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Maggie Stiefvater: Lamento. Im Bann der Feenkönigin

Originaltitel: Lament. The Faerie Queen’s Deception
The Books of Faerie, Teil 1

Inhalt:
Immer wieder träumt die 16-jährige Deirdre von einem geheimnisvollen Jungen namens Luke. Doch das sind nur Träume, oder? Das Mädchen kann es kaum glauben, als ihr Luke bei einer Schulaufführung plötzlich leibhaftig gegenübersteht. Noch seltsamer wird es, als ihre Großmutter sie eindringlich vor dem Jungen warnt und sie bittet, sich von ihm fernzuhalten. Das ist längst unmöglich für Deirdre: Sie hat sich unsterblich verliebt. Doch Luke ist nicht der, für den sie ihn hält. Als er plötzlich spurlos verschwindet und Deirdre sich auf die Suche nach ihm macht, gerät sie mitten hinein in einen magischen Krieg, der seit Jahrhunderten währt. Und sie erfährt, dass der Junge, den sie liebt, von der rachsüchtigen Feenkönigin mit einem ganz bestimmten Auftrag zu ihr geschickt wurde: Um sie zu töten …

Kommentar:
Diese Geschichte hat (fast) alles, was ein klassisches Märchen ausmacht: einen Kampf zwischen Gut und Böse, einen Helden mit tragischem Schicksal, der gerettet werden muss, übernatürliche Wesen, aufopferungsvolle Helfer und eine große Liebe. Die märchenhaften Züge manifestieren sich aber auch in einem Umgang mit dem Übernatürlichen, der von Beginn an äußerst befremdlich wirkt.

Hauptperson Deirdre – wohlgemerkt im 21. Jh. lebend! – nimmt mit stoischer Gelassenheit die seltsamen Vorgänge und das absonderliche Verhalten ihrer Umgebung zur Kenntnis: Sie wundert sich weder über das Auftauchen eines Jungen aus ihren Träumen noch über voyeuristische sprechende Kaninchen, geschweige denn über ihre eigenen plötzlich aufkeimenden übernatürlichen Fähigkeiten. Auch dass ihre Großmutter undurchsichtige Gespräche mit dem eigentlich fremden Jungen führt und sich überhaupt ihre ganze Familie auf einmal vollkommen merkwürdig verhält, hinterfragt sie ebenso wenig wie die ständigen rätselhaften Bemerkungen ihres neuen Freundes Luke, mit dem sie sich seltsam verbunden fühlt. Sie hat ja schließlich mit ihrer frisch entflammten Liebe wahrlich genug zu tun, da kann sie sich nicht zusätzlich um derartige Abstrusitäten kümmern! Sporadisch aufkeimende Zweifel und Fragen werden von Luke ganz easy zerstreut, etwa mit dem Vorschlag: »Schmoll nicht, sing lieber!« (118). Sorgen wegmuszieren bzw. -singen – wer wollte sich in Anbetracht von Deirdres Ignoranz und Verdrängungstalent darüber noch ernsthaft aufregen?!

Es wird besser, als Deirdre an einem gewissen Punkt der Handlung nicht mehr länger ignorieren kann, was um sie herum vorgeht, und wenigstens in groben Zügen über die Lage aufgeklärt wird. Doch selbst dann ist Mangel an Neugier und ihr nicht vorhandener Drang, näheres zu erfahren und alles verstehen zu wollen, noch vorhanden und nicht nachvollziehbar. Sie scheint ganz nach dem Motto zu handeln: Was ich nicht weiß, betrifft mich auch nicht – ich stolper einfach weiter blauäugig durch die Welt und hoffe drauf, dass meine Freunde, Glück und der Zufall es schon richten werden. Märchenhaft, eben. Vielleicht aber auch einfach Ausdruck des (missglückten) Versuchs der Autorin, die Spannung zu steigern, indem sie den Leser so lange wie möglich im Dunklen tappen lässt.

Da Deirdre so erfolgreich die Realität verdrängt, der Leser das Geschehen aber aus ihrer Perspektive erlebt, erfährt man über das Opfer ihrer Begierde zunächst herzlich wenig. Luke ist gutaussehend, blond, fürsorglich, spielt hinreißend Flöte und schreckt ganz offensichtlich nicht vor kotzenden Mädchen zurück. Da er gerne mal vor sich hinorakelt, mit rätselhaften Bemerkungen verblüfft und immer wieder unvermittelt aus dem Nichts auftaucht, um Deirdre zu retten, wirkt er zwar einigermaßen mysteriös, ist dabei aber nicht wirklich überzeugend. Ansonsten ist er vor allem sprachlich auffällig, wenn er Sätze wie »Weine nicht, hübsches Mädchen« (S. 64) oder »Nun, komm denn, meine frostige Königin« (S. 60) äußert. (Muss ich erwähnen, dass Deirdre sich nicht daran stört, geschweige denn verwundert ist?) Wie man später erfährt, hat Luke einen durchaus interessanten Hintergrund, der auch seine antiquierte Sprache erklärt, leider hat die Autorin aber verpasst, sein Schicksal gut genug auszuarbeiten, sodass auch er letztendlich blass bleibt.

Eine weitere wichtige Person ist James, Deirdres bester Freund. Er ist das genaue Gegenteil von Luke, Typ Klassenkasper, immer nen lässigen Spruch auf den Lippen (der oft nicht wirklich lustig ist). Er wirkt zunächst normal, zuverlässig und bodenständig, offenbart dann aber unvermittelt hellsichtige Fähigkeiten, streckt heroisch böse mächtige Feen nieder und wundert sich ebenso wenig über die seltsamen Vorgänge wie Deirdre selbst. Warum er am Ende in dieser Form mit in die Geschichte gezogen werden muss, erklärt sich mit dem just erschienenen Buch, in dem James zum Protagonisten mutiert.

Die Grundidee von Lament ist nicht sensationell neu, aber so einfach wie gut. Die Geschichte an sich ist faszinierend und hat großes Potenzial, sie ist aber schlicht und ergreifend nicht gut, sondern vollkommen oberflächlich umgesetzt – und zwar nicht nur wegen Deirdres befremdlicher und unglaubwürdiger Ignoranz, sondern auch wegen des Handlungsaufbaus insgesamt. Vieles bleibt im Dunklen, vieles ist nur angedeutet, verworren dargestellt und/oder nicht konsequent zuende gebracht. Regelmäßig sorgen überflüssige Kursivierungen für Verärgerung und Szenen, in denen Deirdre Situationen mit den Augen anderer sieht, für Verwirrung, weil sie so übergangslos ins Geschehen integriert wurden. Zudem spielen sich immer wieder für die Handlung elementare Ding so nebenbei ab, dass sie völlig untergehen; erst später fällt einem auf, dass man offenbar irgendwas verpasst haben muss, das in einem Nebensatz abgehandelt wurde. Ich hab wirklich selten so oft zurückgeblättert und Passagen mehrfach gelesen – und stand am Ende dennoch mit so vielen unbeantworteten Fragen da.

Fazit:
5/15 – Aus der Idee hätte man ein wunderbares Buch machen können, leider ist die Umsetzung ziemlich misslungen. Es passiert zu viel zu schnell, ohne dass man den Sinn, geschweige denn den Gesamtzusammenhang erfassen könnte. Am Ende stehen jede Menge offene Fragen und eine Lösung, die auch nicht gerade dazu beiträgt, einen mit der Geschichte zu versöhnen.

8 Kommentare zu Maggie Stiefvater: Lamento. Im Bann der Feenkönigin

  • Shiver ist viiiiiiiel viiiiiiehiiiiiiiiiiiiiiiel besser. Viele sagen, dass man Lamento den Erstling sehr stark anmerkt und Shiver viel besser ist *große Werbefahne schwenk*

  • irina

    Ich hab schon sehr an deinem »Shiver«-Tipp gezweifelt, nachdem ich »Lamento« beendet hatte! ;)

    Wollte dich auch schon angetwittert und gefragt haben, ob du »Lamento« gelesen hast und wie du es fandest!

  • Es subbt genauso wie Evernight, leider *g*

  • Oh, da bin ich ja überrascht. Mir hat der Roman wirklich gut gefallen. Zwar fiel mir auch auf, dass sie das so hinnimmt, aber wirklich gestört hat es mich nicht. Auch das klassische „bester Freund liebt dich, dumme Trine“ sprach mich an.
    Wenn das der allererste Roman ist, dann bin ich echt gespannt, was es noch von ihr gibt, denn das kann nur gut werden.

  • Ich kann deine Rezi nur in allen Punkten (inkl. überflüssige Kursivierungen) unterschreiben!!
    Von «Shiver» sind ja viele begeistert, aber ich frage mich ehrlich, wie groß die Steigerung sein kann, wenn der Erstling _so_ schlecht ist. Es krankt ja leider an fast allen Ecken und Enden.

  • Danke für den Link! Hatte erst die Suchfunktioni benutzt und dabei irgendwie nichts gefunden.
    Deine Rezension ist wirklich gut, sprachlich sehr unterhaltsam und inhaltlich kann ich dir in den meisten Punkten zustimmen und jetzt bin ich mir auch 100% sicher, dass du die Finger von Ballad lassen solltest.

  • PS. Habe die Suchfunktion gerade noch mal ausprobiert, jetzt findet er alles. Hab ich mich gestern wohl zu blöd angestellt ;)

  • Ich hab mich schon gewundert, dass du den Titel via Suchfunktion nicht gefunden hast. Vielleicht hattest du ja nen kleinen Tippfehler drinne!

    Freut mich, dass dir die Rezension gefällt! *strahl* Vielleicht nehm ich Ballad mit, falls es mir mal zufällig auf dem Flohmarkt für nen Euro über den Weg laufen sollte; grundsätzlich denk ich aber auch, dass es kein Buch für mich ist. Ich stürz mich lieber auf »Linger« (auch wenn ich ein wenig meine eigenen Erwartungen fürche, nachdem mir »Shiver« so ausnehmend gut gefallen hat!).

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