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[Rezension] Christoph Marzi: Lyra

Darcy-Brüder, Buch 2

Inhalt:
Nichts läuft mehr richtig im Leben von Danny Darcy, Sänger der Folkband »Dylan’s Dogs«. Soozie, seine geliebte Frau, will sich scheiden lassen, und seine Lieder sind chronisch erfolglos. Doch anders als bei vielen verlassenen Männern ist es bei ihm ein Familienfluch. Um ihn aufzuheben, reist Darcy in die Sümpfe Louisianas – und findet eine Welt, in der Wespenkinder, lesende Baumwollspinnen und Sirenen über Leben und Tod entscheiden …

Kommentar:
»Lyra« ist die Fortsetzung von »Fabula«, kann aber auch unabhängig von Teil 1 gelesen werden. Die Geschichte dreht sich um den zweiten Sohn der Scherazade Helen Darcy: den Musiker Danny. Danny und seine Frau Sunny erwarten ein Baby, doch weil Dannys Mutter der jungen Frau eine schmerzliche Lüge in den Kopf setzt, verlässt sie ihren Mann. Danny, der alles daran setzt, um Sunny zurückzugewinnen, findet heraus, dass ihm die Sirenen aus den Sümpfen von Louisiana helfen können. Gemeinsam mit seiner Frau macht er sich schließlich auf die gefährliche Reise zu den sagenumwobenen Wesen, um ihre Ehe und das Leben ihres ungeborenen Kindes zu retten.

So dramatisch und spannend wie sich das anhören mag, ist es leider nicht. Dem Buch liegen gute Ideen zugrunde und es startet auch interessant, baut aber – trotz einiger Roadmoviezüge während Dannys Odyssee von einem »Helfer« zum nächsten – mehr und mehr ab, um am Ende vollkommen ins Fantasisch-Märchenhafte abzugleiten. Das Problem an dem Buch ist, dass die eigentliche Handlung total dünn ist und mit zahlreichen ausufernden Geschichten innerhalb der Geschichte sowie mit eingestreuten Songtiteln bzw. -zeilen (die Musik ist neben Sunny schließlich Dannys große Liebe) maßlos aufgeblasen wird. Manch einer mag das stimmungsvoll finden, ich fand es schlicht nicht gelungen, zumal mich die Stimmung nicht gepackt hat, und war zunehmend genervt. Hinzu kommt, dass die fantastischen Vorgänge am Ende zum Teil ziemlich übersteigert sind, keinen rechten Sinn ergeben und sich überschlagen bzw. umkehren nach dem Motto: Nichts ist, wie es scheint. Manch einer mag das in Ordnung finden, weil man es hier nun mal mit fantastischer Literatur zu tun hat, ich persönlich bin aber der Meinung, dass auch ein Fantasybuch einer werkimmanenten Logik folgen muss. Ich gestehe aber auch, dass ich zu diesem Zeitpunkt keine Lust mehr hatte, nach einem womöglich vorhandenen tieferen Sinn zu suchen, Hinweise abzuwägen und mitzurätseln; dazu war ich schon viel zu gelangweilt und genervt und wollte es einfach nur noch hinter mich bringen. (Aber immerhin hab ich durchgehalten, während mein Mann das Buch auf S. 310 von 400 abgebrochen hat!)

Meine schlimmsten Befürchtungen in Sachen Sprache sah ich bereits auf der ersten Textseite (11) bestätigt, wo mich – quasi zur Begrüßung – folgender mit metaphorischen Vergleichen angereicherte Satz angesprungen hat:

Die Welt war ein müder Blues mit einer Stimme, die von Rauch und Whiskey krächzte wie ein Gebäude, dessen Wände dem Sturm nicht länger standzuhalten vermögen.

Zu meiner Erleichterung konnte ich aber feststellen, dass das Buch sprachlich-stilistisch nicht so überladen ist wie angenommen: Der »typische Marzi-Stil«, bei dem ein Bild das nächste jagt, um ein- und dieselbe Sache zu beschreiben, ist zum Glück nur im Ansatz vorhanden. Leider gibt es aber etwas anderes zu bemäkeln: Einzelsätze und Halbsätze – manchmal auch in Form von nur ein oder zwei Wörtern und kombiniert mit Songtiteln –, die jeweils in einer neuen Zeile beginnen. Das liest sich in der milden Variante so:

Sie drehte das Radio auf.
Lehnte sich zurück.
Beobachtete, wie die Welt da draußen vor dem Fenster vorbeizog.
»Buddy Holly«, sagte sie sehnsüchtig.
Everyday.
(S. 203)

In der exzessiven Form wird das noch viel weiter getrieben, und es tut mir Leid, das sagen zu müssen, aber ich hab mich an einigen Stellen wirklich verarscht gefühlt – zumal ich mich frage, ob das eigentlich wirklich ein Stilmittel des Autors ist oder vielleicht doch nur der Zeilen- bzw. Seitenschinderei seitens des Verlages dient. Wie so oft bei Marzis Büchern fällt nämlich auch hier auf, dass das Buch äußerst großzügig – in ungewohnt großer Schrift mit großem Zeilenabstand gesetzt wurde. Man kennt das ja bereits von den anderen Marzi-Büchern, die bei Heyne veröffentlicht wurden und zusammen mit den Elfen, Zwergen, Orks usw. ins 14 Euro teure Fantasy-Broschur-Programmsegment passen sollen, obwohl sie vom Umfang her nicht wirklich gut dafür geeignet sind.

Fazit:
4/15 – Die Idee sowie einzelne Elemente der Geschichte sind eigentlich gut, die Umsetzung ist aber nicht wirklich gelungen.

11 Kommentare zu [Rezension] Christoph Marzi: Lyra

  • Oha, das hätte ich jetzt nicht erwartet. Zum einen ist es mir mal wieder entgangen, dass „Lyra“ die Fortsetzung von „Fabula“ ist :-) Und wie es aussieht, wird der Roman noch etwas länger in meinem SuB liegen bleiben.

  • Also, ich steh Marzi ja ohnehin etwas gespalten gegenüber, insofern solltest du dich da jetzt vielleicht nicht allzu sehr von meinem Urteil leiten lassen. Andererseits … das Buch war echt nicht gerade eine seiner Glanzleistungen!

  • Na, du machst mir Mut! Das Buch habe ich auch noch auf dem SuB … Immerhin kann ich jetzt darauf vertrauen, dass „Lyra“ ohne Vorwissen gelesen werden kann. *ohje*

  • Ha, da bin ich ja sehr gespannt, wie du es findest. Ehrlich gesagt könnte ich mir vorstellen, dass du bei diesen sprachlichen Eigenheiten auch die Augen rollen wirst.

    Übrigens kann das Buch zwar ohne Vorwissen gelesen werden (was ich quasi auch getan habe, denn ich konnte mich kaum noch an Details von »Fabula« erinnern), aber hilfreich ist es schon, Band 1 zu kennen.

  • Ich bin auch sehr gespannt … Immerhin macht mir das Zitat Mut, denn auch wenn ich den Stil grausig finde, so kann man bei einer solchen Seitenschinderei den dicken Band schnell durchhaben. ;)

    Hilfreich, aber hoffentlich nicht wirklich notwendig, oder? Sonst müsste ich gucken, ob ich „Fabula“ noch in der Bibliothek auftreiben kann … *grübel*

  • Ach ist das schön zu lesen ;D Ich kann Marzi auch nicht sonderlich leiden. Vor Ewigkeiten habe ich mal ca. die Hälfte von Lycidas gehört und fand es einfach graumsam und in großen Teilen auch geklaut.

  • Winterkatze: Nein, nein, ist nicht wirklich notwendig; man versteht die Handlung auch ohne Kenntnis von Band 1. Übrigens hast du Recht, man hat das Buch ziemlich schnell durch! ;)

    Miss Bookiverse: Ich finde, Marzi holt aus seinen guten Ideen oft nicht das Optimum heraus. Und wie gesagt, seinen häufig metaphorisch-überbordender Stil mag ich nicht besonders … das find ich dann nicht mehr schön, sondern übertrieben und albern.

  • Ich war eigentlich immer sehr großer Marzi-Fan, aber nachdem mich »Somnia« schon enttäuscht hatte, habe ich »Lyra« nach etwa der Hälfte sogar erstmal abgebrochen.
    So eine dünne Geschichte, aufgeschwämmt mit ständigen Wiederholungen, Liedtexten und gestelzten Sätzen… Richtig richtig schade, denn eigentlich hat Herr Marzi wirklich tolle Ideen und einen ganz eigenen, unnachahmlichen Stil. Ich hoffe ja stark, da kommt in Zukunft mal wieder was mehr.

  • Du machst mir nicht gerade Mut, Nina, ich hab »Somnia« neben »Lumen« noch im SuB!

  • »Lumen« fand ich toll. Die ersten drei Uralte-Metropole-Teile gehören zu meinen absoluten Lieblingen.
    Alles was danach kam, mit Ausnahme von »Heaven« im Jugendbereich und dem neuen Rattenbüchlein für Kinder, ist dann aber leider nix Dolles mehr.

  • Die ersten beiden Bände der »Uralten Metropole« fand ich auch sehr faszinierend; Band 3 sollte ich endlich mal lesen. Und »Heaven« auch, allerdings hat mich da Winterkatzes Kritik an der überbordend metaphorischen Sprache abgehalten – das kann ich nämlich auch nicht haben.

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