Oh, wie ich diese Mentalität hasse, wirklich noch das hinterletzte inhaltlich schwachsinnige, übelst geschriebene, schlecht korrigierte und fehlerhaft gesetzte Buch toll zu finden! Und zwar jedes! Mir ist ja schon klar, dass die Geschmäcker verschieden sind und dass gerade in Sachen Humor die Meinungen weit auseinander klaffen, aber man kann doch nicht alles superklasse finden, was man liest.
Na gut, kann man wohl doch. Schließlich gibt es in diversen großen und kleinen Bücherforen und bei Amazon wirklich Leute, die praktisch jedem Buch Höchstpunktzahl verpassen oder im »besten« Fall mal nen halben Punkt abziehen. Sind solche Leute so begeisterungsfähig oder nur extrem leicht zu beeindrucken? Wie viele »beste/fesselndste/hervorragendste/schönste/rührendste Bücher seit Langem« kann man eigentlich innerhalb einiger Wochen lesen?! Ich wundere mich immer wieder, dass den Leuten nicht langsam mal die Superlative ausgehen – die müssten ja irgendwann selbst merken, dass ständig eine neues bestes Buch, das sie je gelesen haben, dazu kommt –, aber es ist kein Ende in Sicht!
Und das Schlimme ist: Es scheint ansteckend zu sein! Immer mehr Leser dieser Spezies tauchen auf und bevölkern das Internet, während die kritischen Stimmen kontinuierlich abnehmen – was kein Wunder ist, da sie ohnehin ignoriert, nicht ernst genommen oder als Miesmacher abgestempelt werden. Die »Ich find alles toll«-Fraktion beweihräuchert sich derweil für die »tollen Tipps«, ihre »grandiosen Neuentdeckungen« und ihre »treffenden Rezensionen, denen es nichts hinzuzufügen gibt«.
Ob diese Leute wohl zu viel Geld haben? Sonst würden sie sich doch ganz bestimmt etwas kritischer mit einem Buch auseinandersetzen, das sie für einen stattlichen Preis erworben haben? Ich würde mir jedenfalls wirklich wünschen, öfters mal statt der unglaubwürdigen Lobhudeleien eindeutige »Warnungen« zu lesen, denn der Markt ist ja inzwischen so unübersichtlich und es liegt so viel Schrott auf den Ladentischen, dass es extrem hilfreich wäre, auf diese Weise die Spreu ein wenig vom Weizen trennen zu können. Aber das bleibt wohl Wunschdenken …
Ich verstehe total, was Du meinst! Das hat bei mir dazu geführt, dass ich mich gefragte habe „Bin ich zu kritisch?“ Denn wenn mir etwas nicht gefällt, warum soll ich es dann nicht auch sagen? Vor einigen Jahren habe ich allerdings auch noch geglaubt, dass man zu allem mindestens eine gute Sache findet. Aber mei … soll ich mich jetzt ehrlich noch auf die Suche begeben? Was wäre es bei S. Russe gewesen? *überleg Da fällt mir nicht mal so etwas ein wie „nette Idee“.
Ich habe mich mal in einem Bücherforum angemeldet(Uhuuu), aber ich muss gestehen, es hat mir nicht gefallen. Zum einen finde ich die meisten Rezis entweder zu kurz und ungenau oder zu stoisch in eine Form gepresst. Und der Inhalt dann vielleicht eine halbe Seite, die eigene Meinung drei Sätze.
Ich wünsche mir eine richtige Dissi zu Büchern, welche Figur hat Eindruck gemacht und warum, wie war die Atmosphäre usw. Aber dazu bekommt man nur schwer jemanden. Da steht unter einer Rezi meist nur „Hab ich auch gelesen und denke wie Du“ und das in zig-facher Ausfertigung. Irgendwann endet die „Dissi“ dann in Smilies …
Darum liebe ich Blogs. Die meisten, die ich gefunden habe, sind kleine Rohdiamanten und es scheut sich keiner, ehrlich zu sein. Und witzig, wie unterschiedlich die (begründeten) Meinungen sein können.
Interessanter Aspekt, das ist mir noch gar nicht so deutlich aufgefallen. Ich dachte,ich sei halt „bücherforenungeeignet“.
Rezensionen in Blogs mag ich dagegen sehr. Man lernt sehr schnell den Geschmack des Schreibenden kennen und kann dann die Rezi gut einschätzen.
Das erinnert mich daran, dass eine neue Kollegin von mir ebenfalls der Meinung ist, ich sei sehr kritisch. Wir hatten beide festgestellt, dass wir gerne lesen. Allerdings habe ich mich sehr abfällig über Dan Brown und wenig begeistert über die Bis(s)-Reihe geäußert.
Ich mein ja, dass man bzgl. eines jeden Buches durchaus geteilter Meinung sein kann, was Dan Brown und die Bis(s)-Reihe angeht sowieso. Aber einfach ALLES gut zu finden, das find ich unfassbar! Man muss doch irgendeinen Geschmack haben – und wenns ein »schlechter« ist! ;)
emp: Wahrscheinlich biste wirklich »bücherforenungeeignet«, die Frage ist nur, ob das gut oder schlecht ist!
Und Soleil: Nein, du bist definitiv NICHT zu kritisch! :) Welches Bücherforum war’s denn? Ist fast egal, denn leider ist es mit der Diskussionskultur in allen Foren (zu allen Themen, also auch abseits von Büchern) offenbar schwierig; echte Diskussionen kommen selten bis nie zustande, weil entweder alle sofort »rumbashen« (geiles Wort! *g*) oder bei Widerspruch beleidigt das Weite suchen.
Ich kann mit diesen 2-Satz-Toll-Toll-Toll-Rezis auch nichts anfangen, deswegen halte ich von amazon-Kritiken überhaupt nichts.
In den Bücherforen kommt es drauf an… Es gibt Foren, in denen sehr gelungene, hilfreiche Rezis geschrieben werden und Foren, in denen wirklich nur gelobhudelt wird.
Ich persönlich versuche immer, in meine Rezis positive UND negative Aspekte reinzubringen, um meinen Lesern die Entscheidung für/gegen ein Buch zu erleichern. Allerdings schreibe ich die Rezi eben so, wie ich sie gerne lesen würde. Ob das bei anderen ankommt, ist natürlich eine andere Frage.
Wirklich negative Rezis schreibe ich übrigens gar nicht gerne, weil ich mir immer denke, dass hinter dem Buch – so schlecht ich es auch finde – eine ganze Menge Arbeit steckt. Aber wenn ich dem Ganzen eben nicht viel abgewinnen kann, dann sage ich das auch. Solange man seine Meinung begründet, finde ich das in Ordnung.
@Irina: Die Eulen waren’s.
@Nina: Schreiben ist wirklich viel Arbeit, aber nur aus diesem Grunde zu loben ist auch falsch. Ich denke mal, dass jeder Autor auch so etwas wie einen Perfektionsanspruch hat und wenn er dann nie auch mal etwas Negatives zu hören bekommt, dann ist das eben auch schlecht. (Ja, sogar für das Ego *g*)
Man tritt halt niemandem gerne auf den Schlips. ;-) Ich zumindest bin von Natur aus lieber nett. Aber eben auch ehrlich, auch wenn das manchmal vielleicht weh tut und ich mich deswegen nicht ganz wohl dabei fühle. Allerdings wird man als Autor wohl auch wissen, dass man es eh nicht allen rechtmachen kann. Ist ja auch nie persönlich gemeint und – zumindest in meinem Fall – immer begründet.
Möglicherweise bin ich von Natur aus nicht nett, denn ich muss gestehen: Ich schreibe lieber Verrisse als Höchstpunktzahl-Rezension; ich finde es so wahnsinnig langweilig festzustellen, dass »alles toll« ist, da komm ich mir immer doof und unkritisch vor! (Offenbar tritt bei mir da das umgekehrte Phänomen zu wie bei den Leuten, die versuchen, jedem Buch was positives abzugewinnen.)
Das Argument, dass in jedem Buch Arbeit steckt, würde mich aber in keinem Fall von ner negativen Rezension abhalten, denn wenn ich schlechte Arbeit abliefere, haut man sie mir auch um die Ohren und ich muss damit leben bzw. was ändern, weil ich den Job sonst beim nächsten Mal nicht mehr kriege.
Ich glaube, als Autor muss man sich einfach eine enorme Dickfelligkeit zulegen und lernen, kommentarlos die (wahrscheinlich wenigen) Punkte aus negativen Kritiken rauszuziehen, die (relativ) objektiv sind. Sprich: Wenn jemand kritisiert, dass die historischen Fakten nicht stimmen, kann sie sich beim nächsten Buch bemühen, besser zu recherchieren. Wenn aber jemand wie ich z.B. Jennifer Ashleys Helden und Dialoge grundsätzlich doof findet und mit ihrem Humor nicht kann, muss die Autorin deshalb noch lange nichts ändern, denn das ist ne subjektive Sache, an der sie kaum was zu ändern vermag (und auch nicht muss, denn es gibt genug Leser, die ihre Bücher lieben – auch wenn’s mir total unverständlich ist!).
Die Frage des persönlichen Geschmacks ist bei literarischen Büchern einfach nicht wegzureden, und nicht jedem kann alles gefallen; sagen sollte man es trotzdem »dürfen«, wenn es einigermaßen begründet ist – zumal einfach unbestreitbar wahnsinnig viel (gehypter) Schrott auf dem Markt ist.