Kategorien

Amazon-Partnerprogramm

Hinweis: Alle Amazon-Links sind Affiliate-Links. Das bedeutet, dass ich eine kleine Provision erhalte, wenn du auf den Link klickst und bei Amazon einkaufst. Das hilft mir, den Blogs zu finanzieren.


[Rezension] Amber Kizer: Meridian. Dunkle Umarmung

Originaltitel: Meridian
1. Band der Fenestra-Serie

Inhalt:
Wenn kleine Tiere spüren, dass der Tod nah ist, suchen sie Meridians Nähe, um an sie gekuschelt zu sterben. Das war schon immer so, seit Meridian geboren wurde, und sie macht sich längst keine Gedanken mehr darüber. Doch an ihrem 16. Geburtstag ist plötzlich etwas anders: Als vor Meridians Haus ein schwerer Unfall passiert, empfindet das Mädchen den Schmerz der Sterbenden am eigenen Leib – und entgeht selbst nur knapp dem Tod. Jetzt erst erfährt sie die Wahrheit: Sie gehört zu den Fenestras, die den Seelen der Verstorbenen das Fenster zum Himmel öffnen können. Ihre Gabe ist nun voll erwacht und bringt Meridian in größte Gefahr, denn die Fenestras haben dunkle Gegenspieler …

Kommentar:
»Meridian« ist ein weiteres All-Age-Fantasy-Romance-Buch einer noch jungen Autorin, das überall so hoch gelobt wird, dass ich mich zum Lesen entschlossen habe, obwohl mich der Klappentext eigentlich nicht wirklich angesprochen hat. Um es vorweg zu nehmen: Ich hätte auf mein Bauchgefühl hören sollen, denn einmal mehr kann ich die allgemeine Begeisterung nicht teilen.

Schon der Beginn des Buches sorgt für Irritation. Nach einem kurzen Abriss über Meridians Kindheit und Jugend, in dem man erfährt, dass die Außenseiterin seit ihrer Geburt den Tod anzieht und in ihrer Gegenwart ständig Tiere sterben, beginnt die eigentliche Story mit Meridians sechzehnten Geburtstag. Just an diesem Tag wird das Mädchen in einen Autounfall verwickelt und von ihren merkwürdigen und völlig überforderten Eltern aus dem Haus geschafft: Ausgestattet mit einem Brief ihrer Mutter, der mindestens ebenso viele Fragen aufwirft wie er beantwortet, wird sie in einen Bus nach Colorado verfrachtet, der sie zu ihrer Tante Merry bringen soll, die sie noch nie zuvor getroffen hat. Nach einigen Schwierigkeiten dort angekommen, erfährt sie nach langem Hin und Her, dass sie eine Fenestra ist, ein Wesen, das Sterbende in den Himmel zum Schöpfer begleitet. Wo es die Guten gibt, gibt es natürlich auch die Bösen – in diesem Fall in Gestalt der Aternocti, die nicht nur versuchen, die sterbenden Seelen in die Hölle zum Zerstörer zu bringen, sondern die darüber hinaus die Fenestrae töten oder auf die Seite des Bösen ziehen wollen. Die verständlicherweise völlig überforderte Meridian muss also nicht nur lernen, Menschen auf die andere Seite zu begleiten, ohne selbst Schaden dabei zu nehmen, sie muss sich auch noch für den Kampf gegen die Aternocti wappnen.

Das Mädchen kann einem wirklich leid tun – und zwar nicht nur wegen dem, was da auf sie einstürzt, sondern auch wegen des unsinnigen Verhaltens ihrer Verwandtschaft. Da lassen ihre großartigen Eltern sie – trotz besseren Wissens – sechzehn Jahre lang in dem Glauben, sie sei verantwortlich für den Tod all der in ihrer Nähe verstorbenen Tiere, statt ihr vielleicht mal zu erklären, dass sie diese nicht tötet, sondern ihnen hilft. Es lehrt sie auch keiner, besser mit ihrer Begleiteraufgabe umzugehen, sodass ihr das Sterben der Tiere keine Schmerzen und schlaflosen Nächte bereitet. Und es bereitet sie auch keiner darauf vor, dass sie an ihrem sechzehnten Geburtstag die Familie verlassen muss und ab diesem Tag auch menschlichen Seelen beim Übertritt zu helfen hat. Warum um alles in der Welt hat niemand sie vorher mit ihrer Tante Merry, ebenfalls eine Fenestra, bekannt gemacht, damit sie aufgeklärt und vernünftig auf ihre neue schwierige Aufgabe vorbereitet werden kann? Und das, obwohl von vornherein klar ist, dass »die Tante« – wie sie die meiste Zeit über völlig unpersönlich genannt wird – zum Zeitpunkt von Meridians Geburtstag nur noch wenige Tage zu leben hat und mitnichten ausreichend Zeit hat, ihrer Nichte alles Notwendige beizubringen? Selbst bei Tante Merry angekommen, wird Meridian aus unerfindlichen Gründen über vieles im Dunklen gelassen und mit dem lapidaren Hinweis abgespeist, sie müsse lernen, Vertrauen zu schöpfen und tun, was ihr gesagt wird. Das alles macht in meinen Augen überhaupt keinen Sinn und ist ein gravierender logischer Mangel.

Unausgegoren ist auch der Aternocti-Plot. Es scheint ja offenbar von vornherein festzustehen, dass das Mädchen, sobald sie 16 Jahre alt ist, von den Schergen des Zerstörers gejagt werden wird. Warum die Aternocti den Geburtstag überhaupt abwarten, ist unklar; wären sie schlau, würden sie Meridian schon vorher ausschalten, dann müssten sie sich nicht mit einer »vollwertigen« Fenestra herumschlagen. Immerhin waren die Aternocti, die sich u.a. verantwortlich zeichnen für den Untergang der Azteken, von Atlantis und den Osterinseln (von denen ich noch gar nicht wusste, dass sie überhaupt untergegangen sind!), so weise, sich in der Stadt anzusiedeln, in der Tante Merry und nun eben auch Meridian leben. Sie treten ausgerechnet in Gestalt eines abgrundtief bösen Sektenführers in Erscheinung, der seiner Kirchengemeinde mittelalterliche Vorstellungen einimpft und sie mit seiner Bösartigkeit vergiftet. Die 106 Jahre alte und eigentlich sehr erfahrene Tante steht den Aternocti dummerweise vollkommen hilflos gegenüber. Sie ist einem solchen Wesen nie wissentlich begegnet und hat keine Ahnung, wie man sich ihnen zur Wehr setzen kann. Immerhin gibt sie Meridian einen überaus weisen Vorschlag an die Hand: Sie soll ein paar andere Fenestrae fragen, vielleicht können die helfen. Es bleibt ihr Geheimnis, warum sie sich nicht mal vorher um das Problem gekümmert hat, nachdem doch klar war, dass Meridian gejagt werden würde – wahrscheinlich war auch ihre Zeit vor lauter Steppdeckennähen knapp, so wie auch der Mutter die Zeit ausgegangen ist, ohne dass sie ihrer Tochter etwas erklären konnte.

In Anbetracht des unverantwortlichen Verhaltens ihrer Umwelt braucht es einen ja schon nicht mehr zu wundern, dass auch Meridian seltsam ist. Sie nimmt die Trennung von ihrer Familie über weite Strecken ebenso klaglos hin wie den drohenden Tod ihrer Tante, der sie zu allem Übel auch noch beim Übertritt ins Jenseits helfen muss, wie sie erfährt. Meridians Handlungsmotive sind mir oft unklar, und sie ist mir nicht sehr sympathisch; teilweise wirkt sie seltsam starr und emotionslos, teilweise extrem kindlich. Letzteres liegt nicht nur an ihrer Begeisterung für den mehrfach erwähnten Sponge-Bob-Flanellschlafanzug, sondern auch an ihren Umgang mit dem Jungen Tens und an ihrer unauthentischen Ausdrucksweise. Welche Sechzehnjährige würde denn bitte »Was wird hier gespielt?« (S. 143) fragen, wenn die Tante in heller Panik zur Schrotflinte greift, oder vor Überraschung »Ach du heiliger Strohsack?« (S. 306) rufen?! Das ist einfach nicht glaubwürdig und passt ebenso wenig wie die keusche Liebesbeziehung zum geheimnisvollen Tens, der vielleicht ihr Wächter oder ein Kriegerengel ist, vielleicht aber auch nicht, und dessen Schicksal irgendwie mit Meridians verknüpft ist.

Kann man über die Logikmängel und die Dialoge und Handlungen, die nur bedingt Sinn machen, hinwegsehen, lässt sich das Buch ganz nett weglesen; nett sind vor allem einige Szenen mit Tante Merry, die ein hohes Maß an Geborgenheit vermitteln. Alles in allem plätschert die Geschichte ohne große Höhen und Tiefen und ziemlich spannungsarm vor sich hin, wozu auch der wundersame »Endkampf« passt, der denkbar unspektakulär und ohne echtes Zutun der reichlich blass geratenen Hauptpersonen vonstatten geht, die märchenhafterweise unverhoffte Hilfe erhalten.

Fazit:
5/15 – Eine nicht wirklich glaubwürdige Protagonistin irrt durch ein halbgares Buch. Ein Jammer um die tolle und außergewöhnliche Grundidee! Die Fortsetzung, an der die Autorin derzeit arbeitet, werde ich ganz sicher nicht lesen.

6 Kommentare zu [Rezension] Amber Kizer: Meridian. Dunkle Umarmung

  • Das habe ich mich auch gefragt, warum niemand das Mädel seiner Tante vorstellt, obwohl man weiß, dass die höchstens noch 10 Tage zu leben hat. Wenn überhaupt. Und als sie dann endlich dort ist, will man sie auch nicht gleich in alles einweihen. Man hat ja alle Zeit der Welt.
    Ach, ich will gar nicht mehr drüber nachdenken, sonst bekomme ich Kopfschmerzen. Das Buch hat etwas von einer von einem Teenager geschriebenen Fanfiction, was die innere Logik angeht.

    Aber gut zu wissen, dass ich nicht die Einzige bin, die sich an diesen Dingen stört. Irgendwie ist das wieder so ein Buch, das jeder außer mir toll findet.

  • Mir hat das Buch auch Kopfschmerzen gemacht – und ich fands damals auch unglaublich, dass nicht mehr Leute diese Logiklücken sehen bzw. sich darüber aufregen. Das gibts doch gar nicht! Das mit der Fanfiction ist echt ein guter Vergleich!

    Der Winterkatze hat übrigens die logischen Mängel auch bemerkt, war aber abschließend trotz allen Gemeckers doch ziemlich milde, muss ich sagen! ;)

    Vielleicht gehen wir einfach zu logisch an solche Bücher ran, Nija! ;)

    • Vielleicht kann ich deshalb so milde sein, weil ich mir wirklich bei einem entspannten „privaten“ Lesen gern vorstelle, was man aus der Geschichte hätte manchen können … Die Grundidee ist nämlich nicht schlecht! :D

  • Das mit der Grundidee stimmt definitiv! Aber ehrlich gesagt finde ich es angesichts einer tollen Grundidee noch viel schlimmer, wenn ein Autor so nen unausgegorenen Mist daraus macht!

  • Du bist eben viel zu kritisch! :D

  • Ja, ich bin schrecklich, ich weiß! :(

Hinterlassen Sie eine Antwort

Sie können diese HTML Tags verwenden.

<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>