2. Schafskrimi
Inhalt:
Es ist soweit: Für die Schafe von Glennkill beginnt ein neues, wollsträubendes Abenteuer. Gemeinsam mit ihrer Schäferin Rebecca haben sie die irische Heimat verlassen und ihre ersehnte Europareise angetreten! In Frankreich beziehen sie Winterquartier im Schatten eines entlegenen Schlosses, und eigentlich könnte es dort recht gemütlich sein – wären da nicht die Ziegen auf der Nachbarweide, die mysteriöse Warnung eines fremden Schafes und das allgemeine Unbehagen vor dem Schnee. Ein Mensch im Wolfspelz! – wispern Ziegen und Menschen. Ein Werwolf! Ein Loup Garou! Oder doch nur ein Hirngespinst? Als dann ein Toter am Waldrand liegt, ist schnell nicht mehr klar, wer gefährlicher ist: der Garou oder seine Jäger. Fest steht, dass die Schafe schnell Licht ins Dunkel bringen müssen, um sich selbst und ihre Schäferin zu schützen. Und schon bald folgen sie mit bewährter Schafslogik einer ersten Spur, die sie durch die Gänge des Schlosses und das Schneegestöber der Wälder führt …
Kommentar:
»Garou« spielt nicht wie Band 1 in Irland, sondern in Frankreich, wo Neu-Schäferin Rebecca mit ihren Schafen ein Winterquartier in der Nähe eines Schlosses bezieht. Dort ist es allerdings nicht so nett wie angenommen, denn ein Mörder geht um. Er tötet Rehe, hat aber auch Schafe und sogar Menschen auf dem Gewissen; die verrückten Ziegen von der Nachbarweide halten ihn für einen Garou. Was auch immer er ist – Unheimliches geht vor sich, und die Schafe müssen etwas unternehmen, um sich und ihre Schäferin vor Unheil zu bewahren.
Es ist wohl kaum erwähnenswert, dass die Aufklärung der Morde vollkommen fantastisch ist; an sowas darf man sich nicht stören, wenn man zu einem Krimi greift, in dem Schafe ermitteln. Davon abgesehen wirkt aber auch der Kriminalfall an sich ziemlich konstruiert und die Erzählung ist phasenweise recht sprunghaft und etwas verwirrend. Die Vielzahl auftretender Personen macht es nicht leichter, der Handung zu folgen, zumal die Menschen alle nicht besonders bemerkenswert beschrieben sind.
Umso besser ist die Charakterisierung der Schafe gelungen, auf die es ja schließlich ankommt. Jedes von ihnen hat je nach Stellenwert in der Geschichte ein paar wenige besondere Eigenschaften, die es unverwechselbar machen. Besondes witzig sind Sir Richfield und Mopple the Whale. Mopple the Whale, das dicke Gedächtnisschaf, das sich immer an alles Wichtige erinnert, macht sich beispielsweise die meiste Zeit darüber Gedanken, wo er etwas Fressbares auftreiben kann; er frisst einfach alles, und zwar jede Menge davon. Mopple ist entsprechend bestechlich, sodass ihn beispielsweise in Aussicht gestelltes Süßkraut auf der anderen Seite eines reißenden Baches zu ungeahnten Taten schreiten lässt. Grandiose Auftritte hat auch der schwerhörige Sir Richfield, ehemals Leitwidder der Herde, der ein bisschen unter Altersdemenz leidet. Er teilt seine Welt lakonisch in Schafe und Nicht-Schafe ein (»Ich bin mir sicher, das ist ein Schaf«) und quatscht unbeirrt auf alles ein, was nicht wegläuft und als Zuhörer fungieren kann – ob Schafe, Ziegen oder Bäume spielt dabei keine Rolle. Aber egal, welches Schaf gerade im Fokus steht – die Welt aus Schafssicht macht einfach jede Menge Spaß!
»Wohin gehen wir denn?«, fragte Cordelia zögerlich.
»Weg«, antwortete Othello.
»Was ist, wenn es schneit?«, fragte Ramses.
»Es wird nicht schneien«, sagte Othello.
»Was ist, wenn wir Cloud nicht finden?«, fragte Lane.
»Wir finden Cloud«, sagte Othello entschlossen.
Die Schafe guckten beeindruckt. Othello hatte an alles gedacht.
(S. 58)
»Garou« ist nicht besonders spannend, aber ein richtiges Gute-Laune-Buch; es ist albern, extrem niedlich und stellenweise zum Schießen komisch. Die Schafslogik und -philosophie sind einfach klasse, was nicht zuletzt mit Leonie Swanns teils trockenem, teils aber auch sehr lebendigem Stil zusammenhängt. Puristen mögen die phasenweise Verwendung zahlreicher Adjektive und sprechender Verben ablehnen, aber zu diesem Buch passt das perfekt.
Sehr unterhaltsam ist außerdem die Lesung von Andrea Sawatzki, die nach Herzenslust meeeet, blökt und meckert und jedem Schaf eine wundervolle Individualität verleiht. Leider sind die Kürzungen nicht ohne, sodass ich die Audioausgabe eher nur ergänzend zum Buch empfehlen würde.
Fazit:
11/15 – Das komische Schafsabenteuer aus Sicht der wolligen Ermittler sorgt für einige heitere Stunden und ist ein würdiger Nachfolger von »Glennkill«.
Ich muss mal ganz dumm fragen: Hast du »Garou« gelesen und gehört? Ich meine, dass gekürzt wurde, ist klar. Das fällt auf. Aber ich habe trotzdem nicht das Gefühl, dass ich zu viel verpasst habe. Sollte ich?
PS: Sehr treffend rezensiert. :)
Ich habs im Wesentlichen gelesen, aber zwischendurch immer wieder im Auto ein Stück auf CD gehört (das ich aber entweder schon gelesen hatte oder anschließend noch gelesen habe). Wirklich verpassen tut man beim Hören sicher nichts, aber es entgehen einem halt einige nette Details, über die zumindest ich beim Lesen lacht habe.
Gut, das stimmt wohl. Besonders, wenn man ohnehin schon nicht genug bekommt von den Schafen.
Am Anfang habe ich mich generell total daran gestört, dass ein Großteil der Hörücher gekürzt ist, weil ich lieber selbst entscheide, welche Stellen ich vielleicht nur überfliege. Ich hab mich da schon immer ein bisschen beraubt gefühlt.
Mittlerweile ziehe ich ungekürzte Hörbücher zwar immer noch vor, aber mache mir nicht mehr so viele Gedanken darum. Wenn es nicht total auffällt.
Ich kann’s ja leider eh nicht ändern.
Ehrlich gesagt finde ich, dass Kürzungen dem einen oder anderen Buch ganz gut tun. Und wenn man das Buch nicht kennt und die Kürzungen mit Sinn und Verstand vorgenommen werden, merkt man es eh nicht, dann machts auch nichts aus. Man darfs halt nicht parallel hören und lesen! :)
Also bisher haben mich diese Schafe nicht so angesprochen, aber das Zitat und die letzten Absätze deiner Rezension haben in mir jetzt doch die Lust geweckt.
Ist es egal mit welchem Teil man anfängt? (Glennkill oder Garou)
@Miss Bookiverse: Es würde keine größeren Verständnisprobleme geben, würde man mit »Garou« starten, aber ich würde an deiner Stelle mit Band 1 anfangen – da kommen die Schafe zu ihrer neuen Schäferin und werden eingehend vorgestellt. Außerdem gibts Band 1 als Taschenbuch; wenns dir also nicht gefällt, ist der »Verlust« nicht so groß. :)
Hallo,
ich lese gerade den ersten Band von Glennkill und bin nach anfänglichen Schwierigkeiten sehr überzeugt von diesem Buch :) Nun bin ich am Überlegen, mir auch den 2. Band zuzulegen, da ich die Schafe einfach über alles liebe ;) Mal sehen, wann es soweit ist – ich bin auf jeden Fall gespannt, wie es mit den Süßen weitergeht :D
Liebe Grüße,
Yvonne
Hallo Yvonne und herzlich willkommen hier! (Es ist doch dein erster Kommentar, oder?!)
Ich freu mich immer, wenn auch andere Leonie Swanns Schafe mögen – und ich hab jetzt riesige Lust gekriegt, nochmal ins Hörbuch von Teil 1 reinzuhören. Ich fand »Glennkill« übrigens ein bisschen besser, aber trotzdem ist »Garou« lesenswert, wenn man die Schafe mag.
Leider hab ich bislang nichts von einem dritten Band gehört, ich würd ihn mir sofort kaufen!