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[Rezension] Meredith Duran: The Duke of Shadows

Inhalt:
Die junge Engländerin Emmaline Martin wird nach Indien geschickt, um dort Colonel Marcus Langley zu heiraten, dem sie schon seit ihrer Kindheit versprochen ist. Obwohl sie sich mit der Vernunftsehe arrangiert hat, fühlt sie sich unwiderstehlich zu Julian Sinclair, dem undurchsichtigen Duke of Auburn, hingezogen, der ihr schließlich unter Einsatz seines Lebens hilft, während des Sepoy-Aufstands Delhi zu verlassen. Auf der abenteuerlichen Flucht nach Sapnagar entwickeln sie tiefe Gefühle füreinander, doch am Ziel angekommen, überlässt Julian Emma der Obhut des Maharadschas und seiner Tochter und kehrt nach Delhi zurück, um seine Familie zu retten. Er verspricht Emma, zu ihr zurückzukommen und sie zu holen, aber sie muss erneut vor den Aufständischen flüchten. Julian und Emma verlieren sich aus den Augen, und Julian ist nach wochenlanger erfolgloser Suche davon überzeugt, dass seine Geliebte umgekommen ist. Als sie vier Jahre später in England vor ihm steht, glaubt er seinen Augen nicht zu trauen. Aber kann es nach alle dem, was damals vorgefallen ist, noch eine gemeinsame Zukunft für die beiden geben?

Kommentar:
Das Buch gliedert sich in zwei etwa gleich lange Abschnitte: Der erste Teil spielt in Indien kurz vor bzw. während der Zeit des Sepoy-Aufstandes von 1857, der zweite Teil im viktorianischen London vier Jahre später.

Vor allem der Indien-Teil ist außergewöhnlich; er hebt sich nicht nur bzgl. des Handlungsortes von anderen Historicals ab, sondern auch durch die Beschreibung der Stimmung und des Lebens in Indien in dieser Ära. Zugegebenermaßen ist die Darstellung der in Indien lebenden britischen Gesellschaft ein wenig stereotyp geraten, doch sie dürfte die grundsätzliche Einstellung sowie die allgemein vorherrschenden Ansichten der Briten in und zu Indien dennoch gut treffen. Mit Beginn der Aufstände spielt das gesellschaftliche Leben ohnehin keine Rolle mehr, die Handlung fokussiert sich ausschließlich auf Emma und Julian, die sich auf der Flucht vor den Aufständischen befinden, um Emmas Überleben sicherzustellen. Die ständige Angst um ihr Leben und die Brutalität des Aufstandes bilden einen krassen Kontrast zur Liebesbeziehung der beiden, die sich zunehmend intensiviert und vielleicht gerade wegen dieser gewalttätigen, düsteren Kulisse so eindrucksvoll ist. Es passt, dass sich die beiden trennen müssen und nicht wiederfinden.

Die London-Handlung, die vier Jahre nach der Trennung spielt, startet ebenfalls stark – vor allem die Wiedersehensszene zwischen Julian und Emma ist beeindruckend und macht den Charakter und die Verbundenheit der beiden sehr deutlich. Dennoch ist Emma nicht bereit, die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen, weshalb ein ziemliches Hin und Her folgt. An diesem Punkt wird es teils ein wenig langatmig und die Logik krankt ein bisschen, zumal der Leser ebenso wenig wie Julian begreifen kann, warum Emma sich nie bei ihm gemeldet hat. Auch wird eine Art Krimihandlung eingeflochten, die nicht unbedingt nötig gewesen wäre und ein wenig konstruiert und überladen wirkt. Die Geschichte ist trotzdem unterhaltsam, weil sie von zwei so guten Figuren getragen wird, fällt aber im Vergleich zum Indien-Teil ab.

Wirklich hervorragend gelungen sind die Protagonisten. Emma ist bei ihrer Ankunft in Indien die einzige Überlebende eines Schiffsunglücks, bei dem sie beide Eltern verloren hat, und hat große Probleme, sich in das gesellschaftliche Leben in Delhi zu integrieren. Mit ihrer arrangierten Ehe hatte sie sich eigentlich abgefunden, doch ihr Verlobter Marcus, den sie seit ihrer Kindheit kennt, ist so ganz anders als angenommen. Er betrügt sie offen und erwartet von ihr, dass sie sich klaglos ins Frauenbild in dieser Zeit einfügt. Die verhältnismäßig selbstständige, mitunter störrische Emma, die immer wieder aus der ihr zugedachten Rolle ausbricht, denkt allerdings nicht daran, sich gängeln und den Mund verbieten zu lassen; ihr ist schnell klar, dass sie Marcus keinesfalls heiraten kann. Nicht nur in dieser Situation, sondern das ganze Buch über handelt sie entschlossen und zögert nicht, alles zu tun, was notwendig ist, um zu überleben. Das Leid, das sie in Indien sieht und das ihr selbst widerfährt, trifft sie tief. Zurück in England verarbeitet sie die Erlebnisse – abgekapselt von der Gesellschaft – in imposanten Bildern, die schließlich unter Pseudonym ausgestellt werden und das Grauen des Aufstandes in vollem Ausmaß zeigen.

Julians vorherrschende Eigenschaft ist seine Zerrissenheit. Er ist halb Engländer, halb Inder, fühlt sich jedoch keiner der beiden Kulturen wirklich zugehörig. Er verbringt – verstoßen wegen seiner gemischtrassigen Herkunft von den Familien beider Elternteile – die ersten Jahre seines Lebens als Straßenkind in Delhi, doch als klar ist, dass er ein englisches Herzogtum erben wird, holt man ihn nach England, wo er eine klassische Schulbildung erhält. Dennoch wird er nach wie vor weder von den Briten noch von den Indern akzeptiert; man begegnet ihm mit Misstrauen und hält ihn für einen Verräter. Wegen seiner Herkunft, aber auch wegen der Gerüchte um seine Frauengeschichten beäugt man ihn misstrauisch. Emma jedoch, gerade in Delhi angekommen, weiß nichts über ihn und begegnet ihm völlig unvoreingenommen. Schon bei ihrer ersten Begegnung prickelt die Luft, und es wird ihm klar, dass Emma ebenso wenig in die Gesellschaft passt wie er. Es ist folgerichtig, dass die beiden Außenseiter sich finden und tiefe Gefühle füreinander entwickeln, die absolut glaubwürdig und nachvollziehbar sind. Ebenso logisch erscheint es, dass eine Figur wie Julian sein Herz nur einmal vergibt und alles in seiner Macht stehende tut, um die Frau an seine Seite zurückzuholen, die er liebt und die ihn darüber hinaus als einzige verstehen kann, weil auch sie in Indien war und die gleichen Schrecken miterlebt hat wie er.

Fazit:
13/15 – Eine über weite Strecken düstere, aber sehr intensive Geschichte mit zwei vielschichtigen, glaubwürdigen und starken Hauptfiguren – ein tolles Debüt! Die beiden Folgeromane sind schon gekauft!

[Rezension] Jacquie D’Alessandro: Touch me

Inhalt:
Einem Mann Vergnügen verschaffen – das ist etwas, was die ehemalige Mätresse Genevieve Ralston problemlos beherrscht. Seit ihr letzter Liebhaber sie verlassen hat, hat sie allerdings die Nase gestrichen voll von Männern … bis sie Simon trifft. Simon ist aufregend, sexy – aber ein Spion. Seine Mission: einen geheimnisvollen Brief zu finden, der sich in Genevieves Besitz befinden soll. Doch beim Versuch, Genevieve ihre Geheimnisse zu entlocken, verliert er sein Ziel bald aus den Augen …

Kommentar:
Das Buch startet mit den Worten eines Sterbenden, der dem Protagonisten Simon einen Hinweis auf den Mörder liefert, bevor er das Leben aushaucht. Da Simon Sekunden später über die Leiche gebeugt erwischt wird, hat er großes Interesse daran, die Worte »GENEVIEVE … Alabasterkästchen … Brief darin beweist, wer mein Mörder ist …« zu entschlüsseln bzw. Genevieve ausfindig zu machen. Schnell wird klar, dass Genevieve die ehemalige Mätresse des Toten ist, die auf dem Land lebt, also macht sich Simon auf, um das Beweismittel zu finden. Eine nächtliche Durchsuchung bei Genevieve bleibt jedoch ergebnislos, also muss er ihr Vertrauen erschleichen. Das fällt ihm nicht besonders schwer, denn entgegen seiner Erwartungen ist Genevieve eine faszinierende Frau, der Simon bereits beim ersten Anblick verfällt. Sie fühlt sich trotz all ihrer Bedenken ebenso unwiderstehlich zu ihm hingezogen, sodass die Frage hier nicht ist, ob die beiden eine Affäre beginnen, sondern wann. Die knisternde Erotik zwischen den Protagonisten ist dennoch ansprechend dargestellt, gleiches gilt für die zahlreich vorhandenen und recht expliziten Liebesszenen. Darüber hinaus bietet die Handlung allerdings nicht viel. Selbst die Auflösung des Mordes sowie Genevieves Reaktion auf Simons wahre Identität verlaufen ziemlich unspektakulär; ein kleines bisschen mehr Drama hätte hier schon sein dürfen.

Simon ist nicht wirklich ein glaubwürdiger Spion, dafür aber ein sehr netter Typ, dem vielleicht ein paar Ecken und Kanten fehlen, um ihn zu etwas besonderem zu machen. Genevieve ist zum Teil etwas anstrengend, was nicht zuletzt an ihrem Umgang mit ihrer Krankheit liegt, die sie für den ausschlaggebenden Grund dafür hält, dass ihr ehemaliger Liebhaber sie verlassen hat. Sie wirkt alles in allem wenig kämpferisch, dafür eine Spur zu selbstmitleidig, verunsichert und hingebungsvoll.

Leider ist auch D’Alessandros Humor, der ihre Bücher sonst auszeichnet, hier maximal im Ansatz vorhanden. Und das, obwohl diesmal gleich zwei Tiere (Hund und Katze) durch die Szenerie tollen – was bei der Autorin sonst immer lustige Szenen und Dialoge garantiert. Möglicherweise bot die begrenzte Seitenzahl (210 S.) einfach keinen Platz für derlei Nebensächlichkeiten, die ein Buch oft erst bemerkenswert machen.

Fazit:
9/15 – Eine nett zu lesende Geschichte, die aber in keinster Weise aus der Masse der Liebesromane heraussticht.

Jane Feather: Die perfekte Braut

Originaltitel: The Bride Hunt
Duncan Sisters, Book 2

Inhalt:
Die drei adligen Schwestern Prudence, Constance und Chastity, Herausgeberinnen des Suffragettenmagazins »The Mayfair Lady«, bezichtigen in ihrem Blatt Lord Barcley des sexuellen Missbrauchs seiner weiblichen Angestellten sowie betrügerischer finanzieller Machenschaften. Als ihnen daraufhin eine Verleumdungsklage ins Haus flattert, ist die Sorge groß, denn hieb- und stichfeste Beweise für ihre Anschuldigungen haben sie nicht. In ihrer Verzweiflung wenden sie sich an den Anwalt Sir Gideon Malvern, der für seine außerordentlichen Fähigkeiten im Gerichtssaal gerühmt wird und im Ruf steht, auch schwierige Fälle gewinnen zu können. Obwohl er den Fall der Schwestern für ziemlich aussichtslos hält, lässt er sich von Prudence überzeugen, ihn trotzdem anzunehmen, denn die rothaarige Schönheit hat auch sein privates Interesse geweckt …

Kommentar:
»Die perfekte Braut« ist zwar der zweite Teil einer Trilogie um drei Schwestern, kann aber problemlos ohne Kenntnis des ersten Bandes gelesen werden, in dem die älteste Schwester Constance unter die Haube kommt. Diesmal wird die vernünftige Prudence an den Mann gebracht: an den reichen Anwalt Sir Gideon, der die Verleumdungsklage abschmettern soll. Doch die Vorzeichen stehen alles andere als gut, denn Gideon hält die Lord Barcleys Klage für gerechtfertigt und empört sich in typisch männlicher Manier über die vermeintlich haltlosen Anschuldigungen. Nur weil Prudence sein privates Interesse weckt und es außerdem schafft, ihn bei seiner Ehre zu packen, übernimmt er schließlich den Fall mit dem Ziel, nicht nur die Verleumdungsklage abzuwenden, sondern darüber hinaus eine Schadensersatzklage gegen Lord Barclay anzustrengen. Als Honorar dafür verlangt er die Anwaltskosten und sowie 80 Prozent der Schadensersatzsumme. Die praktisch veranlagte Prudence, die auf jeden Cent angewiesen ist, um den Lebensunterhalt der verarmten Familie zu bestreiten, ist von der 80:20-Regelung alles andere als begeistert und setzt nach einigen Diskussionen ihren Gegenvorschlag durch: Die Schwestern, die ganz nebenbei eine Kontaktservice betreiben, dürfen versuchen, eine Frau für den geschiedenen Anwalt zu finden. Gelingt ihnen dies, erhalten sie die komplette Schadensersatzsumme; haben sie keinen Erfolg, erhält der Anwalt seine 80 Prozent. Obwohl der Anwalt gar keine Frau sucht, lässt er sich auf diesen absurden Vorschlag ein.

Kaum sind damit die Rahmenbedingungen für den Roman geschaffen, macht sich Langeweile breit. Der Fall wird in allen möglichen Gesprächskonstellationen immer wieder durchgekaut (Prudence mit Gideon, Prudence mit der jüngeren Schwester Chastity, Prudence mit der älteren Schwester Constanze, Prudence mit beiden Schwestern, Prudence mit beiden Schwestern und dem Schwager usw.), darüber hinaus verbringt Prudence natürlich jede Menge Zeit damit, in jedem passenden und unpassenden Moment Gideon mit trampeligen Fragen bzgl. Ex- sowie seiner Wunschgattin zur Weißglut zu bringen; nicht mal nach einer gemeinsam verbrachten heißen Nacht kann sie es lassen. Warum sollte sie auch, sie beharrt ja darauf, kein Interesse an Gideon zu haben – außer vielleicht sexuell. Komischerweise gefällt es ihr dennoch nicht besonders, als die Ex-Frau ihres Liebhabers unvermittelt ins Haus schneit. Überhaupt wird es an dieser Stelle ziemlich abstrus, denn zunächst überredet Prudence den unwilligen Gideon, seiner armen Ex-Frau Quartier zu gewähren; kaum hat sie ihn davon überzeugt, beendet sie die Affäre aber mit der Begründung, dass man ja nun nicht einfach so weitermachen könne wie bisher, wo seine Ex-Frau im Haus lebt. Dieser Kniff soll wohl die Spannung und Dramatik kurz vor Ende noch mal anheben!

Jane Feather erzählt extrem weitschweifig und detailverliebt. Man wird den Eindruck nicht los, dass sie sich wahnsinnig viel Wissen über die spätviktorianische Zeit angelesen hat, dieses aber auch unbedingt loswerden muss. Da werden gerne auch mal gleich drei für ein Rendezvous zur Auswahl stehende Kleider hinsichtlich Farbe, Material, Schnitt, Spitze, Knöpfe bis ins letzte Detail beschrieben, ebenso wie Speisen und deren Geschmack, Menüs und Zubereitungen. Banalitäten wie z.B. dem Tranchiervorgang oder dem sorgfältigen Entkorken einer Weinflasche wird dabei ausreichend – um nicht zu sagen: mehr als genug! – Platz eingeräumt. Hinzu kommt sinnloses ausuferndes Namedropping berühmter zeitgenössischer Autoren (inklusive zahlreicher Zitate, die unsere schlaue Heldin selbstverständlich aus dem FF kennt) sowie einer Vielzahl von Weinensorten, von denen ich noch nie gehört habe.
Ganz ehrlich: Ich finde es toll und wichtig und richtig, dass sich auch Autorinnen »seichter« historischer Liebesromane mit der Zeit, über die sie schreiben, ernsthaft auseinandersetzen, aber dieses Hintergrundwissen sollte eher dazu dienen, den Zeitgeist zu verstehen und einzufangen – und nicht auf Teufel komm raus weitervermittelt werden. Feathers Vorgehen wirkt einfach wahnsinnnig bemüht. Im Zusammenhang mit dem korrekten historischen Kontext frage ich mich außerdem, wie wahrscheinlich es ist, dass Prudence ohne »Not« und nicht mal aus Liebe, sondern aus reiner sexueller Neugierde ihre Jungfräulichkeit geopfert hat. Frauenrechtlerin hin oder her, sie ist eine Adlige im ausgehenden 19. Jahrhundert; ein potentieller Ehemann hätte das in dieser Zeit kaum mit Begeisterung aufgenommen.

Die Übersetzung von Anke Koerten wirkt teils holprig, etwas antiquiert und hat mich mehrfach stutzen und so manch einen Satz zweimal lesen lassen. Für die blumig-metaphorische Vergleiche bei den Liebesszenen muss man aber wohl die Autorin selbst verantwortlich machen – einmal mehr begegnet uns z.B. die immer wieder bemühte Woge der Lust, die im Innern unserer liberalen Heldin zu einem Brecher (!) anschwillt, sich überschlägt und schließlich ausläuft. Fällt denen nicht mal was Neues ein?

Fazit:
5/15 – Ein sehr durchschnittliches Buch, das so austauschbar und unbedeutend ist, dass ich bereits nach zwei Tagen nicht mehr wusste, was eigentlich passiert ist und fürs Schreiben des Kommentars noch mal reinlesen musste.

Catherine Coulter: Lord Deverills Erbe

Originaltitel: Lord Deverill’s Heir

Inhalt:
1810. Der Tod ihres Vaters, des Earl of Stafford, wird für Arabella zum Beginn einer unglücklichen Ehe. Um ihren Landsitz zu behalten, muss sie den arroganten Justin heiraten, der ihr gleich in der Hochzeitsnacht zu erkennen gibt, dass ihr unbeschwertes Leben ein Ende hat. Sie muss sich dem rücksichtslosen Mann unterwerfen und ihm bedingungslos gehorchen. Dann gerät Justin in tödliche Gefahr, und sie muss sich entscheiden: zwischen Gehorsam und der Liebe zu einem anderen Mann …

Kommentar:
Dass sich hinter »Lord Deverills Erbe« ein typischer 1980er-Jahre-Liebesroman verbirgt, macht schon der Klappentext ziemlich deutlich – auch wenn er vorne und hinten nicht stimmt. Vor allem gibt es keinen zweiten Mann in Arabellas Leben, auch wenn ihr ein solcher von ihrem Gatten angedichtet wird. Aber von vorn.

Arabellas Vater verfügt in seinem Testament, dass seine Tochter und der neue Lord, ihr Cousin zweiten Grades, heiraten sollen. Nach kurzem Zögern willigen die beiden ein, denn sonst würden sie auf Besitz und Geld verzichten müssen; zudem fühlen sich die beiden durchaus zueinander hingezogen, das Opfer ist also nicht allzu groß. Doch kurz vor der Hochzeit taucht ein charmanter französischer Cousin auf, Comté Gervaise, der die Damen des Hauses – Arabella, ihre Mutter und ihre Halbschwester Elsbeth – mühelos zu bezirzen vermag. Justin rast vor Eifersucht, und als er nicht viel später beobachtet, wie der suspekte Franzose an seiner Hose nestelnd den Heuschober verlässt und Arabella Minuten später folgt, ist für ihn klar: seine zukünftige Frau betrügt ihn.

Natürlich bläst er aber nicht etwa die Hochzeit ab, sondern heiratet die 18-Jährige trotzdem und vergewaltigt sie in der Hochzeitsnacht – was übrigens fast schon ein Kunststück ist, denn sie ist eigentlich durchaus willens und kommt voller Vorfreude in sein Gemach, um eine wundervolle Entjungferungsnacht mit ihm zu verbringen. Sie verliert allerdings verständlicherweise die Lust, als er ihr die Kleider vom Leib reißt und sich brutal in sie rammt – obwohl es ihm keinen Spaß macht, wie er später betont! Ausgerechnet er beklagt sich hinterher auch noch bei ihr: »Vielen Dank, liebe Arabella, für diese Farce einer Hochzeitsnacht« (S. 104). Dass seine frisch Angetraute – wie er mit einiger Verwunderung feststellen muss – wider Erwarten Jungfrau ist, erklärt er mit ihrer Durchtriebenheit und unterstellt ihr, mit Cousin Gervaise »Sodomie« betrieben zu haben. Während sich der Leser noch fragt, was die Anklage der Sodomie jetzt hier verloren hat und ob Gervaise vielleicht ein wilder Hengst ist, wird die durch und durch unschuldige Arabella auch schon von ihrem weltgewandten Ehemann aufgeklärt: »Unter Sodomie versteht man gewisse Formen unnatürlichen Geschlechtsverkehrs. (…) Falls du nicht verstehen solltest, was man unter einem Akt unnatürlichen Geschlechtsverkehrs versteht, meine Liebe, brauchst du nur an dein schön gerundetes Hinterteil zu denken« (S. 113). Aha.

Arabella ist verständlicherweise vollkommen fassungslos über Justins schwachsinnige Vorwürfe, weshalb sie – vor lauter Entgeisterung – dazu schweigt. Klar, dass Justin ihr Schweigen als Schuldeingeständnis deutet. Ebenso klar, dass der Karren damit endgültig im Dreck feststeckt, sodass auch Arabellas spätere halbherzige Versuche, ihren Mann aufzuklären, natürlich fehlschlagen. Also hassen die beiden einander, obwohl sie sich ja eigentlich lieben. Immerhin kommt es zu keinen weiteren Übergriffen irgendeiner Art.

Arabellas Halbschwester hat auch nicht mehr Glück in der Liebe, denn sie fällt derweil auf den bösen Comté rein, der sie rücksichtslos zur Verwirklichung seiner durchtriebenen Pläne benutzt. Immerhin Arabellas Mutter findet den Mann ihres Lebens, während der böse Gervaise seine finsteren Intrigen spinnt. Und selbstverständlich kriegt am Ende auch Arabella noch eine Chance auf ein Happy-End, denn Justin wird infolge diverser dramatischer Entwicklungen klar, dass er die Situation damals irgendwie ein bisschen falsch eingeschätzt hat.

Na ja, was soll man dazu noch sagen?! Ein Buch, das um ein strunzdoofes Missverständnis herum konstruiert wird, in dem die Frau von ihrem Mann vergewaltigt wird und das sich trotzdem Liebesroman nennt – das ist wirklich so typisch für den 1980er-Jahre-Geschmack, dass sich jeder Kommentar erübrigt. Man kann diesen Schwachsinn heute einfach überhaupt nicht mehr ertragen, sodass man eigentlich relativ bedenkenlos sämtliche Romane aus dieser Ära entsorgen könnte.

Andererseits muss man aber auch einräumen, dass man aus diesen Büchern fürs Leben lernen kann. Nicht nur konnte ich endlich meinen offenbar falschen Sodomie-Begriff korrigieren, sondern ich weiß jetzt darüber hinaus, dass Pferde offenbar auch auf dreieinhalb Beinen ganz gut durch die Welt kommen (»Lucifer hat seinen Huf verloren«). Außerdem konnte ich meinen Wortschatz um viele neue Schimpfwörter bereichern, die ich bald mal zur Anwendung bringen werde. Besonders beeindruckend neben so langweiligen und mehrfach wiederholten Beschimpfungen wie »du dreckiger Hurensohn« und »liderliche Hure« sind meine Favoriten »skurriler Spitzbube« (S. 22) und »unmanierlicher Zankteufel« (S. 190).

Fazit:
2/15 – Warum nicht null? Weil es tatsächlich noch schlimmere Liebesromane gibt, weil Justin sein Verhalten am Ende immerhin bereut (das ist wahrlich nicht selbstverständlich bei Romanen aus dieser Ära!) und natürlich, weil ich so tolle Sachen gelernt habe!

Diana Palmer: Wilde, ungezähmte Liebe

Originaltitel: The Savage Heart

Inhalt:
Erfüllt von Liebe und Frieden war die Zeit, die Tess Meredith und Raven Following zusammen in Montana verbrachten, und Tess hatte geglaubt, dass ihr Glück niemals enden würde – bis Raven sie verlassen musste. Er baute sich in Chicago ein neues Leben auf und nahm einen neuen Namen an. Aber Tess war nicht bereit, seine Flucht einfach so hinzunehmen. Mühsam folgte sie seinen Spuren, die er so sorgfältig verwischt hatte, und als sie ihn endlich gefunden hatte, begann sie, um den Mann zu kämpfen, der ihr alle bedeutete. Da musste Raven schließlich erkennen, dass er machtlos war gegen die Waffe, die diese Frau gegen ihn einsetzte: ihre leidenschaftliche Liebe …

Kommentar (mit unzähligen Spoilern!):
Für diejenigen, die nach dem mitreißenden Klappentext noch ganz von Sinnen vor Begeisterung sind, hab ich eine schlechte Nachricht: Obwohl die Zusammenfassung nicht falsch ist, beschreibt der Text das Buch nur sehr unzureichend. Die wundervollen Zeiten in Montana werden nämlich nur im Prolog beschreiben, und die aufgebauschte Suche nach dem untergetauchten Raven wird nur mal kurz erwähnt, als Tess direkt in Kapitel 1 in Boston aufschlägt, wo sie ihren Jugendfreund findet. Der Rest des Buches, bei dem ganz nebenbei ein ziemlich durchschaubarer Mordfall aufgeklärt wird, läuft nach dem äußerst ermüdenden Motto »Wir lieben uns zwar, aber sie ist viel zu gut für mich, es darf nicht sein« ab.

Raven ist nämlich ein reinrassiger Sioux, der ein echtes Identitätsproblem hat und so tut, als sei er ein Weißer unter Weißen. Da er akzentfreies, astreines Amerikanisch spricht und seine langen schwarzen Haare zusammengebunden unter der Kleidung verbirgt, kommt auch keiner drauf, dass er in Wahrheit ein Indianer ist. Man hält ihn für einen Italiener oder Russen (!). Offenbar haben die Einwohner Bostons im frühen 20. Jh. noch keinen Indianer zu Gesicht bekommen und wissen daher nicht, wie Angehörige dieses Volks aussehen, schließlich liegt Boston ja auch im Osten, während die armen Ureinwohner in Reservaten im Westen festgehalten werden und sich betrinken müssen vor lauter Verzweiflung. Nicht, dass das sachlich falsch wäre, aber die Art der Aufarbeitung dieses Themas bei der Autorin geht ziemlich in die Hose (wie so vieles andere auch)! Wie auch immer, Raven liebt Tess jedenfalls, will ihr aber das Leben mit einem Indianer wegen der Schmähungen nicht zumuten – und noch viel weniger seinen Kindern.

Tess wär das eigentlich völlig egal, sie ist nämlich ausgesprochen liberal und überhaupt ganz couragiert. Sie reitet wie der Wind, ist die weltbeste Pfeil-und-Bogen-Schützin und knockt auch schon mal eben gestandene Männer mit nem Leberhaken aus. Natürlich hat sie aber auch eine zarte, hingebungsvolle Seite, deshalb arbeitet sie als Krankenschwester und gibt ihren Patienten in dieser Funktion neuen Lebensmut. Zudem engagiert sie sich bei den Suffragetten; sie kämpft folglich für die Rechte der Frauen und redet frei von der Leber weg über Sex, Kinderkriegen und alles, was damit zusammenhängt. Folgerichtig hat sie dann auch schlaue Ratschläge für jedermann zur Hand, beispielsweise für ihre nicht minder naive Freundin Nan, die wissen will: »Werden denn nicht alle Frauen von Männern verprügelt?« und der sie daraufhin erklärt: »Da hättest du dich schon wehren müssen und ihm mit der Eisenpfanne eins über den Kopf geben.« Komischerweise ist sie dennoch vollkommen naiv und hat keine Ahnung, was eigentlich zwischen Mann und Frau vor sich geht, als es drauf ankommt. Die Darstellung ihrer Unwissenheit ist vor dem Hintergrund ihrer Worte dermaßen unglaubwürdig, dass man wirklich nur noch die Augen rollen kann.

Gott sei Dank erkärt und zeigt Matt/Raven ihr eingehend, was es so zu wissen gibt. Das ist zunächst nicht ganz einfach, weil er ja eigentlich gar nicht so wirklich was mit ihr anfangen will – schließlich haben sie wegen des Rassenunterschieds keine gemeinsame Zukunft, wie er nicht müde wird zu betonen. Die Leidenschaft und Liebe rafft ihn bzw. seinen Verstand allerdings ziemlich schnell dahin, und es dauert nicht lange, bis er sie in einer grandiosen Szene irgendwo in der Pampa mit dem Finger entjungfert. Eine sehr probate Methode, um eine Frau in der damaligen Zeit zu ruinieren – könnte man meinen. Aber da ist man schief gewickelt, denn es ist ja gar nix passiert: Als Tess nämlich nachfragt, ob sie jetzt also keine Jungfrau mehr sei, antwortet ihr rücksichtsvoller mehr-oder-weniger-Liebhaber: »Doch, das bist du in gewissem Sinne immer noch. Ich bin ja nicht in dich eingedrungen. Aber trotzdem habe ich deine Jungfernschaft.« Weia!!! Man beachte: in gewissem Sinne! Das nenn ich ja mal richtig gekonnte Schönrednerei! Eindringen ist also nicht gleich eindringen, je nachdem, mit welchem Körperteil man es tut. Und was heißt eigentlich »Ich hab deine Jungfernschaft«? Will ich das überhaupt wissen? Ich glaub nicht!

Wie wir im weiteren Verlauf in langwierigen Dialogen erfahren, sind die beiden in der Folge ein »Liebespaar, aber nicht mehr«. Das soll wohl bedeuten, dass sie eine Affäre haben, obwohl sie ja gar keinen Sex hatten. Und sie werden auch keinen Sex haben, zumindest nicht mit diesem anderen gewissen Körperteil, mit dem Matt/Raven bislang noch nicht in sie eingedrungen ist, denn er will immer noch tunlichst vermeiden, ein Mischlingskind in die Welt zu setzen. Obwohl total ahnungslos in Sachen Sex, kann die weltgewandte Tess zum Thema Geburtenkontrolle dann doch wieder was beitragen, sie hat da nämlich das eine oder andere von ihren Suffragetten-Freundinnen gehört. Matt/Raven ist von diesen Methoden nicht begeistert, und konsequenterweise lassen sie dann Schwangerschaftsverhütung auch Schwangerschaftsverhütung sein, als sie nicht viel später einmal mehr von ihrer Libido übermannt werden und übereinander herfallen. Die nach einmal Fast-Sex inzwischen schon recht gewandte Tess will jetzt endlich mal mehr erleben und sie nimmt sich im wahrsten Sinne des Wortes, was sie möchte. So ganz wohl ist dem Überwältigten dabei nicht, doch ehe er sich versieht, ist es zu spät, denn »so erregt wie er war, könnte er sie jetzt schon geschwängert haben. Ein Samentropfen genügte ja schon. Also gab es jetzt keinen Grund mehr, sich zurückzuhalten.« Ähm, ja – Wahrscheinlichkeitsrechnung ade! Ich kenn diese Denkweise von diversen Diätversünden nach dem Motto: Wenn man schon 1 Rippchen Schokolade isst, kann man auch gleich die ganze Tafel verschlingen, ist dann ja eh schon alles zu spät.

Apropos zu spät: Man hört ja öfter, dass Männer während und direkt nach dem Sex Dinge sagen, die sie gar nicht sagen wollen – so auch hier! Matt/Raven offenbart der sich wohlig räkelnden Tess nämlich, dass sie bereits damals vor 14 Jahren im Wilden Westen von einem Medizinmann getraut wurden. Nach diesem Geständnis und dem Sex gibt es kein Zurück mehr und Matt/Raven muss der Realität ins Auge sehen: Er entkommt der Ehefalle inkl. Mischlingskindern nicht mehr! Aber immerhin leben sie glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage, und weil Tess so einen guten Einfluss auf Matt hat, legt er seinen Minderwertigkeitskomplex ab, wird wieder Raven und tritt in der Show von Buffalo Bill auf. Im Epilog erfahren wir übrigens noch, dass die Tochter der beiden 35 Jahre später als erste Frau in den Staatsdienst des Bundesstaates Illinois eintreten darf – hoffentlich gibts über die nicht auch noch ein Buch!

Fazit:
3/15 – Erwartet nach dieser Beschreibung ernsthaft jemand ein Fazit? Na gut! Das Buch war lange nicht so schlimm wie Amelia, aber dennoch bodenlos blöd!

Laura Lee Guhrke: With Seduction in Mind

4. Teil der Girls-Bachelors-Serie

Inhalt:
Daisy Merrick hat zum wiederholten Male ihren Job verloren, weil sie ihr Herz auf der Zunge trägt. In ihrer Verzweiflung beschließt sie versuchen, ihren Lebenstraum zu verwirklichen und Schriftstellerin zu werden. Doch der Verleger, dem sie ihr Manuskript anbietet, attestiert ihrem Roman zwar gute Ansätze, hält ihn aber für noch nicht veröffentlichungsreif. Da Marlowe allerdings von Daisys analytischem Verstand, ihrer Willensstärke und ihrer Ehrlichkeit überzeugt ist, betraut er sie mit einer anderen Aufgabe: Sie soll dem Autor Sebastian Grant, Earl of Avermore, zur Seite stehen, der sich in einer Schaffenskrise befindet. Dumm nur, dass sie gerade eine verherende Kritik über sein neuestes Stück geschrieben hat, und dass Sebastian ohnehin überhaupt nicht mehr Schreiben will …

Kommentar:
Der vierte Teil der Girls-Bachelor-Serie startet richtig gut: Daisys Schilderung der Umstände ihrer Entlassungen, Sebastians empörte Reaktion auf den Verriss seines Stücks, die stoische Reaktion von Sebastians Angestellten auf seine üble Laune, das erste Zusammentreffen zwischen Kritikerin und Autor und Marlowes Idee zur Kooperation der beiden – das alles ist typisch Guhrke, macht Spaß und fesselt von der ersten Seite an. Nachdem der Verleger Marlowe allerdings seinen Willen durchgesetzt und Sebastian zur Zusammenarbeit mit Daisy erpresst hat, weil er glaubt, dass beide davon profitieren können, verzettelt sich die Autorin ziemlich. Offenbar ist ihr ihr Fachwissen ein bisschen zum Verhängnis geworden, denn sie ergeht sich in endlosen, sich stetig wiederholenden Ausführungen zu Figurenanlage, Handlungsaufbau und Schreibtechnik, die ganz schön ermüdend sind. Grundsätzlich ist ein Einblick ins Leben bzw. die Arbeit eines Schriftstellers (und seinem Umgang mit Kritik) sicherlich interessant, leider bringt es in diesem Fall die Handlung so gut wie gar nicht voran und mutet in dieser Ausführlichkeit fast wie ein Schriftsteller-/Schreibschnellkurs an. Die Szenen, die sich nicht um die Schriftstellerei drehen und in denen sich Daisy und Sebastian besser kennenlernen und näher kommen, machen das zum Teil wieder wett, aber eben nicht komplett.

Gut gelungen sind die Figuren. Daisy stellt bereits auf den ersten Seiten unter Beweis, dass sie kein Blatt vor den Mund nimmt. Das Angebot eines bedeutenden Londoner Geschäftsmannes, sie zu seiner Mätresse zu machen, lehnt sie spontan mit den offenen Worten: »Aber Sie sind doch so alt!« ab, und der Verriss des Theaterstücks von Sebastian sowie ihr erstes Zusammentreffen mit ihm machen deutlich, dass sie willensstark, ehrlich, schlagfertig, optimistisch und nicht so leicht einzuschüchtern ist. Genau wegen dieser Eigenschaften ist sie prädestiniert dafür, Sebastian wieder zum Schreiben zu bewegen, obwohl sie selbst noch kein eigenes Werk veröffentlicht hat. Selbstzweifel beschleichen Daisy im Wesentlichen wegen ihres Aussehens, sie hat nämlich rote Haare und jede Menge Sommersprossen – was Sebastian ausnehmend gut gefällt, wie die Autorin nicht müde wird zu versichern.

Sebastian ist das genaue Gegenteil von Daisy – und ein ganz typischer außergewöhnlicher Guhrke-Held mit Ecken und Kanten. Oberflächlich betrachtet ist er ein leicht arroganter Adliger, der trotz seines hin und wieder aufblitzenden Spotts über eine Menge Charme verfügt. Tatsächlich ist er aber ein ausgesprochener Zyniker und Pessimist, der sich in sein Schicksal ergeben und mit der Schriftstellerei abgeschlossen hat. Sein Problem ist, dass er mehrere Jahre lang unter dem Einfluss von Kokain geschrieben hat und davon überzeugt ist, er habe mit dem Entzug auch seine Kreativität verloren. Er glaubt nicht mehr an sich und seine Fähigkeiten, und hätte Marlowe ihn nicht erpresst, hätte er niemals wieder an einem Buch gearbeitet. So aber hat er keine Wahl, und er macht sich äußerst halbherzig an die Überarbeitung seines Manuskripts. Dann allerdings küsst ihn im wahrsten Sinne des Wortes die Muse – in Gestalt von Daisy nämlich, die zu seiner neuen Droge und Inspiration wird. Seine Antriebslosigkeit und seine Schreibblockade lösen sich in Luft auf, aber die Angst vor einer neuen Abhängigkeit lässt nicht zu, dass er sein Glück greift, als es vor ihm liegt. Da er am Ende – natürlich! – das Richtige tut, verzeiht man ihm das alles ebenso wie seine leichte Egozentrik und die Ansätze von Selbstmitleid, denn es sind gerade seine Schwächen, die ihn aus der Masse der uniformen Liebesromanhelden herausheben. Und ich finde es wirklich mutig von der Autorin, in diese Genre einen so tief gesunkenen Helden zu präsentieren – der erst mal fast an seinem eigenen Erbrochenen ersticken muss, um seine starke Kokainabhängigkeit zu bekämpfen.

Wie fast immer bei Guhrke kann man die Figuren an einer Hand abzählen; die Autorin konzentriert sich fast ausschließlich auf die Protagonisten. Dennoch schade, dass die Hauptpersonen der vorherigen Bücher der Serie zwar hin und wieder erwähnt werden, aber nicht selbst in Erscheinung treten – abgesehen von Verleger Marlowe aus »And Then he Kissed Her« und einem Kurzauftritt von Maria aus »The Secret Desires of a Gentleman«.

Fazit:
8/15 – Ich bin eigentlich ein Freund von ruhigen Geschichten und brauche keine große Action, Kriminebenplots oder künstliche Missverständnisse, doch hier wurde eine gute Grundidee aufgrund der überbordenden Ausbreitung von unwichtigen Details zur Schriftstellerei teils ziemlich langatmig umgesetzt.

Lisa Kleypas: Against the Odds

Inhalt:
Lydia Craven ist eine begabte Mathematikerin und hat errechnet, dass die Wahrscheinlichkeit, die große Liebe zu finden, äußerst gering ist. Deshalb hat sie sich entschieden, eine Vernunftehe mit Lord Wray einzugehen – er teilt ihre Interessen und sie kann sich vorstellen, ein zufriedenes Leben an seiner Seite zu führen. Doch kurz vor der Hochzeit tritt der Jake Linley auf den Plan und stürzt die sonst so vernünftige Lydia mit einem Liebesgeständnis in heillose Verwirrung …

Kommentar:
»Against the Odds«, veröffentlicht in der Anthologie »Where’s my Hero?«, dreht sich um Lydia Craven, Tochter des Geschäftsmannes Derek Craven aus »Roulette des Herzens« (»Dreaming of you«), und den Arzt Jake Linley, bekannt aus der Bowstreet-Runner-Serie. Die Geschichte ist nur knapp 100 groß gedruckte Seiten lang und umfasst eine Handlung von wenigen Stunden, in denen sich die sympathischen Protagonisten ihrer Gefühle füreinander gewahr werden, entsprechend oberflächlich ist sie natürlich. Das ändert jedoch nichts daran, dass sie gute, kurzweilige Unterhaltung für eine halbe Stunde auf der Couch bietet, zumal das Wiedersehen mit Sara und Derek Craven großen Spaß macht.

Fazit:
10/15 – Nette Unterhaltung, aber natürlich schon aufgrund des begrenzten Platzes innerhalb der Anthologie ohne jeden Tiefgang.

Lisa Kleypas: Roulette des Herzens

Originaltitel: Dreaming of you
2. Teil einer Serie

Inhalt:
Die erfolgreiche Jungschriftstellerin Sara Rose Fielding rettet im Zuge ihrer Milieustudien für ein neues Buch den berühmt-berüchtigten Spielhöllenbesitzer Derek Craven. Als Gegenleistung erbittet sie, in Dereks Club Recherchen betreiben und seine Angestellten befragen zu dürfen, und weil er in ihrer Schuld steht, willigt er nach langem Zögern schließlich ein. Schon bald herrscht eine ständig wachsende Spannung zwischen den beiden, doch obwohl Derek Sara so sehr will wie keine Frau zuvor, schickt er sie schließlich zurück in ihre Heimat auf dem Land und versucht, sie zu vergessen …

Kommentar:
Der zweite Band der Serie aus dem Umfeld von Derek Craven dreht sich um den Spielhöllenbesitzer selbst und geht schon gut los: Craven wird in den düsteren Gassen des East Ends überfallen und von Sara gerettet. Es mutet etwas befremdlich an, dass die harmlose Schriftstellerin vom Land eine Pistole bei sich trägt und mal so nebenbei einen Gangster erschießt, ohne dass das weitere Konsequenzen oder wenigstens ernsthafte Schuldgefühle nach sich zieht, aber das ist schnell vergessen. Die Liebesgeschichte zieht einen so in ihren Bann, dass man sich an den kleinen Unwahrscheinlichkeiten nicht ernsthaft stört. Gegen Ende wirkt die Handlung dann allerdings ziemlich überstürzt und und diverse Zeitsprünge lassen keinen Raum, um die Entwicklung Dereks und der Beziehung des Paares nachvollziehen zu können. Dafür werden noch einige eigentlich überflüssige hochdramatische Ereignisse eingebaut, die das Happy-End unnötig hinauszögern.

Im Gegensatz zum Vorgängerbuch »Jägerin des Herzens« begegnet man hier zwei absolut überzeugenden Protagonisten, die die Geschichte zum Leben erwecken. Die beiden könnten gegensätzlicher kaum sein: Sara ist warmherzig, liberal, loyal, mutig und intelligent, dabei aber bisweilen auch ziemlich naiv. Ihre Fähigkeit, gefährliche Menschen und heikle Situationen als solche zu erkennen, tendiert – trotz des Mitführens einer Pistole – gegen Null; sie glaubt zu jeder Zeit ans Gute in den Menschen. Das ist stimmig und passt hier, denn dieser Charakterzug ist Grundvoraussetzung dafür, dass sich sich auf Derek einlässt. Eine vernünftigere, weniger idealistische Frau würde Derek Cravens Handeln in der Vergangenheit und seinen daraus resultierenden schwierigen Charakter nicht einfach hinnehmen und ihn bedingungslos akzeptieren wie er ist. Doch Sara hat die Größe, ihm so viel Zeit, Freiheit und Raum zu geben, wie er braucht, um Vertrauen zu ihr zu fassen und ihre Liebe zu erwidern.

Derek ist ein »tortured hero« wie er im Buche steht. Der Gossenjunge, Sohn einer Prostituierten und aufgezogen von Huren und Gesindel, hat sich im Laufe seiner illustren Vergangenheit als Kaminjunge, Hafenarbeiter, Stallbursche, Dieb, Erpresser, Leichenräuber, männlicher Prostituierter, Betrüger und wahrscheinlich auch Mörder (das wird angedeutet, es bleibt aber offen) durchgeschlagen. Mit Ehrgeiz und Verbissenheit hat er es schließlich zum Clubbesitzer gebracht und ein riesiges Vermögen angehäuft; er hat sich alles erkauft, was man mit Geld erkaufen kann, aber inneren Frieden hat er nicht gefunden. Er hadert mit seiner Vergangenheit, ist zerrissen und weiß nicht, wo er hingehört; sein Konkurrent Ivo Kenner bemerkt sehr treffened, dass er mit einem Fuß in Mayfair und mit dem anderen im East End steht. Dass er sich vom ersten Moment an zur lebenslustigen, herzlichen Sara hingezogen fühlt, versteht er selbst nicht – und es gefällt ihm auch nicht. Er kann und will sich nicht auf sie einlassen, weil er Angst vor Bindungen hat, nicht an die Liebe glaubt und Sara schützen will. Nicht zu Unrecht ist er der Meinung, dass sie aus einer anderen Welt kommt und nicht zu ihm passt. Sein Handeln und sein Wehren bis zum letzten Moment ist im Kontext durchgehend glaubwürdig – auch wenn die die Ereignisse, die ihn schließlich dazu bringen, sich doch auf Sara einzulassen, dann etwas konstruiert wirken. Dafür punktet er am Ende mit einem wunderschönen Liebesgeständnis!

Diverse gute Nebenfiguren bereichern das Buch, etwa das Clubfaktotum Worthy und Saras Verlobter, ein weichgespültes Muttersöhnchen par excellence, nebst seiner herrischen Erzeugerin, die Sara das Leben zur Hölle macht. Mehrfach begegnet man auch Lily Lawson und Alex Raiford wieder, von denen es wenig Neues gibt (außer dass sie inzwischen einen Sohn haben): Lily ist und bleibt eine ordinäre, enervierende Figur, die sich unter dem Deckmäntelchen des Helfenwollens in alles einmischt, während Alex ihr immer noch alles mehr oder weniger kommentarlos nachsieht.

Abschließend noch ein Kritikpunkt, der aber nicht in die Wertung einfließt: Die Übersetzung wirkt ziemlich antiquiert und liest sich teilweise recht holprig, allein schon, weil offenbar sämtliche Possessivpronomen aus dem Text verbannt wurden: »die Gattin« schmiedet Pläne, »der Ehemann« ergreift das Wort und »man« sucht die Eltern auf. Daneben scheint mir die Übersetzung teilweise außerdem ziemlich sinnentstellend zu sein. Es würde mich nicht wundern, wenn hier mal wieder sprachlich und inhaltlich in die Handlung eingegriffen worden wäre, aber da mir das englische Original (noch) nicht vorliegt, kann ich es nicht mit Gewissheit sagen.

Fazit:
14/15 – Abgesehen davon, dass die Geschichte im Zeitraffer zuende erzählt wird, ein wunderschöner Liebesroman mit hinreißenden Protagonisten.

Lisa Kleypas: Jägerin des Herzens

Originaltitel: Then Came You
1. Teil einer Serie

Inhalt:
Die kapriziöse Lily Lawson gefällt sich darin, die noble Londoner Gesellschaft zu schockieren. Aber hinter der Fassade übertriebener Fröhlichkeit vergirbt sie ihre Enttäuschung über die Männerwelt. Deshalb lässt sie sich schnell überreden, die unwillkommene Verheiratung ihrer Schwester mit dem arroganten Lord Alex Raiford, Earl of Wolverton, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu hintertreiben. Lord Alex beschließt bald, sie für diese Einmischung teuer bezahlen zu lassen …

Kommentar:
Lisa Kleypas zählt ja eigentlich zu meinen liebsten Liebesromanautorinnen, aber dieses (vielfach gerühmte) Frühwerk von 1993 trifft leider nicht wirklich Geschmack. Die Geschichte an sich ist »Was sich liebt, das neckt sich«-Standardkost: Die Protagonisten können sich anfänglich nicht leiden, streiten, beschimpfen und kabbeln sich, entdecken aber im Laufe ihrer Handlung ihre Liebe zueinander. Nichts Neues also, aber als Basis für einen Liebesroman völlig ausreichend. Daneben gibt es ganz am Rande noch eine Art Krimihandlung, denn Lilys Tochter ist entführt worden, und Lily wird von den Entführern erpresst. Dieser Handlungsstrang ist zwar nicht übermäßig glaubwürdig, geht aber in Ordnung.

Das eigentliche Problem sind hier die Figuren. Alex Raiford ist nach zwei Jahren immer noch zutiefst mitgenommen vom Unfalltod seiner Verlobten Caroline und lässt sich aus Angst vor weiteren Verlusten und Verletzungen nicht mehr auf andere Menschen ein. Dass er sich entschieden hat, Lilys Schwester Penelope zu heiraten, hat rein praktische Gründe: Er will einen Erben und hält die hübsche, stille Penelope für genau die richtige Frau, weil er nichts für sie empfindet und davon ausgeht, dass sie fügsam ihren Aufgaben nachkommen wird. Unglücklicherweise weckt aber ausgerechnet das Auftauchen von Lily in ihm heftiges Begehren und stürzt ihn in ein Gefühlschaos. Da ist es fast praktisch, dass seine Verlobte Penelope – angespornt und gedeckt von ihrer verrufenen Schwester – mit ihrer großen Liebe durchbrennt, denn somit ist der Weg frei für eine Hochzeit mit Lily. Spätestens hier wurde mir der Protagonist zu unglaubwürdig: Dass er Lily trotz all ihrer unfassbaren Eskapaden heiraten will, ist mir ebenso ein Rätsel wie seine Hingabe, Selbstlosigkeit und sein grenzenloses Verständnis für Lilys unüberlegte und gefährliche Aktionen; eigentlich gehört diese Frau mal ordentlich auf den Pott gesetzt, damit sie wieder zu Verstand kommt. Alex ist also zwar ein hingebungsvoller Held, er steckt für meinen Geschmack aber zu viel ein und verzeiht zu viel; mir ist er eindeutig zu weichgespült.

Im Vergleich zu Lily ist er aber trotzdem das kleinere Übel. Lily ist zwar schlagfertig und selbstständig, ansonsten aber genau so, wie ich eine Heldin nicht haben will. Ihr Handeln zeugt während der ganzen Geschichte (den Epilog ausgenommen) von ihrem Egoismus und ihrer Berechnung, zudem ist sie vollkommen übertrieben dargestellt – zu vulgär, zu hysterisch, zu laut, zu egoistsch, zu impulsiv, zu verrucht. Sie wirft mit Gegenständen, kreischt und entführt zu allem Übel auch noch Alex‘ kleinen Bruder. Gerade sie, deren eigenes Kind entführt wurde und die jeden Tag Todesängste aussteht und jede Nacht Alpträume deshalb hat, dürfte niemals einen anderen Menschen dieses Leid antun und diesen Ängsten aussetzen, auch nicht, wenn der Fall zugegebenermaßen anders gelagert ist. Ihr Schicksal entschuldigt das weder, noch ist es eine gute Begründung – ganz im Gegenteil! Mit bedingungsloser Mutterliebe und der Bereitschaft, alles für das Wohl ihres Kindes zu tun (von dem sie allerdings zunächst gar nicht weiß, ob es überhaupt noch lebt), ist aber ihr gesamtes Verhalten nicht hinreichend zu rechtfertigen. Und dass erst ihr Verlober und später ihr Liebhaber sie verraten haben, erklärt auch nicht, warum sie sich nicht helfen lässt von dem Mann, den sie liebt und der ihr ja ganz offensichtlich sein eigenes Leben zu Füßen legen würde. Stattdessen bringt sie sich ständig selbst in Gefahr bringt, und zwar ganz offensichtlich ohne zu überlegen, was aus ihrem Kind würde, wenn ihr etwas zustoßen sollte. Wenig glaubwürdig!

In Sachen Nebenfiguren hat Kleypas aber immerhin einen Volltreffer gelandet, mit Lilys Freund Derek Craven nämlich, der aus der Gosse stammt und sich zum berühmt-berüchtigten Clubbesitzer hochgearbeitet hat. Auch wenn seine Vergangenheit und die Umstände seines Aufstiegs noch Dunkeln liegen, ist schon jetzt klar, dass er für seinen Reichtum und Erfolg über Leichen gegangen ist; entsprechend hart und unnachgiebig verhält er sich Lily, vor allem aber sich selbst gegenüber. Auf seine Geschichte bin ich wirklich gespannt, sie wird in »Roulette des Herzens« (Originaltitel: »Dreaming of you«) erzählt.

Fazit:
7/15 – Mehr Punkte kann ich dem Frühwerk vom Kleypas beim besten Willen nicht geben, dafür sind die Protagonisten, vor allem Lily, einfach zu misslungen.

Mary Balogh: Seducing an Angel

The Huxtables, Book 4

Inhalt:
Die verrufene Lady Cassandra Paget, die unter dem Verdacht steht, ihren Mann mit einer Axt erschlagen zu haben, wurde von ihrem Stiefsohn ohne einen Pfennig Geld vor die Türe gesetzt. Zusammen mit ihrer ehemaligen Gouvernante Alice, der Köchin und Haushälterin Mary, deren kleiner Tochter Belinda und Hund Roger lebt Cassandra nun in einem äußerst bescheidenen Haus in London am Rande der Armut, weshalb sie beschließt, sich einen Gönner zu suchen. Ihre Wahl fällt ausgerechnet auf Stephen Huxtable, einen reichen jungen Adligen, der tatsächlich dazu bereit ist, sich auf die schöne Witwe einzulassen – aber nur zu seinen Bedingungen.

Kommentar:
Das letzte Buch um die Huxtable-Geschwister bietet eine ziemlich interessante Ausgangslage: Mutmaßliche Mörderin sucht sich untadeligen Adligen als Sponsor. Leider ist die Umsetzung nicht ganz so gelungen; die Geschichte driftet schnell in eine Richtung, die mir persönlich einfach zu wenig überzeugend und vor allem zu moralisch ist. Der Engel aus dem Titel des Buchs ist nämlich der herzensgute engelsgleiche Stephen Huxtable, dem bereits nach der ersten gemeinsamen Nacht klar wird, dass Cassandra völlig verzweifelt ist und sich nur aus einer absoluten Notlage heraus als Mätresse angeboten hat. Er gewährt ihr eine horrende Summe für ihre Dienste, doch nach einem weiteren Zusammensein stellt er fest, dass er das alles nicht kann; nach längeren Diskussionen einigt man sich darauf, dass Cassandra das Geld weiterhin bekommt, aber dafür nicht ihren Körper, sondern ihre Gesellschaft bzw. Freundschaft verkauft. Diese Situation gibt den Protagonisten ausreichend Zeit, sich langsam kennenzulernen bzw. näher zu kommen und bietet phasenweise gute Unterhaltung; wirklich zu packen vermag die Handlung aber nicht.

Das liegt vor allem an den beiden Hauptpersonen. Stephen Huxtable ist einfach zu perfekt: Alle lieben ihn, denn er ist nicht nur reich und wahnsinnig gutaussehend, nein, daneben ist er auch noch jederzeit hinreißend nett, verständnisvoll, hilfsbereit, kinderlieb, aufopferungsvoll, gerecht, ritterlich, sensibel, liebevoll, aufgeschlossen, pflichtbewusst und anständig – ein Gutmensch, wie er im Buche steht. Gleiches gilt übrigens für die geschickt und ohne bemüht zu wirken in die Geschichte eingeflochtenen anderen Huxtable-Geschwister nebst Ehemännern, die die Frau mit dem katastrophalen mörderischen Ruf mit offenen Armen in der Familie aufnehmen und ohne mit der Wimper zu zucken ihr eigenes Ansehen für die Fremde aus Spiel setzen.
Cassandra ist genau das Gegenteil zu den warmherzigen Huxtables und bleibt lange Zeit ziemlich undurchsichtig. Wie Stephen feststellt, trägt sie meist eine Maske, unter die selbst der Leser nur selten blicken darf. Sie ist über weite Strecken unnahbar und unterkühlt, sehr zielstrebig und teils auch berechnend, weshalb sie nicht gerade hohe Sympathiegefühle auslöst – auch wenn die Gründe für ihr Verhalten und Handeln im Kontext ihrer Vergangenheit einigermaßen nachvollziehbar sind. Völlig unverständlich und fadenscheinig sind hingegen ihre Argumente gegen eine Heirat mit Stephen; hier fehlt es an jeglicher Logik.

Überhaupt wird die Geschichte gegen Ende hin immer unglaubwürdiger, da sich alles, wirklich alles, in Wohlgefallen auflöst und jeder (außer Constantine, der aber ja im Juni 2010 noch ein eigenes Buch kriegt) sein Happy-End bekommt. Die Aufklärung der Umstände, die zum Tod von Cassandras Mann geführt haben, passt zwar zur moralisch angehauchten Geschichte, ist aber unbefriedigend und wenig einleuchtend. Darüber hinaus wirkt die Handlung auf den letzten 50 Seiten ziemlich gehetzt, man könnte fast den Eindruck gewinnen, der Autorin seien die Seiten ausgegangen. Nach der infolge der kompromittierenden Situation motivierten Verlobung geht alles Schlag auf Schlag, es wird aber eher kurz berichtet als erzählt, um noch alles unterzubringen, was beendet werden muss. Besonders ärgerlich ist dabei – wie bereits angedeutet – Cassandras vehemente Weigerung, Stephen zu heiraten – nur um am Ende von einer Sekunde auf die andere doch umzukippen.

Wertung:
10/15 – Gerade noch gut, wobei ich ehrlicherweise zugeben muss, dass da ein klitzekleiner Balogh-Bonus enthalten ist. Für mich in jedem Fall das schwächste Buch über die Huxtable-Geschwister, aber immer noch besser als viele, viele andere Liebesromane anderer Autoren.