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[Rezension] Laura Lee Guhrke: His Every Kiss

Inhalt:
Der begnadete Komponist Dylan Moore leidet seit einem Reitunfall unter einem starken Tinnitus und kann seitdem nicht mehr komponieren. Verzweifelt über den Verlust seiner musikalischen Fähigkeiten will er seinem Leben ein Ende setzen, doch eine schöne Unbekannte, die erstmals seit seinem Unfall wieder Musik in seinem Kopf entsehen lässt, hält ihn davon ab – nur um dann auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden.
Fünf Jahre später begegnet er seiner verlorenen Muse zufällig wieder und engagiert sie als Gouvernante für seine Tochter. Obwohl auch Grace weiß, dass der wahre Grund für ihre Anstellung ein anderer ist, zwingt ihre finanzielle Situation sie dazu, das Angebot anzunehmen. Sie ist fest entschlossen, sich nicht auf Dylan Moore einzulassen, der allerdings seinerseits alles dafür tut, dass die Muse ihn küsst …

Kommentar:
Das Buch hängt lose zusammen mit »Guilty Pleasures«, wo Dylan Moore bereits einen Auftritt hatte; hier begegnet man dem Duke of Tremore wieder, dem Protagonisten aus dem Vorgängerband.

Die Geschichte, die hier erzählt wird, ist alles andere als innovativ: Held stellt Heldin als Gouvernante ein, die beiden verlieben sich, trennen sich (unnötigerweise) und kommen am Ende doch wieder zusammen. Aufgrund der Vorhersehbarkeit der Handlung droht das Buch an zwei, drei Stellen, ein wenig ins Langweilige abzugleiten, doch Guhrke schafft es trotzdem, eine überzeugende Geschichte zu erzählen, die teils humorvoll, teils dramatisch, teils rührend ist und überzeugende Protagonisten hat.

Grace hat in ihrer Jugend einen Skandal verursacht, weil sie mit einem zehn Jahre älteren Maler durchgebrannt ist und zwei Jahre mit ihm in wilder Ehe gelebt hat. Ihre Familie hat sie mehr oder weniger verstoßen, weshalb es für sie nach dem Tod ihres Mannes und einem wenig erfüllten Leben kein Zurück gibt. Sie arbeitet Orangenverkäuferin und lebt trotz des Zubrots, das sie als Geigerin auf Bällen verdient, am Existenzminium. Insofern ist plausibel, dass sie Dylans Angebot, als Gouvernante für seine Tochter zu arbeiten, annimmt, obwohl sie nach den Erfahrungen in ihrer Ehe mehr als genug von exzentrischen Künstlern hat – und obwohl sie sich gegen ihren Willen von Beginn an zu dem Komponisten hingezogen fühlt. Ihr Umgang mit Dylan und seiner Tochter Isabel zeigt Grace als aufrichtige, warmherzige, aber willensstarke Frau mit Prinzipien – die allerdings angesichts Dylans Charme immer wieder ins Wanken geraten, bis sie schließlich ihrem Verlangen nachgibt und seine Geliebte wird.

Wesentlich komplexer als Grace ist Dylan selbst angelegt. Der lebensmüde Komponist, der aufgrund seines enervierenden Tinnitus‘ seine Fähigkeiten verloren hat, tut alles, um sich abzulenken, seinen Geist zu betäuben und die Stille zu vertreiben, die seine Ohrgeräusche erst richtig laut werden lässt. Er trinkt, hurt, spielt, raucht Haschisch und nimmt Laudanum, prügelt sich und setzt in regelmäßigen Abständen sein Leben aufs Spiel. Angesichts seiner Laster ist er fast ein wenig zu ausgeglichen und nicht düster genug angelegt, dennoch ist seine sukzessive Veränderung – ausgelöst durch das unverhoffte Auftauchen seiner Tochter und das Wiedersehen mit Grace – glaubhaft; zumal er sich von Beginn an als sensibler Mann erweist, der ein Gespür für die Stimmungen anderer Menschen hat.

Ebenfalls überzeugend dargestellt sind die langsame Entwicklung des Verhältnisses zwischen Dylan und seiner Tochter sowie Dylans Wandung vom exzentrischen, egozentrischen Musiker ohne Verpflichtungen hin zu einem Menschen, der lernt, Verantwortung zu tragen und Rücksicht auf andere zu nehmen. Dass seine Tochter mit den Worten »I have come to fetch my father home« mitten in einen seiner Bordellbesuche platzt, ist vielleicht ein wenig dick aufgetragen, als Auslöser für eine finale Verhaltensänderung taugt ihr Auftritt aber allemal.

Fazit:
12/15 – Trotz der wenig innovativen Geschichte ein sehr unterhaltsames Buch, das vor allem aufgrund seiner überzeugenden Helden punktet.

[Rezension] Elizabeth Hoyt: Wicked Intentions

1. Teil der Maiden-Lane-Serie

Inhalt:
London, 1737. Lazarus Huntington, Lord Caire, ist in einem der verrufensten Viertel Londons auf der Suche nach dem Mörder einer Hure, mit der er jahrelang regelmäßig zusammen war. Da er als Adliger in St. Giles allein nicht weit kommt, wendet er sich an die verwitwete Temperance Dews, die dort zusammen mit ihrem Bruder ein Heim für Findelkinder betreibt und das Viertel wie ihre Westentasche kennt. Obwohl Temperance von Caires schlechtem Ruf weiß, erklärt sie sich dazu bereit, ihn zu den einschlägigen Etablissements zu bringen, denn im Gegenzug verspricht er ihr, ihre Suche nach einem reichen Sponsor für das Heim zu unterstützen. Doch kaum beginnen die beiden ihre Nachforschungen, gibt es weitere Leichen sowie Attentate auf ihr eigenes Leben – und zu allem Übel fühlen sich Caire und Temperance trotz aller Standesunterschiede auch noch unwiderstehlich zueinander hingezogen …

Kommentar:
»Wicked Intentions« ist der Auftakt zur neuen Maiden-Lane-Serie von Elizabeth Hoyt, die die Leserschaft mit ihrem Debüt »The Raven Prince« und den beiden folgenden Teilen der Prinzen-Trilogie restlos begeistert hat. Leider konnte sie die hohen Erwartungen mit ihrer Serie »The Legend of the Four Soldiers« nicht erfüllen – bis auf einen Band (»To Beguile a Beast«) waren die Bücher eher enttäuschend. Insofern habe ich der neuen Serie nicht so wirklich entgegengefiebert; ich weiß gar nicht, ob ich mir das Buch überhaupt gekauft hätte, hatte aber das Glück, es bei Tauschticket zu ergattern – und ich bin wirklich froh darüber! Zwar kann Hoyt mit dem Buch nicht ganz an die Prinzen-Trilogie anknüpfen, sie ist aber auf einem guten Weg.

Die Liebesgeschichte ist nicht überragend, aber solide; die Wandlung der Zweckgemeinschaft von Temperance und Lazarus hin zu einer echten Beziehung wird überzeugend und teils sehr gefühlvoll dargestellt. Weniger überzeugend ist der Kriminalfall, der zwar die Basis fürs Kennenlernen der so unterschiedlichen Protagonisten und einen zwingenden Grund für deren wiederholtes Zusammensein bildet, in dieser Form der Ausarbeitung für sich genommen jedoch ziemlich verzichtbar ist und für ein paar Längen sorgt. Hinzu kommt, dass die beiden Hobbydetektive bei ihrer Mördersuche teilweise äußerst dilettantisch und ziemlich lebensmüde vorgehen – kein Wunder, dass die Ereignisse in einem hochdramatischen Showdown gipfeln!

Als ziemlich überflüssig und störend empfand ich die Nebenhandlung um Temperances Schwester Silence, deren Sinn sich mir nicht erschlossen hat und die die Haupthandlung immer wieder unversehens unterbrochen hat. Ich gehe aber davon aus, dass die Ereignisse in einem der kommenden Bücher eine Rolle spielen werden. Daneben gibt es noch einige kleinere Handlungselemente, die offensichtlich ebenfalls dazu dienen, Figuren für weitere Teile der Serie einzuführen, namentlich Lazarus‘ Freund Godric St. John, Lady Hero Batten (die die Hauptrolle im nächsten Band haben wird) und natürlich das geheimnisvolles Phantom, das in St. Giles umgeht.

Die Hauptfiguren sind beide sympathisch und ihre jeweiligen Handlungsmotivationen weitgehend schlüssig. Lazarus‘ Aversion gegen Berührungen hätte allerdings besser begründet sein können, und ziemlich an den Haaren herbeigezogen wirkte das fast schon obligatorische Missverständnis. Alles in allem kann man sich aber gut in die beiden hineinfühlen, und Lazarus‘ mit seinen außergewöhnlichen sexuellen Vorlieben ist mal eine etwas anderer Held. Apropos: Die Sexszenen sind für einen historischen Liebesroman ziemlich heiß bzw. explizit und umfassen auch (leichten) SM-Sex. Außerdem gibts endlich mal wieder Sex in einer Kutsche – hab ich schon ewig nicht mehr gelesen!

Fazit:
11/15 – Trotz einiger Abstriche ein unterhaltsames Buch mit sympathischen Helden, das Lust auf mehr macht.

Serieninfo:
01 Wicked Intentions – 11/15
02 Notorious Pleasures (Januar 2011)

[Rezension] Jackson Pearce: Drei Wünsche hast du frei

Originaltitel: As You Wish

Inhalt:
Als Viola von ihrem Freund verlassen wird, bricht für sie eine Welt zusammen. Gerade noch war sie verliebt und beliebt, nun ist sie nur noch die Ex vom coolsten Typ der Schule. Viola wünscht sich nichts mehr, als wieder glücklich zu werden und beschwört so versehentlich einen Dschinn herbei. Er ist jung, er sieht gut aus und er ist furchtbar schlecht gelaunt, denn er hält Menschen für ungemein nervtötend. Aber bevor er in seine Heimat zurückkehren kann, muss er Viola drei Wünsche erfüllen. Und das ist nicht so einfach, wie es sich anhört …

Kommentar:
Als mir vor einigen Monaten der Pan-Katalog ins Haus flatterte, hat mich »Drei Wünsche hast du frei« regelrecht angesprungen. Ich hatte zugegebenermaßen angesichts meiner vorherigen Erfahrungen mit derlei Büchern ein paar Bedenken, dass mir das Buch zu »teenie« sein könnte, aber das war zum Glück nicht der Fall. Das Debüt von Jackson Pierce ist ein absolutes Wohlfühlbuch, entspannend und nett zu lesen.

Die märchenhafte Idee hinter der wenig komplexen Geschichte ist eigentlich altbekannt: Einem Mädchen werden drei Wünsche gewährt, die auf direktem Weg zum großen Glück führen sollen. Die Ausführung dieses Plots ist jedoch mal was anderes, denn sehr zum Leidwesen des Dschinns gestaltet sich dieses eigentlich unproblematische Unterfangen mit Viola nicht ganz so einfach: Viola will sich partout nichts wünschen – und das, obwohl sie aufgrund ihrer enttäuschenten Liebe zu Lawrence eigentlich genug Möglichkeiten hätte, die Wünsche sinnvoll zu ihrem Glück einzusetzen. Dschinn, der nicht in seine Heimat zurückkehren kann, solange er seine Aufgabe nicht ausgeführt hat, ist zunächst genervt von Violas Weigerung, sich etwas zu wünschen. Doch je länger er das Mädchen kennt, desto faszinierter ist er von ihm – bis er schließlich an einen Punkt kommt, an dem er gar nicht mehr so recht zurück will. Die Gesetze verlangen aber, dass er nach Caliban zurückkehrt; notfalls muss Viola dazu gezwungen werden, drei Wünsche auszusprechen.

Der wenig komplexen Story fehlt leider das gewisse Etwas, das ein Buch aus der Masse herausragen lässt. Nichtsdestotrotz ist »Drei Wünsche hast du frei« sehr unterhaltsam und überzeugt mit guten Figuren und deren Umgang miteinander, wenngleich Viola bei aller Sympathie zum Teil ein wenig anstrengend ist. Seit ihr Freund Lawrence sie verlassen und sich als schwul geoutet hat, fühlt sie sich nämlich zerbrochen und nirgends zugehörig – und sie tut auch nichts dafür, das zu ändern, sondern ist in Selbstmitleid erstarrt. Es ist nicht so, dass sie ständig jammern würde, aber sie hadert an einigen Stellen schon sehr mit sich und ihrem Leben. Dass Lawrence trotz der Trennung ihr bester – und offenbar einziger – Freund ist und der latent vorhandene Konflikt zwischen ihnen lange Zeit unausgesprochen schwelt, macht ihre Lage nicht besser. Doch dann taucht Dschinn auf, der ihr auf unterschiedliche Weise dabei hilft, über die gescheiterter Beziehung hinwegzukommen und sich zu emanzipieren. Wen wundert’s – der exotische Dschinn ist einfach umwerfend! Anfangs knurrig, ungeduldig und entnervt von seinem erzwungenen Aufenthalt auf der Erde und dem zickigen Menschenmädchen, wandelt er sich mehr und mehr zu einem fürsorglichen, verständnisvollen Beschützer und echten Freund, der immer zur Stelle ist, wenn er gebraucht wird, und einiges für Viola in Kauf nimmt.

Das Buch wird abwechselnd aus der Perspektive von Viola und Dschinn erzählt, jeweils in Ich-Form und im Präsens. Was bei Stiefvaters »Nach dem Sommer« prima geklappt hat, fand ich hier zumindest phasenweise nicht ganz so glücklich, weil sich beide Sichtweisen doch recht ähnlich sind. Dass alle Beteiligten ständig mit dem Wort »Yeah« um sich werfen, ist auch nicht ganz glücklich und hätte vielleicht anders gelöst werden können, ist aber zu verkraften.

Fazit:
11/15 – Obwohl dem Buch das gewisse Etwas fehlt, ist es ein märchenhafter Jugendroman, der Fans von zarten Liebesgeschichten gute Unterhaltung bietet.

[Rezension] Leonie Swann: Garou

2. Schafskrimi

Inhalt:
Es ist soweit: Für die Schafe von Glennkill beginnt ein neues, wollsträubendes Abenteuer. Gemeinsam mit ihrer Schäferin Rebecca haben sie die irische Heimat verlassen und ihre ersehnte Europareise angetreten! In Frankreich beziehen sie Winterquartier im Schatten eines entlegenen Schlosses, und eigentlich könnte es dort recht gemütlich sein – wären da nicht die Ziegen auf der Nachbarweide, die mysteriöse Warnung eines fremden Schafes und das allgemeine Unbehagen vor dem Schnee. Ein Mensch im Wolfspelz! – wispern Ziegen und Menschen. Ein Werwolf! Ein Loup Garou! Oder doch nur ein Hirngespinst? Als dann ein Toter am Waldrand liegt, ist schnell nicht mehr klar, wer gefährlicher ist: der Garou oder seine Jäger. Fest steht, dass die Schafe schnell Licht ins Dunkel bringen müssen, um sich selbst und ihre Schäferin zu schützen. Und schon bald folgen sie mit bewährter Schafslogik einer ersten Spur, die sie durch die Gänge des Schlosses und das Schneegestöber der Wälder führt …

Kommentar:
»Garou« spielt nicht wie Band 1 in Irland, sondern in Frankreich, wo Neu-Schäferin Rebecca mit ihren Schafen ein Winterquartier in der Nähe eines Schlosses bezieht. Dort ist es allerdings nicht so nett wie angenommen, denn ein Mörder geht um. Er tötet Rehe, hat aber auch Schafe und sogar Menschen auf dem Gewissen; die verrückten Ziegen von der Nachbarweide halten ihn für einen Garou. Was auch immer er ist – Unheimliches geht vor sich, und die Schafe müssen etwas unternehmen, um sich und ihre Schäferin vor Unheil zu bewahren.

Es ist wohl kaum erwähnenswert, dass die Aufklärung der Morde vollkommen fantastisch ist; an sowas darf man sich nicht stören, wenn man zu einem Krimi greift, in dem Schafe ermitteln. Davon abgesehen wirkt aber auch der Kriminalfall an sich ziemlich konstruiert und die Erzählung ist phasenweise recht sprunghaft und etwas verwirrend. Die Vielzahl auftretender Personen macht es nicht leichter, der Handung zu folgen, zumal die Menschen alle nicht besonders bemerkenswert beschrieben sind.

Umso besser ist die Charakterisierung der Schafe gelungen, auf die es ja schließlich ankommt. Jedes von ihnen hat je nach Stellenwert in der Geschichte ein paar wenige besondere Eigenschaften, die es unverwechselbar machen. Besondes witzig sind Sir Richfield und Mopple the Whale. Mopple the Whale, das dicke Gedächtnisschaf, das sich immer an alles Wichtige erinnert, macht sich beispielsweise die meiste Zeit darüber Gedanken, wo er etwas Fressbares auftreiben kann; er frisst einfach alles, und zwar jede Menge davon. Mopple ist entsprechend bestechlich, sodass ihn beispielsweise in Aussicht gestelltes Süßkraut auf der anderen Seite eines reißenden Baches zu ungeahnten Taten schreiten lässt. Grandiose Auftritte hat auch der schwerhörige Sir Richfield, ehemals Leitwidder der Herde, der ein bisschen unter Altersdemenz leidet. Er teilt seine Welt lakonisch in Schafe und Nicht-Schafe ein (»Ich bin mir sicher, das ist ein Schaf«) und quatscht unbeirrt auf alles ein, was nicht wegläuft und als Zuhörer fungieren kann – ob Schafe, Ziegen oder Bäume spielt dabei keine Rolle. Aber egal, welches Schaf gerade im Fokus steht – die Welt aus Schafssicht macht einfach jede Menge Spaß!

»Wohin gehen wir denn?«, fragte Cordelia zögerlich.
»Weg«, antwortete Othello.
»Was ist, wenn es schneit?«, fragte Ramses.
»Es wird nicht schneien«, sagte Othello.
»Was ist, wenn wir Cloud nicht finden?«, fragte Lane.
»Wir finden Cloud«, sagte Othello entschlossen.
Die Schafe guckten beeindruckt. Othello hatte an alles gedacht.
(S. 58)

»Garou« ist nicht besonders spannend, aber ein richtiges Gute-Laune-Buch; es ist albern, extrem niedlich und stellenweise zum Schießen komisch. Die Schafslogik und -philosophie sind einfach klasse, was nicht zuletzt mit Leonie Swanns teils trockenem, teils aber auch sehr lebendigem Stil zusammenhängt. Puristen mögen die phasenweise Verwendung zahlreicher Adjektive und sprechender Verben ablehnen, aber zu diesem Buch passt das perfekt.

Sehr unterhaltsam ist außerdem die Lesung von Andrea Sawatzki, die nach Herzenslust meeeet, blökt und meckert und jedem Schaf eine wundervolle Individualität verleiht. Leider sind die Kürzungen nicht ohne, sodass ich die Audioausgabe eher nur ergänzend zum Buch empfehlen würde.

Fazit:
11/15 – Das komische Schafsabenteuer aus Sicht der wolligen Ermittler sorgt für einige heitere Stunden und ist ein würdiger Nachfolger von »Glennkill«.

[Rezension] Mary Stanton: Im Namen der Engel

Originaltitel: Defending Angels
Die überirdischen Fälle der Bree Winston, Buch 1

Inhalt:
Die junge Anwältin Bree Winston kommt nach Savannah, um die Anwaltskanzlei ihres verstorbenen Onkels zu übernehmen. Schnell wird ihr klar, dass in der Stadt der Gespenster alles ein wenig anders ist als im Rest der Welt – als nämlich der just verstorbene Ben Skinner bei ihr anruft. Bree glaubt zunächst an einen Scherz oder technischen Defekt, doch Skinners ruhelose Seele sucht außerdem seine ehemalige Geschäftspartnerin heim. Diese beauftragt Bree damit, den Tod des Mannes zu untersuchen, der offenbar trotz gegenteiligen Befunds keines natürlichen Todes gestorben ist …

Kommentar:
»Im Namen der Engel« ist der Einführungsband einer neuen Urban-Fantasy-Serie – und das merkt man dem Buch auch deutlich an. Bree Winston muss sich nämlich erst mal in Savannah installieren und hat zunächst keine Ahnung von ihrer Bestimmung, die sich im Laufe des Buches herauskristallisiert (und die der Amazon-/Klappentext ungerührt verrät – weshalb ich die Inhaltsangabe oben stark modifiziert habe). Die Anwältin glaubt, sie würde einfach nur die Kanzlei ihres Onkels übernehmen; da diese allerdings abgebrannt ist und gerade renoviert wird, mietet Bree ein Übergangsbüro in einem Haus direkt neben dem Friedhof an. Mindestens ebenso skurril wie dieser Standort sind die Leute, mit denen die junge Anwältin in der Folgezeit zu tun hat: ihre Hausvermieterin Lavinia, ihr alter Jura-Professor Cianquino, Privatdetektiv Gabriel Striker und ihre beiden Angestellten Ron und Petru. Außerdem kommt sie auf den Hund, hat furchtbare Visionen und muss einen Kriminalfall lösen, der indirekt von einem Toten in Auftrag gegeben wird.

Das Buch zeigt jede Menge gute Ansätze. Die Rahmenhandlug ist interessant, der Kriminalfall solide, das Südstaatenflair gut eingefangen. Hauptfigur Bree ist engagiert und sympathisch, und auch die teils etwas schrulligen Nebenfiguren sind charmant. Das Problem des Buches ist, dass Bree so lange im Dunklen tappt und keiner ihr sagt, wer bzw. was sie ist; erst ganz zum Schluss wird die Anwältin endlich aufgeklärt. Bis dahin wundert sie sich zwar über vieles, ignoriert die Seltsamkeiten aber so gut es geht und stempelt sie als Marotten ihrer leicht verrückten Bekannten ab; sie fragt nicht weiter, sondern vertröstet sich selbst mit Ausreden. Der fantasybegeisterte Leser weiß (nicht zuletzt aufgrund der Informationen im Klappentext) natürlich die ganze Zeit mehr als sie, weshalb Brees Ignoranz bisweilen etwas anstrengend ist und die Handlung schleppend wirkt. Nachdem am Ende allerdings die Grundvoraussetzungen für den Fortgang der Serie geschaffen sind, darf man auf weitere Bände gespannt sein.

Fazit:
10/15 – Ein ganz unterhaltsames Buch mit einer sympathischen Protagonistin, das allerdings die typischen Schwierigkeiten eines Serieneinstigesbandes aufweist.

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Serieninfo:
01 Defending Angels | Im Namen der Engel – 10/15
02 Angel’s Advocate | Anwältin der Ängel
03 Avenging Angels | Rächerin der Engel (Februar 2011)
04 Angel’s Verdict (Februar 2011)

[Rezension] Daniel Glattauer: Alle sieben Wellen

Leo und Emmi, Teil 2

Inhalt:
Erstens: Sie kennen Emmi Rothner und Leo Leike? Dann haben Sie also »Gut gegen Nordwind« gelesen, jene ungewöhnliche Liebesgeschichte, in der sich zwei Menschen, die einander nie gesehen haben, per E-Mail rettungslos verlieben. Zweitens: Für Sie ist die Geschichte von Emmi und Leo und ihrer unerfüllten Liebe abgeschlossen. Mag sein. Aber nicht für Emmi und Leo! Drittens: Sie sind der Ansicht, dass die Liebenden zumindest eine einzige wirkliche Begegnung verdient hätten und der Roman eine zweite Chance auf ein anderes Ende? Bitte, hier haben Sie’s! Viertens: Sie haben keine Ahnung, wovon hier die Rede ist? Kein Problem. In diesem Buch erfahren Sie alles: von Leos Rückkehr aus Boston, von Emmis Eheproblemen und von der siebenten Welle, die immer für Überraschungen gut ist.

Kommentar:
Obwohl ich finde, dass das Ende von »Gut gegen Nordwind« ein guter Abschluss der Geschichte gewesen wäre, konnte ich natürlich nicht widerstehen, auch das Nachfolgebuch oder besser gesagt: -hörbuch anzuschaffen. Ich rate allen, die »Gut gegen Nordwind« noch nicht gelesen haben, aber lesen wollen, diese Rezension zu meiden, denn sie offenbart Dinge, aus denen Band 1 zum Teil seine Spannung bezieht.

Leo kehrt ein Dreivierteljahr nach seiner überstürzten Flucht zurück nach Hause, wo ihn eine Mail von Emmi empfängt. Obwohl er inzwischen mit einer Frau aus Boston liiert ist, nimmt er den Kontakt zu Emmi wieder auf. Diesmal mailen sich die beiden nicht nur, sondern sie treffen sich sogar – und schlittern erneut in eine obsessive Beziehung, die nicht weniger kompliziert ist als vor dem Treffen. Es ist alles beim alten: Die beiden können nicht mit- und nicht ohneeinander, sie lieben sich und hassen sich (ein bisschen), sie versuchen immer und immer wieder, voneinander loszukommen und schaffen es nicht, sie drehen sich im Kreis, bis einem ganz schwindelig wird, und kommen doch lange Zeit kein Stück voran, weil keiner von ihnen den Mut hat, einen entscheidenden Schritt zu tun.

Leo ist in diesem Buch anders; Emmi auch. Obwohl Emmi immer noch über alle Maßen zynisch, belehrend, ungeduldig, vereinnahmend und anstrengend ist, erscheint sie in diesem Buch nicht nur etwas ausgeglichener, vernünftiger und weniger berechnend, sondern auch verletzlicher. Leo ist nach seiner Rückkehr weniger manipulierbar und lässt sich nicht mehr so viel von Emmi bieten, er ist aber auch deutlich anstrengender mit seinen uneffektiven Analysen, Ausflüchten und Rückzügen. Dass er Emmi – angeblich versehentlich – das Geheimnis ihres Mannes verrät, ist ziemlich daneben und passt nicht wirklich zur Figur; aber immerhin führt diese Offenbarung zu einer neuen Situation, die eine Veränderung der verfahrenen Lage in Gang setzt.

Es drängt sich natürlich die Frage auf, ob es diesen zweiten Teil gebraucht hätte – und ich kann sie nicht abschließend beantworten. Eigentlich fand ich das Ende von »Gut gegen Nordwind« gut und schlüssig, andererseits sagt Emmi in »Alle sieben Wellen« ganz richtig, dass die Sache damals nicht wirklich abgeschlossen war. Ich denke, man kann eine solch intensiv geführte Online-Beziehung wirklich nicht befriedigend und final abschließen kann, ohne sich wenigstens einmal getroffen und ausprobiert zu haben, ob sich die virtuelle Liebe in die Realität übertragen lässt. Letztendlich hätte ich es in Ordnung gefunden, es bei Teil 1 zu belassen, finde es aber ebenso vertretbar, die Geschichte fortzuführen und zu einem »richtigen« Ende zu bringen.

Muss ich wirklich noch mal was über Sawatzki und Berkel sagen? Sie sind erneut grandios. Die Glattauer-Hörbücher sind neben Becks Potter-Lesungen mit das beste, was ich je gehört habe.

Fazit:
11/15 – Obwohl die Geschichte und ihre Figuren zum Teil etwas anstrengend und sperrig sind, ist zumindest die Hörbuchversion unbedingt anhörenswert.

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Serieninfo:
01 Gut gegen Nordwind (Rezension)
02 Alle sieben Wellen (Rezension)

[Rezension] Diana Rowland: Vom Dämon gezeichnet

OT: Mark of the Demon

Inhalt:
Als die Kommissarin Kara Gillian an einer Leiche die Symbole geheimer magischer Rituale entdeckt, ist ihr sofort klar, dass sie es nicht mit einem gewöhnlichen Mord zu tun hat. Die Tat wurde von einem Serienmörder begangen, der die Stadt Beaulac, Louisiana, schon einmal heimgesucht hat. Kara, die in ihrer Freizeit selbst Dämonen beschwört, sind die Symbole nur allzu vertraut. Und mit ihren magischen Fähigkeiten ist sie die Einzige, die den Mörder aufhalten kann. Doch da beschwört sie versehentlich einen Dämon von unvergleichlicher Macht und überirdischer Schönheit, der sie bis in ihre Träume verfolgt …

Kommentar:
»Vom Dämon gezeichnet« ist der Debütroman der amerikanischen Autorin Diana Rowland, die unter anderem als Polizistin, Kriminaltechnikerin und Assistentin in einer Leichenhalle gearbeitet hat. Sie hat daher Ahnung von dem, was sie schreibt – ihr Buch ist nämlich ein Urban-Fantasy-Krimi, in dem ein Serienkiller gejagt wird, der seine Opfer foltert und seltsame Symbole auf ihnen hinterlässt.

Die ermittelnde Kommissarin Kara Gillian ist trotz ihrer beruflichen Unerfahrenheit prädestiniert für diesen Fall, denn sie ist selbst eine Dämonenbeschwörerin und erkennt sofort die arkanischen Spuren auf den Opfern. Ihr ist deshalb relativ schnell klar, dass die Morde mit einer Dämonenbeschwörung in Verbindung stehen, auch wenn es eine Weile dauert, bis ihr die wahren Zusammenhänge klar werden und nicht mehr viel Zeit bleibt, um die Welt vor dem Untergang zu retten. Was die Sache nicht eben einfacher macht: Die Dämonenbeschwörer operieren im Geheimen, ihre Existenz ist nicht öffentlich bekannt; Kara kann deshalb nicht publik machen, was tatsächlich hinter den Morden steckt. Dennoch steht ihr ein Kollege zur Seite: Ryan Kristoff vom FBI, der selbst arkanische Fähigkeiten besitzt, aber nicht so leicht zu durchschauen ist und von dem nicht so ganz klar ist, ob er wirklich Freund, oder doch Feind ist.

Die dämonische Welt und das Denken und Handeln der Dämonen sind gut und verständlich dargestellt, doch natürlich bleibt es trotzdem schwierig, die üblichen menschlichen moralischen Maßstäbe nicht auch auf die Dämonen anzuwenden. Besonders trifft das auf den von Kara versehentlich beschworenen, überaus mächtigen Rhyzkahl zu, der irgendetwas mit den Morden zu tun zu haben scheint und ganz eigene Ziele verfolgt. Ebenfalls gut gelungen ist der Krimifall an sich: Obwohl er phasenweise mit einigem ziemlich planlosen Gerätsel seitens der Ermittler einhergeht, einige kleine Ungereimtheiten aufweist und mal wieder in einem unnötig dramatischen, klischeehaften Showdown mündet, ist er trotz seines fantastischen Aspekts solide, in sich schlüssig und unterhaltsam.

An einigen Stellen merkt man dem Buch aber doch das Debüt an. Manchmal sind Gedankengänge, Erkenntnisse und Schlussfolgerungen ziemlich rätselhaft; dafür verpasst man es an anderen Stellen, offensichtliche Schlüsse zu ziehen bzw. zu formulieren. Auffällig sind auch im Laufe des Buchs mehrfach erwähnte Sachverhalte und die Wiederholung von unmittelbar zuvor Gesagtem: In einem Fall hält Kara z.B. an, weil sie jemanden erkennt und mit ihm sprechen will. Sie parkt ihr Auto, steigt aus, begrüßt ihn den Bekannten und eröffnet dem Leser dann: »Ich lächelte ihn entspannt an. Ich kannte diesen Mann, deswegen hatte ich beschlossen, anzuhalten und mit ihm zu reden« (S. 255). Nicht zu übersehen ist darüber hinaus, dass Diana Rowland offenbar extrem figurfixiert ist; jede Person wird – mindestens beim ersten Auftritt – diesbezüglich beschrieben, wobei meist der Bauchumfang im Zentrum des Interesses steht: A hat einen Bauch, B hat keinen Bauch, Cs Bauch hängt über den Hosenbund, D hat einen beneidenswerten Sixpack, E hat ein Speckröllchen, F hat den Kampf gegen die Speckröllchen aufgegeben, G ist fett, H kämpft gegen den Bauch usw. An solchen Stellen wünsche ich mir Lektoren, die neutralisierend eingreifen.

Ein wenig zu mäkeln hab ich diesmal außerdem an der deutschen Ausgabe. Zum einen bezüglich der Verwendung des F-Worts, das mit »ficken« an den meisten Stellen viel zu ordinär und unpassend übersetzt ist; »to fuck« ist nicht (zwingend) mit »ficken« zu übersetzen! Außerdem erschließt sich mir nicht der Sinn darin, die direkten Gedanken der Ich-Erzählerin Kara durchgehend kursiv zu drucken. Das ist nicht nötig und hemmt den Lesefluss eher, als das Verständnis zu fördern.

Fazit:
10/15 – Trotz einiger Schwächen ein unterhaltsamer fantastischer Kriminalroman, der ein ganz vielversprechender Auftakt für eine neue Serie ist.

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Serieninfo:
01 Mark of the Demon | Vom Dämon gezeichnet
02 Blood of the Demon | Vom Dämon versucht (Februar 2011)
03 Secrets of the Demon (Januar 2011)

[Rezension] Daniel Glattauer: Gut gegen Nordwind

Emmi und Leo, Teil 1

Inhalt:
Gibt es in einer vom Alltag besetzten Wirklichkeit einen besser geschützten Raum für gelebte Sehnsüchte als den virtuellen? Bei Leo Leike landen irrtümlich E-Mails einer ihm unbekannten Emmi Rothner. Aus Höflichkeit antwortet er ihr. Und weil sich Emmi von ihm angezogen fühlt, schreibt sie zurück. Bald scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, wann es zum ersten persönlichen Treffen kommt, aber diese Frage wühlt beide so sehr auf, dass sie die Antwort lieber noch eine Weile hinauszögern. Außerdem ist Emmi glücklich verheiratet. Und Leo verdaut gerade eine gescheiterte Beziehung. Und überhaupt: Werden die gesendeten, empfangenen und gespeicherten Liebesgefühle einer Begegnung standhalten? Und was, wenn ja?

Kommentar:

Leo über seine Ängste bzgl. eines Treffens:
»Wir starten von der Ziellinie weg und es gibt nur eine Richtung: zurück. Wir steuern auf die große Ernüchterung zu. Wir können das nicht leben, was wir schreiben. Wir können die vielen Bilder nicht ersetzen, die wir uns voneinander ausmalen. Es wird enttäuschend sein, wenn Sie hinter der Emmi zurückbleiben, die ich kenne. Und Sie werden dahinter zurückbleiben … «

Antwort Emmi:
»Und täglich sterben Hunderte Tierarten aus.«

Zum Einstieg ein kleines Outing: Ich kenne die Situation, die Emmi und Leo durchleben, sehr gut – und zwar aus erster und aus zweiter Hand. Insofern hat mich dieser E-Mail-Roman natürlich sehr interessiert und ich kann vollkommen nachvollziehen, wie es den beiden ergeht: Wie sie unverhofft aufgrund einiger schöner Worte und Kommentare ein Interesse aneinander entwickeln; wie schnell der Mailkontakt enger und essentieller Bestandteil des täglichen Lebens wird; wie sie sich schließlich ineinander verlieben, ohne das zu wollen; dass sie sich unbedingt treffen wollen, aber Angst davor haben, weil ein Treffen alles zerstören könnte; dass sie sich ab einem gewissen Punkt nur noch im Kreis drehen, weil nichts voran geht und die Situation immer unerträglicher wird; dass sie versuchen, sich zurückzuziehen und die selbstgeschaffene Distanzierung nicht lange durchhalten; dass am Ende eine Entscheidung getroffen werden muss, die einen reinen Online-Kontakt auf irgendeine Weise beendet. Die Entwicklung der Beziehung inklusive des fast besessenen Kreisens um das Thema Treffen und all der damit verbundenen Ängste halte ich für äußerst realistisch; Leo bringt es an einer Stelle auf die Frage, was er denn zu verlieren habe, wunderbar auf den Punkt: »Erstens: Sie. Zweitens: Mich. Drittens: Uns.«

Für weit weniger realistisch halte ich allerdings die Tatsache, dass sich ein Mann wie Leo – beziehungsgeschädigt, aber klug, sanft, gutaussehend, wortgewandt, manchmal etwas realitätsfern, verklärt und pathetisch (»Emmi schreiben ist Emmi küssen.«) und mit Hang zum Seelenstriptease nach zu viel Alkoholgenuss (»Welche Frauen mir gefallen? Frauen, die so aussehen, wie Sie schreiben.«) – ausgerechnet in eine Frau wie Emmi verliebt. Anfangs fand ich ihre scharfzüngige, zynische Art noch faszinierend und ziemlich amüsant, nach einer Weile allerdings ist sie mir nur noch auf die Nerven gegangen. Emmi vereint so ziemlich alle negativen Eigenschaften in sich, die ich absolut nicht leiden kann, sie ist: arrogant, zickig, aggressiv, schnippisch, unverschämt, egoistisch, eifersüchtig, taktlos, belehrend, vereinnahmend, paranoid, wankelmütig, oberlehrerhaft, neurotisch, herablassend, rechthaberisch, kindisch, melodramatisch, besitzergreifend, ständig stichelnd, negativ, oberflächlich (aussehensfixiert), manipulativ. Zudem ist sie eine dieser selbsternannten Männerversteherinnen mit feministischem Touch, die besser als jeder Mann wissen, wie Männer sind (sexfixiert, im Wesentlichen). Dass sie ihre beste Freundin Mia schlecht macht, lässt Emmi auch nicht gerade in meinem Ansehen steigen – bei allem Verständnis für Eifersucht.

Ich stand nach etwa siebzig Seiten da, fand die ganze Situation zwar realistisch, aber das ständige Kreiseln um die Frage »Wo soll das alles hinführen? Sollen wir uns treffen oder lieber nicht?« zu diesen Zeitpunkt auch schon ziemlich nervig. Ich hab die weibliche Hauptperson von Seite zu Seite mehr gehasst und mich permanent gefragt, wieso sich Leo nur so heftig in eine Frau verliebt, die das Zuckerbrot-und-Peitsche-Spielchen in konkurrenzloser Perfektion betreibt. (Wahrscheinlich ist die Frage falsch und genau dieses Verhalten macht sie so interessant für ihn.) Ich war wirklich kurz davor, das Buch abzubrechen, hab dann aber beschlossen, noch mal kurz ins hochgelobte Hörbuch reinzuhören, gelesen von Andrea Sawatzki und Christian Berkel. Was soll ich sagen; die beiden haben die Geschichte für mich gerettet – ich konnte gar nicht mehr aufhören und hab das Audiobook an einem Stück zuende gehört, so unterhaltsam fand ich den Vortrag der beiden. Das bedeutet nicht, dass Emmi ihre oben aufgezählten schlechten Eigenschaften abgelegt hätte, aber dank Sawatzkis Interpretation kommt die Figur im Hörbuch nicht mehr ganz so negativ bei mir an wie ich sie mir gelesen habe; Sawatzki macht sie erträglich. Und Berkel als Leo … der könnte mir ein Telefonbuch vorlesen und ich würde weiche Knie kriegen!

Zuletzt noch: Dass sich Emmi und Leo bis fast zum Schluss siezen, ist mehr als unrealistisch. Das würde in Internetzeiten im Rahmen einer solchen Kommunikation garantiert nicht passieren. Außerdem sind mir alle Beteiligten sprachlich zu gewandt und die Mails stilistisch reichlich hochgestochen. Mir ist klar, dass Leo Sprachforscher und deshalb rhetorisch sicher versiert ist, aber trotzdem wirkt die Kommunikation teilweise nicht sehr authentisch.

Fazit:
10/15 – Allerdings nur für die Hörbuchversion und die großartige Interpretation von Andrea Sawatzki und Christian Berkel. Dem Buch hätte ich wohl nicht mehr als 5–7 Punkte gegeben, weil mir der Draht zu Emmi komplett abging und die Geschichte bei aller Realitätsnähe ganz schön ermüdend war.

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Serieninfo:
01 Gut gegen Nordwind (Rezension)
02 Alle sieben Wellen (Rezension)

[Rezension] Lori Handeland: Wolfspfade

Originaltitel: Rising Moon
Nightcreature-Serie, Teil 6

Inhalt:
Seit ihre Schwester Katie spurlos verschwunden ist, befindet sich die Privatdetektivin Anne Lockheart auf der Suche nach ihr. Da stößt sie endlich auf einen entscheidenden Hinweis, der sie zu einem Jazzclub im French Quarter von New Orleans führt. Dessen Besitzer ist der attraktive John Rodolfo ein begnadeter Musiker, der etwas tief in Annes Seele anrührt. Doch sein regelmäßiges nächtliches Verschwinden weckt schon bald ihr Misstrauen. Allerdings ist es nicht so einfach, Johns Geheimnis zu lüften. Weitaus einfacher dagegen, seinem verführerischen Charme zu erliegen …

Kommentar:
Mit »Wolfspfade« hat Lori Handeland nach einem etwas schwächeren fünften Teil wieder zurück in die Spur gefunden. Erneut spielt das Buch im sehr stimmungsvoll beschriebenen New Orleans, wohin es Privatdetektivin Anne auf der Suche nach ihrer verschwundenen Schwester Katie verschlägt. Von ihrer Schwester entdeckt sie keine Spur; dafür erfährt sie von Polizist Sullivan, dass in der Mondsichelstadt seit längerer Zeit seltsame Dinge vor sich gehen: Zahlreiche Menschen werden auf bestialische Weise getötet und ihre Leichen verschwinden aus dem Leichenschauhaus. Auch wenn Anne es nicht recht wahrhaben will, muss sie erkennen, dass sie es hier mit übernatürlichen Kräften zu tun hat, von denen sie lieber nichts gewusst hätte. Außerdem verliebt sie sich Hals über Kopf in den blinden Nachtclubbesitzer John Rodolfo, und obwohl ihr klar ist, dass er ein Geheimnis verbirgt und mit den vielen Toten und Vermissten zu tun haben könnte, lässt sie sich auf ihn ein …

Wie schon in »Wolfsbann« hat man es mit Voodoo sowie den verschiedenen Formen von Werwölfen bzw. loup garous zu tun, was eine Reihe teils ein wenig ermüdende Erklärungen nach sich zieht. Im Vergleich zum Vorgänger passt diesmal aber das Verhältnis zwischen der Krimihandlung und der Liebesgeschichte wieder besser: Die Liebesbeziehung nimmt einen großen Stellenwert innerhalb der Geschichte ein; ihre besondere Dramatik bezieht sie aus der Frage, welches Geheimnis John verbirgt und ob er der gesuchte Mörder ist. Der Bogen, den Handeland am Ende hin zu vorherigen Bänden schlägt, war für mich ebenso überraschend wie genial, der Grund für Johns Veränderung allerdings nur bedingt nachvollziehbar. Etwas mehr Transparenz wäre an dieser Stelle wünschenswert gewesen – ebenso wie ein weniger überstürztes Ende.

Da sie ebenfalls in New Orleans leben, bleibt ein Wiedersehen mit der Voodoo-Priesterin Cassandra und Devon Murphy aus »Wolfsbann« sowie Diane und Adam Ruelle aus »Wolfsfieber« nicht aus. Ein Auftritt von Mandenauer (mit Dr. Elise Hanover im Schlepptau) darf selbstverständlich auch nicht fehlen; Mandenauer verhält sich diesmal allerdings ziemlich merkwürdig, er fuchtelt nämlich ausnahmsweise nicht mit seiner Waffe herum und bedroht pro forma alle, die ihm vors Gewehr kommen.

Es ist wirklich bemerkenswert, wie abwechslungsreich Handeland diese Serie gestaltet. Während andere Autoren die (fast) immer gleiche Geschichte mit anderen, aber ähnlichen Protagonisten erzählen, enthält jeder »Nightcreatures«-Band neue Facetten und teils etwas sperrige, aber immerhin individuelle Charaktere. Der Seriencharakter bleibt dank der bandübergreifenden Rahmenhandlung und der wiederkehrenden Figuren dennoch erhalten, die Bücher funktionieren aber trotzdem auch als Einzeltitel.

Fazit:
12/15 – Ein richtig guter Mix aus (Mystery-)Krimi und Liebesgeschichte mit sympathischen Protagonisten und toller Atmosphäre.

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Serieninfo:
01 Blue Moon | Wolfskuss
02 Hunter’s Moon | Wolfsgesang
03 Dark Moon | Wolfsglut (Rezension)
04 Crescent Moon | Wolfsfieber (Rezension)
05 Midnight Moon | Wolfsbann (Rezension)
06 Rising Moon | Wolfspfade (Rezension)
07 Hidden Moon
08 Thunder Moon
09 Marked by the Moon (11/2010)
10 Moon Cursed (03/2011)
11 N.N. (11/2011)

[Rezension] Alex Flinn: Beastly

Originaltitel: Beastly

Inhalt:
Kyle Kingsbury ist eine Bestie, die nachts durch New York streift – ein hässliches Monstrum. Doch Kyle war nicht immer so. Er war mal ein Junge, mit dem jeder andere gerne getauscht hätte, ein gutaussehender, reicher und bei vielen Mädchen beliebter Kerl. Doch er war auch arrogant, eingebildet und überheblich. Zur Strafe wurde er dazu verflucht, dieses grässliche Biest zu sein – jetzt kann nur noch die Liebe diesen Fluch brechen.

»Ich bin eine Bestie. Eine Bestie. Kein Wolf oder Bär, kein Gorilla oder Hund, sondern eine entsetzliche Kreatur mit aufrechtem Gang – ein Wesen mit Reißzähnen und Klauen. Aus jeder Pore sprießen mir Haare. Ich bin ein Monster. Du glaubst wohl, ich erzähle Märchen? Falsch. Ich lebe in New York. In der Gegenwart. Ich bin keine Missbildung, bin nicht krank. Aber ich werde für immer so bleiben – bin ruiniert – es sei denn …«

Kommentar:
Schon vor Monaten hab ich bei Holly die Kritik zu »Beastly« gelesen, aber trotz eines gewissen Interesses beschlossen, erst mal die Finger von dem Buch zu lassen. Der Trailer zum Film hat meine Aufmerksamkeit erneut auf das Buch gelenkt, und da gerade die deutsche Ausgabe erschienen ist, konnte ich – trotz einiger Skepsis – nicht wiederstehen.

Wie unschwer zu erraten ist, ist »Beastly« eine moderne Aufarbeitung des »Die Schöne und das Biest«-Stoffes: Der Protagonist wird von einer Hexe wegen seines bösartigen Charakters verflucht und kann nur durch einen Kuss seiner wahren Liebe gerettet werden. Das Biest ist hier Kyle Kingsbury, ein reicher, gutaussehender, aber vollkommen oberflächlicher Junge. Er ist ein arroganter Selbstdarsteller, der keinerlei moralische Werte besitzt und sich gerne auf Kosten anderer profiliert. Von seinen Mitschülern bekommt er die Aufmerksamkeit, die ihm seine Eltern versagen: Die Mutter hat die Familie verlassen und meldet sich nie, der Vater ist ein berühmter Nachrichtensprecher, der nur für seine Arbeit lebt und seinen Sohn mit materiellen Dingen für die mangelnde Liebe zu entschädigen versucht. Es passt ins Bild, dass Kyles Vater den Jungen zusammen mit einer Haushälterin und einem Privatlehrer in eine abgeschottete Villa abschiebt, nachdem der Fluch ihn zu einem Monster gemacht hat und klar ist, dass Schönheitsoperationen oder andere medizinische Behandlungsmethoden hier nicht helfen; so einen Sohn kann er nicht brauchen. Angesichts seines Umfelds ist es wirklich kein Wunder, dass Kyle ist, wie er ist.

Kyle, zu diesem Zeitpunkt noch ganz der Alte, probiert zunächst auf seine eigene Weise, den Fluch auszuhebeln: Als erstes versucht er sein Glück mit seiner aktuellen Freundin, die aber dummerweise ebenso oberflächlich ist wie er selbst und die längste Zeit seine Freundin war, nachdem sie seiner monströsen Erscheinung angesichtig wurde. Anschließend macht er sich mit einem gefälschten Userprofil im Internet auf die Suche nach einem passenden Mädchen – nur um festzustellen, dass der schöne Schein nicht nur in der realen, sondern auch in der virtuellen Welt trügt. Schließlich kapituliert er und arrangiert sich mit dem Gedanken, den Rest seines Daseins als Biest zu verbringen und in der Villa eingesperrt zu sein. Zum Zeitvertreib stürzt er sich in die Zucht von Rosen und entwickelt erstmals in seinem Leben Verantwortungsbewusstsein und eine echte Leidenschaft.

Rein zufällig versucht der Vater einer Mitschülerin, die Kyle nur sehr flüchtig kannte, in die Villa einzubrechen – und Kyle erpresst den Mann, ihm seine Tochter zu schicken. Der Kleinkriminelle hat wenig Skrupel, dem Biest seine Tochter zu überlassen, damit er nicht ins Gefängnis muss, und so zieht Lindy bei dem Jungen ein – Kyles letzte Hoffnung und seine einzige Chance, den Fluch zu brechen.

Im Zentrum der Geschichte, die ausschließlich aus Kyles Sicht erzählt wird, steht natürlich die langsame Änderung des Protagonisten, die durchaus nachvollziehbar dargestellt ist. Besonders gut finde ich, dass Kyle sich zwar zum Guten hin ändert, aber dennoch am Ende nicht als völlig weichgespülter und selbstloser Typ rüberkommt, sondern immer noch ein wenig manipulativ ist und nicht alles mit sich machen lässt. Lindy wirkt neben ihm ein wenig blass, obwohl sie fraglos eine liebenswerte Figur ist, und leider ist auch die Darstellung von Kyles wachsender Liebe zu ihr nicht so ganz gelungen: Man erfährt als Leser nämlich zwar darüber, kann es aber nicht fühlen – die großen Emotionen bleiben aus. Das ist ein wenig schade, denn diese hätten der phasenweise etwas vor sich hinplätschernden Geschichte vielleicht den besonderen Kick geben können, der ihr – sicher nicht zuletzt angesichts des allseits bekannten Ausgangs – fehlt.

Total klasse sind die eingestreuten »Chats für ungewollte Gestaltänderung« zu Beginn eines jeden größeren Abschnitts, die von »Mr. Anderson« moderiert werden und an denen verwandelte Märchenfiguren teilnehmen. Neben »BeastNYC« sind das die unglückliche kleine Meerjungfrau »SilentMaid«, »Grizzlyguy«, der seine liebe Not mit Schneeweißchen und Rosenrot hat, sowie »Froggie«, der zwar mit seinen Schwimmhäute nicht vernünftig tippen, aber immerhin den Gameboy einer Prinzessin aus dem Tumpel retten kann. Die Dialoge zwischen den verhexten Leidensgenossen sind wirklich witzig – von denen hätte ich gerne mehr gehabt.

Fazit:
11/15 – Die moderne Aufarbeitung des »Die Schöne und das Biest«-Stoffes für Jugendliche bietet richtig gute Unterhaltung, allerdings fehlt ihr das gewisse Etwas.