Serafina mag manchmal schwer von Begriff sein, dass Aiden sich tags zuvor allerdings emotional schlagartig von ihr zurückgezogen hat, ist selbst ihr klar. Man verständigt sich nun auf dem Niveau höflicher Liebenswürdigkeit und geht schließlich gemeinsam in die Kirche. Die durchtriebene Charlotte lässt sich von Duke Raffi ins Gotteshaus tragen und nutzt die Gunst der Stunde, mal schnell ins Reich der Sexphantasien zu entschwinden. Während der Rest der Bande inbrünstig betet, reflektiert die (einstige) Moralapostelin über ihre Erlebnisse mit Frederick, und wir erfahren, dass Masseur Frederick ihr gestern Nachmittag und heute Morgen schon wieder ungeahnte Lust bereitet hat. Seinem Betteln, ihn in ihr Heiligtum zu lassen, hat sie aber heroisch widerstanden, immerhin hatte sie aber einen kleinen Trost für den bettelnden und keuchenden Bediensteten:
Sie hatte dem armen Jungen stattdessen huldvoll gewährt, sie mit dem Mund zu befriedigen, und er hatte mit seiner Zunge so hungrig an ihr geleckt wie ein Hund an einem saftigen Fleischknochen.
Ach du liebe Zeit, das ist ja ein wahrlich wunderbarer Vergleich. Ob Charlotte irgendwie pervers ist? Es steht jedenfalls zu hoffen, dass sich Raffi in der Hochzeitsnacht, von der Charlotte träumt, weniger hündisch benimmt als der omnipotente Dienstbote.
Direkt im Anschluss an den Kirchenbesuch befindet sich die komplett Delaware-Sippschaft urplötzlich in London, wo sie in Raffis Stadthaus ihr Lager aufschlagen. Es passiert erst mal nix, außer dass Aiden ein schlechtes Gewissen hat, weil er so grob zu seiner Gattin war; er beharrt aber dennoch darauf, dass er sie nicht an sich heranlassen darf. Serafina leidet deshalb und fürchtet außerdem, ihr Mann könne herausfinden, dass sie Raffi näher kennt. (Ihr erinnert euch?! Er hat sie in Etikette unterwiesen.) Was soll ich um den heißen Brei herumreden – natürlich findet Aiden es tatsächlich heraus. Und Aiden wäre nicht Aiden, wenn er daraufhin nicht eine wilde Verschwörungstheorie bzgl. Serafinas plötzlicher Bereitschaft, doch Sex mit ihm zu haben, entwickeln würde.
Hatte Serafina sich ihm nur hingegeben, damit er die Vaterschaft eines Kindes nicht anzweifeln konnte, das in acht oder neun Monaten zur Welt kommen würde? Vielleicht war sogar ihr Sturz vom Pferd gar kein Unfall gewesen, sondern der Versuch, das Kind loszuwerden, das sie von ihrem Geliebten erwartete.
Beeindruckend, was man sich so zusammenreimen kann. Er redet sich zwar direkt wieder aus, was er sich da so zusammengesponnen hat, aber die Saat ist gesät! *händereib*
Es dauert nicht lange, bis sein Wissen aus Aiden herausbricht, und er sagt seiner nicht mehr ganz so glorreichen Fee auf den Kopf zu, dass sie Rafe ja wohl näher kennt. Sie bestreitet natürlich alles, doch da sie bekanntermaßen eine schlechte Lügnerin ist, sieht Aiden seinen Verdacht bestätigt und ist erst recht eifersüchtig. Auf einem Ball nicht viel später ergibt sich dann endlich Gelegenheit für Serafina, Rafe nach draußen zu lotsen, um dort mit ihm darüber zu reden, dass Aiden etwas ahnt. Blöd nur, dass ausgerechnet Charlotte dieses Gespräch belauscht, dessen Verlauf so typisch für hassenswerte missverständnisbasierte Bücher ist:
Mit Grauen beobachtete Charlotte, dass Raphael Serafina in die Arme nahm. »Regen Sie sich nicht auf. Von Betrug kann wirklich keine Rede sein. Sie wollten doch nur lernen, ihm eine gute Ehefrau zu sein.«
Worum sonst könnte bitte es bei diesem Gespräch gehen als um Unterricht in Sachen Liebe? Das muss man einfach falsch verstehen, ob man will oder nicht. Ganz besonders aber, wenn man in sexuellen Fantasien gefangen ist wie Charlotte, die ja jetzt in London auch noch auf Dienste des Meistermasseurs Frederick verzichten muss. *augenroll*
Aber es kommt noch viel schlimmer, denn um Charlotte so RICHTIG aufzustacheln, kriegt sie anschließend auch noch den Wahrheitsgehalt des Sprichworts »Der Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand’« zu spüren. Serafinas und Raffis Gespräch ist nämlich inzwischen zum Thema wahre Liebe und Hochzeit abgeschweift, und auf Seras Einwand, Rafe hätte bestimmt Charlotte geheiratet, wenn der schreckliche Unfall nicht gewesen wäre, antwortet der Herzog:
»Charlotte? Sind sie verrückt? Ich würde Charlotte nicht einmal heiraten, wenn sie die einzige Frau mit gesunden Gliedmaßen auf Gottes weitem Erden wäre. Sie ist ein richtiger Drachen, und sie würde mir mit ihrem ständigen Gerede über gesellschaftliche Pflichten das Leben zur Hölle machen, ganz zu schwiegen von ihrem religiösen Wahn.«
Au wei. Das ist bitter! Kein Wunder, dass Charlotte wutentbrannt davonrollert und Rachepläne schmiedet. Ich fürchte, sie wird zu neuen Höhen aufsteigen!
Nicht viel später stellt sie Serafina erst mal Aidens ehemalige Geliebte Harriet vor, die die hilflose Waldnymphe erst mal richtig gekonnt demütigt. Das ruft wiederum Aiden auf den Plan, der sich zwar selbst seiner Frau gegenüber mehr als rüpelhaft benimmt, aber das heißt ja noch lange nicht, dass das anderen Leuten ebenfalls zusteht. Deshalb schmeißt er die Unfrieden stiftende Ex direkt wieder raus – nicht ohne dass sie ihm dankenswerterweise zur Erkenntnis verhilft, dass er sie nie geliebt hat. Im Gegensatz zu Titafina. Mit diesem erschreckenden Eingeständnis, das Aiden allerdings nicht recht wahrhaben will, ist wieder ein Kapitel geschafft.
Noch am gleichen Abend, nach Ende des Balls, tritt die bösartige Charlotte in Aktion und eröffnet ihrem Bruder – vermeintlich schweren Herzens – von dem Gespräch zwischen Raphael und Serafina, das sie belauscht hat:
»Warum zwingst du mich, es auszusprechen? Sie haben … sie haben Unzucht getrieben.« Schluchzend vergrub sie ihr Gesicht in den Händen. […] Serafina glaubt, du wüsstest Bescheid, und sie hat Angst … Und Raphael – armer Raphael … diese Hure hat ihn zur Sünde verführt.«
Ja, armer Raphael. Wenn du Glück hast, schließt die falsche Schlange liebreizende Lottie dich in ihre Gebete ein!
Natürlich glaubt Aiden ihr aufs Wort, schließlich hatte er auch schon einen Verdacht und überhaupt ist Charlotte viel zu unschuldig, um sowas einfach zu erfinden. Er flüchtet erst mal aus dem Haus und während er sonst was treibt, überredet Charlotte Serafina, London den Rücken zu kehren und mit ihr nach Townsend zurückzukehren. Doof wie Serafina ist, überlässt sie es Charlotte, Aiden die Abreise per Brief zu erklären – was die natürlich NICHT tut.
Stattdessen muss sie, zurück auf dem Land, von Charlotte erfahren, dass diese das verdächtige Gespräch zwischen Sera und Raffi belauscht und auf direktem Wege Aiden davon berichtet hat. Allerdings versteht Serafina nicht so richtig, was Charlotte ihr da vorwirft, denn sie hat ja schließlich keine Sünde begangen. Die beiden zicken sich also mächtig an und es kommt schließlich zum Eklat:
Red nicht in diesem gönnerhaften Ton mit mir, du Hure von Babylon. Du dachtest, du könntest alles an dich reißen – Townsend, Aiden, sogar Raphael. Nun, meine Teure, du bist ertappt worden, und Aiden weiß jetzt, dass du während seiner Abwesenheit mit seinem Vetter gesündigt hast.«
Das war jetzt deutlich genug, dass auch die Unschuld vom Lande es versteht. Doch sie beschließt, um Aiden zu kämpfen und sich nicht von Charlotte vertreiben zu lassen. Sehr löblich!
Derweil stellt Aiden Raffi in London zur Rede und einige alberne Missverständnisse später beginnt er doch am Wahrheitsgehalt von Charlottes Bericht zu zweifeln. Da ist allerdings noch dieser Brief, den Charlotte in Serafinchens Namen geschrieben hat:
»Deine Frau kam heute morgen völlig verstört zu mir. Sie beichtete mir ihre Sünden gegen Gott und gegen dich und bat mich, sie nach Townsend zu bringen. Sie lässt dir sagen, dass sie ihren Ehebruch tief bereut, aber genau weißt, dass du ihr nie verzeihen willst. Se hat die Absicht, nach Clwydd zurückzukehren und dort den Rest ihres Lebens Buße zu tun.«
Raffi, nicht blöd – er ist ja immerhin Herzog! –, erkennt natürlich augenblicklich, dass das hinten und vorne nicht passt, weil Titafina, die Waldnymphe, ja schließlich eine Heidin ist und insofern mit nem christlichen Gott nichts am Hut hat – ganz im Gegensatz zur fiesen Charlotte. Nachdem das geklärt ist, beschließen die beiden Schnellchecker, am nächsten Tag im Morgengrauen ausgeruht nach Townsend aufzubrechen und die Sache ein für alle Mal zu klären.
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Katherine Kingsley: Im Schatten des Windes
(OT: In the Wake of the Wind)
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Warum hab ich jetzt in der letzten Zeile bloß „MorgengrauSen“ statt „Morgengrauen“ gelesen? Freudscher Verleser, hm?
Da dachte ich, die Sache könnte nach der Fahnenstange nicht mehr schlimmer werden – und habe mich doch so sehr geirrt!
Immerhin ist Raffi noch einigermaßen bei Verstand … oder so … naja, zusammen scheinen die beiden Männer manchmal einen Geistesblitz zu haben …
Das Buch bereitet mir Kopfschmerzen … *eeks*
Evi: Das klingt in der Tat verdächtig nach nem Freudschen Verleser! *lach*
Winterkatze: Raffi scheint in diesem Buch wirklich mit Abstand die vernünftigste Figur zu sein – auch wenn das nicht viel heißt! :D
Eine Folge gibts noch, übrigens, dann haben wirs geschafft! *jubel*
Nur noch eine Folge? Wie sollen denn da all diese unglaublichen Verwicklungen aufgelöst und ein HappyEnd beigeführt werden?! *g*
Ein bisschen neidisch bin ich ja, ich habe gerade festgestellt, dass ich mit meinem „Kapitelweise“ gerade erst auf Seite 97 (von 413!) bin.
Hm … was präsentierst du uns denn als nächstes? *gieriges Wesen*
Du hoffst doch nicht ernsthaft auf eine sinnvolle Auflösung dieses Unsinns, oder?! *kicher*
97 von 413?! Da haste ja noch ganz schön was vor dir, oha! Ehrlich gesagt: Ich bin jetzt wirklich froh, wenn ich Serafina und die Bagage hinter mir lassen kann. Insofern werd ich danach erst mal Unsinn-lesen-Pause einlegen.
Äh … aber natürlich! *versucht einen überzeugten Blick aufzusetzen* ;)
Da ich mein „Kapitelweise“ in der Regel alle 14 Tage schreibe (und dann halt für zwei Freitage), finde ich es noch nicht so schrecklich. Ich weiß ja, dass noch viele Wendungen kommen werden, mit denen ich euch erfreuen kann! Auch Declan bekommt weitere wichtige Szene! *dumdidum*
Oh je…diese Gestalten haben Glück, daß sie nicht plötzlich lebendig werden und vor dir stehen, nicht? Die heutige Folge von „Unsinn lesen…“ hört sich nämlich an, als ob du sie dann würgen würdest ;-)
Da könnteste Recht haben, Susi! *lach* Das wird aber auch alles zunehmend unerträglich! Ein gewisses Maß an Schwachsinnigkeit ist ja lustig, aber irgendwann reichts dann!
Hm, Charlotte ist eine Hexe, die Adam und Sarah schon das Leben im letzten Leben schwer gemacht hat und wird gerechterweise im letzten Kapitel in Flammen aufgehen? Und Aiden und Serafina drehen sich dreimal im Kreis, dann sind sie wieder Adam und Sarah und leben glücklich und zufrieden in ihrem Königreich bis ans Ende? Oder kriegt Charlotte den Frederic und lebt mit den happy zusammen? Und der schmucke Raffi kriegt das Dienstmädchen? Oder die Tante, die sich in eine junge Frau verwandelt? Fragen über Fragen!