Originaltitel: Bruno. Chief of Police
1. Teil der Bruno-Courrèges-Serie
Inhalt:
Bruno Courrèges – Polizist, Gourmet, Sporttrainer und begehrtester Junggeselle von Saint-Denis – wird an den Tatort eines Mordes gerufen. Ein algerischer Einwanderer, dessen Kinder in der Ortschaft wohnen, ist tot aufgefunden worden. Das Opfer ist ein Kriegsveteran, Träger des Croix de Guerre, und weil das Verbrechen offenbar rassistische Hintergründe hat, werden auch nationale Polizeibehörden eingeschaltet, die Bruno von den Ermittlungen ausschließen wollen. Doch der nutzt seine Ortskenntnisse und Beziehungen, ermittelt auf eigene Faust und deckt die weit in der Vergangenheit wurzelnden Ursachen des Verbrechens auf.
Kommentar:
Angelesen und nach knapp 100 Seiten schon wieder abgebrochen – den ersten Fall von Bruno Courrèges. Wie schon Peter Mayles »Ein diebisches Vergnügen« (Rezension) war mir dieses Buch viel zu wenig Krimi und viel zu viel Frankreichlobgesang. Möglicherweise bin ich zu unflexibel und wenig kompromissbereit, aber wenn ich einen Krimi lesen will, dann will ich einen guten, spannenden Kriminalfall, keinen Reiseführer und auch kein kulinarisches Namedropping. Und da ich außerdem kein ausgemachter Frankreichfan bin, hab ich erst recht keine Lust auf französischen Lokalpatriotismus und französische Vergangenheitsbewältigung – nennt mich ignorant, aber ich kann mir wahrlich Spannenderes vorstellen als die französische Résistance, den Algerienkrieg und französische EU-Kritik, verkauft von einem Schotten. Überdies kommt mir der Blick des Autors aufs Périgord relativ klischeebehaftet und verklärt vor, aber da ich nie dort war, kann ich es nicht wirklich beurteilen.
Bruno selbst, der in diversen Rezensionen mit Brunetti verglichen wird und angeblich wahnsinnig charismatisch sein soll, ist in meinen Augen ein furchtbar perfekter Gutmensch, der weniger dem von der EU gegängelten französischen Staat dient als seiner Stadt und deren Bürgern. Er ist also ein echter Mann des Volkes, der für alle und jeden Verständnis hat, mit jedem gut Freund ist, ständig alle möglichen Augen zudrückt und den Bewohnern von Saint-Denis zumindest kleinere Vergehen durchgehen lässt – besser ist das, sonst würden ihm möglicherweise über kurz oder lang die Tennis- bzw. Rugbypartner ausgehen. Ich bin alles wirklich andere als obrigkeitshörig, aber die Figur wirkt auf mich wahnsinnig langweilig und unglaubwürdig, und Beschreibungen wie »Er war noch jung, und seine geschmeidigen, energischen Bewegungen zeugten von guter Kondition« oder »die vollen Lippen unter dem sorgfältig gestutzten kleinen Schnauzbart lachten sichtlich gern« (beides S. 7) machen die Sache nicht gerade besser.
Erzählerisch und sprachlich überzeugt mich das Buch auch nicht wirklich; die Krone setzt dem Ganzen der übermäßige Einsatz französischer Begriffe auf, die auch noch kursiv gedruckt werden. Das ist so überflüssig wie nervig und stört einfach nur. Man muss geläufige Bezeichnungen wie »Marseillaise«, »Paté« oder »Rilettes« nicht kursiv setzen, ebenso wenig wie man tausend Mal »chef de police«, »police municipale« und »police nationale« kursivieren muss (mal abgesehen davon, dass ich ohnehin finde, dass man sowas ruhig übersetzen kann). Noch viel weniger muss man krampfhaft französische Vokabeln einstreuen (»Pamela erschien wieder mit einem Krug gekühltem citron-pressé«, S. 64), schon gar nicht, wenn sie man sie auch noch umständlich erklären muss (»Sein Beruf war mit gardien, Hausmeister, angegeben.«, S. 89). Soll das französisches Flair bringen? Klappt nicht – zumindest nicht, was mich angeht.
Fazit:
Überhaupt nicht mein Ding; man muss m.E. schon Frankreichliebhaber sein, um dieses Buch begeisternd zu finden.
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Serieninfo:
01 Bruno, Chief of Police | Bruno. Chef de police
02 The Dark Vineyard | Grand Cru
03 Black Diamond
Argh, das klingt für mich auch ganz schrecklich. Gerade die Verwendung von fremden Vokabeln muss wirklich gut gemacht sein, damit es stimmig wirkt.
Irgendwie hast du gerade kein gutes Händchen für Krimis … oder Liebesromane … oder … *g* Ich drücke die Daumen, dass wenigstens „Garou“ mehr Unterhaltung bietet.
Nein, in der Tat nicht, wobei es bei Krimis besonders signifikant ist – und enttäuschend, denn ich hab gerad eigentlich wirklich große Lust auf nen guten Krimi. Aber wirklich verwundert es mich andererseits auch nicht; ich hab vor einigen Jahren das Krimilesen weitgehend eingestellt, weil ich trotz aller Begeisterung für das Genre (ich hab kaum was anderes gelesen) irgendwann keine Krimis mehr gefunden habe, die mir gefallen haben. Entweder waren sie mir zu blutig/eklig (Karin Slaughter) oder zu langweilig (Donna Leon), und meine bevorzugten Autoren haben entweder nicht mehr geschrieben oder wurden immer schlechter (Martha Grimes, Elizabeth George). Einzig auf Crombie ist noch Verlass!
„ich hab vor einigen Jahren das Krimilesen weitgehend eingestellt, weil ich trotz aller Begeisterung für das Genre (ich hab kaum was anderes gelesen) irgendwann keine Krimis mehr gefunden habe, die mir gefallen haben.“
So ging es mir auch. Irgendwann hatte ich mehr Freude an den Büchern, die ich nochmal las, als an den Krimis, die neu auf den Markt kamen. Naja, im Fantasybereich ging es mir genauso.
Achja, die Crombie … Die mag ich auch immer wieder lesen. :)
Wenn es dir auch so ging, könnte es ja wirklich so sein, dass sich der Krimimarkt in Sachen Schwerpunktsetzung extrem gewandelt hat. Ich dachte immer, das läge vielleicht doch eher an mir …
Ich denke nicht, dass es allein an dir liegt. ;) Wobei es schon sein könnte, dass wir zur selben Zeit mit dem Krimilesen angefangen und die selben Autoren erlebt haben, bis dann die Frustration aufkam.
Aber bei einer Freundin von mir, mit der ich mich immer über Krimis ausgetauscht habe, kam auch ungefähr zur selben Zeit die Krimiunlust. Sie ist dann auf ScienceFiction umgestiegen. *g*
Uuh, Science Fiction – das ist das Genre, mit dem du mich gänzlich vom Lesen abbringen könntest! *g*
Ich bin übrigens auf Kinder- und Jugendliteratur umgestiegen; solche Sachen, die im Zuge des Potter-Hypes aufgekommen sind. Generell hab ich aber ne zeitlang sehr wenig gelesen.
Hihi, Science Fiction lese ich auch nur hin und wieder.
Da bei mir damals auf die Leseunlust eine Phase der Arbeitslosigkeit folgte, habe ich mich erst einmal darauf beschränkt meine eigenen Bestände noch einmal zu lesen. Damit hatte ich auch gut zu tun. ;) Und wenn dann doch mal jemand sich für meine Hilfe bei einer Renovierung oder so bedanken wollte, dann habe ich mir Bücher gewünscht, mit denen ich Reihen von bestimmten Autoren vervollständigen konnte. *g*
Wenn ich nicht so viele ungelesene Bücher hier stehen hätte, würde ich auch öfters mal nen Re-Read machen – zuerst wären dann die schönen alten Jurys und Lynleys fällig! *seufz*
Wobei ich die Jurys bei einem Re-Read auf einmal gar nicht so gut leiden konnte. Das war ein erschreckendes Erlebnis. *eek*
Meinste, Jury, Melrose und die Long-Piddleton-Bande sind einfach nicht mehr zeitgemäß? Manchmal sollte man Re-Reads vielleicht auch besser unterlassen, um die eigenen Illusionen nicht zu zerstören! ;)
Das – und dann hatte ich noch das Problem, dass ich mit den letzten Jury-Büchern, die ich damals gelesen hatte, nicht mehr so ganz glücklich war. Das hat mein Bild von den ersten Romanen wohl auch etwas getrübt.
Andere Bücher hingegen kann ich immer wieder lesen und ganz neu genießen. D. Crombie zum Beispiel – da finde ich es auch spannend, das Verhältnis zwischen Gemma und Duncan mit dem Wissen, das ich jetzt habe, zu verfolgen.
Ich fürchte, das könnte mir auch passieren, dass die Entwicklung der Jury- und noch mehr der Melrose-Figur hin zu dem, was sie jetzt sind, meine Begeisterung für die alten Bücher deutlich schmälern könnte.