Ich weiß, ich wiederhole mich. Aber aus gegebenem Anlass muss ich es einfach noch mal loswerden, denn nach Pippi sind nun die Preußler-Werke dran. »Sprachliche Modernisierungen« nennt Thienemann die Änderungen an den Büchern, damit die aktuelle Generation sie auch versteht. Wörter, die Kinder heutzutage nicht mehr kennen, werden also schnell mal elimiert, damit sie sie auch ja nicht lernen; es könnte ja zu einer Erweiterung des Wortschatzes der lieben Kleinen kommen. Ansonsten triffts halt wieder den Begriff »Neger« – wobei Jim Knopf sich immerhin keiner Bleichung unterziehen muss, sondern Neger Schwarzer Farbiger bleiben darf.
Quelle und Details: Boersenblatt
Edit. Weitere Links:
• Offizielles Statement des Thienemann Verlags
• Süddeutsche Zeitung
• Kommentar im Börsenblatt
• Kommentar bei Spiegel online
Im Grunde wundert es mich, dass das erst jetzt kommt. Allerdings finde ich das so falsch nicht, denn auch wenn ich weiß, was die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Neger“ ist (nämlich Schwarz), ist das irgendwann so sehr als Schimpfwort misssbraucht worden, dass auch ich mich damit schwer tue. Das hat nichts damit zu tun, dass Kindern das Erlernen neuer Wörter verwehrt werden soll. Ich finde es legitim, dass unter Beibehaltung des Inhaltes zumindest der Sprachgebrauch etwas entschärft und den heutigen Gegebenheiten angepasst wird.
(Wobei Farbiger glaub ich auch nicht mehr so korrekt ist, soll man nicht sgen „Menschen mit dunkler Hautfarbe“ ?)
Ich hatte es ja beim Pippi-Artikel schon geschrieben: Ich finde es nicht in Ordnung, den Text eines Klassikers zu verändern, weil er ja auch immer die Zeit spiegelt, in der er entstanden ist. Warum muss sich ein Preußler-Text, der zig Jahre auf dem Buckel hat, genauso lesen wie ein Buch, das erst vor Kurzem geschrieben wurde? Und was ist denn falsch daran zu zeigen, dass ein Wort wie »Neger« eben nicht immer ein Schimpfwort war und auch in einer gewissen Generation heute nicht ist? Meine Eltern sprechen immer noch von »Negern« und meinen es kein bisschen abwertend. Man kann es doch erklären, in einem Vorwort oder einer Fußnote.
Ja sicher ist das die Sprache aus der Zeit, in der er erstanden ist. Aber beim Wort Neger bekomme ich tatsächlich Bauchschmerzen. Und dass Neger mal KEIN Schimpfwort war, das ist auch schon sehr sehr lange her… Auch in der Entstehungszeit von Pippi und Co war das schon negativ und rassistisch behaftet. Möglicherweise ohne dass viele das so wahrgenommen haben, und das ist ja unter anderem das Schlimme.
Ich bin ein Kind der 70er, und bei meinen Großeltern hab es das beliebte Buch mit dem Volksreim 10 kleine Negerlein. Als Kleinkind im Supermarkt hab ich dann mal einen dunkelhäutigen Mann gesehen und diesen sofort als „Negerlein“ erkannt – und die auch meiner Mutter mitgeteilt. Der Mann bekam das mit und war zu recht erbost und beschuldigte meine Mutter, ihrem Kind rassistische Ausdrücke beizubringen. Seitdem weiß ich, dass man Neger nicht sagt. Ich hätte das aber schon früher gewusst, wenn solche Ausdrücke in Kinderbüchern gar nicht erst stehen würden.
Warum soll man ein Buch mit der mehrfachen Verwendung dieses Begriffes vorlesen oder lesen lassen, wenn man gleich dazu sagen muss, dass das ein Schimpfwort ist, das man nicht sagen darf, sondern dass man besser Farbiger oder was auch immer sagt? Warum macht man es nicht gleich richtig? Welches Kind versteht schon Fußnoten oder liest Vorworte? Welchen Sinn hätte das überhaupt, wenn man das, was gemeint ist, genauso mit einem anderen Wort sagen kann?
Ich finde, das Wort gehört einfach nicht gebraucht, denn es IST abwertend und rassistich, ob es so „gemeint“ ist oder nicht, ist wurscht. Umso schlimmer, wenn es aus Unwissenheit oder weil man es ja „nicht böse meint“ trotzdem benutzt! Denn das, was man meint, kann man ja offensichtlich auch problemlos anders ausdrücken ohne diese negativ behaftenen Ausdrücke.
Ich find’s auch nicht richtig Texte im nach Hinein noch zu ändern. Wenn es damit anfängt, wo hört das auf!? Wird irgendwann alles was zukünftig mal nicht mehr politisch korrekt ist eliminiert oder was irgendjemanden oder einer Personengruppe nicht in den Kram passt? Das ist für mich eine Form der Zensur und sollte so einfach nicht passieren dürfen, Kinderbuch oder nicht. Wer weiß, vielleicht wird irgendwann so viel verändert, dass in 100 Jahren Goethe nicht mehr Goethe udn Preußler nicht mehr Preußler.
Selbst wenn Preußler negativ/abwertend gemeint hätte (oder hat. Wäre für mich auch in Ordnung, es wird schon einen Grund gehabt haben, dass er keinen anderen Begriff genommen hat und es scheint ja nicht die Darstellung von maximal pigmentierten ein Problem zu sein, sondern nur der von ihm verwendete Ausdruck. Der Rest ist scheinbar politisch korrekt…) kann man sein Werk doch nicht einfach ändern, weil es heute nicht mehr so veröffentlicht werden würde. DANN soll man sich entscheiden es wegen Rassismus GAR nicht mehr zu verlegen. Die Zeiten ändern sich halt und was heute verpönnt ist gehörte damals zum guten Ton, aus unserer Sicht mag das verwerflich sein. Wenn was damals ein gutes Kinderbuch war, auch von der Wortwahl, muss heute keines mehr sein, dann soll man aber nicht das Werk verändern, sondern das ganze als Klassikern verkaufen und nicht als Kinderbuch (dann sind endlich wieder die Eltern in der Pflicht, denen wird scheinbar heute auch alles an Erziehung abgenommen), eben mit den entsprechenden Anmerkungen udn Fußnoten. Das geht doch bei anderen Werken auch…
Ich würde sogar sagen Farbiger geht auch nicht mehr. Das sind jetzt doch maximal pigmentierte? Oder vielleicht ist das auch schon veraltet? Wer weiß welche Wörter man heute auch nicht mehr benutzt und ich weiß davon nichts. Geht geistig behindert noch oder sagt man dazu mental retadiert? Ist schwul noch erlaubt oder ist männlich gleichgeschlechtlich politisch korrekter? Das ist doch total bescheuert. Ich bin nicht der Meinung, dass Beleidigungen in Ordnung sind, aber manchmal finde ich es auch ein bisschen übertrieben.
Fazit: Veränderungen gehen für mich einfach nicht. Dann soll man etwas gar nicht mehr verlegen oder nur mit bestimmten Auflagen und Fußnoten.
Lucina, ich unterschreibe alles, was du zu dem Thema geschrieben hast. Solche Klassiker zu modifizieren, das geht einfach zu weit. Und wenn Eltern in der Lage sind, ihren Kindern diese Bücher vorzulesen, dann werden sie ihnen auch erklären können, daß und warum man bestimmte Ausdrücke nicht mehr verwenden sollte.
– Übrigens finde ich auch die Forderung sehr befremdlich, daß in Fernsehfilmen und -serien nicht mehr geraucht werden soll…dann dürfte so mancher Filmklassiker, besonders aus den 30er – 60er Jahren, nicht mehr gezeigt werden.
Danke, das spricht mir aus dem Herzen.
Müssen wir nun alles glattbügeln und sogar in den Text eines Klassikers eingreifen, damit die Leute sich mit ihren Kindern über die Inhalte dessen, was sie lesen, nicht mehr auseinandersetzen müssen?
Wenn ich ein Buch lese oder vorlese, das in einer anderen Zeit entstanden ist, dann muss ich damit leben, dass es andere Moralvorstellungen und Begriffe enthält, die zu dieser Zeit sprachlich anders belegt waren oder anders gewertet wurden. Entweder ich setze mich dann aktiv mit dem Text auseinander oder ich lese ihn einfach nicht. Punkt. Da gibt es für mich kein herumargumentieren. Das, was der Verlag da macht ist für mich Verstümmelung. Was ist denn dann bitte als nächstes dran?
Wenn die Eltern so besorgt sind, dann sollen sie das Wort selbst streichen und nicht vorlesen. Das kann jeder halten, wie er es will.
Ich finde auch, dass man nicht in den alten Klassikern rumpfuschen sollte. Das macht doch die ganze Sprache darin kaputt.
Du erinnerst mich gerade daran, dass ich zu dem Thema noch einen Post rumschwirren habe… *suchen geh*
Im Übrigen find ich diese angebliche politische Korrektheit nicht gerade förderlich für die Bildung. Zumal: Wie sollen die Kiddies von heute wissen, warum ein wort als nicht politisch korrekt gilt, wenn sie es nicht einmal kennen? Außerdem verfälscht sowas den Zeitgeist des jeweiligen literarischen Werkes! Eine Sauerei, meiner bescheidenen Ansicht nach.
In der Süddeutschen gibt’s dazu auch gerade einen Artikel:
Änderungen in Kinderbuch-Klassikern
Für mich persönlich ist das „Korrektirisieren“ auch nicht mehr weit entfernt von Zensur …
Ich halte auch nichts von dieser Art „sprachlicher Modernisierungen“ . Warum nicht Fußnoten oder „Klassiker“ oder zweigleisige Textpräsentation (wir hatten das Thema schon im Post Pippi wegen der Übertragung von Shakespeare-Texten ins moderne Englisch) nutzen?
Das im Börsenblatt angeführte Argument zum Schuhe wichsen/putzen – wenn man die heutige weitere Bedeutung bedenkt -, kann ich zwar nachvollziehen. Aber auch hier kann die Erklärung im/am/neben/unter dem Text erfolgen. Man könnte z.B. eine Illustration einbinden bzw. das Kinder auf der gegenüberliegenden Seite direkt ansprechen in der Art: „Früher haben die Leute ihre Schuhe mit Schuhwachs eingerieben. Das nannte man Schuhe wichsen. Das Wort ist so alt, dass man es heute heute kaum noch benutzt. Heute, das weißt Du, werden die Schuhe geputzt. Mit Schuhcreme“ Oder halt so ähnlich. Natürlich wäre es noch schöner, wenn die Erklärung vom Vorlesenden kommen würde ;)
Ich sehe, die meisten Kommentatoren hier sind meiner Meinung. (Oder trauen sich nicht, eine gegenteilige Meinung zu äußern.)
Mir wird es auch immer ein Rätsel bleiben, wieso man die Dinge nicht erklären kann in Form eines Glossars, einer Fußnote, eines Vorworts, was auch immer – wenn man es den Eltern nicht zutraut. Und ich frag mich, was in den Augen der „Modernisierungsfreunde“ gegen ein solch deutlich moderateres Vorgehen spricht, statt in einen klassischen Text einzugreifen.