Amazon-Partnerprogramm
Hinweis: Alle Amazon-Links sind Affiliate-Links. Das bedeutet, dass ich eine kleine Provision erhalte, wenn du auf den Link klickst und bei Amazon einkaufst. Das hilft mir, den Blogs zu finanzieren.
|
1. Teil Grace-College-Serie
Inhalt:
Eine coole Einweihungsparty im Bootshaus, so feiern die neuen Studenten ihre Ankunft im Grace College. Doch schon bald merken Julia und ihre Freunde, dass in dem abgelegenen Tal mitten in den kanadischen Bergen etwas nicht stimmt. Wozu dienen die vielen Verbotsschilder rund um das College? Und warum ist der Ort nicht auf Google Earth zu finden?
Die Lage spitzt sich zu, als Julias Bruder Robert beobachtet, wie ein Mädchen in den Lake Mirror springt und von einem Strudel nach unten gezogen wird. Aber niemand scheint seinen Worten Glauben – nicht einmal Julia. Noch ahnt sie nicht, dass die dunklen Schatten der Vergangenheit, die sie für immer überwunden glaubte, hier im Tal wieder an die Oberfläche drängen.
Kommentar:
Eigentlich hatte ich ja kein großes Interesse an diesem Buch – weder Klappentext noch Aufmachung haben mich besonders angesprochen. Dann hat mich allerdings Marens Begeisterung für Band 2 aufgeschreckt und hellhörig werden lassen. Als sich die Gelegenheit ergab, hab ich das Buch also eingepackt – zum Glück, denn ich habe lange keinen so ansprechenden Jugendkrimi mehr gelesen.
[weiterlesen]
Die Verborgenen, Buch 1
Inhalt:
Seit dem Tod ihres Bruders ist für Luisa nichts mehr, wie es war. Sie beschließt zu sterben. Aber kurz vor dem letzten Schritt hält jemand sie auf: Thursen nennt sich der Junge mit den geheimnisvollen Schattenaugen. Mit einer Gruppe Jugendlicher lebt er im Wald, und er spürt Luisas Schmerz. Die »Verborgenen« können ihre Gestalt ändern: Sie sind Werwölfe. Mit jeder Verwandlung wird Thursen mehr zum Tier – und die Erinnerungen an sein vorheriges Leben verblassen. Bald wird er ganz Wolf sein. Dann hat Luisa auch ihn verloren. Für ihre große Liebe würde sie alles tun. Doch reicht das, um Thursen zu retten?
Kommentar:
Ich war sehr gespannt auf den Debütroman der deutschen Autorin Nora Melling, als ich die Ankündigung gesehen habe, zumal mich die Beschreibung sofort an »Shiver« (dt. »Nach dem Sommer«) erinnert hat. Tatsächlich gibt es einige Parallelen zwischen den beiden Büchern – allerdings ist »Schattenblüte« leider nicht mal halb so gut wie Stiefvaters Roman.
Dem obigen Klappentext ist inhaltlich eigentlich nicht viel hinzuzufügen, im Gegenteil: Er gibt fast schon eine Spur zu viel preis, weshalb man als Leser mehr weiß als Protagonistin Luisa selbst, die erst im Laufe der Handlung herausfindet, dass Thursen und seine Freunde Werwölfe sind. Elementar für die Handlung ist die Tatsache, dass die Werwölfe nicht unbegrenzt oft ihre Gestalt wechseln können, sondern dass sie mit jeder Verwandlung mehr zum Wolf werden und jedesmal ein Stück der Erinnerung an ihr menschliches Dasein verlieren – bis sie irgendwann Wolf bleiben. Als Luisa Thursen kennenelernt, steht dieser bereits kurz vor der endgültigen Verwandlung; nur sie hält ihn noch im menschlichen Leben. Dass ein unbeschwertes Zusammensein insofern zu keiner Zeit möglich ist, versteht sich von selbst.
Hinsichtlich dieser stark getrübten Liebesbeziehung und der Suche nach einem Ausweg gleicht das Buch »Shiver« frappierend; die Ähnlichkeiten hören hier aber auch schon auf. Denn während Sam und Grace in »Shiver« versuchen, die knapp bemessene gemeinsame Zeit trotz aller Trauer und Ängste zu genießen und wunderschöne intensive Momente zusammen erleben, sind Luisa und Thursen permanent am Zanken und trennen sich gefühlte 84 Mal, nur um dann doch wieder zusammenzukommen und gemeinschaftlich zu lamentieren. Dem Buch geht jede für den Leser nachvollziehbare Emotion zwischen den Protagonisten völlig ab, vielleicht geht sie auch in all den sprachlichen Absonderlichkeiten verloren. Positive Gefühle werden kaum vermittelt, stattdessen ist »Schattenblüte« fast durchgehend düster und depressiv.
Möglicherweise liegt die Tatsache, dass ich mit dem Buch so gar nichts anfangen konnte, im Wesentlichen an den Protagonisten, denen ich nicht das Geringste abgewinnen konnte. Thursen nehme ich den Anführer der im Berliner Grundewald lebenden Werwölfe überhaupt nicht ab; er bleibt letztendlich blass und wirkt die ganze Zeit sehr unentschlossen bezüglich seiner Zukunft: Er möchte eigentlich trotz seiner Liebe zu Luisa gar nicht wirklich in sein menschliches Dasein zurück. Luisa ist allerdings nicht bereit, das zu akzeptieren: Nachdem er sie davon abgehalten hat, Selbstmord zu begehen und ihr das Versprechen abgenommen hat, es nie wieder zu versuchen, soll er mal schön auch im Leben bleiben – das muss sie ja schließlich auch. Dementsprechend drängt sie ihn, sich auf die Suche nach seinen Wurzeln zu machen, die ihn retten können.
Luisa ist ein wirklich schwieriger Charakter, was angesichts ihrer Vergangenheit zugegebenermaßen kein Wunder ist. Nach dem Tod ihres kleinen Bruders Fabi haben die zutiefst verstörten Eltern alle Brücken in Hamburg abgebrochen und sind nach Berlin gezogen, wo sie mit wenig durchschlagendem Ergebnis versuchen, ein neues Leben zu beginnen. Luisa fühlt sich dadurch um die Möglichkeit gebracht, sich mit der Trauer um Fabi auseinanderzusetzen und sein Grab zu besuchen, und ihre ohnmächtigen, mit der Situation heillos überforderten Eltern sind alles andere als hilfreich für einen Neustart. Luisa ist eigentlich permanent erfüllt vom Gedanken an Fabi; ihre Trauerarbeit ist neben der Beziehung zu Thursen zentrales Thema das Buchs. Es ist insofern nur natürlich, dass sie sich an Thursen klammert und dass sie verbittert, verstört und traurig ist – aber das Verständnis für ihre Situation macht sie trotzdem nicht zu einer Heldin, die ein solches Buch tragen kann.
Zu alledem kommt dann noch ein sehr eigentümlicher Stil mit äußerst seltsamen Satzkonstruktionen. Die Sprache ist einfach, die Sätze sind vielfach sehr kurz, oft auch ohne Subjekt aneinandergereiht, wobei vorher bereits benutzte Worte wiederholt oder aufgenommen und mit einer Vielzahl von Synonymen oder Wörtern aus der gleichen Wortfamilie angereichert werden (»Die Hoffnung wächst, blüht, wuchert. Überwuchert jeden Zweifel.«, S. 135). Das Bemühen um Metaphorik ist unverkennbar, und an manchen Stellen sind die Bilder sogar gelungen, in dieser Masse wirkt das alles aber völlig übertrieben und mühsam konstruiert. Teilweise wirkt es einfach nur so bemüht, dass es albern ist: »Sein Gesicht, sein krähengraues Gesicht mit den Bleiglanzaugen kommt näher, und ich weiß, bin ihm ausgeliefert, kann mich niemals gegen ihn wehren.« (S. 98) oder noch viel schlimmer: »Ich drehe wieder um. Nehme meine Schulranzen, trage ihn in die Wohnung und werfe ihn in die Ecke. Er fällt auf die Seite, springt auf und erbricht Bücher und leere Hefte.« (S. 205) Ich will diesen Stil nicht verteufeln, er ist aber definitiv nicht mein Ding. Wer glaubt, dass er Freude an einem Buch voller Sätze wie dem folgenden haben kann, kann bei »Schattenblüte« getrost zugreifen!
Er presst seinen Mund fast schmerzhaft auf meinen. Ich habe die Augen geschlossen und fühle nur noch ihn überall. Seine Schultern unter meinen klammernden Händen. Seine Arme um mich, sein Atem auf meiner Wange. Rieche und schmecke ihn. Er ist meine ganze Welt. Und ich bin seine. So soll es sein. Wir küssen uns als sei es das letzte was wir tun auf dieser Welt. Berühren, fühlen, schmecken uns, als würden nur noch heute die Vögel singen, die Bäume wachsen, die Sonne scheinen. Als wäre der flammende Meteorit, der die Erde zerschlägt, schon zu uns unterwegs. (S. 130)
Fazit:
4/15 – Wenig sympathische Figuren agieren in einer eigentlich ziemlich dünnen Geschichte, die trotz des Themas keine nachvollziehbaren Emotionen vermittelt – geschweige denn beim Leser erzeugen kann. Der höchst eigentümliche Stil der Autorin trägt seinen Teil dazu bei, dass mich das Buch eher genervt als unterhalten hat.
2. Teil der Arkadien-Serie
Serienauftakt habe ich Band 2 der Arkadien-Serie mit großer Spannung entgegengefiebert – und hatte insgeheim doch ein wenig die Befürchtung, dass Kai Meyer das Niveau niemals würde halten können. Wie man sich täuschen kann – und wie schön es doch manchmal ist, wenn man sich täuscht!
*Achtung, Rezension enthält Spoiler bzgl. Band 1*
[weiterlesen]
Originaltitel: As You Wish
Inhalt:
Als Viola von ihrem Freund verlassen wird, bricht für sie eine Welt zusammen. Gerade noch war sie verliebt und beliebt, nun ist sie nur noch die Ex vom coolsten Typ der Schule. Viola wünscht sich nichts mehr, als wieder glücklich zu werden und beschwört so versehentlich einen Dschinn herbei. Er ist jung, er sieht gut aus und er ist furchtbar schlecht gelaunt, denn er hält Menschen für ungemein nervtötend. Aber bevor er in seine Heimat zurückkehren kann, muss er Viola drei Wünsche erfüllen. Und das ist nicht so einfach, wie es sich anhört …
Kommentar:
Als mir vor einigen Monaten der Pan-Katalog ins Haus flatterte, hat mich »Drei Wünsche hast du frei« regelrecht angesprungen. Ich hatte zugegebenermaßen angesichts meiner vorherigen Erfahrungen mit derlei Büchern ein paar Bedenken, dass mir das Buch zu »teenie« sein könnte, aber das war zum Glück nicht der Fall. Das Debüt von Jackson Pierce ist ein absolutes Wohlfühlbuch, entspannend und nett zu lesen.
Die märchenhafte Idee hinter der wenig komplexen Geschichte ist eigentlich altbekannt: Einem Mädchen werden drei Wünsche gewährt, die auf direktem Weg zum großen Glück führen sollen. Die Ausführung dieses Plots ist jedoch mal was anderes, denn sehr zum Leidwesen des Dschinns gestaltet sich dieses eigentlich unproblematische Unterfangen mit Viola nicht ganz so einfach: Viola will sich partout nichts wünschen – und das, obwohl sie aufgrund ihrer enttäuschenten Liebe zu Lawrence eigentlich genug Möglichkeiten hätte, die Wünsche sinnvoll zu ihrem Glück einzusetzen. Dschinn, der nicht in seine Heimat zurückkehren kann, solange er seine Aufgabe nicht ausgeführt hat, ist zunächst genervt von Violas Weigerung, sich etwas zu wünschen. Doch je länger er das Mädchen kennt, desto faszinierter ist er von ihm – bis er schließlich an einen Punkt kommt, an dem er gar nicht mehr so recht zurück will. Die Gesetze verlangen aber, dass er nach Caliban zurückkehrt; notfalls muss Viola dazu gezwungen werden, drei Wünsche auszusprechen.
Der wenig komplexen Story fehlt leider das gewisse Etwas, das ein Buch aus der Masse herausragen lässt. Nichtsdestotrotz ist »Drei Wünsche hast du frei« sehr unterhaltsam und überzeugt mit guten Figuren und deren Umgang miteinander, wenngleich Viola bei aller Sympathie zum Teil ein wenig anstrengend ist. Seit ihr Freund Lawrence sie verlassen und sich als schwul geoutet hat, fühlt sie sich nämlich zerbrochen und nirgends zugehörig – und sie tut auch nichts dafür, das zu ändern, sondern ist in Selbstmitleid erstarrt. Es ist nicht so, dass sie ständig jammern würde, aber sie hadert an einigen Stellen schon sehr mit sich und ihrem Leben. Dass Lawrence trotz der Trennung ihr bester – und offenbar einziger – Freund ist und der latent vorhandene Konflikt zwischen ihnen lange Zeit unausgesprochen schwelt, macht ihre Lage nicht besser. Doch dann taucht Dschinn auf, der ihr auf unterschiedliche Weise dabei hilft, über die gescheiterter Beziehung hinwegzukommen und sich zu emanzipieren. Wen wundert’s – der exotische Dschinn ist einfach umwerfend! Anfangs knurrig, ungeduldig und entnervt von seinem erzwungenen Aufenthalt auf der Erde und dem zickigen Menschenmädchen, wandelt er sich mehr und mehr zu einem fürsorglichen, verständnisvollen Beschützer und echten Freund, der immer zur Stelle ist, wenn er gebraucht wird, und einiges für Viola in Kauf nimmt.
Das Buch wird abwechselnd aus der Perspektive von Viola und Dschinn erzählt, jeweils in Ich-Form und im Präsens. Was bei Stiefvaters »Nach dem Sommer« prima geklappt hat, fand ich hier zumindest phasenweise nicht ganz so glücklich, weil sich beide Sichtweisen doch recht ähnlich sind. Dass alle Beteiligten ständig mit dem Wort »Yeah« um sich werfen, ist auch nicht ganz glücklich und hätte vielleicht anders gelöst werden können, ist aber zu verkraften.
Fazit:
11/15 – Obwohl dem Buch das gewisse Etwas fehlt, ist es ein märchenhafter Jugendroman, der Fans von zarten Liebesgeschichten gute Unterhaltung bietet.
Originaltitel: Shiver
Die Wölfe aus Mercy Falls, Buch 1
Inhalt:
Jeden Winter wartet Grace darauf, dass die Wölfe in die Wälder von Mercy Falls zurückkehren – und mit ihnen der Wolf mit den goldenen Augen. Ihr Wolf. Ganz in der Nähe und doch unerreichbar für sie, lebt Sam ein zerrissenes Leben: In der Geborgenheit seines Wolfsrudels trotzt er Eis, Kälte und Schnee, bis die Wärme des Sommers ihn von seiner Wolfsgestalt befreit. In den wenigen kostbaren Monaten als Mensch beobachtet er Grace von fern, ohne sie jemals anzusprechen – bevor die Kälte ihn wieder in seine andere Gestalt zwingt. Doch in diesem Jahr ist alles anders: Sam weiß, dass es sein letzter Sommer als Mensch sein wird. Es ist September, als Grace den Jungen mit dem bernsteinfarbenen Blick erkennt und sich verliebt. Doch jeder Tag, der vergeht, bringt den Winter näher – und mit ihm den endgültigen Abschied.
Kommentar:
Wer meinen Blog schon länger verfolgt, der weiß, dass ich Anfang des Jahres bereits die englische Ausgabe von »Shiver« gelesen, rezensiert und die Höchstnote vergeben habe. Die Nachricht von der Übersetzung ins Deutsche hab ich mit einiger Skepsis aufgenommen, denn es wäre ja nicht das erste Mal, dass die Stimmung des Originals nicht besonders gut transportiert wird. Ich wollte mir trotzdem ein Bild von der deutschen Ausgabe machen, zumal sie richtig toll aufgemacht ist: Ein Hardcover mit Schutzumschlag, Spotlack, Lesebändchen und mit fallendem Herbstlaub bedrucktem Vorsatzpapier. Das Covermotiv, über das potenzielle Leser im Frühjahr abstimmen durften, hebt sich erfreulicherweise von den meisten anderen Büchern des Genres ab, und besonders gelungen find ich die Idee, dass die einzelnen Titel der Trilogie zusammen genommen einen Satz ergeben (wenngleich der Titel von Band 2 für sich genommen nicht hundertprozentig überzeugt): Nach dem Sommer ruht das Licht in deinen Augen.
Aber nicht nur die Aufmachung des Buchs ist hervorragend gelungen, sondern auch die Übersetzung dieser bittersüßen Geschichte. Ohne einen unmittelbaren Vergleich mit dem Original vorgenommen zu haben, ist offensichtlich, dass Sandra Knuffinke und Jessika Komina richtig gute Arbeit geleistet haben. Das Flair des Originals wird perfekt eingefangen, sodass mich auch die deutsche Ausgabe völlig gefangen genommen und in eine Stimmung irgendwo zwischen Glück, Hoffnung und Melancholie versetzt hat – eben die Stimmung, die dieses Buch so einzigartig macht. Man befindet sich permanent in einem Wechselbad der Gefühle, weil es einerseits so wunderschön, und andererseits so schrecklich traurig ist, von dieser Liebe zu lesen, die von Beginn an zum Scheitern verurteilt ist, weil es Sams letzter Sommer in Menschengestalt ist – verwandelt er sich das nächste Mal in einen Wolf, ist es für immer.
Ich schloss die Augen und hörte zu, wie sein Herzt pochte, bis meins im gleichen Takt schlug. Schließlich legte er die Wange auf meinen Kopf und flüsterte: »Wir haben keine Zeit, um traurig zu sein.«
Also versuchen die beiden, das Damoklesschwert zu ignorieren, die Kälte auszusperren und das Zusammensein zu genießen, so lange es möglich ist. Die gemeinsam erlebten Momente sind umso intensiver, und es sind in diesem Buch die zärtlichen kleinen Gesten, die die große Liebe zwischen der ziemlich sachlich denkenden Grace und dem gefühlvollen Sam spiegeln. Viele Szenen sind emotional so aufgeladen, dass sie zum Weinen schön sind – forciert durch ein gewisses, aber nicht übertriebenes Maß an Poetik und Pathos, die sich manifestieren in eindringlichen Sätzen und Bildern wie »Ich war berauscht vor lauter Sam« (S. 218) oder
Ich hatte das Paradies entdeckt und mich daran geklammert, so fest es ging, doch es löste sich immer weiter auf, ein feiner Faden, der mir durch die Finger glitt, zu dünn, um ihn festzuhalten. (S. 271)
Ich kann mich wirklich an kaum ein Buch erinnern, das mich so sehr mitgerissen und aufgewühlt hat wie dieses, und bei dem ich so sehr gehofft habe, dass es gut endet und gleichzeitig befürchtet habe, dass es nicht gut enden wird. »Nach dem Sommer« ist einfach wundervoll, egal in welcher Ausgabe – sogar so wundervoll, dass ich ein wenig Angst vor meinen eigenen Erwartungen hinsichtlich Band 2 habe, der hier auf Englisch liegt, denn der erste Teil der Mercy-Falls-Wölfe kann eigentlich gar nicht zu toppen sein.
Fazit:
15/15 – Eine wunderschöne und berührende Geschichte, die man einfach gelesen haben muss.
___
Serieninfo:
01 Shiver | Nach dem Sommer
02 Linger | Ruht das Licht
03 Forever | In deinen Augen
www.nachdemsommer.de | www.maggiestiefvater.com
Originaltitel: Beastly
Inhalt:
Kyle Kingsbury ist eine Bestie, die nachts durch New York streift – ein hässliches Monstrum. Doch Kyle war nicht immer so. Er war mal ein Junge, mit dem jeder andere gerne getauscht hätte, ein gutaussehender, reicher und bei vielen Mädchen beliebter Kerl. Doch er war auch arrogant, eingebildet und überheblich. Zur Strafe wurde er dazu verflucht, dieses grässliche Biest zu sein – jetzt kann nur noch die Liebe diesen Fluch brechen.
»Ich bin eine Bestie. Eine Bestie. Kein Wolf oder Bär, kein Gorilla oder Hund, sondern eine entsetzliche Kreatur mit aufrechtem Gang – ein Wesen mit Reißzähnen und Klauen. Aus jeder Pore sprießen mir Haare. Ich bin ein Monster. Du glaubst wohl, ich erzähle Märchen? Falsch. Ich lebe in New York. In der Gegenwart. Ich bin keine Missbildung, bin nicht krank. Aber ich werde für immer so bleiben – bin ruiniert – es sei denn …«
Kommentar:
Schon vor Monaten hab ich bei Holly die Kritik zu »Beastly« gelesen, aber trotz eines gewissen Interesses beschlossen, erst mal die Finger von dem Buch zu lassen. Der Trailer zum Film hat meine Aufmerksamkeit erneut auf das Buch gelenkt, und da gerade die deutsche Ausgabe erschienen ist, konnte ich – trotz einiger Skepsis – nicht wiederstehen.
Wie unschwer zu erraten ist, ist »Beastly« eine moderne Aufarbeitung des »Die Schöne und das Biest«-Stoffes: Der Protagonist wird von einer Hexe wegen seines bösartigen Charakters verflucht und kann nur durch einen Kuss seiner wahren Liebe gerettet werden. Das Biest ist hier Kyle Kingsbury, ein reicher, gutaussehender, aber vollkommen oberflächlicher Junge. Er ist ein arroganter Selbstdarsteller, der keinerlei moralische Werte besitzt und sich gerne auf Kosten anderer profiliert. Von seinen Mitschülern bekommt er die Aufmerksamkeit, die ihm seine Eltern versagen: Die Mutter hat die Familie verlassen und meldet sich nie, der Vater ist ein berühmter Nachrichtensprecher, der nur für seine Arbeit lebt und seinen Sohn mit materiellen Dingen für die mangelnde Liebe zu entschädigen versucht. Es passt ins Bild, dass Kyles Vater den Jungen zusammen mit einer Haushälterin und einem Privatlehrer in eine abgeschottete Villa abschiebt, nachdem der Fluch ihn zu einem Monster gemacht hat und klar ist, dass Schönheitsoperationen oder andere medizinische Behandlungsmethoden hier nicht helfen; so einen Sohn kann er nicht brauchen. Angesichts seines Umfelds ist es wirklich kein Wunder, dass Kyle ist, wie er ist.
Kyle, zu diesem Zeitpunkt noch ganz der Alte, probiert zunächst auf seine eigene Weise, den Fluch auszuhebeln: Als erstes versucht er sein Glück mit seiner aktuellen Freundin, die aber dummerweise ebenso oberflächlich ist wie er selbst und die längste Zeit seine Freundin war, nachdem sie seiner monströsen Erscheinung angesichtig wurde. Anschließend macht er sich mit einem gefälschten Userprofil im Internet auf die Suche nach einem passenden Mädchen – nur um festzustellen, dass der schöne Schein nicht nur in der realen, sondern auch in der virtuellen Welt trügt. Schließlich kapituliert er und arrangiert sich mit dem Gedanken, den Rest seines Daseins als Biest zu verbringen und in der Villa eingesperrt zu sein. Zum Zeitvertreib stürzt er sich in die Zucht von Rosen und entwickelt erstmals in seinem Leben Verantwortungsbewusstsein und eine echte Leidenschaft.
Rein zufällig versucht der Vater einer Mitschülerin, die Kyle nur sehr flüchtig kannte, in die Villa einzubrechen – und Kyle erpresst den Mann, ihm seine Tochter zu schicken. Der Kleinkriminelle hat wenig Skrupel, dem Biest seine Tochter zu überlassen, damit er nicht ins Gefängnis muss, und so zieht Lindy bei dem Jungen ein – Kyles letzte Hoffnung und seine einzige Chance, den Fluch zu brechen.
Im Zentrum der Geschichte, die ausschließlich aus Kyles Sicht erzählt wird, steht natürlich die langsame Änderung des Protagonisten, die durchaus nachvollziehbar dargestellt ist. Besonders gut finde ich, dass Kyle sich zwar zum Guten hin ändert, aber dennoch am Ende nicht als völlig weichgespülter und selbstloser Typ rüberkommt, sondern immer noch ein wenig manipulativ ist und nicht alles mit sich machen lässt. Lindy wirkt neben ihm ein wenig blass, obwohl sie fraglos eine liebenswerte Figur ist, und leider ist auch die Darstellung von Kyles wachsender Liebe zu ihr nicht so ganz gelungen: Man erfährt als Leser nämlich zwar darüber, kann es aber nicht fühlen – die großen Emotionen bleiben aus. Das ist ein wenig schade, denn diese hätten der phasenweise etwas vor sich hinplätschernden Geschichte vielleicht den besonderen Kick geben können, der ihr – sicher nicht zuletzt angesichts des allseits bekannten Ausgangs – fehlt.
Total klasse sind die eingestreuten »Chats für ungewollte Gestaltänderung« zu Beginn eines jeden größeren Abschnitts, die von »Mr. Anderson« moderiert werden und an denen verwandelte Märchenfiguren teilnehmen. Neben »BeastNYC« sind das die unglückliche kleine Meerjungfrau »SilentMaid«, »Grizzlyguy«, der seine liebe Not mit Schneeweißchen und Rosenrot hat, sowie »Froggie«, der zwar mit seinen Schwimmhäute nicht vernünftig tippen, aber immerhin den Gameboy einer Prinzessin aus dem Tumpel retten kann. Die Dialoge zwischen den verhexten Leidensgenossen sind wirklich witzig – von denen hätte ich gerne mehr gehabt.
Fazit:
11/15 – Die moderne Aufarbeitung des »Die Schöne und das Biest«-Stoffes für Jugendliche bietet richtig gute Unterhaltung, allerdings fehlt ihr das gewisse Etwas.
Inhalt:
Eine unwirkliche Stille liegt über Whisper, dem alten Haus, drückend und gefährlich. Als Noa es das erste Mal betritt, ist sie gleichermaßen ergriffen von Furcht und neugieriger Erwartung. Doch niemand außer ihr scheint zu spüren, dass das alte Gebäude ein lang gehütetes Geheimnis birgt …
Kommentar:
Nachdem ich im Herbst letzten Jahres so begeistert von »Lucian« war, hab ich mir direkt auch »Whisper« besorgt, das 2006 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert war und dessen Beschreibung mich sehr angesprochen hat. Wie es halt so geht, stand das Buch trotzdem eine ganze Weile im Regal; jetzt hab ichs aber endlich wieder hervorgekramt – dank des SuB-Losverfahrens.
Im Zentrum der Geschichte steht die 18-Jährige Noa aus Berlin, die mit ihrer Mutter Kat, einer berühmten Schauspielerin, und deren schwulem Freund Gilbert den Sommer in einem Haus auf dem Land verbringt. Sofort bemerkt das Mädchen die unheimliche Atmosphäre in dem alten Gemäuer; sie fühlt sich beobachtet und nimmt immer wieder einen fremden Duft wahr. Als eines Abends beim Gläserrücken der Geist eines toten Mädchens namens Eliza erscheint, das behauptet, in dem alten Bauernhaus ermordet worden zu sein, hat Noa keine Zweifel, dass die Erscheinung echt ist. Gemeinsam mit David, einem Jungen aus dem Dorf, macht sie sich auf die Suche nach dem Mörder, stößt bei den Dorfbewohnern aber auf eine Mauer des Schweigens. Angetrieben von Elizas Erscheinungen geben sie aber dennoch nicht auf, und decken schließlich lang gehütete Geheimnisse auf.
»Whisper« ist eigentlich eine ganz klassische Grusel- bzw. Geistergeschichte, die das altbekannte Motiv aufgreift, dass der Geist eines Ermordeten so lange am Tatort gefangen ist, bis der Mörder gefasst wird. Das Buch startet entsprechend schaurig, doch die Gänsehautstimmung verliert sich im Laufe der Handlung zwischen der Liebesgeschichte zwischen Noa und David, dem ewig schwelenden Mutter-Tochter-Konflikt, der Emanzipation bzw. Selbstfindung Noas und der wenig planvollen Mördersuche. Hinsichtlich der Mordaufklärung bleiben einige Fragen offen, zum Beispiel die nach dem Grund für die extreme Handlungsweise des Mörders früher. Auch erschießt sich nicht, warum die vorgestellten Dorfbewohner so verschlossen sind und so handeln und reagieren, wie sie es tun; ein paar Seiten mehr, um die Nebenfiguren und die Konstellationen zwischen ihnen besser beleuchten zu können, hätten dem Buch wahrscheinlich gut getan. Ingesamt konnte mich die Handlung nicht recht fesseln, ich musste mich phasenweise wirklich zum Weiterlesen zwingen bzw. konnte mich nicht zum Weiterlesen durchringen; es kam einfach keine Spannung auf.
Obwohl den meisten Nebenfiguren aber eine gewisse Tiefe fehlt, sind sie grundsätzlich ganz interessant angelegt – wenn auch nicht zwingend sympathisch. Letzteres gilt insbesondere für Noas exzentrische Mutter Kat, die – bis auf wenige Ausnahmen – durchgehend unerträglich ist (das scheinen Mütter in Abedis Bücher gemeinsam zu haben). Ehrlich gesagt erschien mir die Figur überdies nur bedingt glaubwürdig, weil sie viel zu extrem und klischeebeladen ist. Nicht alle Schauspieler sind Exzentriker und lieben es, sich in Ruhm, Bewunderung und Berühmtheit zu sonnen; im Gegenteil: Die echten Größen (und eine solche scheint Kat ja zu sein) haben das gar nicht nötig. Wie es kommt, dass der parapsychologisch interessierte schwule Gilbert, offensichtlich Vaterfigur für Noa und Kat, weil er so wunderbar besonnen, unaufgeregt und verlässlich ist, mit dieser Frau befreundet ist, erschließt sich nicht.
Noa und David, die Hauptfiguren, sind hingegen gut gelungen. Noa ist ganz sympathisch, wenngleich relativ introvertiert und bisweilen etwas zickig. Ihr Charakter ist deutlich geprägt von der dominanten Mutter, die nie für sie da war, und einem Erlebnis mit einem Jungen, das ihr nicht gerade Vertrauen ins männliche Geschlecht gegeben hat. Dass sie sich dennoch in den ruhigen, manchmal etwas verschlossenen und aggressiv auf persönliche Fragen reagierenden David verliebt, der sich so aufopferungsvoll um seinen Familie und seinen behinderten Bruder kümmert, passt. Der Verlauf ihrer Beziehung, Noas langsame Öffnung, ist wirklich sehr gefühlvoll und glaubwürdig dargestellt.
Den einzelnen Kapiteln sind Tagebucheinträge von Eliza vorangestellt, dem ermordeten Mädchen. Sie sind raffiniert verwoben mit der aktuellen Handlung und zeigen dem Leser Parallelen zwischen den Vorkommnissen und Menschen damals und heute. Außerdem werfen sie nicht gerade ein positives Licht auf die Tote, die nicht nur Opfer ist. Obwohl man sich ihre Handlungsmotivation zusammenreimen kann, erweist sie sich letztendlich als durchtriebene, neiderfüllte, rücksichtslose Person.
Wie schon bei »Lucian« kam mir die Sprache der Personen an einigen Stellen nicht sehr authentisch vor. Verspotten sich Jugendliche wirklich mit Feststellungen wie »ganz schön mager, das Hühnchen« oder sagen sie Dinge wie »Holla, die Waldfee?«? Ich wage es zu bezweifeln, ebenso wie ich bezweifle, dass sich Erwachsene mittleren Alters Ausdrücken wie »Mein lieber Herr Gesangsverein« oder »Mein lieber Scholli« bedienen. Davon abgesehen hat Abedi aber gefühlvollen, aber klaren Erzählstil, der nicht überladen ist und sich flüssig lesen lässt.
Fazit:
9/15 – Eine ganz nette Geschichte, der es aber ein wenig an Spannung, Tiefe und für ein Buch dieses Genres auch am Gruselfaktor magelt.
Inhalt:
Die junge Berlinerin Jorani kommt nach South Dakota, um den Sommer bei ihrer Tante zu verbringen. Als sie eines Abends von einer Jugendgang attackiert wird, taucht der gutaussehende Rin auf und schlägt die Angreifer in die Flucht. Jorani fühlt sich zu ihm hingezogen, doch obwohl Rin ihre Gefühle offenbar erwidert, weist er sie zurück. Dann entdeckt Jorani Rins Geheimnis: Er ist ein Kentaur – und darf sich nicht ohne weiteres mit einer Menschenfrau einlassen.
Kommentar:
Ein Kentaur als Liebesromanheld – diese Idee hat sofort mein Interesse geweckt. Prinzipiell ist die Geschichte auch nett umgesetzt, nur leider fühle ich mich der Zielgruppe längst entwachsen, denn das Buch ist m.E. keineswegs ein paranormaler Liebesroman für Erwachsene. Die Autorin hat mir auf Nachfrage mitgeteilt, dass »Schattenreiter« für junge Erwachsene gedacht ist; meinem Empfinden nach handelt es sich sogar um ein Buch für jüngere Jugendliche. Entsprechend naiv wirkt die Protagonistin bisweilen auf mich, und auch Handlung und Sprache machen einen eher schlichten Eindruck – was ja für die Zielgruppe völlig in Ordnung ist, mir »ollen Hippe« aber halt nicht reicht. Sehr gut gelungen sind der Mythos, der hinter Rins Kentaurendasein steckt, sowie Geschichte, Glaube und Riten seines Volkes.
Obwohl wie gesagt die Erwähnung des Kentaurs mein Interesse an diesem Buch geweckt hat, finde ich es andererseits doch auch ein wenig schade, dass Rins Identität als Kentaur schon im Klappentext verraten wird. Die Aufdeckung seines Geheimnisses hätte dem Buch in der ersten Hälfte nämlich ein Stück mehr Spannung verleihen können – und Spannung hätte wirklich nicht geschadet, denn die Geschichte läuft letztendlich schon sehr glatt und relativ stringent ab.
Fazit:
Ich glaube, dass das Buch Jugendlichen und vielleicht auch jungen Erwachsenen gut gefallen könnte, verzichte aber auf eine Wertung, weil ich mich einfach nicht wirklich in der Lage fühle, ein Buch für diese Zielgruppe zu beurteilen. Ärgerlich finde ich aber einmal mehr, dass nicht klar ersichtlich ist, dass man es hier mit einem Buch für jüngere Leser zu tun hat – zumal man ein solches Buch im Ullstein Verlag, der ja nicht gerade für sein Jugendprogramm bekannt ist, auch nicht erwartet. Ich verstehe nach wie vor nicht, wieso die Verlage billigend schlechte Kritiken von verärgerten Lesern in Kauf nehmen, die aufgrund unpassender Klappentexte und Einordnung etwas Falsches erwartet haben.
Originaltitel: Uncle Montague’s Tales of Terror
Inhalt:
Onkel Montague lebt allein mit seinem mysteriösen Diener Franz in einem düsteren alten Haus. Obwohl der Weg zu ihm durch einen unheimlichen Wald führt, besucht Edgar ihn sehr gerne, denn Onkel Montague scheint über einen unerschöpflichen Vorrat an Schauergeschichten zu verfügen. Doch je mehr von diesen Geschichten Edgar hört, desto unbehaglicher ist ihm zumute. Draußen wird der Nebel immer dichter, im Haus wird es immer kälter, und seltsame Geräusche sind zu hören. Was hat es mit diesen Geschichten auf sich? Woher kennt Onkel Montague sie und warum bewahrt er Gegenstände, die in den Geschichten vor kommen, in seinem Haus auf?
Kommentar:
»Ich bin ein Sammler des nicht Gewollten, Edgar; des Verwunschenen, des Verfluchten – des Verdammten.« (S. 126)
»Onkel Montagues Schauergeschichten« ist das erste übersetzte Schauergeschichten-Buch aus der Feder des Engländers Chris Priestley; im englischen Original gibt es darüber hinaus noch »Tales of Terror from the Black Ship« und »Tales of Terror from the Tunnel’s Mouth«.
Die Rahmenhandlung des Buches für Kinder ab 10 Jahren bildet Edgars Besuch bei seinem eigenartigen Onkel Montague, der ihm immer so faszinierende Geschichten erzählt. Allerdings lehren die Erzählungen den Jungen an diesem bestimmten Tag, von dem erzählt wird, auch zunehmend das Fürchten, obwohl der Junge natürlich steif und fest behauptet, völlig unbeeindruckt zu sein und nicht an die Geschichten zu glauben, die ihm da aufgetischt werden. Die unheimliche, beklemmende Atmosphäre des Hauses trägt ein Übriges dazu bei, Edgar und den Lesern Schauer über den Rücken zu jagen – es wird alles geboten, was klassischen Grusel ausmacht: dichte Nebelschwaden, klappernde Fensterläden, Kerzenlicht, ominöse Gegenstände, schlurfende Schritte unbekannten Ursprungs sowie ein »unsichtbarer« Diener.
Eingebettet in die Haupthandlung sind insgesamt neun jeweils abgeschlossene Kurzgeschichten, deren Aufhänger jeweils ein Gegenstand ist, der sich in Onkel Montagues Besitz befindet. Die dazugehörigen Erzählungen sind schauerlich bis grausam, in allen spielen Kinder die Hauptrolle, und sie handeln alle von Besessenheit, Mord und Tod. Sie sind prinzipiell gut und spannend aufgebaut, aus unerfindlichen Gründen fehlt aber bei mindestens der Hälfte »die Moral von der Geschicht«: Die einzelnen Storys enden teils irritierend abrupt, offen und sind deshalb ziemlich unbefriedigend.
Die sonderbaren Erzählungen machen aber nicht nur Edgar, sondern auch dem Leser nach und nach klar, dass mit Onkel Montague irgendwas ganz und gar nicht stimmt – und am Ende liefert eine letzte Geschichte, die von Onkel Montague selbst, eine ebenso gruselige wie einleuchtende Erklärung, die mindestens so unheimlich ist wie alle Kurzgeschichten zusammen.
Bemerkenswert sind die Zeichnungen von David Roberts, der u.a. auch die Bücher von Philip Ardagh illustriert hat: Sie zeigen Szenen aus den Kurzgeschichten und unterstreichen die gespenstische Atmosphäre vortrefflich.
Fazit:
9/15 – Das Buch besticht durch seine schaurig-schöne Gruselatmosphäre, hat aber bei den Geschichten, die Montague erzählt, einige Schwächen, die das Vergnügen trüben.
Inhalt:
Auf dem Nachhauseweg von einem Club wird Zoë auf der Straße angegriffen. Von wem, weiß sie nicht – ein Blackout hat ihr Gedächtnis gelöscht. Doch an ihren Händen klebt fremdes Blut. Der gut aussehende Gil, den sie aus der Szene kennt, ahnt, dass etwas Unheimliches mit ihr vorgeht: In Zoë schlummert das Erbe der Panthera, eines uralten Volkes, das unerkannt unter den Menschen lebt. Aber sie ist nicht die Einzige ihrer Art, die von ihrer Raubtiernatur getrieben die Straßen der nächtlichen Metropole durchstreift …
Kommentar:
Als Gil die junge Zoë beim Tanzen in einem Club beobachtet, ist ihm sofort klar, dass sie eine von ihnen ist: eine Angehörige des Volks der Katzenmenschen. Er ahnt, dass sie in Gefahr schwebt, und weil er sich sehr zu ihr hingezogen fühlt, geleitet er sie unbemerkt nach Hause. Tatsächlich verhindert er einen Angriff auf sie und bezieht eine böse Tracht Prügel. Nicht viel später ist Zoës Angreifer tot – und er soll nicht der einzige tote Katzenmensch bleiben: In der Stadt geht ein Mörder um, der es auf die Panthera abgesehen zu haben scheint. Gil versucht verzweifelt, Zoë zu beschützen, doch dann gerät das Mädchen selbst unter Verdacht.
Der Grundgedanke des Buches ist klasse, die Umsetzung aber nur zum Teil überzeugend. Gut gelungen sind die Ideen zu den Panthera, die Jagd nach dem Mörder und die Auflösung der Krimihandlung, die einige unvorhersehbare Überraschungen bietet. Problematisch hingegen ist der Aufbau der Geschichte: Zunächst ist vollkommen unklar, worum es eigentlich geht, denn man erhält nur sporadische Informationen über das Volk der Panthera, die im Mittelpunkt des Buches stehen. Einen entscheidenden Teil der Handlung macht die sukzessive und teils bemüht rätselhaft wirkende Aufdeckung der Lebensweise und Geschichte der Art aus, und bis das Bild der Katzenmenschen einigermaßen klare Konturen annimmt, kann man vielfach weder Vorgänge, Dialoginhalte noch Verhaltensweisen einordnen. Der eine oder andere mag gerne im Dunklen tappen, eigene Theorien entwickeln und Spannung daraus beziehen; mich persönlich langweilt und nervt ein Buch schnell, wenn ich den Gesamtzusammenhang nicht wenigstens einigermaßen erfassen und Ereignisse verstehen kann.
Hinzu kommt, dass ich – wie schon bei der Totenbraut – mit Blazons Figuren nicht recht warm werde: Sie wirken sehr nüchtern und irgendwie leblos. Besonders Gil blieb mir fremd und war mir schlicht zu weinerlich. Was ihm an Stärke fehlt, hat Zoë im Übermaß. Sie wirkt geradezu unbesiegbar, akzeptiert ihre Zugehörigkeit zur Art der Panthera völlig selbstverständlich und hat natürlich auch noch außergewöhnliche Begabungen. Die Liebesbeziehung zwischen den beiden Protagonisten, die im Backcovertext so prominent betont wird, verläuft ziemlich unspektakulär, es mangelt an Emotionaltät. Spannung in die Beziehung zwischen Zoë und Gil bringt am ehesten noch der etwas undurchsichtige Irves, ebenfalls ein Panthera, denn auch er fühlt sich zu dem Mädchen hingezogen – und ist darüber hinaus die interessanteste Figur des Buches.
Atmosphärisch ist der Roman ausgesprochen gut gelungen, ebenso ist Blazons Schreibstil wirklich sehr ansprechend. Ungewöhnlich ist, dass Zoë und Gil die Geschichte abwechselnd aus der Ich-Perspektive erzählen – man findet sich aber dennoch problemlos zurecht, da jeweils eine andere Typografie für die unterschiedlichen Sichtweisen gewählt wurde.
Fazit:
9/15 – Trotz aller guten Ansätze kann das Buch nicht restlos überzeugen. Der Aufbau, der einen lange im Dunklen tappen lässt, und die wenig mitreißenden, etwas hölzern wirkenden Hauptfiguren können die tollen Ideen zum Volk der Panthera nicht aufwiegen.
|
Neueste Kommentare