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[Rezension] Richelle Mead: Succubus Blues

Originaltitel: Succubus Blues
1. Teil der Georgina-Kincaid-Serie

Inhalt:
Wenn man schon für die Hölle arbeiten muss, erscheint der Job als Sukkubus verdammt großartig. Eine Frau kann alles sein, was sie möchte, ihre Klamotten sind einfach umwerfend und sterbliche Männer liegen ihr zu Füßen. Zugegeben, sie bezahlen oft mit ihrer Seele dafür – aber warum sich mit dem Kleingedruckten aufhalten? Allerdings ist das Leben der Georgina Kincaid, Sukkubus in Seattle, weitaus weniger exotisch. Ihr Boss ist ein Dämon aus dem mittleren Management mit einer Schwäche für John-Cusack-Filme. Ihre besten Freunde, alles Unsterbliche, ziehen sie nach wie vor damit auf, dass sie sich in eine Dämonengöttin verwandelt hat, so mit allem Drum und Dran: aufreizendes Outfit, Peitsche und Flügel. Und sie kann sich einfach nicht mit jemandem treffen, ohne ihm einen Teil seiner Lebensenergie auszusaugen. Bleibt wenigstens noch ihr Alltagsjob in der örtlichen Buchhandlung – also kostenlos Bücher, so viel sie lesen möchte, kostenlos White Chocolate Mocha, so viel sie trinken möchte, und leichten Zugang zum Bestsellerautor Seth Mortensen alias »Er-Den-Sie-Um-Jeden-Preis-Haben-Möchte« …

Kommentar:
Obwohl der Klappentext ein bisschen nach paranormalem Liebesroman klingt, hat man es eher mit klassischer Urban Fantasy mit Krimi- und Liebesroman-Elementen und einer gehörigen Portion Humor zu tun. Das Setting ist ziemlich interessant: Das Buch spielt im modernen Seattle, wo alle möglichen übernatürlichen Gestalten unerkannt neben Menschen leben. Man begegnet neben der Hauptperson Georgina, die ein Sukkubus ist, Kobolden, Vampiren, Engeln und Dämonen, die eine illustre, aber faszinierende Gesellschaft bilden. Sie alle sehen sich mit unheimlichen Übergriffen und Morden an Unsterblichen verschiedener Rassen konfroniert, mit deren Aufklärung sie sich befassen.

Leider klingt das spannender als es anfänglich ist, denn die Mörderhatz plätschert zunächst eher im Hintergrund vor sich hin, während Georginas verkorkstes Liebesleben im Vordergrund steht. Sie lernt nämlich zwei sehr interessante Männer kennen, den Dozenten Roman und den Schriftsteller Seth, die unterschiedlicher nicht sein könnten, sie aber beide gleichermaßen fesseln. Da sie eigentlich ein netter Sukkubus ist, will sie mit keinem von beiden etwas anfangen, denn damit würde sie – gemäß ihres Wesens – die Männer in Lebensgefahr bringen. Dieser innere Konflikt nimmt zunächst weite Teile der Handlung ein und ist ein wenig ermüdend; in der zweiten Hälfte nimmt die Handlung dann aber deutlich an Fahrt auf und an Spannung zu: Die Suche nach dem Mörder wird vorangetrieben und auch hinsichtlich der beiden Männer tut sich einiges – zum Teil durchaus Überraschendes. Die Auflösung lässt interessante Möglichkeiten für die Fortsetzungen offen, das Motiv für die Morde ist allerdings nicht wirklich überzeugend.

Die Figuren zeigen gute Ansätze, sind aber aber alles in allem etwas flach geraten. Vor allem Georginas unsterblichen Freunden hätte ein wenig mehr Profil gut getan; einzig der Engel Carter und ansatzweise auch der Kobold Hugh stechen positiv heraus und bleiben im Gedächtnis. Die beiden Männer Roman und Seth sind besser ausgearbeitet, aber auch nicht richtig durchschlagend; als Objekt der Begierde wirken sie auf mich wenig attraktiv – vor allem der zerstreute Seth ist mir zu sehr der Typ »lieber Langweiler«. Georgina selbst ist eine gute Figur mit vielen Facetten, leider kommt ihr sukkubisches Wesen nur ansatzweise heraus und hätte deutlicher ausgearbeitet werden müssen. Sie wirkt zudem ein wenig zu warmherzig, nett und rücksichtsvoll für ein derartiges Wesen, auch wenn die Gründe dafür einigermaßen plausibel erklärt sind; für mich ist das dennoch nicht ganz stimmig.

Aber nicht nur bezüglich der Figuren gibt es Schwächen; man merkt dem Buch auch darüber hinaus an, dass es ein Erstlingswerk ist – es erscheint an vielen Stellen einfach nicht ganz ausgereift. Es gibt viele halbgare Dialoge, Gedankensprünge und eine Vielzahl vollkommen überflüssiger Szenen, die aneinander gereiht wirken und die Handlung einfach nur in die Länge ziehen. Das alles wäre aber zu verkraften, wäre da nicht …

… die grauenvolle deutsche Edition des Buches! Irritierend für Auge und Verstand ist schon die Entscheidung des Verlages, französische Anführungszeichen nicht – wie in Deutschland üblich – in deutscher Anwendung (»Beispiel«), sondern in französischer Anwendung («Beispiel») zu benutzen, was beim Lesen zu einiger Verwirrung führt. Das ist allerdings nur eine Kleinigkeit angesichts der weiteren Verbrechen, die hier von Übersetzer und Lektorat bzw. Korrektorat (falls überhaupt vorhanden) begangen wurden, denn dieses Buch zählt zu den fehlerhaftesten Ausgaben, die mir je in die Hände gefallen sind. Der Text liest sich nicht nur äußerst holprig, sondern ist darüber hinaus auch von unzähligen Tipp-, Rechtschreib-, Grammatik- und Satzfehlern durchzogen. Doch damit nicht genug: vielfach fehlen Wörter und ganze Satzteile, immer wieder werden Begriffe unpassend übersetzt und Wendungen einfach blind ins Deutsche übertragen. Dadurch wird immer wieder der Lesefluss gehemmt und der Spaß an der Geschichte sinkt rapide. Ich rate jedem, der des Englischen einigermaßen mächtig ist und sich für das Buch interessiert, zum Original zu greifen und die Finger von der deutschen Ausgabe zu lassen – denn die ist wirklich eine Zumutung, zumal für den Preis von 12,95 Euro.

Fazit:
7/15 – Eine interessante Geschichte mit guten Ansätzen und einer faszinierenden Hintergrundidee, die aber – zumindest zum Teil – noch ganz schön unausgereift wirkt und vor allem anfangs schwer in die Gänge kommt. Sehr wahrscheinlich hätte ich die Originalausgabe etwas besser bewertet; da ich aber nur beurteilen kann, was ich gelesen habe und keinen Grund sehe, die Sprache als Werkzeug des Autors vom Text zu trennen, fließt natürlich die schlechte Übersetzung in die Gesamtwertung ein. So oder so: Den begeisterten Volle-Punktzahl-Bewertungen hätte ich mich keinesfalls angeschlossen.

[Rezension] Kai Meyer: Arkadien erwacht

1. Band der Arkadien-Serie
Carlsen, 2009

Inhalt:
Schon bei ihrer Ankunft auf Sizilien fühlt sich Rosa, als wäre sie in einen alten Film geraten – der Chauffeur, der ihre zufällige Reisebekanntschaft Alessandro am Flughafen erwartet; der heruntergekommene Palazzo ihrer Tante; und dann die Gerüchte um zwei Mafiaclans, die seit Generationen erbittert gegeneinander kämpfen: die Alcantaras und die Carnevares, Rosas und Alessandros Familien. Trotzdem trifft sich Rosa weiterhin mit Alessandro. Seine kühle Anmut, seine animalische Eleganz faszinieren und verunsichern sie gleichermaßen. Doch in Alessandro ruht ein unheimliches Erbe, das nicht menschlich ist …

Kommentar:
Nach diversen Misserfolgen mit hochgelobter Young-Adult bzw. All-Age-Fantasy in den letzten Wochen bin ich mit äußerst gemischten Gefühlen an »Arkadien erwacht« herangegangen. Doch um es vorwegzunehmen: Kai Meyer hat mir mit seinem Buch den fast verlorenen Glauben in dieses Genre zurückgegeben – und das, obwohl ich Mafia-Plots eigentlich überhaupt nicht mag!

Die Geschichte startet mit Rosas Flugreise zu ihren Verwandten nach Sizilien und macht sofort deutlich, dass die 17-Jährige keine ganz einfache Figur ist: Sie ist aufsässig, arrogant, abweisend, stiehlt, schottet sich von der Außenwelt ab – und hat ganz offensichtlich ein traumatisches Erlebnis hinter sich, das jedoch zunächst im Dunklen bleibt. Auch den freundlichen Alessandro, der eine Reihe vor ihr sitzt und ihr zuhilfe kommt, weist sie ab, obwohl sie sich durchaus genug für ihn interessiert, um seinen Ausweis zu stehlen.

In Sizilien angekommen, wird Rosas familiärer Hintergrund offenbar: Ihr längst verstorbener Vater stammte aus einem Mafia-Clan. Von einigen Verhören abgesehen, haben Rosa und ihre Schwester Zoe, die nach dem Tod ihres Vaters in den USA aufgewachsen sind, nicht viel von den dubiosen Machenschaften der Cosa Nostra mitbekommen. Jetzt allerdings, in der Obhut ihrer Tante, die den Alcantara-Clan leitet, können sie die Augen nicht länger davor verschließen, wer sie sind und in welche Geschäfte die Familie verwickelt ist. Der Autor verzichtet dankenswerterweise darauf, allzu tief in die Aufarbeitung der Strukturen der Mafia einzutauchen und die Details zu den Korruptionen zu sehr herauszuarbeiten, und beschränkt sich stattdessen auf das Wesentliche, das für die Geschichte und deren Fortgang wichtig ist. Und wichtig ist vor allem eins: Alessandro gehört einem verfeindeten Mafia-Clan an und soll nun das Erbe seines Vaters antreten – was ihn für Rosa, passend zu ihrer Persönlichkeit, erst recht interessant macht.

Als Rosa und Alessandro sich kurz nach ihrer Ankunft auf einer Beerdigung wiedersehen und entgegen aller Regeln vor den Augen der Trauergemeinde ein privates Gespräch abseits der Menge führen, wird klar, dass auch Alessandro nicht bereit ist, sich widerstandslos den Erwartungen zu fügen. Er ist aber mitnichten einfach nur ein netter Kerl mit Rückgrat, der den herkömmlichen Mafiamethoden gegenüber skeptisch eingestellt ist, wie man zunächst vermuten könnte, sondern er verfolgt seine ganz eigenen Pläne: Um seine Ziele zu erreichen und sich als Clanführer gegen seinen skrupellosen Onkel durchzusetzen, benutzt er Rosa zunächst ungeachtet der Gefahren für seine Zwecke. Was die beiden aber gemeinsam entdecken und durchmachen müssen, schweißt sie – ebenso wie ihre arkadischen Wurzeln – mehr zusammen, als sie es sich hätten träumen lassen.

Die Geschichte erinnert stark an »Romeo und Julia«, versetzt in die Moderne und aufgehübscht mit sagenhaften Fantasyelementen. Drei Hauptstränge tragen die Geschichte: die verbotene Beziehung zwischen Rosa und Alessandro, die actionreiche Mafia-Handlung innerhalb und zwischen den Clans sowie der fantastische Hintergrund um die Arkadier; entsprechend abwechslungs- und temporeich ist die Erzählung. Aufgrund der Aktionen diverser undurchsichtiger gewissenloser Nebenfiguren, die den Protagonisten das Leben durch ihre Intrigen in jeder Hinsicht schwer machen, ist die Handlung durchgehend fesselnd. Darüber hinaus spannungssteigernd wirken die geheimnisvollen Andeutungen, etwa auf Rosas Trauma oder die undurchsichtige Verbindung der Mafiosis mit Tieren, die aber nicht übertrieben eingesetzt, sondern aufgeklärt werden, bevor sie zu nerven beginnen – im Gegensatz zu anderen Autoren hat Meyer hier genau das richtige Maß gefunden. Zu erwähnen ist, dass es teilweise relativ brutal und blutrünstig zugeht und zahlreiche Tote auf allen Seiten gibt; da die Story aber nun mal im Mafiamilieu spielt und nicht im Pfadfinderzeltlager, ist das weniger störend als passend – alles andere wäre wenig glaubwürdig gewesen.

Die Nebenfiguren wirken zum Teil ein wenig stereotyp, Rosa und Alessandro sind allerdings – auch in ihrer Entwicklung innerhalb des Buches – durchgehend überzeugend dargestellt. Rosa ist zunächst vielleicht keine ganz einfache und umwerfend sympathische Heldin, doch spätestens nachdem man weiß, was ihr in der Vergangenheit widerfahren ist, relativiert sich die Beurteilung ihres Verhaltens. Alles in allem erweisen sich beide Protagonisten klug, zielstrebig, aufrecht, empathisch und wirken sehr authentisch und lebendig – hier gibt es erfreulicherweise keine hanebüchenen, völlig überzogenen Handlungsweisen und keine unsinnigen Dialogen, wie sie mir in den letzten All-Age-Büchern immer wieder begegnet sind.

Überzeugend ist auch die Sprache, die modern und sehr anschaulich, aber nicht zu blumig geraten ist, und die Landschaft und die Atmosphäre in Sizilien wunderbar einfängt (und wer es nicht schon wusste, wird aufgrund der wiederholten Erwähnung garantiert nie wieder vergessen, dass Olivenbäume »knorrig« sind!). Auch die Ausdrucksweise der einzelnen Figuren in den Dialogen wirkt glaubwürdig und sehr passend.

Fazit:
15/15 – Ein Buch, das mich mit der ersten Seite gepackt und nicht mehr losgelassen hat – hier stimmt die Mischung aus Action, Fantasy und Liebe/Romantik einfach hundertprozentig.

Sandra Henke/Kerstin Dirks: Begierde des Blutes

Vampirloge Condannato, Teil 1
Alle drei Teile der Serie auch als Sammelband unter dem Titel »Die Vampirloge Condannato« erhältlich

Inhalt:
Tamara Malt arbeitet in einer Werbeagentur in Kensington und kümmert sich auch um das Marketing des Restaurants ihrer Eltern, „That Delicous Bite“, das im Nobelviertel Richmond up Thames liegt. Doch heimlich sehnt sie sich danach, sich in die Arme eines starken Mannes fallen lassen zu können. Eines Tages bekommt sie die geheimnisvollen Memoiren von Sophie Ashford zugeschickt, die im 18. Jahrhundert lebte. Neugierig folgt sie den Hinweisen und stößt dabei auf den mysteriösen, charismatischen Dorian Everheard, dessen erotische Ausstrahlung Tamara magnetisch in seinen Bannkreis zieht. Doch die Zusammenhänge werden immer verworrener, bis sich die Schlinge plötzlich zuzieht und die Faust der Rache zuschlägt: Denn Dorian ist ein Vampir und zu großer Macht gereift, wie guter, alter Wein! Tamara erfährt immer mehr über Sophie und ihre tragische Liebe zu dem jungen, verführerischen Vampir Jeremy Wellingham. Eine Liebe, die nicht nur Sophie und Jeremy, sondern auch Dorian ins Unglück stürzte. Vor drei Jahrhunderten musste Dorians Rachedurst ungestillt bleiben. Doch nun, im London des 21. Jahrhunderts, jagt er erneut – und sein Opfer ist Tamara! Denn Tamara sieht der schönen Sophie nicht nur zum Verwechseln ähnlich, sondern sie stammt auch aus derselben Blutlinie…

Kommentar:
Es ist schon einige Zeit her, dass ich das Buch gelesen habe, doch da ich einige Anmerkungen dazu in einem alten Notizbuch gefunden habe, kann ich es mir nicht verkneifen, wenigstens einen kurzen Kommentar dazu online zu stellen.

Das Buch startet zunächst ziemlich gut und vor allem der Anfang – der erste Teil von Sophies Geschichte – ist durchaus fesselnd. Im weiteren Verlauf weist die Handlung aber gravierende Mängel in der Umsetzung auf, die Hauptpersonen sind beide unvergleichlich unsympathisch, die Dialoge werden zunehmend unsinniger – doch alles das könnte man einem Erotikroman verzeihen, wenn wenigstens die Sexszenen brauchbar wären. Sind sie aber nicht, ganz im Gegenteil. Ich hab ja wirklich schon einige erotische Romane gelesen, aber dieser hier hat an sprachlichem Missvergnüngen und abtörnende Vergleichen wirklich alles dagewesene getoppt. Beispiele gefällig?

»Kräftig saugte Dorian an ihnen [den Brüsten] wie eine Melkmaschine …«

»Er … saugte ihre Haut wie eine Saugglocke an …«

»Aber sprach ihr Körper nicht eine deutliche Sprache, indem er die Pfütze zwischen ihren Schenkeln zu einem Fluss anschwellen ließ?«

»Dann [nach ihrem Orgasmus] brach Tammy zuckend wie ein Aal zusammen.«

Und das sind mitnichten Ausnahmen, sondern nur die Spitze des Eisbergs! An anderer Stelle schwimmt zu allem Übel seine Zunge auch noch wie eine Seeschlange in ihr. Wie eine Seeschlange!!! Was ist das bitte für ein Mann, der eine Zunge wie eine Seeschlange hat? Bah! Ist das absurd?! Wie um alles in der Welt kommt dieses Buch zu so guten Bewertungen? Ist mein Erotikverständnis verschroben? Oder reicht meine Tierliebe (insbesondere für Kühe und Wasserbwohner) nur einfach nicht aus?!

Fazit:
3/15 – Da mir die Grundidee im Prinzip recht gut gefallen hat und das Buch außerdem für einige Lacher gesorgt und damit einen gewissen Unterhaltungswert hat, vergebe ich immerhin drei Punkte. Als Erotikbuch versagt »Begierde des Blutes« vollkommen.

[Rezension] Janet Evanovich: Visions of Sugar Plums

Deutscher Titel: Der Winterwundermann
Between the Plums, Band 1

Inhalt:
Es sind nur noch vier Tage bis Weihnachten, doch Stephanie Plums Welt ist alles andere als fröhlich. Weder Baum noch Geschenke sind organisiert, und ihr ist so weihnachtlich zumute wie einem Truthahn zu Thanksgiving. Als ein paar Tage vor dem Fest dann statt des Weihnachtsmanns ein fremder Mann in ihrer Küche steht, ist Stephanie endgültig überfordert. Sie mag ja an seltsame Leute gewohnt sein – man nehme nur ihre Familie –, aber dieser Typ ist tatsächlich sehr merkwürdig. Angeblich heißt er Diesel, ist ziemlich attraktiv, und Stephanie hat keine Ahnung, wie er in ihre Wohnung gekommen ist – oder warum. Hat er womöglich etwas mit dem flüchtigen Spielzeugwarenhändler Sandy Claws zu tun, der ins Winterwunderland entschwunden zu sein scheint? Stephanie versucht, der Sache auf den Grund zu gehen und bekommt es dabei mit wütenden Elfen, explodierenden Weihnachtsbäumen und einem ganz speziellen Herrn zu tun, den ihre Großmutter von der Männerjagd mitgebracht hat …

Kommentar:
Lange Inhaltsangabe, sehr kurzer Kommentar: Eine leidlich unterhaltsame, ganz witzige Weihnachtsgeschichte, der aber der Pfiff fehlt. Stephanies Familie ist skurril, irrsinnig und witzig wie immer, die um sich greifende Weihnachtspanik um Geschenkewahnsinn und Baumkauf sind durchaus amüsant und – wenn auch überspitzt dargestellt – bedenklich wahr. Die Jagd nach dem Spielwarenhändler Sandy Claws dümpelt allerdings doch recht dröge vor sich hin, und die magischen Elemente wirken leider ziemlich unausgegoren; bei aller Bereitschaft, fantastische Ideen als gegeben hinzunehmen, hätte ich mir doch ein paar Erklärungsansätze gewünscht. Es macht tatsächlich ein wenig den Eindruck, als hätte Evanovich den Hintergrund nicht so richtig durchdacht. So bleibt bei aller Situationskomik die Unterhaltung ein wenig auf der Strecke.

Bleibt zu sagen, dass das Buch inhaltlich wie auch bzgl. des Umfangs sehr dünn ist, und dass zumindest bei der deutschen Ausgabe dieses Buches das Preis-Leistungs-Verhältnis in keinster Weise stimmt. »Der Winterwundermann« mit 143 Seiten Geschichte als Hardcover für einen Preis von 12,95 Euro zu verkaufen, birgt hohes Enttäuschungspotenzial beim Leser und ruft zurecht einige Verärgerung hervor.

Fazit:
7/15 – Weihnachtsunterhaltung aus dem Hause Plum, die aber nur leidlich fesselnd und zumindest in der deutschen Ausgabe viel zu teuer ist. Immerhin brennt nicht nur das Auto, sondern auch der Baum!

[Rezension] Lisa Kleypas: Mine Till Midnight

Deutscher Titel: Pfand der Liebe (Knaur, April 2010)
1. Teil der Hathaway-Serie

Inhalt:
Die Suche nach ihrem Bruder Leo treibt Amelia Hathaway in die Londoner Halbwelt. In einem Herrenclub begegnet sie dem verruchten Cam. Der begreift die spröde Amelia als persönliche Herausforderung und beginnt sie nach allen Regeln der Kunst zu umwerben. Bald schon weiß sie nicht mehr, was sie empfinden soll – vor allem nicht, als auch noch ihr einstiger Verehrer auftaucht.

Kommentar:
»Mine Till Midnight« ist der Auftakt zu einer neuen Serie, die lose verknüpft ist mit der »Wallflower«-Serie der Autorin. Wer die Mauerblümchen-Serie gelesen hat, wird sich vielleicht erinnern, dass Cam im dritten Teil (»Devil in Winter«) einen Auftritt hatte; ebenso tauchen hier einige Mauerblümchen nebst ihren Gatten auf.

Amelia Hathaway hat nach dem Tod ihrer Eltern beschlossen, ihr Leben in den Dienst ihrer Familie zu stellen und nicht zu heiraten, sondern sich um ihre vier jüngeren Geschwister zu kümmern. Vor allem mit ihrem Bruder Leo, ehemals ein talentierter Architekt, hat sie alle Hände voll zu tun, denn er hat nach einem Schicksalsschlag und nach dem unverhofften Erbe eines Adeltstitels den Halt verloren und gibt sich den gesellschaftlichen Lastern hin: Er trinkt, spielt und hurt in einem Ausmaß, das Amelia große Sorgen bereitet. Als sie eines abends auf der Suche nach ihm in einem Spielclub landet, trifft sie auf den geheimnisvollen Cam Rohan, von dem sie sich unwiderstehlich angezogen fühlt, und bittet ihn um Hilfe. Cam, der von Amelia ebenso hingerissen ist wie sie von ihm, willigt ein und legt damit den Grundstein für eine Beziehung, die beide eigentlich nicht wollten.

Wie üblich spinnt Kleypas eine schöne und bodenständige Geschichte, die diesmal allerdings ein wenig an ihren Protagonisten krankt. Cam Rohan ist ein Halb-Roma, der sich nach oben gearbeitet hat und als Londoner Spielclubbesitzer ein Vermögen gemacht hat. Als er auf Amelia trifft, trägt er sich mit dem Gedanken, London mit seinen Konventionen und Lastern den Rücken zu kehren und sich seiner Roma-Sippe anzuschließen; er muss sich schließlich zwischen zwei Welten entscheiden. Cam ist ein klassischer Kleypas-Held: ein wenig düster, ein wenig geheimnisvoll, mit einer schwierigen Vergangenheit. Zum Teil legt er enervierend dominantes Auftreten an den Tag, das aber von der sturen Amelia als sein Gegenpart weitgehend abprallt. Amelia ist dennoch keine Heldin, die besonders gut zugänglich ist. Sie ist zwar alles in allem sympathisch, aber einfach zu altruistisch und wandelt auf einem sehr schmalen Grat zwischen berechtigter Sorge und beengender Überfürsorge. Sie ist eine echte Glucke mit einem übergroßen Beschützerinstinkt und dem Drang, über alle anderen Leute und Dinge zu bestimmen und kaum andere Meinungen und Vorstellungen zuzulassen; entsprechend anstrengend ist sie sowohl für ihre Umgebung im Buch als auch für den Leser.

Es spricht für Kleypas‘ Erzähltalent, dass das Buch trotz dieser Heldin noch so gut worden ist. Das liegt einmal mehr nicht zuletzt an den interessanten, sehr lebendigen Nebenfiguren, allen voran an dem depressiven, lebensmüden Leo und dem geheimnisvollen, schwierigen Merripen, ebenfalls ein Roma, der seit seiner Kindheit bei der Familie lebt. Die ewig plappernde Poppy und die tierverrückte Beatrix sorgen als Ausgleich für lustige Momente, während ausgerechnet Win, die Heldin des folgenden Teils der Serie, für ein wenig Drama sorgt.

Fazit:
10/15 – Trotz der zeitweise ziemlich anstrengenden Protagonistin legt Kleypas ein gewohnt gutes, solides Buch vor. Es reicht nicht an die Highlights der Autorin heran, ist aber unterhaltsam und interessant genug, um Lust auf die folgenden Bände der neuen Serie zu machen.

[Rezension] Lisa Kleypas: Tempt me at Twilight

dt. Titel: Zärtlicher Nachtwind
The Hathaways, Book 3

Inhalt:
Poppy Hathaway liebt ihre unkonventionelle Familie, sehnt sich aber nach Normalität – nicht zuletzt deshalb findet sie Michael Bayning so attraktiv, einen sehr konventionellen künftigen Lord. Weil Michaels Vater eine bürgerliche Braut an der Seite seines Sohnes nicht akzeptieren würde, muss ihre Verbindung noch geheim gehalten werden, doch Poppy ist bereit zu warten. Dann jedoch begegnet sie dem charismatischen Hotelbesitzer Harry Rutledge, der sie trotz seines schlechten Rufs außerordentlich fasziniert. Als die beiden in einer kompromittierenden Situation erwischt werden, nimmt sie – sehr zum Entsetzen ihrer Familie – seinen Heiratsantrag an, der ihren Ruf retten soll. Sie muss allerdings feststellen, dass ihr Gatte ihr zwar Leidenschaft und grenzenlosen Luxus bietet, aber leider keine Liebe …

Kommentar:
Das Buch zieht einen sofort in seinen Bann – mit einer ziemlich lustigen Szene, in der Poppy Hathaway das Frettchen ihrer Schwester Beatrix durchs Hotel jagt, das sich mit einem Liebesbrief ihres heimlichen Freundes davongemacht hat. Sie landet in einem Geheimgang und trifft dort auf einen attraktiven Mann, der sich schließlich als der sagenumwobene Hotelbesitzer Harry Rutledge herausstellt. Auch wenn er selbst merklich erstaunt darüber ist, ist augenblicklich klar, dass Harry das unkonventionelle Mädchen will, das sich bei ihrer ersten Begegnung als so humorvoll, geistreich und warmherzig herausstellt. Ebenso offensichtlich ist, dass er alles dafür tun wird, sie zu kriegen – ohne Rüchsicht auf Verluste; er zögert keine Sekunde, Intrigen zu spinnen, um Michael aus dem Weg zu schaffen, und er ist berechnend genug, um Poppy in eine kompromittierende Situation zu bringen, sodass sie kaum eine Wahl hat als ihn zu heiraten. Trotz seines zweifelhaften Vorgehens ist er eine äußerst faszinierende Figur, denn auch wenn sein Verlangen nach Poppy reinem Besitzdenken zu entspringen scheint, bringt der undurchsichtige Mann ihr doch mehr Gefühle entgegen als irgendjemandem sonst.

Das ist natürlich nicht genug für jemanden wie Poppy, die in einer liebevollen Familie aufgewachsen ist und an das Gute in Harry glaubt. Sie ist überzeugt davon, dass sie trotz der schlechten Vorzeichen eine gute Ehe mit ihm führen wird – bis sie Minuten vor ihrer Eheschließung von seiner Intrige gegen Michael und sie erfährt. Aus Gründen, die nicht ganz nachvollziehbar sind, heiratet sie ihn trotzdem, verliert aber den Glauben an einen guten Ausgang ihrer Beziehung. Dass sich Harry furchtbar despotisch aufführt, Poppy in ihrer Freiheit beschränkt und ihr allerlei Verbote und Gebote auferlegt, macht die Situation nicht besser. Allerdings blitzt immer wieder die Erkenntnis auf, dass Harry mehr für sie empfindet als er sich und ihr gegenüber eingesteht und dass er schlicht Angst vor einer engen Bindung hat – hat er doch in seiner frühesten Kindheit gelernt, dass Gefühle einen Menschen verletzlich machen. Es ist glaubwürdig, dass er sich Poppy erst öffnet, als er sie zu verlieren droht.

Dennoch – in dieser zweiten Hälfte, ab dem Zeitpunkt der Hochzeit – verliert das Buch ein wenig an Esprit. Der Versuch der Protagonisten, sich mit dem Alltag und dieser lieblosen Form der Ehe zu arrangieren, wirkt zum Teil merkwürdig distanziert beschrieben. Hinzu kommen einige seltsame Ereignisse und Entscheidungen, etwa die mehr oder weniger erzwungenen sexuellen Aktitivitäten in der Hochzeitsnacht, Poppys Flucht und deren Motivation und auch die plötzliche Einsicht beider Protagonisten, die nur bedingt glaubwürdig ist. Völlig überflüssig ist das dramatische Ende des Buches, das extrem angeklatscht wirkt und den Eindruck erweckt, als müsse man unbedingt noch ein paar Seiten mehr füllen. Gleiches gilt für die ausführlichen Sexszenen.

Meisterhaft sind die Nebenfiguren gelungen – das liebenswerte, verschrobene Hauspersonal, das extrem froh über Harrys Hochzeit mit Poppy ist und das nur das beste für den Arbeitgeber will. Obwohl dazu angehalten, nicht zu tratschen, kommentieren sie untereinander eifrig die Geschehnisse zwischen Harry und Poppy und sorgen damit für einige Lacher. Sehr glaubwürdig und ungezwungen webt Kleypas auch einmal mehr die anderen Geschwister in die Geschichte ein – und der Epilog bietet interessante Aussichten auf den nächsten Band, in dem – endlich! – Poppys Bruder Leo sein Glück finden wird.

Fazit:
12/15 – Ein richtig unterhaltsames Buch, das sehr stark startet, in der zweiten Hälfte aber etwas nachlässt.

___

Serieninfo:
01 Mine Till Midnight | Pfand der Leidenschaft – 10/15
02 Seduce me at Sunrise | Glut der Verheißung – 15/15
03 Tempt me at Twilight | Zärtlicher Nachtwind – 12/15
04 Married by Morning – 8/15
05 Love in the Afternoon

Raven Cross: Bat People (Sammelband)

Sammelband; besteht aus den Geschichten: »Bat People«, »Bat City« und »Bat Woman«, erstmals erschienen in der Reihe »Cora Mystery«.

Inhalt:
BAT People (Titel der Cora-Erstausgabe: »Blutnacht«). – Als Natassjas Bruder nach einem Fledermausbiss ins Koma fällt, wird er von den BAT People verschleppt. Natassja muss ihn unbedingt befreien, bevor er in der schrecklichen Blutnacht geopfert wird. Tatsächlich kann sie ihn aus den Klauen der Vampirmenschen retten, doch dabei verliert sie ihre eigene Freiheit und ihr Herz. Sie verliebt sich unsterblich in Anwar, den Anführer der BAT People.

BAT City (Titel der Cora-Erstausgabe: »Blutmond«). – Nachdem Anwar Natassja auf ihr Drängen hin zu einer“BAT Woman gebissen hat, steht ihrer Liebe nichts mehr im Wege. Doch dann geraten die Vampirmenschen in einen Hinterhalt der verfeindeten Coyoteros, die sie mit vergifteten Pfeilen ausrotten wollen. Anwar bricht schwer verletzt zusammen und unaufhaltsam entfaltet das Gift seine entsetzliche Wirkung.

BAT Woman (Titel der Cora-Erstausgabe: »Blutkuss«). – Natassja und Anwar leben glücklich mit den BAT People in der goldenen Stadt Cibola. Aber dann bewahrheitet sich die dunkle Prophezeiung: die Coyoteros brechen ihr Ehrenwort und machen erneut Jagd auf die Fledermausmenschen.

Kommentar:
Was soll ich sagen – ich hab Band 1 nach etwas über 50 Seiten abgebrochen und das Buch weitervertauscht. Ich bin gerade ohnehin in einer schwierigen Lesephase, da hatte ich wirklich keine Lust, mich mit sprachlich wie inhaltlich so naiven Büchern abzutun. »Was erwarteste denn von Cora-Mystery-Heftchen in aufgemotzter Verpackung und warum kaufste die überhaupt?«, wird der eine oder andere jetzt fragen – und das prinzipiell zu Recht! Zu meiner Verteidigung habe ich allerdings vorzubringen, dass ich es nicht wusste und erst gerade eben, beim Studium des Impressums zur Angabe des (vermeintlich englischen) Originaltitels, darauf aufmerksam geworden bin. Hätte ich es gewusst, hätte ich nämlich in der Tat die Finger davon gelassen. Ich mag Liebesromane ohne Anspruch lesen, aber bei Jugendmystery ohne Anspruch hörts dann wirklich auf. ;)

Fazit:
Abgebrochen, weil mir das Buch wegen der sehr einfachen Strickart zu wenig unterhaltsam war und mich eher genervt hat. Es bleibt die Erkenntnis, dass man beim Mira-Verlag wirklich ganz genau hinschauen muss, was man kauft, denn Neuauflagen des Cora-Programms sind eine der Spezialitäten des Hauses.

[Rezension] Meredith Duran: The Duke of Shadows

Inhalt:
Die junge Engländerin Emmaline Martin wird nach Indien geschickt, um dort Colonel Marcus Langley zu heiraten, dem sie schon seit ihrer Kindheit versprochen ist. Obwohl sie sich mit der Vernunftsehe arrangiert hat, fühlt sie sich unwiderstehlich zu Julian Sinclair, dem undurchsichtigen Duke of Auburn, hingezogen, der ihr schließlich unter Einsatz seines Lebens hilft, während des Sepoy-Aufstands Delhi zu verlassen. Auf der abenteuerlichen Flucht nach Sapnagar entwickeln sie tiefe Gefühle füreinander, doch am Ziel angekommen, überlässt Julian Emma der Obhut des Maharadschas und seiner Tochter und kehrt nach Delhi zurück, um seine Familie zu retten. Er verspricht Emma, zu ihr zurückzukommen und sie zu holen, aber sie muss erneut vor den Aufständischen flüchten. Julian und Emma verlieren sich aus den Augen, und Julian ist nach wochenlanger erfolgloser Suche davon überzeugt, dass seine Geliebte umgekommen ist. Als sie vier Jahre später in England vor ihm steht, glaubt er seinen Augen nicht zu trauen. Aber kann es nach alle dem, was damals vorgefallen ist, noch eine gemeinsame Zukunft für die beiden geben?

Kommentar:
Das Buch gliedert sich in zwei etwa gleich lange Abschnitte: Der erste Teil spielt in Indien kurz vor bzw. während der Zeit des Sepoy-Aufstandes von 1857, der zweite Teil im viktorianischen London vier Jahre später.

Vor allem der Indien-Teil ist außergewöhnlich; er hebt sich nicht nur bzgl. des Handlungsortes von anderen Historicals ab, sondern auch durch die Beschreibung der Stimmung und des Lebens in Indien in dieser Ära. Zugegebenermaßen ist die Darstellung der in Indien lebenden britischen Gesellschaft ein wenig stereotyp geraten, doch sie dürfte die grundsätzliche Einstellung sowie die allgemein vorherrschenden Ansichten der Briten in und zu Indien dennoch gut treffen. Mit Beginn der Aufstände spielt das gesellschaftliche Leben ohnehin keine Rolle mehr, die Handlung fokussiert sich ausschließlich auf Emma und Julian, die sich auf der Flucht vor den Aufständischen befinden, um Emmas Überleben sicherzustellen. Die ständige Angst um ihr Leben und die Brutalität des Aufstandes bilden einen krassen Kontrast zur Liebesbeziehung der beiden, die sich zunehmend intensiviert und vielleicht gerade wegen dieser gewalttätigen, düsteren Kulisse so eindrucksvoll ist. Es passt, dass sich die beiden trennen müssen und nicht wiederfinden.

Die London-Handlung, die vier Jahre nach der Trennung spielt, startet ebenfalls stark – vor allem die Wiedersehensszene zwischen Julian und Emma ist beeindruckend und macht den Charakter und die Verbundenheit der beiden sehr deutlich. Dennoch ist Emma nicht bereit, die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen, weshalb ein ziemliches Hin und Her folgt. An diesem Punkt wird es teils ein wenig langatmig und die Logik krankt ein bisschen, zumal der Leser ebenso wenig wie Julian begreifen kann, warum Emma sich nie bei ihm gemeldet hat. Auch wird eine Art Krimihandlung eingeflochten, die nicht unbedingt nötig gewesen wäre und ein wenig konstruiert und überladen wirkt. Die Geschichte ist trotzdem unterhaltsam, weil sie von zwei so guten Figuren getragen wird, fällt aber im Vergleich zum Indien-Teil ab.

Wirklich hervorragend gelungen sind die Protagonisten. Emma ist bei ihrer Ankunft in Indien die einzige Überlebende eines Schiffsunglücks, bei dem sie beide Eltern verloren hat, und hat große Probleme, sich in das gesellschaftliche Leben in Delhi zu integrieren. Mit ihrer arrangierten Ehe hatte sie sich eigentlich abgefunden, doch ihr Verlobter Marcus, den sie seit ihrer Kindheit kennt, ist so ganz anders als angenommen. Er betrügt sie offen und erwartet von ihr, dass sie sich klaglos ins Frauenbild in dieser Zeit einfügt. Die verhältnismäßig selbstständige, mitunter störrische Emma, die immer wieder aus der ihr zugedachten Rolle ausbricht, denkt allerdings nicht daran, sich gängeln und den Mund verbieten zu lassen; ihr ist schnell klar, dass sie Marcus keinesfalls heiraten kann. Nicht nur in dieser Situation, sondern das ganze Buch über handelt sie entschlossen und zögert nicht, alles zu tun, was notwendig ist, um zu überleben. Das Leid, das sie in Indien sieht und das ihr selbst widerfährt, trifft sie tief. Zurück in England verarbeitet sie die Erlebnisse – abgekapselt von der Gesellschaft – in imposanten Bildern, die schließlich unter Pseudonym ausgestellt werden und das Grauen des Aufstandes in vollem Ausmaß zeigen.

Julians vorherrschende Eigenschaft ist seine Zerrissenheit. Er ist halb Engländer, halb Inder, fühlt sich jedoch keiner der beiden Kulturen wirklich zugehörig. Er verbringt – verstoßen wegen seiner gemischtrassigen Herkunft von den Familien beider Elternteile – die ersten Jahre seines Lebens als Straßenkind in Delhi, doch als klar ist, dass er ein englisches Herzogtum erben wird, holt man ihn nach England, wo er eine klassische Schulbildung erhält. Dennoch wird er nach wie vor weder von den Briten noch von den Indern akzeptiert; man begegnet ihm mit Misstrauen und hält ihn für einen Verräter. Wegen seiner Herkunft, aber auch wegen der Gerüchte um seine Frauengeschichten beäugt man ihn misstrauisch. Emma jedoch, gerade in Delhi angekommen, weiß nichts über ihn und begegnet ihm völlig unvoreingenommen. Schon bei ihrer ersten Begegnung prickelt die Luft, und es wird ihm klar, dass Emma ebenso wenig in die Gesellschaft passt wie er. Es ist folgerichtig, dass die beiden Außenseiter sich finden und tiefe Gefühle füreinander entwickeln, die absolut glaubwürdig und nachvollziehbar sind. Ebenso logisch erscheint es, dass eine Figur wie Julian sein Herz nur einmal vergibt und alles in seiner Macht stehende tut, um die Frau an seine Seite zurückzuholen, die er liebt und die ihn darüber hinaus als einzige verstehen kann, weil auch sie in Indien war und die gleichen Schrecken miterlebt hat wie er.

Fazit:
13/15 – Eine über weite Strecken düstere, aber sehr intensive Geschichte mit zwei vielschichtigen, glaubwürdigen und starken Hauptfiguren – ein tolles Debüt! Die beiden Folgeromane sind schon gekauft!

[Rezension] Amber Kizer: Meridian. Dunkle Umarmung

Originaltitel: Meridian
1. Band der Fenestra-Serie

Inhalt:
Wenn kleine Tiere spüren, dass der Tod nah ist, suchen sie Meridians Nähe, um an sie gekuschelt zu sterben. Das war schon immer so, seit Meridian geboren wurde, und sie macht sich längst keine Gedanken mehr darüber. Doch an ihrem 16. Geburtstag ist plötzlich etwas anders: Als vor Meridians Haus ein schwerer Unfall passiert, empfindet das Mädchen den Schmerz der Sterbenden am eigenen Leib – und entgeht selbst nur knapp dem Tod. Jetzt erst erfährt sie die Wahrheit: Sie gehört zu den Fenestras, die den Seelen der Verstorbenen das Fenster zum Himmel öffnen können. Ihre Gabe ist nun voll erwacht und bringt Meridian in größte Gefahr, denn die Fenestras haben dunkle Gegenspieler …

Kommentar:
»Meridian« ist ein weiteres All-Age-Fantasy-Romance-Buch einer noch jungen Autorin, das überall so hoch gelobt wird, dass ich mich zum Lesen entschlossen habe, obwohl mich der Klappentext eigentlich nicht wirklich angesprochen hat. Um es vorweg zu nehmen: Ich hätte auf mein Bauchgefühl hören sollen, denn einmal mehr kann ich die allgemeine Begeisterung nicht teilen.

Schon der Beginn des Buches sorgt für Irritation. Nach einem kurzen Abriss über Meridians Kindheit und Jugend, in dem man erfährt, dass die Außenseiterin seit ihrer Geburt den Tod anzieht und in ihrer Gegenwart ständig Tiere sterben, beginnt die eigentliche Story mit Meridians sechzehnten Geburtstag. Just an diesem Tag wird das Mädchen in einen Autounfall verwickelt und von ihren merkwürdigen und völlig überforderten Eltern aus dem Haus geschafft: Ausgestattet mit einem Brief ihrer Mutter, der mindestens ebenso viele Fragen aufwirft wie er beantwortet, wird sie in einen Bus nach Colorado verfrachtet, der sie zu ihrer Tante Merry bringen soll, die sie noch nie zuvor getroffen hat. Nach einigen Schwierigkeiten dort angekommen, erfährt sie nach langem Hin und Her, dass sie eine Fenestra ist, ein Wesen, das Sterbende in den Himmel zum Schöpfer begleitet. Wo es die Guten gibt, gibt es natürlich auch die Bösen – in diesem Fall in Gestalt der Aternocti, die nicht nur versuchen, die sterbenden Seelen in die Hölle zum Zerstörer zu bringen, sondern die darüber hinaus die Fenestrae töten oder auf die Seite des Bösen ziehen wollen. Die verständlicherweise völlig überforderte Meridian muss also nicht nur lernen, Menschen auf die andere Seite zu begleiten, ohne selbst Schaden dabei zu nehmen, sie muss sich auch noch für den Kampf gegen die Aternocti wappnen.

Das Mädchen kann einem wirklich leid tun – und zwar nicht nur wegen dem, was da auf sie einstürzt, sondern auch wegen des unsinnigen Verhaltens ihrer Verwandtschaft. Da lassen ihre großartigen Eltern sie – trotz besseren Wissens – sechzehn Jahre lang in dem Glauben, sie sei verantwortlich für den Tod all der in ihrer Nähe verstorbenen Tiere, statt ihr vielleicht mal zu erklären, dass sie diese nicht tötet, sondern ihnen hilft. Es lehrt sie auch keiner, besser mit ihrer Begleiteraufgabe umzugehen, sodass ihr das Sterben der Tiere keine Schmerzen und schlaflosen Nächte bereitet. Und es bereitet sie auch keiner darauf vor, dass sie an ihrem sechzehnten Geburtstag die Familie verlassen muss und ab diesem Tag auch menschlichen Seelen beim Übertritt zu helfen hat. Warum um alles in der Welt hat niemand sie vorher mit ihrer Tante Merry, ebenfalls eine Fenestra, bekannt gemacht, damit sie aufgeklärt und vernünftig auf ihre neue schwierige Aufgabe vorbereitet werden kann? Und das, obwohl von vornherein klar ist, dass »die Tante« – wie sie die meiste Zeit über völlig unpersönlich genannt wird – zum Zeitpunkt von Meridians Geburtstag nur noch wenige Tage zu leben hat und mitnichten ausreichend Zeit hat, ihrer Nichte alles Notwendige beizubringen? Selbst bei Tante Merry angekommen, wird Meridian aus unerfindlichen Gründen über vieles im Dunklen gelassen und mit dem lapidaren Hinweis abgespeist, sie müsse lernen, Vertrauen zu schöpfen und tun, was ihr gesagt wird. Das alles macht in meinen Augen überhaupt keinen Sinn und ist ein gravierender logischer Mangel.

Unausgegoren ist auch der Aternocti-Plot. Es scheint ja offenbar von vornherein festzustehen, dass das Mädchen, sobald sie 16 Jahre alt ist, von den Schergen des Zerstörers gejagt werden wird. Warum die Aternocti den Geburtstag überhaupt abwarten, ist unklar; wären sie schlau, würden sie Meridian schon vorher ausschalten, dann müssten sie sich nicht mit einer »vollwertigen« Fenestra herumschlagen. Immerhin waren die Aternocti, die sich u.a. verantwortlich zeichnen für den Untergang der Azteken, von Atlantis und den Osterinseln (von denen ich noch gar nicht wusste, dass sie überhaupt untergegangen sind!), so weise, sich in der Stadt anzusiedeln, in der Tante Merry und nun eben auch Meridian leben. Sie treten ausgerechnet in Gestalt eines abgrundtief bösen Sektenführers in Erscheinung, der seiner Kirchengemeinde mittelalterliche Vorstellungen einimpft und sie mit seiner Bösartigkeit vergiftet. Die 106 Jahre alte und eigentlich sehr erfahrene Tante steht den Aternocti dummerweise vollkommen hilflos gegenüber. Sie ist einem solchen Wesen nie wissentlich begegnet und hat keine Ahnung, wie man sich ihnen zur Wehr setzen kann. Immerhin gibt sie Meridian einen überaus weisen Vorschlag an die Hand: Sie soll ein paar andere Fenestrae fragen, vielleicht können die helfen. Es bleibt ihr Geheimnis, warum sie sich nicht mal vorher um das Problem gekümmert hat, nachdem doch klar war, dass Meridian gejagt werden würde – wahrscheinlich war auch ihre Zeit vor lauter Steppdeckennähen knapp, so wie auch der Mutter die Zeit ausgegangen ist, ohne dass sie ihrer Tochter etwas erklären konnte.

In Anbetracht des unverantwortlichen Verhaltens ihrer Umwelt braucht es einen ja schon nicht mehr zu wundern, dass auch Meridian seltsam ist. Sie nimmt die Trennung von ihrer Familie über weite Strecken ebenso klaglos hin wie den drohenden Tod ihrer Tante, der sie zu allem Übel auch noch beim Übertritt ins Jenseits helfen muss, wie sie erfährt. Meridians Handlungsmotive sind mir oft unklar, und sie ist mir nicht sehr sympathisch; teilweise wirkt sie seltsam starr und emotionslos, teilweise extrem kindlich. Letzteres liegt nicht nur an ihrer Begeisterung für den mehrfach erwähnten Sponge-Bob-Flanellschlafanzug, sondern auch an ihren Umgang mit dem Jungen Tens und an ihrer unauthentischen Ausdrucksweise. Welche Sechzehnjährige würde denn bitte »Was wird hier gespielt?« (S. 143) fragen, wenn die Tante in heller Panik zur Schrotflinte greift, oder vor Überraschung »Ach du heiliger Strohsack?« (S. 306) rufen?! Das ist einfach nicht glaubwürdig und passt ebenso wenig wie die keusche Liebesbeziehung zum geheimnisvollen Tens, der vielleicht ihr Wächter oder ein Kriegerengel ist, vielleicht aber auch nicht, und dessen Schicksal irgendwie mit Meridians verknüpft ist.

Kann man über die Logikmängel und die Dialoge und Handlungen, die nur bedingt Sinn machen, hinwegsehen, lässt sich das Buch ganz nett weglesen; nett sind vor allem einige Szenen mit Tante Merry, die ein hohes Maß an Geborgenheit vermitteln. Alles in allem plätschert die Geschichte ohne große Höhen und Tiefen und ziemlich spannungsarm vor sich hin, wozu auch der wundersame »Endkampf« passt, der denkbar unspektakulär und ohne echtes Zutun der reichlich blass geratenen Hauptpersonen vonstatten geht, die märchenhafterweise unverhoffte Hilfe erhalten.

Fazit:
5/15 – Eine nicht wirklich glaubwürdige Protagonistin irrt durch ein halbgares Buch. Ein Jammer um die tolle und außergewöhnliche Grundidee! Die Fortsetzung, an der die Autorin derzeit arbeitet, werde ich ganz sicher nicht lesen.

[Rezension] Eileen Wilks: Wolf Shadow 3 – Dunkles Verlangen

Originaltitel: Blood Lines
3. Teil der Wolf-Shadow-Serie

Inhalt:
FBI-Agentin Lily Yu und ihr Gefährte, der Werwolf Rule Turner, werden vom Geheimdienst engagiert, um Politiker zu entlarven, die ein Bündnis mit Dämonen eingegangen sind. Da geschieht ein grausamer Mord, der nur von einem Dämon verübt worden sein kann. Lily bittet die Agentin Cynna Weaver und den Magier Cullen Seabourne um Hilfe. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, während die vier versuchen herauszufinden, wer hinter den dämonischen Angriffen steckt. Im Laufe der Ermittlungen kommen sich Cynna und Cullen näher, und schon bald entwickelt sich eine Leidenschaft zwischen den beiden, die ganz eigenen Gesetzen folgt.

Kommentar:
»Dunkles Verlangen« knüpft praktisch nahtlos an »Magische Versuchung« an, und es ist schnell klar, dass der Aufenthalt in der Hölle sowohl bei Werwolf Rule Turner als auch bei FBI-Agentin Lily Yu deutliche Spuren hinterlassen hat. Vor allem Rule, der zu lange in Wolfsgestalt war, hat Probleme, die Kontrolle über sich zu behalten, denn der Wolf in ihm ist in dieser Zeit sehr stark geworden. Doch damit nicht genug: Bei einem Dämonenangriff wird er darüber hinaus schwer verletzt. Er überlebt zwar, der Dämonen hat aber ein gefährliches Gift in Rules Körper hinterlassen, das keiner der Heiler neutralisieren oder entfernen kann, und das ihn schwächt und zu Gedächtnislücken führt.

Wie sich herausstellt, war der Dämonenangriff auf Rule nur einer von vielen, die alle gleichzeitig stattfanden und gegen die Thronfolger der verschiedenen Werwolfclans gerichtet waren. Zudem treten hohe Mengen an Magie aus und bringen die Welt aus dem Gleichgewicht, sodass Computer ausfallen, diverse magische Wesen auftauchen und die Naturgewalten außer Kontrolle geraten. Das FBI gründet eine Task Force, um die Vorkommnisse zu untersuchen. Während die FBI-Agentinnen Lily und Cynna, unterstützt von Rule und dem Werwolf-Zauberer Cullen, für die Regierung in der Sache ermitteln und den Kampf gegen das Böse aufnehmen, gibt es aber weitere Probleme zu lösen: Nicht nur muss sich Rule mit dem verfeindeten Werwolf-Clan der Leidolfs auseinandersetzen, sondern Cynna wird auch noch dazu gezwungen, sich ihrer Vergangenheit zu stellen und gegen ihre ehemalige Lehrmeisterin zu behaupten. Darüber hinaus taucht Rules Sohn Toby auf und gerät in den Fokus des Feindes … 

Vielleicht, weil ich erst vor wenigen Wochen Band 2 der Serie gelesen habe, fiel mir der Einstieg in das Buch diesmal sehr viel leichter als das bei den Vorgängern der Fall war. Möglicherweise lag es aber auch daran, dass »Dunkles Verlangen« actionreicher startet, gleich Spannung aufbaut und diese über weite Teile des Buchs aufrechterhält, während die Welterklärungsabschnitte gleichzeitig weniger Raum einnehmen als in den Vorgängerbänden. Zur Lebendigkeit der Geschichte trägt die Tatsache bei, dass es diesmal mehr Protagonisten und somit auch Erzähler gibt: Neben Lily und Turner begleitet man auch Cynna und Cullen auf ihren Abenteuern. Da alle vier sehr gegensätzliche, aber uneingeschränkt interessante und faszinierende Figuren mit inneren Konflikten sind, führt das zu sehr verschiedenen Blickwinkeln auf die Handlung, die dadurch außerdem an Linearität verliert und an Abwechslung gewinnt. Sehr knisternd dargestellt ist die Anziehung zwischen Cullen und Cynna, die ungeahnte Folgen nach sich zieht, sehr gut gelungen sind auch die Auftritte von Lily Yus Großmutter und Rules Sohn Toby, die beide eine wichtige Rolle im Verlauf des Geschehens haben.

Bei aller Begeisterung habe ich aber nach wie vor Probleme mit den theoretischen und sehr komplexen Ausführungen zur Welt der Magie und der Werwölfe. Erneut konnte ich den Erklärungen an einigen Stellen nur bedingt folgen und hab mir vieles irgendwie zusammengereimt; zumal schien es mir wieder kleine Logikmängel zu geben. Ich bin mir nicht sicher, ob das an meiner begrenzten Auffassungsgabe bzw. Fantasiebegabung liegt oder ob die Darstellungen einfach nicht ganz klar ist. Wie auch immer: Die Welt, die Eileen Wilks da aufbaut, ist sehr kompliziert und dürfte nicht nur für mich, sondern auch für andere ungeübtere Fantasyleser teilweise schwer zu fassen sein. Unverzichtbar zum Verständnis des Buchs ist die (genaue) Kenntnis der vorherigen Teile; ein Quereinstieg in Serie scheint mir trotz der Erklärungen unmöglich. Insofern finde ich es sehr schade, dass der nächste Band erst im Mai 2010 erscheinen wird – bis dahin hab ich vermutlich wieder alles vergessen, was zum Verständnis des Buchs nötig sein wird.

Fazit:
12/15 – Der bislang beste, weil abwechslungsreichste und spannendste Band der Wolf-Shadow-Serie. Ansonsten gilt, was auch für die Vorgänger galt: Starke und sehr glaubwürdige Figuren agieren in einem relativ komplexen Kosmos, der mitunter nicht ganz einfach zu verstehen ist.