Deutscher Titel: Him – Mit ihm allein
Serie: Him, #1
Klappentext:
Jamie und Ryan waren beste Freunde. Die Sommer, die sie gemeinsam im Eishockey-Trainingscamp verbracht haben, waren die besten ihres Lebens. Nun stehen sie sich nach vier Jahren Funkstille plötzlich wieder gegenüber. Schon damals war Ryan klar, dass er schwul ist. Er war Hals über Kopf verliebt in Jamie. Die alten Gefühle sind sofort wieder da, viel stärker, intensiver … schmerzhafter. Denn Jamie steht nach wie vor auf Frauen. Und was noch viel schlimmer ist: Er hat Ryan nie verziehen, dass er nach ihrer gemeinsamen Nacht den Kontakt zu ihm abgebrochen hat …
Kommentar:
Ich glaube, ich sollte mir immer ein Buch von Elle Kennedy und/oder Sarina Bowen bereitlegen, nur für den Fall, dass ich wegen zu vieler durchschnittlicher und schlechter Bücher keine Lust auf Lesen habe. Die beiden kurieren mich garantiert von jeder Lesekrise, was dieser Liebesroman über zwei homosexuelle Jungs ziemlich angetan war, einmal mehr belegt (nachdem ich ja schon von der Off-Campus-Serie begeistert war).
»Him« ist von Beginn an fesselnd. Es startet damit, dass die beiden Eishockeyspieler und ehemaligen besten Freunde Ryan und Jamie erfahren, dass sie sich nach drei Jahren Funkstille bei einem Endspiel wiedersehen werden. Warum ihre Freundschaft in die Brüche gegangen ist, bleibt zunächst im Dunklen; man erfährt nur, dass Ryan nach irgendeinem Vorfall den Kontakt zu Jamie komplett abgebrochen hat, obwohl sich die beiden sehr nahestanden. Was damals genau passiert ist, wird nach und nach aufgedeckt; parallel dazu zeigt das Wiedersehen der beiden, dass sich nicht so viel zwischen ihnen geändert hat. Bis auf eines: Jamie ist ganz offensichtlich nicht ganz so straight, wie beide Jungs immer dachten.
Es prickelt von der ersten Seite an zwischen den beiden und nach und nach lassen sie sich darauf ein. Wie sie sich annähern und wie sich ihre Beziehung entwickelt, ist wahnsinnig gefühlvoll beschrieben. Sowohl Jamie als auch Ryan durchleiden die eine oder andere Krise wegen der veränderten Situation, sind unsicher und wissen nicht so richtig, was das alles zu bedeuten hat und wo es hinführen soll. Ist es eine Sache für einen Sommer? Oder mehr? Kann es sich ein NHL-Profi erlauben, (offen) schwul zu sein – und wenn nicht, muss Ryan seine große Liebe Jamie deshalb wirklich aufgeben?
Das Autorenduo schafft bei diesem Buch den Spaghat, nicht nur einen wundervollen Liebesromane mit zwei wunderbaren, hervorragend ausgearbeiteten Protagonisten zu schreiben, sondern gleichzeitig die Probleme von Schwulen (bzw. schwulen Sportlern) auf den Punkt zu bringen, ohne die ganze Zeit den moralischen Zeigefinger zu erheben. So gibt es einen diskriminierenden Vorfall mit dem Vater eines Eishockey-Kids, aber andererseits auch jede Menge Toleranz für Homosexualität aus Jamies und Ryans Umfeld. Vollkommen konträr verhalten sich die Eltern der beiden Protagonisten: Während Ryans lieblose High-Society-Eltern die Homosexualität ihres Sohnes schlicht ignorieren und als »Phase« abtun, ist für Jamies mega liberale Hippie-Eltern (und den Rest der Familie) nur wichtig, dass Jamie glücklich ist, egal mit wem. Dementsprechend hat Jamie augenscheinlich deutlich weniger Probleme mit seinem Schwulsein als Ryan, der seine sexuelle Orientierung, darauf angesprochen, zwar wohl nicht leugnen würde, sie aber nie thematisieren oder offen zugeben würde. Zumindest nicht im Moment, denn als NHL-Rookie könnte er damit seine Karriere aufs Spiel setzen. Die Vereinsbosse wissen Bescheid, nicht aber die Mitspieler, und hier zeigt sich ein Problem, das bis heute viel zu real (und in Deutschland auch aus dem Fußball bekannt) ist: Schwule Profis in einem Männersport haben einen schweren Stand und outen sich deshalb lieber nicht oder bestenfalls nach ihrer Karriere. Wie Bowen/Kennedy die Situation darstellen, ohne wortreich und explizit zu werten, erscheint mir ingesamt wirklich gelungen. (Auch wenn ich glaube, dass die Realität deutlich extremer ist, d.h. die Akzeptanz für Schwule in großen Teilen der USA deutlich geringer ist. Es ist sicher kein Zufall, dass Ryan zu einem kanadischen Verein ins liberale Toronto wechselt und nicht gerade nach Texas oder einen der anderen Südstaaten wechselt.)
Kurz gesagt: Das Buch war für mich ein echter Pageturner und ist durch und durch gelungen. Figuren, Aufbau der Handlung, Story, Tiefe, Spannung, Erzählstil, Humor, Sexszenen (teilweise richtig heiß, vielleicht ein paar zu viele davon!) – hier passt für mich einfach alles. Ich muss Band 2 lesen. JETZT.
15/15
*schmunzel* Okay, die Autorin hat dich also noch einmal überzeugen können. :)
Ich bin ja immer sehr fasziniert von Geschichten, in denen es wirkt, als ob niemand im Umfeld ein Problem mit Homosexualität hätte, während es in dem Land, in dem der Autor/die Autorin (oder Zeichner/Zeichnerin) lebt, eigentlich ein gravierendes Problem ist. Besonders fällt mir das immer bei Manga auf, aber auch sonst gibt es da häufig eine deutliche Diskrepanz.
Also, eigentlich ist es hier NICHT so, dass es wirkt, als hätte niemand im Umfeld der beiden ein Problem mit Homosexualität; Ryan fürchtet nicht ohne Grund um seine NHL-Karriere. Das Thema wird durchaus problematisiert (in Band 2 stärker als hier), wobei die Konflikte zugegebenermaßen phasenweise mehr von den Protagonisten selbst ausgehen als vom Umfeld. (Was meiner Erfahrung nach auch ein Teil der Wahrheit ist: Die Akzeptanz ist manchmal größer als gedacht.)
Ich habe mich anscheinend zu sehr auf diesen Satzteil „aber andererseits auch jede Menge Toleranz für Homosexualität aus Jamies und Ryans Umfeld“ gestürzt. ;) Wobei du mir eben auch das Gefühl gegeben hast, dass sich die beiden mehr Gedanken um die Reaktionen ihres Umfelds machen als notwendig gewesen wäre.
Es ist auch so, dass sich die beiden mehr Gedanken machen als notwendig gewesen wäre. Das wird vor allem in Band 2 deutlich, wo die Toleranz des Umfelds doch schon sehr bemerkenswert ist. Aber ich halte den Autorinnen zugute, dass das Thema »schwule Profisportler« überhaupt zur Sprache gebracht und problematisiert wird, und ich denke, im Rahmen eines Liebesromans ist es okay, so wie es ist – auch wenn es die Realitäten an einigen Stellen beschönigen mag.