Leo und Emmi, Teil 2
Inhalt:
Erstens: Sie kennen Emmi Rothner und Leo Leike? Dann haben Sie also »Gut gegen Nordwind« gelesen, jene ungewöhnliche Liebesgeschichte, in der sich zwei Menschen, die einander nie gesehen haben, per E-Mail rettungslos verlieben. Zweitens: Für Sie ist die Geschichte von Emmi und Leo und ihrer unerfüllten Liebe abgeschlossen. Mag sein. Aber nicht für Emmi und Leo! Drittens: Sie sind der Ansicht, dass die Liebenden zumindest eine einzige wirkliche Begegnung verdient hätten und der Roman eine zweite Chance auf ein anderes Ende? Bitte, hier haben Sie’s! Viertens: Sie haben keine Ahnung, wovon hier die Rede ist? Kein Problem. In diesem Buch erfahren Sie alles: von Leos Rückkehr aus Boston, von Emmis Eheproblemen und von der siebenten Welle, die immer für Überraschungen gut ist.
Kommentar:
Obwohl ich finde, dass das Ende von »Gut gegen Nordwind« ein guter Abschluss der Geschichte gewesen wäre, konnte ich natürlich nicht widerstehen, auch das Nachfolgebuch oder besser gesagt: -hörbuch anzuschaffen. Ich rate allen, die »Gut gegen Nordwind« noch nicht gelesen haben, aber lesen wollen, diese Rezension zu meiden, denn sie offenbart Dinge, aus denen Band 1 zum Teil seine Spannung bezieht.
Leo kehrt ein Dreivierteljahr nach seiner überstürzten Flucht zurück nach Hause, wo ihn eine Mail von Emmi empfängt. Obwohl er inzwischen mit einer Frau aus Boston liiert ist, nimmt er den Kontakt zu Emmi wieder auf. Diesmal mailen sich die beiden nicht nur, sondern sie treffen sich sogar – und schlittern erneut in eine obsessive Beziehung, die nicht weniger kompliziert ist als vor dem Treffen. Es ist alles beim alten: Die beiden können nicht mit- und nicht ohneeinander, sie lieben sich und hassen sich (ein bisschen), sie versuchen immer und immer wieder, voneinander loszukommen und schaffen es nicht, sie drehen sich im Kreis, bis einem ganz schwindelig wird, und kommen doch lange Zeit kein Stück voran, weil keiner von ihnen den Mut hat, einen entscheidenden Schritt zu tun.
Leo ist in diesem Buch anders; Emmi auch. Obwohl Emmi immer noch über alle Maßen zynisch, belehrend, ungeduldig, vereinnahmend und anstrengend ist, erscheint sie in diesem Buch nicht nur etwas ausgeglichener, vernünftiger und weniger berechnend, sondern auch verletzlicher. Leo ist nach seiner Rückkehr weniger manipulierbar und lässt sich nicht mehr so viel von Emmi bieten, er ist aber auch deutlich anstrengender mit seinen uneffektiven Analysen, Ausflüchten und Rückzügen. Dass er Emmi – angeblich versehentlich – das Geheimnis ihres Mannes verrät, ist ziemlich daneben und passt nicht wirklich zur Figur; aber immerhin führt diese Offenbarung zu einer neuen Situation, die eine Veränderung der verfahrenen Lage in Gang setzt.
Es drängt sich natürlich die Frage auf, ob es diesen zweiten Teil gebraucht hätte – und ich kann sie nicht abschließend beantworten. Eigentlich fand ich das Ende von »Gut gegen Nordwind« gut und schlüssig, andererseits sagt Emmi in »Alle sieben Wellen« ganz richtig, dass die Sache damals nicht wirklich abgeschlossen war. Ich denke, man kann eine solch intensiv geführte Online-Beziehung wirklich nicht befriedigend und final abschließen kann, ohne sich wenigstens einmal getroffen und ausprobiert zu haben, ob sich die virtuelle Liebe in die Realität übertragen lässt. Letztendlich hätte ich es in Ordnung gefunden, es bei Teil 1 zu belassen, finde es aber ebenso vertretbar, die Geschichte fortzuführen und zu einem »richtigen« Ende zu bringen.
Muss ich wirklich noch mal was über Sawatzki und Berkel sagen? Sie sind erneut grandios. Die Glattauer-Hörbücher sind neben Becks Potter-Lesungen mit das beste, was ich je gehört habe.
Fazit:
11/15 – Obwohl die Geschichte und ihre Figuren zum Teil etwas anstrengend und sperrig sind, ist zumindest die Hörbuchversion unbedingt anhörenswert.
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Serieninfo:
01 Gut gegen Nordwind (Rezension)
02 Alle sieben Wellen (Rezension)
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