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[Unsinn lesen mit Irina] Im Schatten des Windes, Vol. 9

[Früherer Unsinn: Vol. 1 | Vol. 2 | Vol. 3 | Vol. 4 | Vol. 5 | Vol. 6 | Vol. 7 | Vol. 8 ]

Nachdem Aiden außer Haus ist, ist endlich Zeit, sich ausgiebig des Themas Charlotte anzunehmen, die mit ihren langwierigen Vorträgen über Gott selbst der weichherzigen Serafina auf den Zeiger geht. Elpeth, die alte Druidin, ist natürlich erst recht genervt, aber sie verhält sich vernünftig – noch, zumindest.

Zum Glück hatte sie bisher aber darauf verzichtet, Charlotte mit Hilfe eines Zauberspruchs zum Schweigen zu bringen, denn ein solcher Versuch würde unweigerlich fehlschlagen und nur dazu führen, dass Charlotte doppelt so viel predigte wie jetzt.

Serafinas Vertrauen in Elsis Zauberfähigketen ist ja wirklich herzallerliebst … bei diesen düsteren Aussichten ist aber absolut verständlich, dass Elspeth den Versuch scheut. Interessant auch die Tatsache, dass sich Serafina allen Ernstes Aiden nach Hause wünscht. Zwar nur, damit er seiner Nervensägenschwester den Mund verbietet, aber das ist ja besser als nix!

Aiden ist aber nun mal nicht da – das hat Seratania nun davon! –, also muss sie selbst für ihr Wohl sorgen, denn so kanns einfach nicht weitergehen. Es geht ihr nämlich gar nicht gut.

Sie hatte schon völlig den Appetit verloren, und sie versteckte sich sogar in Kammern oder Wandschränken, sobald sie irgendwo Charlottes Rollstuhl hörte.«

Oh weh, das klingt ja fast manisch! Und Elpeth ist wie üblich auch keine Hilfe, die zieht es nämlich vor, sich die meiste Zeit in ihrem Zimmer zu verbarrikadieren und an irgendwelchen Zaubern bzw. Zaubertränken zu arbeitem. Schadet sicher auch nicht, Übung macht den Meister. Vielleicht klappts irgendwann doch noch mal mit nem Zauber gegen Charlottes Predigten.

Dann tritt aber uneingeladen der Duke of Southwell auf den Plan und beharrt darauf zu wissen, ob die begehrenswerte Feenkönigin glücklich ist. Rafe wird doch nicht etwa … eigene Absichten verfolgen?! Man stelle sich vor, Rafe macht sich an Sera ran – unter Charlottes Dach, in Aidens Schlafzimmer. Das wär lustig, ich fürchte nur, dass uns die Autorin so viel Fun nicht gönnt. Die Spaßbremse zieht es vor, uns mal wieder mit Diskussionen über Serafinas Aussehen zu langweilen (»Ich bin eine Vogelscheuche.« – »Aber nein, Sie sind doch keine Vogelscheuche!«) und das Aufeinandertreffen am Hochzeitstag aufzubereiten (»Sie waren fies zu mir.« – »Ja, aber hielt ich Sie auch für ein Scheusal. Das war aber soooowas von falsch!«). *augenroll*

Immerhin führt der Dialog dazu, dass die Schlaubergerin erkennt, dass Rafe sie doch nicht hasst, und dankbar für seine Anteilnahme bricht sie an seiner starken Schulter in Tränen aus. Als sie sich einigermaßen gefangen hat, macht ihr ihr mitleidiger neuer Freund ein unwiderstehliches Angebot: Er wird ihre Ausbildung übernehmen, bei sich Zuhause. Nur die beiden, ganz allein, die Dienerschaft ist diskret.

»Nun, Aiden kommt in frühestens drei Wochen zurück. Ich glaube, dass ich Ihnen in dieser Zeit das Wichtigste beibringen kann, was eine Gräfin wissen muss.«

*eek* Also bitte … wer ist denn jetzt hier der Schurke?! Sollte etwa doch … ?! Es beibt spannend!

Serafina wägt das Angebot eine Weile ab und kommt dann zu einem wenig überraschenden Entschluss.

»Ich kann nicht, Eure Herzogschaft, obwohl ich Ihre Freundlichkeit sehr zu schätzen weiß.« Sie wollte sich nicht noch lächerlicher machen, als es bisher schon der Fall gewesen war. Es würde Raphael nie gelingen, aus ihr eine Gräfin zu machen, auch wenn er sich noch so sehr bemühte.

Argh! Das Weib mit seinem überdimensionalen Minderwertigkeitskomplex und seiner seltsamen Prioritätensetzung geht mir wirklich auf den Wecker, aber sowas von!

Das Thema wird zunächst nicht weiter vertieft. Frau Kingsley geht erst mal dazu über, die Familienverhältnisse zu klären (Aiden und Raphael sind Vettern, weil – oh Wunder der Genealogie! – deren Mütter Kusinen waren) und auf Aidens beeindruckende Vernunft sowie seinen herausragenden Geschäftssinn aufmerksam zu machen. Serafina erfährt, dass Aiden keine Schuld am Verlust des Familienvermögens trifft, sondern seinen Vater, der eine törichte Entscheidung nach der anderen getroffen hat. Serafinas Reaktion darauf ist unvergleichlich.

»Oh, wie schlimm für Lord Delaware!«, rief Serafina mitleidig. »Aber Aiden hätte seinen Vater niemals wichtige Entscheidungen überlassen dürfen – nicht bei dessen Zustand.«

Faszinierend, oder? Serafinas mitleidiges Herz schlägt für alle, nur nicht für Aiden, den Erzschurken. Dabei bemüht sich Raffi doch so sehr, Aidens positive Eigenschaften herauszuarbeiten! Scheint verlorene Liebesmüh zu sein. Doch dann, auf Serafinas Argument, dass der Geist des armen Delaware umnebelt sei, raubt der Duke ihr alle schlechten Illusionen. Das blinde Huhn muss nämlich erfahren, dass ihr Schwiegervater zwar schon irgendwie nen umnebelten Geist hat, dass die Ursache dafür aber ein Übermaß an Alkohol und nicht Senilität ist. Es folgt – eine Beschwerde: Hätte ihr Aiden, der Sündenbock, ja auch mal sagen können!

»Hätte er Ihnen vielleicht unverblümt sagen sollen, sein Vater sei ein Säufer? Sie mussten an ihrem Hochzeitstag schon genug andere Schocks verkraften. Außerdem hoffte er wahrscheinlich, dass Sie von allein dahinterkommen würden, aber ich nehme fast an, dass Sie noch nie etwas mit Trunkenbolden zu tun hatten.«

Serafina und Erfahrung mit Trunkenbolden?! Also wirklich, woher denn! Höchstens die eine oder andere kleine Episode mit Schnapsdrossel Elspeth, aber das ist ja was anderes …

Die Mutter Teresa von Townsend Hall ist natürlich voll des Mitgefühls und nimmt sich fest vor, den verirrten Delaware auf den Pfad der Tugend zurückzuführen – was Charlotte ja übrigens auch schon längst mal hätte machen können. Aber vielleicht tu ich ihr Unrecht und sie hat es bereits erfolglos versucht, indem sie ihm aus der Bibel vorgelesen hat – vielleicht Wasser-zu-Wein-Verse, oder so. Serafinas Plan ist jedenfalls sicher besser: Sie will Delaware zur gemeinsamen Gartenarbeit animieren. Tolle Idee, ich bin beeindruckt. Körperliche Arbeit an der frischen Luft soll ja wahre Wunderdinge bewirken, auch für den Geist. Tragisch, dass es bei Sera nicht so recht zu klappen scheint.

Rafe ist ebenfalls begeistert von Mutter Titafinas Idee und weiht sie vor lauter Dankbarkeit in die tragische Familiengeschichte ein. Aidens Mutter ist nämlich bei der Geburt des Sohnes gestorben, woraufhin auch das Glück im Haus gestorben ist. Bitte eine Runde Mitgefühl, liebe Leser. Ihr müsst nicht gleich in Tränen der Anteilnahme ausbrechen, so wie Serafina, aber ein bisschen Schniefen und ein paar angemessene Oooohs und Aaahs dürfen schon sein! Nur nicht allzu sehr verausgaben, es kommt nämlich noch viel dramatischer! Nicht nur am Tod seiner Mutter ist der Unglücksrabe schuld, sondern auch noch an Charlottes Lähmung. Sie ist beim Versuch, Aidens durchgehendes Pony einzufangen, nämlich vom Pferd gestürzt und hat sich die Wirbelsäule gebrochen.

»Die arme Frau!« Serafina wurde von Mitleid überwältigt. »Trotzdem beklagt sie sich nie. Sie muss unglaublich stark und tapfer sein. Was für ein hartes Leben!«

Ich werde gleich von Wutschnauben überwältigt. Ein tragisches Schicksal macht die intrigante, bösartige Nölkuh auch nicht zu nem besseren Menschen! Aber lenken wir das Augenmerk zurück auf Aiden, für den Raffi immer noch eine Lanze zu brechen versucht.

»Ein leichtes Leben hatte auch Aiden nicht«, sagte Raphael ruhig. «Er fühlte sich verantwortlich für den Tod seiner Mutter und für den Unfall seiner Schwester, und sein Vater war keine Hilfe, sondern nur ein zusätzliche Belastung. Sein Leben muss manchmal die reinste Hölle gewesen sein.«

Ich hör Serafina schon abern und Argumente dafür finden, warum Aidan es nicht besser verdient hat. Es geschehen jedoch noch Zeichen und Wunder, sie bringt erstmals sowas wie Sympathie für ihren schicksalsgebeutelten Gatten auf – und nicht nur das, sondern darüber hinaus sogar Verständnis für seine Verbitterung beim Treffen im Wald. Damit ist die große Wende eingeläutet.

»Serafina fasste einen Entschluss. Sie selbst mochte noch so desillusioniert über diese Ehe sein, aber Aiden hatte ihren Zorn und ihre Verachtung nicht verdient, nicht nach allem, was sie soeben erfahren hatte. Wenn er eine richtige Gräfin zur Frau haben wollte, sollte er sie bekommen, wenn sie ihm schon nichts anderes geben konnte.«

Öhm … ich wüsste da schon noch was, was Serafina ihm geben könnte, worüber er sich sicher außerordentlich freuen würde … *mit der Fahnenstange wink* Na gut, aller Anfang ist schwer, jetzt nimmt die Einsichtige erst mal Unterricht im guten Betragen – dürfte harte Arbeit für Raffi werden.

6 Kommentare zu [Unsinn lesen mit Irina] Im Schatten des Windes, Vol. 9

  • Evi

    Das ist ja sooo furchtbar alles! Und ich meine jetzt nicht das Schicksal von Aiden und seiner lieben Familie…
    Ich frage mich wie lange du das noch durchhältst.
    Wieviele Seiten sinds denn noch?

  • Das Kapitel war wieder weeeeeeit spannender als das vorherige. Und wenn Serafinchen jetzt bei Raffi in die Schule geht, kanns noch mal lustig werden! *hoff*

    Wir sind erst bei der Hälfte, Evi! Ich wollte das Ganze jetzt ja mal etwas vorantreiben, aber ich habs nicht geschafft, weil ich beruflich so viel zu tun hatte.

  • Also so langsam fängt die arme Serafina an, mir leid zu tun. So ein junges, nicht besonders helles Mädchen, von einer verückten, Zaubertränke brauenden, Zoten reißenden Tante aufgezogen, heiratet plötzlich in die einzige Familie weit und breit ein, die noch bescheuerter ist als ihre eigene. Ihre Schwägerin ist eine durchgeknallte Betschwester, die Dienstboten sind krank, alt und/oder neurotisch und der frischangetraute Gatte hat einen Mega-Schuldkomplex und eine Fahnenstange. Da kann man ihr ihre gelegentlichen Bewußtseinsstörungen doch wirklich nicht verdenken, oder?

  • Alle Achtung, du hast Mut.

  • Also mehr wie „muahahaha“ (ironisches lachen) fällt mir dazu auch nicht mehr ein…

  • Irgendwie hatte ich diese Fortsetzung verpasst … *grummel*

    „Bitte eine Runde Mitgefühl, liebe Leser. Ihr müsst nicht gleich in Tränen der Anteilnahme ausbrechen, so wie Serafina, aber ein bisschen Schniefen und ein paar angemessene Oooohs und Aaahs dürfen schon sein!“

    Neeee, keine Chance, kein Mitgefühl – oder wenn, dann nur mit dir. Aber eigentlich bleibt ja zu hoffen, dass es sogar noch schlimmer wird, denn dann werden deine Kommentare nur umso amüsanter zu lesen sind. *dumdidum*

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