Nach einer längeren Serafina-Auszeit, die infolge meiner großen Enttäuschung einfach nötig war, gehts nun endlich weiter mit Serafinas aufsehenserregenden Erlebnissen. Ich hab mich (und euch) schließlich nicht so lange gequält, um kurz vor dem sicher spektakulären Ende die Segel zu streichen! Um eure Erinnerung aufzufrischen, was zuletzt geschah: »Es« war endlich passiert.
Am Morgen nach ihrer aufsehenserregend tollen Entjungferungsnacht, die Serafina schlagartig alle Fahnenstangen und Blutbäder hat vergessen lassen, muss erst mal geklärt werden, wer zum Teufel denn nun eigentlich besagter Adam ist, der Serafina in ihrem Traum zum Schreien veranlasst hat. Serafina redet sich mehr oder weniger geschickt raus und beschließt, Fantasiegestalt Adam sofort aus ihrem Leben zu verbannen, zumal Aiden ohnehin besser im Bett ist als ihr Traumlover. Unvergleichlich gut sogar, weshalb sie ihm ein unwiderstehliches Angebot macht:
»Du kannst mich entjungfern, wann immer du willst«
Aiden nimmt die Einladung gerne an und knöpft sich anschließend erst mal Elspeth vor, um mit ihr ein ernstes Wörtchen über ihre wenig zielführende Aufklärungsarbeit und vor allem diesen geheimnisumwobenen Adams zu reden. Zu seinem Entsetzen muss er entdecken, dass sie viel schlimmer ist, als er bislang angenommen hat und sogar einen Besen besitzt, der griffbereit neben ihrem Altar lehnt, während sie gerade ein Ritual durchführt. (Die Option, dass sie vielleicht einfach nach dem Zauber den Dreck wegfegen will, lässt er natürlich völlig außer Acht!) Das Gespräch mit der alten Hexe fördert jedenfalls – wen wundert’s?! – wenig Erhellendes zutage; wie nicht anders zu erwarten war, sind vernünftige Gespräche mit dieser Frau völlig unmöglich. Immerhin erfährt Aiden, dass ein bedeutender Tag ist: Sommersonnenwende. Nicht, dass es ihn interessieren würde, aber er nimmt es mit stoischer Gelassenheit zur Kenntnis.
Derweil lässt sich Charlotte mal wieder von Frederick massieren und schmiedet Pläne. Sie ist nämlich auf wundersame Weise von ihrer Querschnittslähmung genesen und malt sich aus, wie sie Duke Raffi damit überrascht, einfach aus dem Rollstuhl aufzustehen. Dann kann sie den Herzog auch endlich heiraten und alle möglichen verruchten Dinge mit ihm tun, die ihre Fantasie ihr so einflüstert, seit alle um sie herum der Sünde frönen. Dummerweise lenkt die Massage ihrer Oberschenkel sie ziemlich ab, und schließlich kann sie der Versuchung durch den fingerfertigen Masseur nicht mehr länger widerstehen.
Sie spreizte ihre Beine, um Frederick zu zeigen, dass er sich weiter vorwagen durfte. […] »Ich will, dass du mich an jener Stelle massierst, Frederick.« […]
Charlotte wusste, dass sie im Begriff stand, eine schwere Sünde zu begehen, aber sie wollte endlich am eigenen Leibe erfahren, was körperliche Befriedigung bedeutete, und dieses Verlangen war stärker als alle Gebote der Moral.
Da schau an, die bibeltreue gottesfürchtige Charlotte vergisst ruckzuck die Gebote der Moral! Sodom und Gomorrha!
Nicht ahnend, welch ungehörige Dinge in diesem sündhaften Haus vor sich gehen, besucht Serafinchen ihren Liebsten in seinem Arbeitszimmer. Nach Diskussionen über Seras überwältigende Schönheit (»Ich bin nicht schön!« – »Doch, du bist die schönste Frau, die ich jeeeee gesehen habe!« – »Aber ich hab nen schiefen Vorderzahn!« – »Der macht dich noch viel schöner!« – »Das sagst du nur, um mich zu trösten!« *rhabarberrhabarber*) und weltbewegenden Gedanken über die Liebe, kommt man wie zufällig auf Reinkarnation zu sprechen. Im Gegensatz zum skeptischen Aiden ist Serafina Feuer und Flamme bei diesem Thema:
»Die Idee der Reinkarnation hat nichts Unchristliches an sich, und Gott ist bestimmt nicht so engstirnig wie du, Aiden Delaware. Schließlich hat Er auch die Pflanzen erschaffen, die jeden Herbst sterben und im nächsten Frühling wiedergeboren werden. Warum sollte das bei Menschen anders sein?«
Tja, wer hätte dieser Logik etwas entgegenzusetzen? Aiden jedenfalls nicht, weshalb er bemerkt, dass ihm Reinkarnation (und augenscheinlich auch die Diskussion darüber) viel zu anstrengend wäre. Er drückt Serafina ein Buch über die Schifffahrt seit dem Bronzezeitalter in die Hand, damit sie Ruhe gibt – ahnt aber ja gar nicht, was er damit wieder anrichtet. Sie stößt nämlich auf einen Kupferstich der Stadt Kyrenia – eben dieser Stadt, in der sie als Sarah mit Adam vögelt Hof hält. Vor lauter Schreck wird sie ohnmächtig. Nicht, dass ich den Grund verstehen würde … Serafina halt.
Kaum ist sie von ihrer Ohnmacht erwacht, pirscht sie sich – um ihren Verstand fürchtend (wer wollte es ihr verübeln, vor allem in Anbetracht der folgenden Ereignisse) – im Nachthemd aus dem Haus und in die Nacht hinaus, wo sie neben einem majestätischen Baum niederkniet und die Urmutter anruft:
»Gütige Göttin, Königin der Götter, Licht der Nacht, Mutter der Menschen, Geliebte des gehörnten Gottes, Beschützerin aller Hexen – ich bitte dich, schick mir einen Mondstrahl deiner Macht und Weisheit!«
Serafina muss ganz schön zappen, denn die angerufene Multifunktionsgöttin lässt sich ganz schön bitten; schließlich hat sie aber doch Erbarmen.
Serafina weinte, bis sie keine Tränen mehr hatte, bis sie nur noch ein leeres Gefäß war. Und dann hörte sie die Stimme, ganz klar und deutlich, und diese Stimme hüllte sie wie ein Schutzmantel ein.
»Beruhige dich, mein Kind, und sei guten Mutes, denn du wandelst auf dem Pfad der Wahrheit. […] Ich bin es, die durch die Jahrhunderte zu dir spricht, die dich immer leitet und nährt«, intonierte die Stimme. »Ich erlege dir keine Bürde auf, die du nicht tragen kannst. Ich hebe dir kein Wissen, das über deine Kräfte ginge. Such nach der Wahrheit, mein Kind. Such nach der Wahrheit und wisse, dass ich sie dir bringe. Folge deinem Herzen. Folge stets deinem Herzen, dann wirst du die Wahrheit erkennen.«
Eh …?! Mich persönlich würde dieses undurchsichtige Geschwafel ja nicht wirklich beruhigen, aber bei Serafina klappts selbstverständlich vorzüglich. Sie ist frohgemut, weil sie gesegnet wurde und alles gut wird. Na dann!
Nicht viel später findet Aiden seine Waldnymphe am Teich neben einer alten Eiche. Und wer auch immer glaubte, dass die Story nicht mehr abgedrehter werden kann, wird nun eines besseren belehrt.
Das Gesicht zum Sternenhimmel emporgewandt und mit ausgebreiteten Armen, sang sie eine betörende Melodie die er noch nie gehört hatte, deren überirdische Schönheit ihn aber tief berührte. Und dann begann sie zu tanzen, wobei ihre nackten Füße das Gras kaum zu berühren schienen – eine echte Feenkönigin!
Aiden glaubte, einem Sirenengesang zu lauschen – oder der Sphärenharmonie. In diesem Moment außerhalb von Raum und Zeit war die Einsamkeit für immer gebannt, gab es nichts mehr außer Serafina und ihm, irgendwo zwischen Himmel und Erde. Er hatte das Gefühl, als wären sie schon immer hier gewesen, überflutet vom warmen Sternenlicht. Der Strom der Zeit wird rückwärts fließen, zurück ins goldene Zeitalter …
Aiden schüttelte den Kopf und fuhr sich mit der Hand über die Augen, um seiner Sinne wieder mächtig zu werden, aber sie entzogen sich seiner Kontrolle.
Jaaaaaa, den Eindruck hab ich wohl auch, dass Aiden nicht ganz bei Sinnen ist – mir scheint, das ist von Serafina auf ihn übergesprungen! Ebenso naheliegend ist der Verdacht, dass die beiden infiziert wurden von einem finsteren Macht namens Catherine Kingsley, die nun ganz subtil auf die Menschheit einwirken und Wahnsinn verbreiten will!
Nun denn … Während Aidens wahres Leben verblasst und Serafina mit einem betörenden Lächeln seine ohnehin verwirrten Verstand gänzlich zum Aussetzen bringt, schweben ein weißer und ein schwarzer Schwan über den See, der Wind säuselt und die Nachtigallen jubilieren. Was böte sich bei so viel mühsam installiertem Romantikschnickschnack mehr an als eine Sexszene?! Nix. Und weil das wohl auch der Autorin klar ist, darf Aiden Titafina in einem packenden Zweikampf der Zungen besiegen und anschließend seine Fahnenstange seinen Dolch in ihr heißes williges Fleisch stoßen. Ich will gar nicht wissen, was mit dieser sensationellen Vereinigung wieder Schicksalhaftes in Gang gesetzt wurde, ahne aber angesichts der bedeutungsschwangeren Formulierungen Fürchterliches.
Er fühlte sich wie ein Gott, der zu seiner Göttin kommt, zur Göttin der Fruchtbarkeit, und er fühlte sich gleichzeitig wie Wind und Regen, wie Blitz und Donner, die einen Sturm der Leidenschaft entfesselten. […] So etwas hatte er noch nie erlebt, und wenn ihm noch gestern jemand gesagt hätte, dass es eine Ekstase gebe, an der man fast zu sterben glaubte, so hätte er nur gelacht. Doch nun fühlte er sich, als wäre er in tausend Stücke zerbrochen und neu zusammengefügt worden.
Leider bereitet die feengleiche Psychotante der mittsommermagischen Stimmung ein Ende, indem sie Aiden nach dem erhebenden Akt und ein wenige klassischem Liebesgeplänkel wegen seiner schweren Kindheit bemitleidet. Mit Mitleid kann Aiden nur leider überhaupt nicht umgehen, und er hat auch überhaupt keine Lust über Dinge zu sprechen, die er in seinem tiefsten Innern eingemauert hat. Wie man(n) das halt so macht, verschleiert Aiden seine verletzliche Seite also mit einer ordentlichen Portion Rupelhaftigkeit und fordert Serafina mit barschen Worten auf, sich anzuziehen. Das wars dann mit der schönen Stimmung. (Mir reichts aber auch für heute! Und ich muss jetzt erst mal recherchieren, was genau »Sphärenharmonie« ist.)
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Katherine Kingsley: Titel: Im Schatten des Windes (OT: In the Wake of the Wind)
Mehr Unsinn:
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Puh, uff. Dazu fällt mir nix mehr ein. Oder doch: 1. jemand sollte die Autorin endlich mal von Tabletten, Alkohol und sonstigen Drogen fernhalten (die gute Frau scheint ja die Amy Winehouse unter den Schriftstellern zu sein. Nur eben in unbegabt) und 2. wie in aller Welt hat sie es nur geschafft, daß dieses Buch veröffentlicht wurde? Kann Tante Elspeth etwa auch Literaturagenten und Verleger verhexen?
Und du bist sicher, dass es sich hier NICHT um eine Parodie handelt??
Tschuldigung schon, aber das wird ja immer abartiger! Kein Wunder, dass du eine längere Pause gebraucht hast ;-)
Susi: Über die Hexerei hatte ich auch nachgedacht. Ich glaub aber fast mehr daran, dass die Autorin irgendwas gegen den Verleger in der Hand hat …
Evi: Ich fürchte, es ist wirklich keine Parodie. Aber sicher kann man sich bei dem Schmarrn natürlich nicht sein! *g
„Ebenso naheliegend ist der Verdacht, dass die beiden infiziert wurden von einem finsteren Macht namens Catherine Kingsley, die nun ganz subtil auf die Menschheit einwirken und Wahnsinn verbreiten will!“
Und ich glaube, dass gegen diese Macht nur ein schön solider Ziegelstein hilft – ich bin mir nur nicht sicher, ob ich den mir oder der Autorin über den Kopf ziehen soll.
Kein Wunder, dass du dringend eine Auszeit benötigt hast, das Ganze wird ja mit jedem Kapitel schlimmer!
Dagegen ist ja sogar die Kavanagh eine qualitative Autorin!
Das würd ich jetzt aber nicht unterschreiben mit Kavanagh – immerhin sind Kingsleys Ideen … nun … ähm … innovativer! *lach*
Die Gute scheint sich übrigens inzwischen dem Jugendbuch-Genre zugewandt zu haben, ich hab gerade eine »addictive, scandalous and glamorous new fiction series for sophisticated teens« gefunden. Offenbar hatte niemand nen Ziegelstein zur Hand! ;)