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Jeaniene Frost: Blutrote Küsse

OT: Halfway to the Grave
1. Teil der Night-Huntress-Serie

Inhalt:
Da war er, der Pakt mit dem Teufel! Der Vampir schaute sie verführerisch und bedrohlich zugleich an. Wenn sie sein Angebot ablehnte, wäre für ihn Happy Hour und sie der Drink. Wenn sie zustimmte, würde sie jedoch ein Bündnis mit dem absolut Bösen eingehen …

Kommentar:
Wow, was für ein geheimnisvoller Klappentext – und so passend zu den drei über allem prangenden Schlagwörtern »düster – gefährlich – erotisch!« Zwar tendiert die Aussagekraft gegen Null, aber Zweck eines solchen Textes ist es ja auch nicht, den Leser auf den Inhalt vorzubereiten, sondern sein Interesse zu wecken und ihn zum Kauf zu animieren! Eine Inhaltsbeschreibung wäre wohl ohnehin ziemlich langweilig ausgefallen, denn es passiert nicht wirklich viel. Für alle, die trotzdem wissen wollen, worum es bei diesem Buch eigentlich geht, sei eine Zusammenfassung geliefert: Vampirjagende Halbvampirin trifft auf einen vampirjagenden Vollvampir, und gemeinsam ziehen sie durchs Land und metzeln einen bösen Vampir nach dem anderen nieder.

Zugegeben, manch ein Autor vermag es, einem Buch trotz einer mäßigen Storyline Leben einzuhauchen, Jeaniene Frost gehört aber offenbar leider nicht zu ihnen. Denn nicht nur die Handlung plätschert ohne echte Höhepunkte vor sich hin, sodass keinerlei Spannung aufkommen mag, sondern überdies sind ihre Figuren unausgereift und enervierend.

Cat soll wohl sowas wie eine Kickass-Heldin sein: tough, effektiv, unerbittlich, mörderisch. Leider müssen wir schnell erfahren, dass sie – laut ihres neuen Lehrmeisters Bones – keine Ahnung von der Vampirjagd hat und auch sonst nichts von Belang weiß. Das passt zwar nicht so wirklich dazu, dass sie bereits knapp 20 der Blutsauger um die Ecke gebracht hat, überrascht andererseits aber nicht in Anbetracht der Tatsache, dass die irgendwie wohl schon selbstbewusste und schnoddrig-unflätig daherredende Cat unglaublich unüberlegt, verbohrt und naiv ist. Erschwerend hinzu kommt eine extreme Verunsicherung bzgl. ihrer Identität/Persönlichkeit und Selbstverleugnung (eingeredet von ihrer Mutter) sowie eine sexuelle Verklemmung und Blauäugigkeit, die eher ins 19. Jahrhundert passen würde. Dass die in Sachen Sexualität bis zum Ende schamhaft dargestellte und bei jeder Gelegenheit errötende Cat trotzdem Dinge denkt wie »Du hast dir eben einen Blowjob verdient!« (S. 279), verwundert auch schon nicht mehr in Anbetracht der Tatsache, dass in Sachen Protagonistin ohnehin kaum was zusammenpasst.

Bones, ihr männlicher Gegenpart, soll einen uralten und dementsprechend mächtigen Vampir darstellen, der sich als Kopfgeldjäger verdingt. Die angemessene Arroganz legt er immerhin an den Tag, nennt er unsere beeindruckende Kickass-Heldin doch ununterbrochen »Schätzchen«, »Süße« sowie gefühlte fünfzehn Millionen mal »Kätzchen« (ja, mir ist wohl bewusst, dass da ein gewisser Zusammenhang mit dem Vornamen »Cat« besteht!). Daneben beeindruckt er mit so fiesen Flüchen wie »Kreuzdonnerwetter« – was evtl. darauf hinweisen soll, aus welcher Zeit er stammt, aber eigentlich nur deutlich macht, dass der Vampirkiller ein ebenso wenig ernstzunehmender Kickass-Held ist wie seine Partnerin Cat. Immerhin im Bett scheint er begabt zu sein, wenngleich unklar ist, wieso er sich eine Affäre mit der verklemmten Nervensäge antut und sich auch noch auf den ersten Blick in sie verliebt hat. Sein Liebesgeständnis trifft nicht nur die Halbvampirin, sondern auch uns Leser wie aus heiterem Himmel, passt aber zur gesamten Unausgegorenheit des Buchs.

Die viel gepriesene Erotik konnte ich blöderweise nicht entdecken; die ist offenbar in all den Dummheiten und Naivitäten untergegangen. Okay, es gibt Sexszenen und jede Menge sexuelle Anspielungen, nur sind die mitnichten erotisch. Wie auch, wenn eine Person im Fokus steht, die angesichts der sexuellen Ungehörigkeiten ständig Gefähr läuft, den Verstand zu verlieren und ohnmächtig zu werden, die nach einer schlechten Erfahrung mit einem Dummkopf, der sie direkt nach dem Sex sitzengelassen hat, meint, mit ihr stimme was nicht, und die verkündet »Oralsex macht man nicht«, während ER gerade dabei ist. Zu allem Übel würgt sie auch noch das Nachspiel mit den Worten »Willst du dich nicht auf die Seite rollen und einschlafen?« ab. Spätestens an dieser Stelle hätte ich das Buch am liebsten in die Ecke gefeuert, zumal Bones unverdrossen und mit einer enervierenden Gelassenheit reagiert, statt ihr ihren eigenen Pflock ins Herz oder sonstwohin zu rammen.

Neben blöden Hauptpersonen, unerotischen Sexszenen und einer wenig spannenden Handlung, gibt es noch eine Menge befremdlich anmutender Szenen und Figuren. So erfahren wir von einer sliplosen sexy spanischen Vampirin, die einst aus einem Nonnenkonvent (!) geraubt wurde und vielleicht deshalb jetzt so wild die Moralkeule schwingen darf, dass die Vampirgesellschaft überhaupt nicht so schlimm ist und dass der vermeintliche Vampirbösewicht lange nicht so böse wie die Menschen, die Frauen verschleppen, verstümmeln und unterwerfen.
Daneben begegnet uns noch Cats bucklige Verwandtschaft in Gestalt ihrer moralischen Großeltern und vor allem ihrer bekloppten Mutter, die Cat verantwortlich für ihr eigenes verkorkstes Leben macht und sie permanent unter Druck setzt – wodurch dann auch klar ist, wieso Cat so ist, wie sie leider ist.
Welche Funktion Cats Nachbar Timmy hat, ist mir vollkommen unklar. Seine Auftritte sind allesamt seltsam bis bescheuert, und obwohl er eigentlich als Cats Freund eingeführt wird, klingt es am Ende des Buches nicht danach, als würde man ihm nochmal begegnen. Das wäre allerdings auch kein übermäßiger Verlust, weil er eh ein tollpatschiger Trottel ist.

Den Meinungen der Kritiker/Leser nach zu urteilen ist das Buch komischerweise gar nicht so schlecht, vielleicht versteh ich also mal wieder alles nicht. Das kann tatsächlich gut sein, denn ich fürchte fast, dass die Autorin dieses Buch mit einem Augenzwinkern geschrieben hat. Es gibt aber einfach eine Art von Humor, die bei mir keinerlei Amüsement hervorruft, sondern den gegenteiligen Effekt hat: Handlungsweisen, Gedanken und Dialoge wirken auf mich einfach so dermaßen dumm, unfassbar naiv, abstrus und hanebüchen, dass meine wesentliche Reaktion entnervtes und wildes Augenrollen ist. Sherrilyn Kenyon, Jennifer Ashley und Kathryn Caskie beherrschen diese Art der Schreibe übrigens ebenfalls meisterlich, und es hätte bei diesen Autorinnen ebenfalls passieren können, dass die Heldin sich permanent zum Affen macht, zum Beispiel, indem sie nach der Hand ihres Helden greift, aber leider seinen Schwanz erwischt, ohne es zu bemerken. Vor versammelter Mannschaft, versteht sich. Hahaha. *augenroll*

Aber nicht nur der Humor erschließt sich mir nicht, sondern auch die ständigen typografischen Hervorhebungen von einzelnen Wörtern ohne jeden ersichtlichen Sinn sind mir ein Rätsel. Vereinzelte Kursivierungen zur Betonung von Wörtern in der Schriftsprache sind mir natürlich geläufig, aber welchen Zweck haben sie in solchen Fällen: »Verdammter Mist!«, »Mein Gott, und ich habe ihne auch noch gewählt!« oder »Verfluchter Scheißkerl«? Keine Ahnung! Ist eigentlich auch egal, denn es gibt vordringlichere Probleme hinsichtlich dieses Buchs, um die sich die Autorin zunächst kümmern sollte …

Wertung:
2/15 – Ein abstruser Mix aus Gewalt, Sex und einem eigenwilligen Humor mit einem einigermaßen offenen Ende, das mich aber auch nicht dazu bringen wird, weitere Bände zu lesen!

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