren muss Lara einen Abend mit Ed verbringen – und das ist erst der Anfang ihrer Probleme …

Kommentar:
Auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt bei den treuen Lesern meines Blogs furchtbar unbeliebt mache: Ich bin enttäuscht von diesem Buch. Die Protagonistin Lara Leigton ist lange Zeit über eine ziemlich unerträgliche, weltfremde, lebensunfähige, fremdgesteuerte, unfähige Nervensäge, die ihren Ex-Freund stalkt. Nicht viel besser ist Sadie, die Großtante in Geistergestalt, die ihrer lahmen Nichte zwar Beine macht, aber nicht minder unausstehlich ist, denn sie verhält sich über weite Strecken wie eine egozentrische, sture, bornierte Tyrannin.

Das Chaos ist vorprogrammiert, als diese beiden Unsympathen sich zusammen auf die Suche nach einer Kette machen, die Sadie aus zunächst unbekannten Gründen ganz dringend braucht, um ihren Frieden zu finden. Die Szenen zwischen den beiden sind über weitere Strecken eher anstrengend, gleiches gilt für die zahlreichen Szenen, in denen Lara sich dazu hinreißen lässt, auf die Bemerkungen der für andere unsichtbaren Sadie zu reagieren und sich so zum Affen zu machen. Das ist zwar nicht so schlimm, weil die meisten Figuren, mit denen Lara interagiert, ohnehin doof sind und es ihr folglich egal sein kann, wenn die sie für verrückt halten, aber bei mir setzt trotzdem gehöriges Fremdschämen ein. Außerdem passiert nicht wirklich was, sodass ich mich stellenweise ganz schön gelangweilt habe. Hätte es nicht immer wieder mal ein paar nette, humorvolle Momente gegeben und wäre der Schreibstil nicht so flüssig gewesen – ich hatte »Charleston Girl« wohl nicht beendet.

Im letzten Drittel des Buches wandelt sich das Bild dann aber. Vor allem Sadie, deren Vergangenheit beleuchtet bzw. aufgedeckt wird, gewinnt deutlich an Profi, und beide Figuren emanzipieren sich. Sie verhalten sich – zumindest weitestgehend – endlich einigermaßen normal und finden zu einer erträglichen Umgangsformen miteinander. Die Handlung nimmt eine überraschende Wendung und wird noch richtig spannend, mitreißend und rührend – und macht vieles wieder wett, was zuvor schiefgelaufen ist.

Fazit:
9/15 – Vor allem die teils nervigen, wenig sympathische Figuren – die beiden Protagonistinnen Lara und Sadie eingeschlossen – trüben zunächst den Spaß am Buch, doch im letzten Drittel entwickelt »Charleston Girl« dann endlich den Charme, den man von Kinsella kennt.

[Rezension] Michael Rosentritt: Sebastian Deisler. Zurück ins Leben

Inhalt:
Die Geschichte Sebastian Deislers ist die eines jungen Mannes, der als fußballerisches Jahrhundert-Talent gilt, mit 21 Jahren Spielmacher der deutschen Nationalmannschaft wird und dessen Ja-Wort dem FC Bayern München ein Handgeld von 20 Millionen D-Mark wert ist. Es ist auch die Geschichte eines unfertigen jungen Mannes, der zum Heilsbringer des deutschen Fußballs stilisiert wird, von dem die Öffentlichkeit Besitz ergreift, der zahlreiche körperliche und seelische Verletzungen bis hin zu einer Depressionserkrankung erleidet und der sich immer weiter in sich selbst zurückzieht. Wenige Tage nach seinem 27. Geburtstag gibt er in einem beispiellosen Schritt seinen Ausstieg aus dem Profigeschäft bekannt – entkräftet, entnervt, gebrochen.

Michael Rosentritt, den eine langjährige Freundschaft mit Sebastian Deisler verbindet, hat sich zwei Jahre intensiv mit dem »Fall Deisler« beschäftigt. In langen Gesprächen erzählt ihm Deisler seine Geschichte. Entstanden ist daraus ein Buch über Begeisterung und Liebe zum Fußball, aber auch über Ängste, Qualen, Selbstzweifel, Depressionen und den mühsamen Weg zurück in ein normales Leben.


Kommentar:

Der Fußball, der mir fehlt, ist ein anderer als der, den ich verlassen habe. Ich bin zu der Erkenntnis gelangt, dass ich so, wie alles gelaufen ist, nicht geschaffen war für dieses Geschäft. Am Ende war ich leer, ich war alt, ich war müde. Ich bin so weit gelaufen, wie mich meine Beine getragen haben, mehr ging nicht.«

Sebastian Deisler im Tagesspiegel vom 30.9.2007

Nach seinem Rückzug aus dem Fußballgeschäft im Januar 2007 verschwand der erst 27-jährige Sebastian Deisler für knapp drei Jahre fast vollkommen aus der Öffentlichkeit und ließ festhalten, keine Person des öffentlichen Rechts mehr zu sein (Quelle: Welt). Ebenso überraschend wie er zurücktrat, tauchte er im Herbst 2009 für einige handverlesene Interviews wieder auf der Bildfläche auf – mit seiner Biografie im Gepäck. Sie basiert auf Gesprächen mit dem Berliner Journalisten Michael Rosentritt und zeigt Deisler abwechselnd auf zwei Ebenen: während und nach seiner Fußballkarriere.

Die Rückschau beschränkt sich im Wesentlichen auf die Ereignisse in Deislers Vergangenheit als Profifußballer, von denen anzunehmen ist, dass sie letztendlich zu seinem frühen Karriereende geführt haben. Über ungetrübte Glücksmomente im sportlichen oder gar privaten Bereich erfährt man so gut wie nichts; die wenigen positive Erlebnisse, die erwähnt werden, sind durchgehend mit negativen Aspekten, Auswirkungen und Wertungen verbunden. Nicht zuletzt deshalb vermittelt das Buch den Eindruck, dass sich Deisler bis heute irgendwo zwischen Schuldabschiebung für sein Scheitern und Selbstzweifeln bewegt; von Lebensfreude und der Liebe zum Fußball, die doch so lange seine Antriebsfeder gewesen sein sollen, ist zu keiner Zeit etwas zu spüren, dafür von Frustration und Überforderung in jeder Hinsicht. Dass Deislers hohe Verletzungsanfälligkeit ebenso eine Reaktion auf den ständig steigenden Druck waren wie die Depression selbst, wird wohl kaum jemand ernsthaft bestreiten wollen.

Wer auf Skandale, Kabinengeflüster oder sonstige Interna aus der bunten Welt des Profifußballs hofft, ist mit diesem Buch schlecht bedient, und obwohl Deisler an einigen Stellen mangelndes Verständnis für seine Situation beklagt und in einigen Fällen auch deutliche Kritik an den Verantwortlichen übt – insbesondere an Dieter Hoeneß, aber auch an Felix Magath –, kann man das Buch nicht wirklich als Abrechnung bezeichnen. Es zeigt vielmehr, wie überfordert alle Beteiligten mit dem »Fall Deisler« waren, insbesondere nach seiner Depressionserkrankung. Dass Edmund Stoiber, wie üblich kein Fettnäpfchen auslassend, sich zu der Äußerung hinreißen lässt, Deisler sei Bayerns »größtes Verlustgeschäft«, ist da nur die Spitze des Eisbergs. Deislers Biografie wirft eigentlich ein schlechtes Bild auf (fast) alle: Fans, Vereine, Medien – und auch auf ihn selbst. Nüchtern betrachtet kommt der Presse, vor allem der Boulevardpresse, die in sein Privatleben eingedrungen ist und überzogene sportliche Erwartungen an ihn gestellt bzw. geschürt hat, dennoch eine Sonderstellung zu. Denn auch wenn es natürlich blauäugig ist anzunehmen, als »Star« könne man der Presse entgehen, muss man doch wertneutral festhalten, dass Deisler, der vermeintliche Heilsbringer der deutschen Nation, von den Medien gehypt und ausgeschlachtet wurde wie kein Fußballer vor ihm.

Wie bedenklich Deislers Zustand gewesen sein muss, versucht Rosentritt anhand der Schilderung der Gespräche mit Deisler während der Entstehung des Buches zwischen 2007 und 2009 zu verdeutlichen. Er beschreibt dabei das Bild eines restlos ausgebrannten Menschen, der – wie so viele Male zuvor – darum kämpft, sich wieder hochzuziehen und sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Doch obwohl es zweifellos tragisch ist zu sehen, was der Fußball aus Deisler gemacht hat, mutet die Darstellung melodramatisch an. Ob wahrheitsgemäß oder nicht, es ist zu viel – und vor allem komplett unnötig, denn auch ohne diese Inszenierung hat Deislers Geschichte alles, was eine Tragödie ausmacht.

Überhaupt gibt die Aufbereitung von Deislers Geschichte Anlass zu Kritik. Würde Deisler seine Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählen (mit Rosentritt oder wem auch immer als Ghostwriter), wäre es in Ordnung, ihn einfach bruchstückhaft und subjektiv seine Sicht der Dinge erzählen zu lassen, die er erzählen will. Der Erzähler von Deislers Geschichte ist aber ein anderer, der Journalist Michael Rosentritt nämlich, der eigentlich in der Rolle des Beobachters auftritt. Als solcher erwartet man von ihm aber auch, dass er die Dinge kritisch hinterfragt und differenziert(er) darstellt, vielleicht an manchen Stellen neutralisiert und an anderen bewertet und ein umfassenderes Bild liefert, als das der Fall ist. Ihm fehlt offensichtlich jede gebotene Distanz zu Deisler und seiner Geschichte; darüber kann auch nicht hinwegtäuschen, dass er in den wiedergegebenen Gesprächen eine handvoll kritische Fragen stellt bzw. einige wenige Einwände gegen Deislers Sichtweise vorbringt.

Hinzu kommt: Das Buch ist phasenweise überladen mit Emotionen, was sich nicht zuletzt sprachlich in der Verwendung unzähliger überflüssiger Adjektive widerspiegelt. So schreibt Rosentritt nicht einfach neutral über »die Erkrankung«, sondern über »die schlimme Erkrankung«, und die letzten »Jahre« müssen natürlich »bewegende Jahre« (S. 15) sein. Überzogen dramatisch und plakativ sind auch eingestreute Formulierungen wie »Das Knie wird später die Nation in Atem halten, an ihm werden zwei Weltmeisterschaftsteilnahmen zerschellen« (S. 43). Einen solchen Stil kennt man sonst eher aus der meinungsbildenden Boulevardpresse, weshalb er dem Buch erst recht unangemessen erscheint und deshalb zum Teil ziemlich nervt.

Einige wenige Schwarz-Weiß-Fotos im Text sowie vierfarbige Bildtafeln, zu denen man Datum und – in den meisten Fällen recht dürftige – Bildunterschriften im Anhang findet, runden die Biografie ab. Was dem Buch definitiv fehlt, ist eine Timeline mit den wichtigsten Fakten zu Deislers Karriere und Verletzungen; eine solche wäre an manchen Stellen durchaus hilfreich zur Einordnung von Ereignissen gewesen, zumal diesbezügliche Informationen im Internet rar gesät sind bzw. in aufgeblasenen Artikeln verloren gehen.


Fazit:

7/15 – Obwohl die Aufbereitung letztlich nicht überzeugen kann, ist das Buch für Leute, die sich für Deislers Geschichte interessieren und sich nicht an der einseitigen Sicht der Dinge stören, dennoch lesenswert. Zumindest mich hat diese Biografie trotz aller Kritikpunkte sehr nachdenklich gemacht und tagelang beschäftigt; geblieben ist Respekt vor Deislers Kampfgeist und seinem Überlebenswillen, der manch anderem abgeht.


Anmerkung: Zurück im Leben?

Angesichts seiner Kritik an den Massenmedien, die ihn vereinnahmt und verschlungen haben, kann man als Leser nicht umhin sich zu fragen, warum der introvertierte Deisler nun mit diesem Buch den Schritt zurück an die Öffentlichkeit macht. Eine zufriedenstellende Antwort darauf gibt es nicht. Deisler selbst sagt in einem Interview, die Leute sollen die Wahrheit erfahren; es ist darüber hinaus anzunehmen, dass die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit Teil seiner Auf- bzw. Verarbeitungsstrategie ist. Ob es der richtige Weg ist für jemanden, der die Publicity so verabscheut, kann er nur selbst entscheiden – meine persönliche Meinung ist, dass für jemanden in seiner Situation alles erlaubt ist, was ihm hilft.

Tatsächlich vermittelt das Buch am Ende den Eindruck, Deisler habe inzwischen zurück ins Leben gefunden; sein Auftritt bei Stern-TV spricht allerdings eine andere Sprache. Dort wirkt Deisler nämlich alles andere als gefestigt, sondern fahrig, nervös, verkrampft und extrem emotional, und es ist nicht zu übersehen, dass ihm das Verhalten von Dieter Hoeneß im Zusammenhang mit der »Handgeld-Affäre« nach wie vor immens auf der Seele brennt. Man kann Deisler wirklich nur wünschen, dass er irgendwann zurück in ein »normales« Leben findet.


Weiterführende Links:

– Interview in Stern-TV am 11.11.2009
– Bewertung des TV-Auftritts in der Zeit vom 17.11.2009
– Interview im Tagesspiegel vom 30.9.2007
– Interview in der Zeit vom 5.10.2009
– Interview im »11 Freunde«-Magazin vom 8.3.2006
– Rummel gefährdet die Entwicklung des Talents. Artikel in der »Welt« vom 17.8.1999