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[Unsinn lesen mit Irina] Im Schatten des Windes, Vol. 2

So, endlich kommt der zweite Teil von »Unsinn lesen«, Teil 1 findet man hier.

Vier Tage später, nachdem Hab und Gut endlich gepackt sind, geht es per Kutsche auf in ein neues Leben. Serafinas Gedanken kreisen nach wie vor unentwegt um die Ereignisse in der Hochzeitsnacht, aber auch um ihr Äußeres. Ihr ist nämlich siedend heiß eingefallen, dass sie mager ist, ihre Augen eine komische Farbe haben, der Nasenrücken viel zu breit, der Mund viel zu groß und ein Vorderzahn schief ist. Voller Sorge befragt sie Tinkerby, dessen Status irgendwo zwischen Dienstbote und väterlicher Freund zu liegen scheint, zum ganzen Ausmaß ihrer Unansehnlichkeit. Tinkerby, die Diplomatie in Person, versichert mehr oder weniger glaubhaft, dass sie zwar ein furchtbar hässliches Kind war, ihr Gesicht inzwischen aber an Reiz gewonnen hat und sie nicht mehr ausgemergelt, sondern nur sehr schlank ist. Er wirkt nur ein klitzekleines bisschen bemüht, nicht zuletzt, weil er im gleichen Atemzug berichtet, schließlich auch seine Frau geliebt zu haben, obwohl sie – seiner Beschreibung nach – ziemlich schauderhaft ausgesehen haben muss. Verständlicherweise ist das der selbstkritischen Serafina keine echte Aufmunterung, ebenso wenig wie die Versicherung, dass sie vielleicht nicht so schön sei wie die Statuen in Kensington Gardens, aber Charakter habe. Charakter! Das dürfte wohl die durchsichtigste Beschönigung aller Zeiten sein! Weil Serafina aber nun mal ein sonniges Gemüt hat, tröstet sie sich mit dem Gedanken, dass ihr Aussehen gar nicht so wichtig sein wird! Aidan liebt sie schließlich, so wie sie ihn liebt – und diese große Liebe kann ihnen niemand nehmen. (Hoffentlich weiß Aidan das auch!)

Die Reise zum Verlobten muss nachmittags unterbrochen werden, weil Tante Elspeth auf ihren täglichen dreistündigen Mittagsschlaf besteht. Serafina unternimmt derweil einen kleinen Waldspaziergang, stillt an einem kleinen plätschernden Bächlein ihren Durst, planscht fröhlich und flicht debil summend einen Kranz aus Waldblumen. So gekrönt, legt sie sich im weichen Moos nieder und schläft ein.

Der wegen der Zwangshochzeit immer noch wütende Aidan begibt sich unterdessen auf einen Ausritt in den Wald, in dem er einst mit Feen redete, von längst vergangenen Zeiten träumte und sich vorstellte, König Artus – notfalls auch Lanzelot oder Gawain – zu sein. Die Vöglein zwitschern, und ein Bächlein plätschert fröhlich … Moooment! Ein Bächlein? Welch Überraschung, es ist das gleiche Bächlein, neben dem sich Serafina zur Ruhe gebettet hat. Folgerichtig stößt Aidan also auf die blumenbekränzte Schlafende, hält sie allerdings für tot. Ist sie aber nicht, sie ist äußerst lebendig und schaut ihn aus hellgrünen, mit langen dunklen Wimpern umrahmten Augen und mit leicht geöffneten rosigen Lippen an. Schlauberger Aidan weiß natürlich augenblicklich, mit wem er es zu tun hat: mit Titania, der Feenkönigin! (Mir fehlen gerade ein paar Smilies, um meinen Gedanken zu diesem Humbug deutlich Ausdruck zu verleihen!) Da er sich, wie wir gerade erfahren haben, schon früher mit Feen unterhalten hat und das für ihn somit nichts Besonderes ist, fordert er zu wissen, wieso sie sich ohne Anstandsdame, die sie vor Schurken wie ihm beschützen müsste, im Wald herumtreibt.

Tita-fina ist augenblicklich fasziniert. Voller Begeisterung platzt sie damit heraus, dass sie schon immer wissen wollte, wie ein Schurke aussieht und dass der schöne Fremde einen wunderbaren Schurken abgibt, auch wenn sie keine Angst vor ihm hat. Wenig verwunderlich hat Aidan daraufhin ziemlich schurkische Gedanken, die mit Schwanenhälsen und Rosenlippen zu tun haben, doch Serafina nimmt ihm direkt die Butter vom Brot, indem sie ihm verkündet, dass er überhaupt kein Interesse haben könnte, sie zu verführen, weil er sie ja nicht liebe. Nicht ganz zu Unrecht stellt Aidan fest, dass das Rosenlippenmädchen ein ziemliches Unschuldslamm ist, wenn sie glaubt, dass es für Verführung Liebe bräuchte, doch die personifizierte Altklugheit lässt sich nicht beirren, schließlich heißt es ja auch Liebesspiele. Durchschlagendes Argument, ohne Frage! Und wo die Gute gerade schon dabei ist und die Tante ihren Fragen immer ausweicht, kommt ihr die grandiose Idee, sich von diesem welterfahrenen Schurken aufklären zu lassen. Klar, warum auch nicht. Mich wundert gar nix mehr.

Aidan offenbar auch nicht. Er befindet sich irgendwo zwischen Belustigung und verzehrendem Begehren und ist selbstverständlich gerne bereit, seiner Titania zu erklären, wie die Sache vor sich geht: »Der Mann schiebt jenen Körperteil, der ihn zum Mann macht, in jenen Körperteil der Frau, der sie zur Frau macht« (S. 50). Ah ja. Sehr hilfreich, da kann man sich doch mal wirklich was drunter vorstellen, vor allem wenn man von nichts ne Ahnung hat, so wie Serafina. Erstaunlicherweise verzichtet der Aufklärer auf eine Demonstration zur Veranschaulichung seiner so anschaulichen Erklärungen, er ist also wohl doch nicht ganz so schurkisch wie er zu sein behauptet, obwohl er selbst sich in diesem Augenblick wahnsinnig ruchlos vorkommt. Nachdem auch Serafinas Frage geklärt ist, ob Mann und Frau sich zur Durchführung des Sexualakts ausziehen, warnt der gewissenhafte Aidan sie noch vor ungewollten Schwangerschaften, während er erneut von ihrer Schönheit überwältigt ist.

Spätestens jetzt dämmert es auch der unaufmerksamsten Leserin: Irgendwas stimmt hier nicht. Schönheit? Serafina? War vorhin nicht immer wieder die Rede von ihrer Verschrobenheit, Hässlichkeit? Ist Aidan mit Blindheit geschlagen? Ist Serafina vielleicht wirklich eine Fee, die Aidan verzaubert hat? Oder wurde Serafinas vermeintliche Unattraktivität etwa die ganze Zeit über extra so betont wurde, um uns – welch grandioser Kniff – auf die falsche Fährte zu führen?! Wir wissen es nicht, werden es aber sicher irgendwann erfahren, wenn Aidan mal weniger melodramatisch ist als in diesem Moment, wo er unheilvoll verkündet, ihm werde am folgenden Tag die Schlinge um den Hals gelegt.

Klar, dass die weichherzige Serafina keinen Sinn für seine Metaphern hat und fast in Tränen ausbricht, weil sie glaubt, er werde gehängt. Passt ja irgendwie auch, schließlich ist er ein Schurke. Aidan, gerührt von ihrer Sorge, platzt daraufhin mit der Geschichte über seine arrangierte Ehe heraus, die sich ihm aber gänzlich anders darstellt als ihr. Dabei versäumt er natürlich auch nicht, sie als Hexe zu bezeichnen, die die Situation ausnutzt und die er immer verabscheuen wird bis zu ihrem – hoffentlich frühen Tod. Die herzensgute Serafina ist natürlich ganz schön entsetzt über so eine Einstellung und hält ihm, lebenserfahren wie sie nun mal ist, einen Vortrag über die wahre Liebe. Aidan, der Pragmatiker, bewundert derweil ihre Wangen, »deren Farbton an die Innenseite karibischer Muscheln« erinnern, schwarzmalt vor sich hin und küsst seine Titiania schließlich zum Abschied, wahrscheinlich, um ihr noch mal in Erinnerung zu rufen, wie schurkisch er ist und wie gefährlich Spaziergänge im Wald ohne Anstandsdame sind. Mit dieser ereignisreichen Szene ist ja schon mal ein guter Grundstein fürs spätere Zusammentreffen der beiden gelegt – ich freu mich schon sehr drauf!

5 Kommentare zu [Unsinn lesen mit Irina] Im Schatten des Windes, Vol. 2

  • Ohohoh … Titania! Und rosige Muschelbacken! Und unschurkische Schurken! So ein Zufall mit Bächlein und Feeeen und schlafenden Schönheiten und … ähm … ja, das ist schon sehr praktisch für eine romantische Autorin!

    Ich bin hingerissen! Allerdings wohl eher von deiner Version der Geschichte … ;)

  • Es klingt einfach nur richtig widerwärtig :S Aber jetzt bin ich doch gespannt, was passiert, wenn er erfährt, dass seine Titanie zugleich die Hexe ist ^^

  • Ich weiß ja nicht, was die Autorin beim Schreiben dieses Buchs geraucht hat, aber es war sicherlich nichts, was man im Supermarkt kaufen kann…tja und jetzt muß ich unbedingt noch mal die Geschichte von der Feenkönigin Titania und ihrer allgegenwärtigen Begleiterin, der Anstandsdame, heraussuchen.

  • Hat die Frau das denn gar nicht kapiert, dass er von ihr redet? Also irgendwie… *an stirn tipp* Vielleicht ist die gute Frau ja aber auch gar nicht so hässlich, sondern nur unheeeeimlich bescheiden. *höhö* Vieleicht war die Blumenkone auch einfach nur sehr groß… oder aus den falschen Pflanzen.

  • @Holly: Nein, sie hat nicht die geringste Idee, dass sie gemeint sein könnte. Wahrscheinlich hat sie aber auch gar nicht richtig zugehört, weil sie mal wieder über ihre Hochzeitsnacht nachgedacht hat. :D

    @SusiB: Wenn du rausfindest, wo es das Zeug zu rauchen gibt, sag Bescheid! *g*

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