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[Rezension] Linda Howard: Lauf des Lebens. Oder: Olle Kamellen renommierter Autoren

Originaltitel: Come Lie With Me

Klappentext:
Als Physiotherapeutin sagt man Dione Kelly wahre Wunder nach. Ihr neuer Patient Blake Remington stellt sie jedoch vor eine große Herausforderung. Der Flugzeugingenieur sitzt seit einem Sportunfall im Rollstuhl, und aus dem ehemals lebenshungrigen Abenteurer ist ein zynischer Tyrann geworden. Doch Dione bleibt hart, verordnet Blake ein strenges Trainingsprogramm und weicht auch nachts nicht von seiner Seite, wenn Schmerzen den geschundenen Körper peinigen. Aber je näher sich die beiden kommen, desto fordernder wird Blake, denn er erkennt hinter der kühlen Fassade eine zutiefst verletzliche Frau. Sein Deal: Er kämpft darum, wieder laufen zu lernen, wenn auch sie bereit ist, sich dem Leben zu öffnen.

Kommentar (Achtung, leichte Spoiler!):
Dione Kelly wird vom Schwager des Flugzeugingenieurs Blake Remington engagiert, um diesem »das Leben zu retten«. Seit Blake bei einem Sportunfall an den Rollstuhl gefesselt ist, leidet er an schweren Depressionen und hat sich völlig aufgegeben – und das, obwohl er rein körperlich nach zahlreichen Operationen wieder in der Lage wäre, seine Beine zu benutzen. Gegen Blakes Willen krempelt die Physiotherapeutin sein tristes Leben um und gibt ihm Stück für Stück neuen Lebensmut, sodass der Patient schließlich wieder anfängt, an sich zu glauben. Schon bald verbindet die beiden weit mehr als ein reines Therapeuten-Patienten-Verhältnis, doch Dione weigert sich aufgrund ihrer Vergangenheit beharrlich, Gefühle zuzulassen und dauerhafte Beziehungen einzugehen …

Was eigentlich ganz spannend klingt, wenn man sich ein wenig für Physiotherapie und das Zusammenspiel zwischen Geist und Körper interessiert, offenbart sich schnell als ziemlich oberflächliches Geplänkel. Die wundersame Heilung von Blake geht nach einem etwas holprigen Start viel zu glatt über die Bühne: Der gerade noch Depressive wandelt sich in null Komma nichts in einen wahren Musterschüler, der durch Übereifer glänzt und rasante Fortschritte macht; echte Krisen und Rückschläge gibt es nicht.

Dafür hadert Dione mit ihrem Leben. Sie ist nämlich mit 18 von ihrem damaligen Ehemann vergewaltigt worden und kann seitdem weder Berührungen ertragen noch will sie Bindungen/Beziehungen eingehen. Soweit verständlich. Weniger verständlich ist da schon die Tatsache, dass mit Blake alles total anders ist; er ist der erste Mensch seit Scott, dessen Berührungen sie nicht scheut. Endgültig abstrus ist dann ihr Entschluss, Blake zu verführen, um ihn von seiner psychosomatisch bedingten Impotenz kurieren. Was für ein bodenloser Quatsch!!!

Blake seinerseits ist nicht nur selbstgefällig und tyrannisch, sondern entpuppt sich letztendlich auch als ziemlicher Arsch. Obwohl er – wie sich am Ende herausstellt – die ganze Zeit geahnt hat, dass Dione in der Vergangenheit vergewaltigt wurde, bringt er sie immer wieder in Situationen, in denen sie von Panik erfasst wird. Ist aber vielleicht doch ganz gut so, denn manche Leute muss man offenbar zu ihrem Glück zwingen (»Trotz ihres angestrengten Versuchs, die Beine zusammenzupressen und seine vagabundierende Hand einzuklemmen, wanderte diese noch ein Stück höher«, S. 153). Am Ende hat Blake Dione »ihre Weiblichkeit zurückgegeben« (S. 197) und das glückliche Paar und die Leser haben sich den Himmel voller schluchzender Geigen redlich verdient:

Sie berührte sein Glied, ertastete es langsam und streichelte es. Eine Art Heulen drang aus Blakes Kehle. Plötzlich wusste sie Bescheid. Für so viel vitale Festigkeit, für so viel zarte Kraft gab es nur eine Ruhestätte, und das war die geheimnisvolle Tiefe ihres weiblichen Schoßes. Mann und Frau waren dafür geschaffen, sich miteinander zu vereinen, waren als zwei Hälften kreiert, um zu einem Ganzen zu verschmelzen. (…)

Sie fühlte sich fast eingeschüchtert von der absoluten Stimmigkeit und Richtigkeit ihrer Verschmelzung, von den heißen Lustschaudern, die über ihren Körper jagten. Alle Barrieren waren jetzt eingerissen. Verschwunden waren die Ängste und Albträume, die sie daran gehindert hatten Genuss zu empfinden bei der magischen Hingabe an einen geliebten Mann. (…)

Sie genoss ihn in vollen Zügen. Sie himmelte ihn an, sie benutzte ihn, sie versank im Strudel seiner Sinne und bereitete sich voller Wonne darauf vor, in ihm zu ertrinken. Sie verglühte lebend in der Hitze ihres eigenen Körpers, während die Lust immer intensiver und schließlich unerträglich wurde. (…) Dann wurde diese Lust zu einem Flächenbrand, der sie hinwegfegte.

(Seite 229 ff.)

Überhaupt ist der Stil insgesamt eher fragwürdig. Erzählt wird die Geschichte prinzipiell aus der personalen Sicht von Dione, allerdings nicht in Ich-Form, sondern in der dritten Person. Zwischendurch fließen aber immer mal wieder Gedanken von Blake ein, die da eigentlich nicht sein dürften und die beim Lesen eher irritierend sind; zudem wird man bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit von Adjektiven erschlagen (»Seine Lippen wühlten spielerisch in ihren Haaren, bevor sie weiterwanderten, um ihre weichen Augenlider, die seidige Fläche ihrer exotischen Wangeknochen und die berauschende Frische ihres üppigen Mundes zu erkunden.«, S. 208). Hinzu kommen außerdem unsinnige Metaphern und Vergleiche (»Seine Augen glühten wie blaue Kohlen«, S. 110, oder »Dione wählte ihre Worte mit der Behutsamkeit aus, mit der sie auf einer Wiese Wildblumen gepflückt hätte«, S. 157).

 
Olle Kamellen – Freud oder Leid?

Zu alle dem kommt noch etwas anderes. »Lauf des Lebens« ist in Deutschland 2009 erschienen, das Original »Come Lie With Me« stammt allerdings aus dem Jahr 1984 und ist Howards viertes von inzwischen 94 Büchern. Zwischen der Veröffentlichung des Originals und der deutschen Lizenzausgabe liegen – nach Adam Riese – 25 Jahre. 25 Jahre, in denen sich Linda Howard schriftstellerisch deutlich weiterentwickelt und auch thematisch sehr verändert hat. (Ich bin zwar weiß Gott kein Linda-Howard-Experte, hab aber doch ein paar ihrer Bücher gelesen und denke, das kann ich auch durchaus feststellen, ohne mich durch ihre komplette Backlist gelesen zu haben.)

Ich frage mich, ob es sinnvoll ist, ein sehr mäßiges Frühwerk einer inzwischen etablierten Autorin auf den Markt zu werfen? Und noch viel mehr bewegt mich die Frage, ob der Verlag sich selbst, der Autorin und den Lesern einen Gefallen damit tut? Angestammte Howard-Fans werden enttäuscht sein, weil sie von der Autorin in den letzten Jahren eine andere Qualität gewohnt waren, und Neu-Leser werden vielleicht nie wieder ein Buch von Howard anpacken, weil diese olle Kamelle nun wirklich nicht dazu dienen wird, einen für Linda Howard zu begeistern. Zumal man nicht vergessen darf, dass sich nicht jeder so intensiv mit einem Buch beschäftigt wie wir Buchblogger; meine Mutter würde zum Beispiel nie auf die Idee kommen, ein Impressum lesen. Sie würde also auch nicht feststellen, dass das Original von 1984 stammt. Sie fände einige Parts der Handlung einfach nur befremdlich und unglaubwürdig – was sie aber gar nicht wären, wenn man sich vor Augen halten würde, wie alt das Buch ist. Aber möglicherweise schätz ich die Lage auch ganz falsch ein, bin selbst zu kritisch und kann einfach nicht ermessen, dass die deutschen Howard-Fans dankbar für die Veröffentlichung dieses Frühwerks sind!?

Fazit:
6/15 – Kann man schon lesen, wenn man solche Bücher mag. Muss man aber nicht. Definitiv nicht.

8 Kommentare zu [Rezension] Linda Howard: Lauf des Lebens. Oder: Olle Kamellen renommierter Autoren

  • Evi

    *brrr* Das kann man ja nicht lesen, bitte! Ist ja schauderhaft.

    „…Neu-Leser werden vielleicht nie wieder ein Buch von Howard anpacken…“ – ja, so geht es mir, denn ich hab auch kürzlich so ein altes Stück von ihr gelesen (aus 1990 und kommt heuer erstmals auf deutsch raus). Ich fand es so daneben, dass ich mir überlege, die 3 Bücher die ich von ihr am SuB habe, ungelesen rauszuwerfen, obwohl mir die Autorin mehrfach empfohlen worden ist.

    Außerdem nervt mich Headhopping ungemein, die Nora Roberts hab ich aus demselben Grund abgeschrieben.

    Ich seh übrigens auch keinen Sinn darin, so alte Bücher zu übersetzen. Wenn jemand ein „Hardcore-Linda Howard-Fan“ ist, wird er sich vielleicht auch über diese antiquierten Stückchen freuen. Aber andere Leser wird es wohl eher abschrecken, vor allem solche wie uns, die sich intensiver mit Büchern beschäftigen, und dann aus dem Kopfschütteln nicht mehr rauskommen.

  • Ohje, Linda Howard…

    Es gibt echt tolle Bücher von ihr. Und das hier hatte ich auch schon auf meiner Wunschliste. Aber dann las ich „Die Farbe der Lüge“, auch eine alte Kamelle, die ebenfalls 2009 auf den deutschen Markt geworfen wurde. Schauderhaft. Bescheuerte Handlung, dämlich handelnde Protagonisten, massenhaft Logikfehler – und das wars dann mit Linda Howard. Seitdem habe ich kein Buch mehr von ihr gekauft. In sofern hat sich der Verlag da keinen Gefallen getan.
    Aber ein paar ihrer Bücher, die ich davor gelesen hatte, waren echt toll und die lese ich auch jetzt noch ab und zu.

  • Ich bin so ein „Hardcore-Linda Howard-Fan“ und habe mich insofern über diese olle Kamelle gefreut, weil ich ja von einem Autor, den ich mag, am liebsten auch noch die Einkaufszettel lesen würde. Ich glaube, ich bin da aber auch ein bißchen ein Sonderfall… ;-)
    „Lauf des Lebens“ fand ich allerdings auch ziemlich schlimm, es gibt nur ein paar Novellas von ihr, die ich noch grottiger fand!

  • Evi, ich hab einige wirklich nette Bücher von ihr gelesen; ihr »Mr. Perfect« ist einer der (bislang) wenigen Romantic-Suspense-Romane, das ich mag. Ich würd sie nicht einfach so aussortieren wegen einer ollen Kamelle!

    Hermia: Mist, ich hatte schon die Hoffnung, ich könnte »Lauf des Lebens« an dich loswerden! ;)

    Sarah: Wenn selbst Howard-Fans wie du das Buch grottig fanden, bin ich ja beruhigt!!

  • Ich muss jetzt einfach mal mitteilen, wie treffend, interessant und wertvoll ich deine Rezensionen finde!
    Zwar interessiert mit Contemporary überhaupt nicht (bin reiner UF/RF Fan), aber deine Rezis lese ich trotzdem immer – stilistisch ein Genuss!

    Danke und LG
    Armitage

    • Oh, Armitage, das geht runter wie Öl! Vielen Dank für das Lob – ein größeres Kompliment kann man einem Rezensenten wohl gar nicht machen, als ihm zu sagen, dass man seine Rezensionen liest, obwohl einen das Buch gar nicht interessiert! *hach*

  • Also wenn ich die Ausschnitte da nun lese, bin ich z.B. total abgeschreckt das Buch zu lesen….grausam! Ich finde es auch nicht wirklich sinnvoll, wenn die Verlage nun die uralten Romane solcher Autorinnen jetzt erst veröffentlichen….dann doch lieber die neuen Sachen! Mir ging es nämlich mit einigen Liebesromanautorinnen schon so.

  • Ich finde, bei der Beschreibung von Sexszenen fällt das Alter eines Buchs immer besonders auf – sowas wie das oben zitierte Beispiel findet man bei der jüngeren Generation von Autorinnen/Büchern m.E. normalerweise nicht mehr. (Es sei denn natürlich, ein Verlag legt Wert darauf und »schönt« die Übersetzung entsprechend.)

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